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Der Abend verläuft nicht so gesellig wie der zuvor. Wir sehen auf unserem Rückweg viele Leute, die wir gestern auch sahen, aber wir halten uns nicht lang bei ihnen auf. Bei Rhonda holen wir uns etwas zu essen ab und dann gehen Niall und ich zu der Hütte, die auf mysteriöse Weise ein Bett für mich frei hatte.
Niall öffnet die Tür und geht zur Küche. Er stellt alle Sachen ab und pfeift vor sich hin. Dann dreht er sich um und lächelt mich an. „Und jetzt essen wir Abendbrot."
„Also war das gestern eine Art Fest?" Ich muss mich wirklich mehr anstrengen mich wie ein Erdling an zu hören. Oh Gott!
Niall runzelt die Stirn und knetet seine Hände miteinander. „Natürlich war das ein Fest, Louis. Oder laufen heutzutage in Doncaster alle Abende so ab?"
„Nein, nein. Ich hatte mich nur gestern gewundert wieso ihr feiert...", murmele ich.
Nialls Augenbrauen ziehen sich nach oben und dann nickt er verständnisvoll. „Das war weil Zayn und Perrie sich verlobt haben."
„Und das sagt mir keiner?"
„Sie wollten nicht, dass es alle wissen. Haben einfach nur eingeladen mit ihnen ein Bier zu trinken und etwas zu essen."
„Das heißt keiner weiß von der Verlobung?"
Niall lacht. „Ist auch besser so. Wir sind nicht erlaubt zu heiraten. Wir sind der untere Stand." Er schneidet das Brot auf und setzt sich zu mir an den Tisch.
„Das ergibt keinen Sinn", schüttele ich den Kopf.
Dann frage ich das reizende Implantat in meinem Kopf, ob Niall die Wahrheit sagt.
Neu-Renaissance - Heirat: Die Heirat zweier Menschen blieb dem mittleren und oberen Stand vorbehalten. Im Jahr 2078 verboten die Fürsten die Heirat zwischen zwei unteren Ständlern. Dies aufgrund der hohen Scheidungsrate und der Anzahl unehelicher Kinder.
„Das ergibt Sinn", spricht Niall, als er isst. „Der obere Stand ist einfach scheiße. Ende der Geschichte." Er lacht bitter.
„Würdest du heiraten wollen, wenn du dürftest?"
Niall zieht eine Augenbraue hoch. „Louis, wir leben nicht mehr in den Zwanzigern: Gleichgeschlechtliche Ehen sind nicht erlaubt."
„Also bist du... Homosexuell?"
Mein Körper sträubt sich gegen das Wort. Im Jahr 2293 ist es absolut untersagt und gehört sich nicht Leute in diese Schubladen einzuteilen. Man darf die andere Person ja nicht mal mit ihrem Geschlecht ansprechen.
Niall nickt. „So in der Art, denke ich. Also manchmal schlafe ich mit Liam und ich hatte noch nie so richtig etwas mit einer Frau. Ich weiß nicht, aber ich will es auch einfach nicht." Er zuckt mit den Schultern.
Ich schmiere mir ein Brot und beiße ab. Ich nicke und höre Niall zu.
„Es gab mal eine Zeit wo Menschen stolz darauf sein konnten... Weißt du wie wir da hießen?" Er grinst.
Ich schüttle den Kopf. Gehöre ich denn auch dazu?
„Die LGBT+ Community."
Ich ziehe eine Augenbraue hoch und nicke vielsagend.
„Kennst du überhaupt die anderen Orientierungen?"
„Orientierungen?"
Niall sieht mich an als käme ich wirklich von einem anderen Planeten.
„Neben Heterosexualität?"
„Oh richtig. Es tut mir leid, Niall, aber da wo ich herkomme, machen wir da keinen Unterschied. Es sind einfach alles Menschen." ich zucke mit den Schultern.
„Oh verstehe." Er nickt. „Das finde ich auch gut."
Nach dem Essen trinken Niall und ich noch ein Bier und da ich in der Nacht noch ein Anliegen habe, beschließe ich es bei nur dem einen zu belassen. Wer weiß was passiert, wenn ich zu viel trinke und dann raus in den Wald gehe...
Ich lege mich also in das Bett neben dem von Nialls und warte bis ich das Schnarchen höre, dass ich vermutet habe. Gestern war ich vor Niall eingeschlafen, aber mir war klar, dass jemand wie er schnarcht.
Niall sieht schon aus wie ein Mensch, der schnarcht.
Ich drehe mich hin und her und mein Blick fällt auf den dunklen Himmel draußen und auf den Mond.
ich setze mich auf und starre nach draußen.
Ein einziger Mond.
Faszinierend. Ich bin noch nie nachts in einer anderen Zeit gewesen und habe nie den einzelnen Mond am Himmel gesehen. In meiner Zeit sind da drei bis vier. Kommt drauf an wie klar der Himmel ist.
Schließlich entscheide ich, dass die Zeit den Mond zu begaffen vorüber ist und ich mich auf den Weg machen muss. Ich kann nicht riskieren, dass jemand den Metallwürfel im Wald sehen kann. Meine geliebte 76389.
Ich hasse dieses Ding, dass ich es verschrotten lassen würde, wenn es nicht mein einziger Weg zurück nach Hause wäre.
Ich tapse auf Zehenspitzen aus dem Haus und ziehe mir draußen vor der Tür die Schuhe an, die mir Niall geliehen hat. Dann sehe ich noch einmal fasziniert in den Himmel zu dem alleinigen Mond und mache mich auf den Weg.
Ich schnappe mir eine Lampe aus dem Stall und höre die Pferde wiehern. Das schwarze Pferd des Fürsten ist hellwach und schlägt fast schon Alarm.
Ich halte mir den Zeigefinger von den Mund, murmele etwas auf Chinesisch und gebe ihm eine Möhre.
Dann verlasse ich den Stall und mache mich mit der Lampe in meiner Hand auf den weiteren Weg in den Wald.
Ich stolpere mindestens drei Mal, bis ich überhaupt in die richtige Richtung gehe. Wieso kann hier keiner mal schneiden? Ach ja: Die beschissenen Werte der Neu-Renaissance verbieten es.
Heiligt die Natur und lasset sie ruhen.
Ich tapse in Richtung des Wassers und von dort ist es leicht den Weg zur Zeitmaschine zu finden.
Ich tippe die Türen an und nichts passiert.
„Irgendwie muss ich doch da rein kommen", sage ich leise und murmelnd.
Ich trete einmal gegen das Metall.
Nichts passiert.
Heißt das jetzt, ich würde nicht einmal hier wegkommen, wenn ich Rubin und Diamant hätte?
Ich quietsche ungeduldig.
Der Tank ist nur geöffnet, wenn es die Türen sind. Sind die Türen geschlossen, kann man die Maschine nicht befüllen.
Also welcher Affe hat sich dieses System hier ausgedacht?
Ach ja, das war der Mensch, der zuließ, dass man das Ding befüllt, während ich, ein unschuldiges Wesen, dort drin sitze.
Damit ich daraufhin in die hoffnungsloseste Zeit reisen kann.
Die man nicht ohne Grund „Lost Time" nennt.
„Sesam öffne dich."
Nichts.
Ich seufze.
„Na gut, dann nicht. Dann gehe ich eben nicht rein."
Ich will mich umdrehen, da höre ich eine leise Stimme aus dem inneren.
Ich erstarre. Hat jemand die Maschine gefunden und sitzt nun in ihr?
Ich drehe mich schnell um und die Türen öffnen sich.
„Identität erkannt. Einlass wird gewährt", sagt die Stimme der Maschine.
„Danke, du Interface." Ich rolle mit den Augen und betrete die Maschine.
Alles ist so wie vorher und als ich auf den Abreiseknopf drücke, kommt wieder die Meldung: „Tank leer. Bitte befüllen."
Ich weiß..." Ich bleibe fünf Minuten in der Maschine und versuche 2293 anzurufen, doch nichts passiert.
„Also alles beim Alten." Ich verlasse den Würfel wieder und die Türen schließen sich automatisch.
Innen drin nuschelt die Stimme des Interfaces noch etwas und dann ist wieder alles um mich herum still.
Es zirpen einige Insekten.
Ich stelle die Lampe auf einen Stein und suche mir Gras, Moos und was noch so in einem Wald herum liegt. Es ist besser meine Zeitmaschine wird für ein großen, viereckigen Stein gehalten, über den schon Moos gewachsen ist und deshalb nie beachtet wurde, als das man denkt man wurde von Außerirdischen unterwandert.
Ich stelle mich auf einen Holzstamm, um ans Dach der Maschine zu kommen und auch dort platziere ich etwas Moos und Holz.
Holz auf einem Stein?
Wie auch immer. Ich kennen mich kein bisschen in der Natur aus. Ist ja auch nicht viel von übrig geblieben da wo ich her komme.
Als ich dann fertig bin, nehme ich mir meine Lampe, die schon fast aus ist und gehe in die Richtung des Baches. Schade, dass mein Navigationssystem hier nicht funktioniert, da hier natürlich noch keine Verbindung durch Dronen hergestellt ist.
Als ich am Bach ankomme, fließt er wie schon vorgestern. Ich setze mich kurz hin und starre ins Wasser.
Mein Implantat versucht an Informationen heranzukommen und listet mir gleich Vorschläge auf die ich zum Thema Wasser lesen könnte.
Außerdem schlägt es mir vor das Rauschen des Meeres zu hören oder mir eine Dokumentation über eine Flut anzusehen.
„Nein danke", sage ich und alles verschwindet. Ich will wirklich nur für eine kurze Zeit ausharren und ins Wasser sehen.
was haltet ihr von 2093?
und was von 2293? jamie xx
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