❧ Kapitel 51

Da bin ich also. Wie habe ich es bis hierher geschafft? Den Abschluss in der Tasche und trotzdem keine Ahnung, was ich jetzt mit mir anfangen soll. Ich dachte immer, Grayson würde mit mir auf diesem Weg gehen und herausfinden, worin unsere Bestimmung liegt, aber vielleicht ist dies unsere Bestimmung, auch wenn ich sie nicht akzeptieren will.

Gray fliegt schätzungsweise in den nächsten Wochen, genau weiß ich es nicht, weil wir darüber noch nicht gesprochen haben. Vielleicht hätte ich damals das Angebot annehmen sollen mit ihm zu reisen, doch ich bin viel zu stolz, um mir das von ihm finanzieren zu lassen.

Ich bezweifele, das ich jemanden jemals wieder so nah an mich ranlassen oder lieben werde, aber das ist okay, die Erinnerung an das was war zählt - oder?

„Brooke, komm endlich! Wir sind schon spät dran. Grayson ist auch schon da." ruft meine Schwester durch die Tür.

Ich erwidere nichts und sehe mich skeptisch im Spiegel an. Mir hätte klar sein müssen, das ich Zweifel wegen dem Kleid haben werde. Wieso habe ich mir kein Plan B Kleid gekauft? Zitternd fahre ich mir über die offengelegte Haut an meinem Arm und sehe unsicher darauf.

Kann ich nicht ein Mal selbstbewusst sein und nicht daran denken, was die anderen vielleicht sagen könnten? Vielleicht sollte ich einfach daheim bleiben. Es ist nur eine Zeugnisübergabe und am Abend die Feier, wäre auch nicht der Weltuntergang, wenn ich sie verpassen würde. Sollte ich doch die Jogginghose anziehen?

„Süße? Bist du fertig? Alle warten schon auf dich." teilt mir Gray gedämpft mit.

Als ich stumm bleibe, tritt er vorsichtig ein und reißt seine Augen auf. „Ich... ich bin sprachlos. Du siehst mehr als atemberaubend aus."

Leicht lächele ich ihn an und betrachte mich weiter unsicher im Spiegel. „Ich weiß nicht."

Verwirrt legt er seine Hände auf meine Hüften und sucht meinen Blick im Spiegel. „Was meinst du? Soll ich dir noch schnell einen Brief mit Komplimenten schreiben, die mir gerade noch einfallen?"

Seufzend schließe ich kurz die Augen. „Das Kleid hat keine Ärmel, man wird die Narben sehen. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, ein Kleid ohne lange Ärmel zu kaufen."

Sanft dreht er mich um und sieht mich ernst an, als er meinen vernarbten Arm in die Hand nimmt. „Das ist das Problem? Brooke, ich sagte bereits, das du nicht schämen brauchst... wegen nichts. Du bist wunderschön, von innen und außen. Außerdem zeigt das doch nur, was für eine Kämpferin und wie unglaublich stark du bist. Falls dich auch nur jemand schief ansehen sollte, werde ich denjenigen so fertig machen, das derjenige sich gewünscht hätte niemals einen Blick in deine Richtung gemacht zu haben."

Schmunzelnd sehe ich meinen Arm an. „Ich habe trotzdem Angst."

Er gibt mir einen zarten Kuss auf die Narben und sagt „Brauchst du nicht. Ich bin bei dir und werde nicht von deiner Seite weichen."

Ich umarme ihn dankend und meine „Du bist der Beste."

Grinsend hält er mir seinen Arm hin. „Ich würde dir ja jetzt durch die Haare wuscheln, aber ich glaube deinen Locken würde das nicht so gefallen."

Lachend hake ich mich bei ihm ein, während wir nach unten laufen. „Da könntest du richtig liegen."

Unten angekommen sehe ich schon Allie, Jayden und meinen Vater warten. Sobald sie uns erblicken, verändert sich ihre ungeduldige Miene in ein überraschtes Lächeln und bei Allie kann ich auch so etwas wie Stolz erkennen.

„Wie ich gesagt habe, eine Königin durch und durch." erzählt Allie breit lächelnd.

„Und du siehst immer noch bezaubernd in deinem rosa Wolkentraum aus." Ich hebe eine Augenbraue und sehe Jayden an. „Ich hoffe, du hast ihr schon gesagt, wie schön sie aussieht."

Beschützerisch legt er einen Arm um sie und erwidert „Nicht nur einmal, aber gut das du mich erinnerst, es noch öfter heute zu tun."

„Ihr seht alle toll aus und jetzt stellt euch zusammen, ich will ein Bild machen." Hektisch macht mein Vater eine Bewegung, das wir uns zusammenstellen sollen.

Als dann schätzungsweise hundert Fotos gemacht wurden, ziehen wir alle unsere Schuhe an, was bei mir und Grayson unsere schwarzen Chucks sind, obwohl wir uns nicht abgesprochen haben. Zusammen gehen wir alle nach draußen und fahren zur Schule. Kurz bevor wir da sind, dreht Allie sich nachdenklich zu unseren Dad und dann zu mir.

„Ich wünschte Mum wäre hier, um das hier zu sehen." teilt Allie uns nachdenklich mit.

„Sie wäre sehr stolz auf euch und ich bin mir sicher, das sie es irgendwie mitkriegt." lächelt Dad uns traurig an.

Jayden — der hinter Allie sitzt — beugt sich vor und verschränkt seine Hand mit ihrer, was sie lächelnd erwidert. Ich schmiege mich näher an Gray und verstärke den Druck auf unseren Händen. Für ihn ist es auch nicht leicht.

„Ich weiß, das deine Mutter dich gerade ansieht und Tränen in den Augen haben muss, weil sie so verflucht stolz auf dich ist. Sie hat ein großes Glück, so einen tollen Mann auf die Welt gebracht zu haben. Du wirst sie weiter stolz machen, ich weiß es." flüstere ich Gray zu und gebe ihm einen Kuss auf die Wange.

Seine Mundwinkel heben sich und er küsst meinen Handrücken. „Ich danke dir für alles, Brooke. Ohne dich wäre ich niemals hier, ohne dir wäre nichts von dem möglich, was ich bald tun werde. Du hast mein Leben wieder lebenswert gemacht und das werde ich nie vergessen."

Schwer schlucke ich und verdränge die Frage, wieso sich das wie ein Abschied anhört.

„Dich und deine Taten werde ich auch niemals vergessen."

Der Rest der Fahrt verläuft schweigend und sobald wir auf dem Schulgelände sind, sehen uns schon zwei lächelnde Gesichter an. Schnell steige ich aus und renne auf die beiden zu, um sie fest in den Arm zu nehmen, was sie lachend erwidern.

„Hi. Ihr seht klasse aus." begrüße ich sie und deute auf ihre Outfits.

„Aber am besten sehe immer noch ich aus." widerspricht Jayden und dreht sich demonstrativ im Kreis.

„Deine Arroganz ist ja fast so groß, wie die von Gray." bemerke ich grinsend.

„Hey! Dass ist keine Arroganz, dass ist—" wollte er sagen, aber ich unterbreche ihn augenverdrehend.

„Ein gesundes Selbstbewusstsein, ich weiß." Als ich niemanden draußen sehe, frage ich „Wo sind denn die ganzen Eltern und die anderen?"

Liam sieht auf seine imaginäre Uhr und erzählt schulterzuckend „Die sind schon drinnen, weil es gleich anfängt."

Panisch sehe ich alle an. „Worauf wartet ihr? Los!"

Lachend rennen alle in die Schule und stellen sich schnell in die Reihen für die Zeugnisse.

***

Das Ganze dauert mir wirklich zu lange, als jeder dran war und sich wieder auf seinen Platz gesetzt hat. Erleichtert atme ich auf und lasse den Rest über mich ergehen. Kurz vor Schluss, höre ich dann doch interessiert zu.

„Zum Schluss, möchte ich noch bekannt geben, wer dieses Jahr von der gesamten Oberstufe den besten Abschluss, mit einer Glanzleistung von 1,0 hingelegt hat." Der Direktor räuspert sich und blickt erstaunt auf das Blatt vor ihm. „Nun das ist überraschend. Grayson Scott, bitte kommen Sie auf die Bühne und einen herzlichen Applaus für ihn."

Ich könnte sagen, das ich überrascht bin, aber dass bin ich nicht. Dass
hat er verdient, er ist zwar ein Idiot... aber ein verdammt schlauer Idiot. Zu gerne würde ich jetzt das Gesicht seines Vaters sehen, aber dieser ist leider mal wieder auf einer Geschäftsreise... am Tag von Gray's Abschluss. Strahlend umarme ich ihn und gebe ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen, bevor er sich verdutzt auf den Weg zur Bühne macht, wo ihm irgendein Preis überreicht wird.

„Willst du noch etwas sagen?" fragt unser Direktor ihn.

„Äh... klar." entgegnet er unsicher. „Tja, was soll ich sagen, ich bin wohl doch nicht so dumm, wie ich aussehe. Spaß beiseite, ich würde diese Auszeichnung nicht nur mir widmen, sondern auch der Person, die mir überhaupt Ansporn gegeben hat, damit ich heute hier stehe."

Grinsend deutet Gray auf mich, worauf ich versuche mich kleiner zu machen. „Ich möchte Brooke danken, das sie mir den Arsch aufgerissen und mich so oft an den Rande des Wahnsinns getrieben hat, nur damit ich meinen Abschluss mache. Mich wundert es ehrlich gesagt, das sie nicht hier oben steht, also bitte ich Sie alle für einen großen Applaus für dieses Mädchen."

Gray hat anscheinend nichts mehr zu sagen, weshalb er von der Bühne verschwindet und sich wieder neben mich setzt, während im Hintergrund Applaus ist... für mich. Verlegen lächele ich durch die Menge und rutsche dann näher an Gray, sobald er wieder neben mir ist.

„Ich sagte doch, das du einen 1,0 Abschluss hast." sage ich neckend, während der Direktor sich verabschiedet.

Zwinkernd steht er auf und zieht mich mit hoch. „Das hast du und hast nie daran gezweifelt, danke."

Hand in Hand verlassen wir die Halle, die bald zur Location für die Feier heute Abend umgestaltet wird. Kurz vor dem Ausgang, zum Empfang für die Gäste, winken Liam und Jayden Gray zu, das er zu ihnen kommen soll.

„Geh schonmal zu deinen Freundinnen, ich komme gleich." Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn und läuft dann angespannt zu seinen Freunden.

Mit mulmigen Gefühl laufe ich zu ihnen und lasse mir einen Sekt in die Hand drücken.

„Auf was trinken wir?"

Nachdenklich sieht Allison in die Luft. „Auf tolle Freundschaften für die Ewigkeit."

„Das ist gut! Auf die Ewigkeit." Allie stößt mit uns an, was ich ihnen gleich tue.

„Auf die Ewigkeit." murmele ich und sehe unauffällig zu Gray hinüber.

Liam läuft auf und ab und schüttelt aufgebracht den Kopf. Jayden sieht ihn nur ungläubig an und findet offenbar keine Worte für das was Gray gesagt hat. Tja und Gray? Der sieht nachdenklich, geknickt und bestürzt an ihnen vorbei. Was redet er mit ihnen? Bekommt Gray Schuldgefühle, weil er mich verlässt? Oder verabschiedet er sich schon von ihnen? Was ist, wenn er heute schon fliegt... scheiße.

Daran habe ich gar nicht gedacht. Es könnte mein letzter Tag mit Gray sein. Von der guten Stimmung gerade eben ist nichts mehr übrig, obwohl sie seit dem Tag nicht mehr wirklich gut war, seit ich erfahren habe, das Gray nicht vorhat eine Fernbeziehung zu führen. Ich könnte heulen... oder mich betrinken. Ich trinke mein ganzes Sektglas in einem Zug aus und schlucke schwer.

„Wer will sich denn schon so früh am Morgen betrinken? Heute Abend ist noch genug Zeit dazu, ich verspreche ich trinke auch ein paar Shots mit dir." verspricht mir Jayden, weshalb ich meine Augenbrauen zusammenziehe.

Jayden. Shots. Das Gespräch konnte nichts Gutes heißen.

„Hört sich gut an."

„Wir werden dich aufheitern." meint Liam schief lächelnd.

Was zum? „Warum denn aufheitern?"

Er wechselt mit Jayden einen Blick und sagt „Äh, naja du trinkst bestimmt weil du traurig bist, oder?"

Oh Mann, ich will mich vergraben gehen, sie wissen es. „Hm."

Grayson, der bis jetzt ruhig geblieben ist, wechselt geschickt das Thema. „Wann treffen wir uns heute Abend hier?"

„So um zehn Uhr reicht. Ich gehe mal zu meiner Familie, kommst du Allison?" Auffordernd sieht er seine Freundin an.

„Klar. Bis heute Abend!" Mit funkelnden Augen ergreift sie Liam's Hand und läuft weg.

Mein Vater, der bis jetzt beim Buffett war, kommt zu uns und lacht. „Sieh mich nicht so an, Brooke. Das Essen lasse ich mir nicht entgehen."

„War klar, das du dich direkt darauf stürzt." erwidert Allie trocken, lächelt aber böse.

„Wollen wir uns auch etwas holen?" fragt mich Gray leise.

Ich presse die Lippen zusammen und nicke. Sanft legt er einen Arm um meine Schultern und haucht einen Kuss auf meinen Scheitel. Vor dem riesigen Buffett kommen wir zum Halt und bleibe abwartend neben ihm stehen, da ich keinen Hunger habe... oder mir vergangen ist.

„Alles gut? Du wirkst in Gedanken versunken." nuschelt er und blickt mich von der Seite an.

„Ja. Alles perfekt." Den letzten Satz murmele ich leise vor mich hin.

„Du wirkst nicht gerade glücklich." Er verschränkt seine Arme und sieht mich besorgt an.

„Habe auch nicht wirklich einen Grund dazu. Aber lass uns einfach die restliche Zeit genießen."

Mein Blick schweift über die ganzen Menschen, die lachen und glücklich sind. Ich beneide sie.

Unsicher legt er seine Hand auf meine Schulter. „Brooke, wir haben noch nicht wirklich darüber geredet."

„Ich weiß." sage ich neutral.

„Wir sollten aber. Vielleicht morgen?" Nervös kaut er auf der Innenseite seiner Wange.

Gleichgültig zucke ich mit den Schultern. „Von mir aus. Wenn es dir dadurch besser geht."

Traurig nimmt er mich in die Arme und erdrückt mich fast. „Es wird alles gut."

Nein. Nein, das wird es nicht. Oft habe ich ihm geglaubt - ich wollte ihm glauben. Aber das gerade war eine Lüge, die mich für den Rest meines Lebens begleiten wird.
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Hello Friends! Ich hoffe ihr habt einen schönen Tag und seid alle gut drauf!💖

Das Ende naht, obwohl ich noch ewig über die beiden schreiben könnte. Seid ihr bereit für die letzten Kapitel?😈💛

Frage des Tages: Welches Buch möchtet ihr als Nächstes lesen?😇💕

Hab euch lieb. Fühlt euch alle ganz fest von mir geknuddelt. Ihr seid für mich wie die Familie, die Brooke gefunden hat. I LOVE YOU ALL SOOO MUCH und danke für 50k Reads!🥺🙏🏼❣️

Bis im nächsten Kapitel,
Adios, Friends!❤️

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