❧ Kapitel 6
Ich fühle mich wie im siebten Himmel. Grayson und ich essen gerade unsere Pizza und lachen uns halbtot über die Folge von »The Office«, die wir uns gerade ansehen. Das letzte Mal als ich so viel Spaß und Freude empfunden habe, war als... ich weiß es nicht mehr, vielleicht war ich auch noch nie wirklich glücklich. Vielleicht hat das Universum mich jahrelang getestet, um zu sehen ob ich es verdient habe glücklich zu sein, offenbar habe ich bestanden. Ich bin glücklich, auch wenn es nur ein paar Stunden anhalten sollte.
„Oh mein Gott! Dwight ist so ein Idiot, aber deshalb liebe ich ihn so sehr." lacht Grayson den Laptop an, während er ein weiteres Stück von seiner Pizza isst.
„Michael ist aber noch viel besser, ich meine sieh ihn dir an!" Ich deute auf den Bildschirm, wo er gerade seinen Anzug zerschneidet um daraus ein Dach zu bauen. „Wie kommt man auf sowas? Ich verstehe echt nicht, wieso jede Frau ihn verlassen hat. Wenn ich in seinem Alter wäre, würde ich ihn sofort heiraten."
„Du stehst also auf so Typen, wie die Vollidioten, die gerade einen Überlebenstest im Wald machen, um zu sehen ob sie im Wald alleine überleben würden?" Schmunzelnd sieht er mich an.
„Nein! Also ja... vielleicht. Ich meine, die Zwei sind extrem witzig, abenteuerlustig und für jeden Scheiß zu haben. Klar, sind sie nicht die Normalsten, aber wenigstens sind sie nicht langweilig." teile ich ihm grinsend mit.
Ein wunderschönes, echtes Lächeln breitet sich in seinem Gesicht aus. „Bin ich langweilig oder würdest du mich auch heiraten, wie Dwight und Michael?"
Mein Mund wird trocken. Warum stellt er solche Fragen? Also langweilig ist er sicher nicht, aber ob ich ihn heiraten würde, ich weiß nicht. Ich kenne ihn kaum, aber wenn das genau in diesem Moment der Grayson ist, den ich heiraten würde, dann würde ich ihn heiraten. Kaum zu fassen das ich das gerade denke, aber sagen würde ich es ihm nicht. Lass dir etwas einfallen, Brooke!
„Heiraten könnte ich dich gar nicht, denn du bist offensichtlich nicht der Beziehungstyp, also bist du langweilig." Entschuldigend lächelnd lege ich meine Hand auf mein Herz.
„Das hat mich jetzt sehr getroffen, liebste Brooke. Ich wollte dir gerade in diesem Moment einen Antrag machen, aber du hast es komplett ruiniert." Gespielt beleidigt dreht er sich von mir weg und sieht wieder auf den Laptop.
Lächelnd lege ich meine Hand auf seine Schulter und erwidere „Es tut mir aufrichtig leid. Wenn du irgendwann deine Einstellung zu der Liebe ändern solltest, kannst du es nochmal versuchen."
Er dreht seinen Kopf zu mir und entgegnet ernst „Werde ich tun. Vielleicht fange ich jetzt schon damit an."
Ich schlucke deutlich merkbar. Wieso habe ich das Gefühl, das die Ironie schon längst aus dem Gespräch verschwunden ist? Ich muss die Stimmung lockern, bevor es noch unangenehm wird. Das was ich als Nächstes tue, ist wahrscheinlich nicht eine Glanzstunde von mir. Ich nehme eine Handvoll Popcorn und werfe sie ihm in das Gesicht.
Überrascht sieht er mich an und fängt an herausfordernd zu grinsen. „Willst du mich wirklich herausfordern?"
Ich hebe provozierend meine Augenbraue. „Kann gut möglich sein."
Ohne Vorwarnung wirft er gleich zwei volle Hände voller Popcorn nach mir, was mich in die Defensive gehen lässt und ich mir schützend die Hände vor das Gesicht halte.
„Entschuldigst du dich bei mir?" fragt er lächelnd.
„Niemals!" rufe ich und steige schnell aus dem Bett um mich mich vor ihm zu schützen.
Leider nicht schnell genug. Grayson ist schnell an meiner Seite und trägt mich wieder zurück in das Bett, wo ich mich so ausbreite das für ihn kein Platz mehr ist.
„Und wo soll ich mich jetzt hinsetzen, liebste Brooke?" Ein amüsiertes Funkeln blitzt in seinen Augen auf.
Ich zucke eingebildet mit den Schultern und deute auf den Boden. „Da ist doch noch genug Platz."
„Du bist ein böses Mädchen, Brooke Daniels." sagt er während er immer näher auf mich zukommt und sich über mich legt, mit den Armen links und rechts neben mir aufgestützt. Heilige Mutter.
Mit aufgerissenen Augen sehe ich ihn an und stammele nervös „W-was m-machst du?"
Er kommt meinem Ohr näher, worauf ich eine Gänsehaut bekomme und er leise flüstert „Ich werde mich jetzt rächen."
Verwirrt sehe ich ihm in die Augen, aber habe keine Zeit darüber nachzudenken was er meint, denn er zeigt es mir.
„Nein! Stop Grayson. Hör auf!" lache ich, während er mich anfängt zu kitzeln.
„Was ist das Zauberwort?" Er hält inne und wartet auf meine Anwort. Woher soll ich das denn wissen?
„Grayson ist der größte Idiot auf Erden?" erzähle ich mit zuckenden Mundwinkeln.
„Grayson ist der schärfste, witzigste und nicht langweiligste Typ auf Erden." korrigiert er mich schmunzelnd.
Oh man. „Grayson ist der schärfste, witzigste und nicht langweiligste Typ in diesem Raum."
Er kneift die Augen zusammen und erwidert „Ich genehmige es, aber nur weil ich dich mag."
Ich verdrehe lachend die Augen. „Ich fühle mich sehr geehrt."
Als er nichts entgegnet, sehe ich ihn wieder an. Er betrachtet mich eindringlich, ich könnte schon fast behaupten, er sieht bis in meine verkorkste Seele. Er streicht mir eine Haarsträhne hinter das Ohr, worauf ich den Atem anhalte. Grayson liegt fast auf mir und hat gerade eine sehr süße Geste gemacht, irgendetwas läuft hier gewaltig falsch.
Sein Arm wandert weiter bis zu meinem verletzten Unterarm, wo man deutlich die Narben sehen kann, er guckt sie angespannt an und fährt sanft über die älteren darüber. Ich bin wie erstarrt und traue mich nicht zu bewegen. Normalerweise wäre es mir peinlich sie jemanden zu zeigen, aber bei Grayson ist es anders. Er hat auch welche, vielleicht nicht äußerlich aber innerlich und diese sind meist noch schlimmer.
„Wer bringt dich dazu, das du dich selbst verletzt?" fragt er während er sich neben mich rollt und wir nun nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt sind.
Sollte ich ihm vertrauen? Er hat mir schließlich auch schon einiges Persönliches erzählt. Vielleicht ist das jetzt meine Chance mit jemanden zu reden, der meinen Schmerz versteht und nicht nur so tut, als würde er verstehen was ich durchmache.
Ich antworte mit zittriger Stimme. „Jeder."
„Was meinst du damit?" fragt er sanft und umfasst meine Hand mit seiner.
Die Geste lässt mich traurig lächeln und eine Träne löst sich aus meinem Augenwinkel. „Ich habe niemanden. Keiner kümmert sich um mich oder interessiert sich auch nur wie es mir geht. Meine Eltern halten mich für eine Enttäuschung und ich weiß nicht einmal warum. Ich werde immer mit meiner Schwester verglichen, das sie ja so viel besser ist als ich und ich hingegen einfach nur ein zusätzlicher Balast in der Familie bin. Ich habe keine Freunde und in der Schule sehen mich auch immer alle an, als ob ich der letzte Dreck bin und eure Clique macht es mir auch nicht einfacher. Ich habe einfach keine Lust mehr, ich weiß nicht mal worauf ich überhaupt hinarbeite, denn ich habe keinen Plan was ich in meinem Leben erreichen will. Ich will doch einfach nur glücklich sein." Bei dem letzten Teil fange ich das Schluchzen an, weshalb Grayson mich beschützerisch in seine Arme nimmt und tröstend über den Rücken streicht.
„Es tut mir so leid, das ich dich gerade vollgelabbert habe. Bitte erzähle es keinem weiter." flehe ich ihn schniefend an und schmiege meinen bebenden Körper näher an seinen.
„Brooke, sieh mich an." Ich folge seinem Befehl und sehe in verständnisvolle Augen. „Ich hatte ja keine Ahnung, ich entschuldige mich aufrichtig für alles gemeine was ich jemals zu dir gesagt habe. Du musst mir aber versprechen — egal wie schwer es auch werden mag — du darfst dich nicht weiter selbst verletzen. Ich erkenne das Muster, was du vorhast und die Richtung gefällt mir gar nicht. Wenn du jemals wieder das Bedürfnis hast es zu machen, ruf mich an und ich bin innerhalb weniger Minuten bei dir und halte dich oder von mir aus kannst du auch auf mich einschlagen oder schreie mich an, aber bitte ruf mich an. Ich weiß, du bist mir gegenüber noch skeptisch, aber du kannst auf mich zählen ohne daran zweifeln zu müssen. Du bist nicht alleine. Du hast jemanden. Mich. Ich werde dich beschützen und für dich da sein. Ich verstehe dich, mehr als du denken magst, aber lass uns zusammen einen Weg finden wieder glücklicher zu werden. Was meinst du?"
Ich beobachte ihn innig und nicke. „Danke Grayson. Heute war ich echt glücklich und das habe ich dir zu verdanken, du bist ein toller Mensch. Ich verstehe, wieso du niemanden deine echte Seite zeigen willst. Du hast Angst verletzt zu werden."
Er lächelt traurig und streicht gedankenverloren über meinen Handrücken. „Unter anderem. Es hat einfach bis jetzt noch niemand verdient gehabt mein wahres Ich kennenzulernen. Außer du."
„Ich schätze es, das du mir so vertraust." sage ich breit lächelnd.
Ich habe mir gerade noch die Seele aus dem Leib geweint und jetzt lächele ich schon wieder. Grayson ist ein guter Umgang für mich.
„Bei dir kann ich einfach ich selbst sein und das ist ein wunderbares Gefühl. Du—" Er hört abrupt auf zu reden, als er von unten die Haustür öffnen hört.
„Was ist los?" Verwundert blicke ich in sein angespanntes Gesicht und die Kälte in seinen Augen. Er hat seine Maske wieder auf.
„Ich denke ich bringe dich jetzt nach Hause." Ist das Einzige das er zu mir sagt.
Enttäuschung macht sich in mir breit, aber ich verdränge das Gefühl schnell. „Oh okay."
Ich nehme meine Tasche und gehe mit ihm in schnellen Schritten nach unten. Warum hat er es denn so eilig? Wir ziehen uns an und wollten gerade das Haus verlassen, als wir beide durch eine Stimme hinter uns stehen bleiben.
„Grayson." Wir sehen dem Mann entgegen, der mit Sicherheit sein Vater ist.
„Vater. Ich dachte du fliegst heute nach London." begrüßt er ihn emotionslos.
„Der Flug wurde gestrichen, ich fliege morgen früh. Wer ist denn das?" Er sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an und ich fühle mich unter seinem Blick sehr unwohl.
„Das geht dich einen Scheißdreck an." zischt er wütend.
Wie ich sehe, hat auch er Familienprobleme. „Ich bin Brooke, seine Nachhilfelehrerin." Etwas anderes ist mir im Moment nicht eingefallen.
Spöttisch sieht er seinen Sohn an und erwidert „Du verschwendest deine Zeit Mädchen, Grayson ist eine Niete in jedem Fach. Er wird auch dieses Jahr seinen Abschluss nicht schaffen, richtig?"
Grayson's Kiefer zuckt und ich sage sauer „Wie können Sie so mit ihrem Sohn reden? Ich bin überzeugt, das er einen 1,0 Abschluss schafft."
„Das ist so wahrscheinlich, wie wenn morgen die Queen von England hier auftaucht." Er schnalzt mit der Zunge und sieht Grayson abwertend an.
Ich greife nach seinen Arm und murmele leise „Komm Gray, lass uns gehen."
Er lässt sich von mir mitziehen und gemeinsam laufen wir auf sein Auto zu, in dem wir schweigend zu mir fahren. Ich mag seinen Vater nicht und wo war überhaupt seine Mutter? Grayson tut mir leid, keiner verdient es das man so schlecht über jemanden redet und erst recht nicht über den eigenen Sohn.
Vor meinem Haus kommen wir an und er steigt mit mir aus und bringt mich noch bis zur Tür, wo wir beide uns stumm ansehen.
Er räuspert sich und sagt „Wir sehen uns Montag." Mit diesem Satz dreht er sich um und geht.
Ihm war die Sache mit seinem Vater unangenehm und er schämt sich, das kann ich fühlen, aber vor mir braucht er sich niemals so zu fühlen.
„Grayson! Warte!" rufe ich während ich auf ihn zurenne.
Überrascht dreht er sich um und kommt in's wanken, sobald ich ihm stürmisch um den Hals falle. Er atmet erleichtert aus und legt seine Arme um mich. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn er traurig gegangen wäre ohne das ich wenigstens versucht hätte ihn aufzumuntern.
Er löst sich leicht von mir und lächelt breit. „Danke das du Gedanken lesen kannst, denn eine Umarmung von dir ist wie Balsam für meine Seele."
Ich erwidere sein Lächeln und antworte „Gern geschehen. Hör auf nichts von dem was dein Vater dir sagt, du bist das genaue Gegenteil. Auch wenn ich noch nicht verstehe, wieso du trotzdem schlechte Noten schreibst, aber es wird seinen Grund haben. Ich hätte dich niemals nach Hause fahren lassen können, ohne das du wieder so lächelst wie jetzt. Und danke für die Pizza und den ganzen Tag eigentlich."
„Es wird nicht der letzte Tag gewesen sein, liebste Brooke. Du bist echt eine einzigartige Person und ich bin froh, das wir jetzt Freunde sind. Wir sehen uns am Montag, Fastverlobte." Grinsend wuschelt er mir durch die Haare und geht zu seinem Auto.
„Bis Montag, Langweiler." winke ich zum Abschied und sehe wir er lachend wegfährt.
Ich stehe hier noch einen kurzen Moment, bevor ich in das Haus gehe und mich wieder in mein Zimmer verkrieche. Diesmal aber nicht deprimiert oder weinend, sondern glücklich und mit einem Strahlen in den Augen.
Ich hatte mich nicht in Grayson getäuscht. Er ist ein guter Mensch. Nach seiner Aussage sind wir jetzt sogar Freunde, ich habe jetzt einen Freund. Im Nachhinein hätte ich ihn wohl eher als Feind bezeichnet, doch zum jetzigen Zeitpunkt konnte ich das leider noch nicht wissen.
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Hello my friends!👽💗
Ich hoffe ihr hattet einen schönen Tag bisher, wenn nicht hoffe ich er wird noch schön💕
Frage des Tages: Was findet ihr an einem Menschen am wichtigsten?🤔💛
Falls ihr heute noch nicht gelacht habt, tut es jetzt in diesem Moment😄💓
Bis im nächsten Kapitel,
Adios, Friends!❤️
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