❧ Kapitel 46
Jetzt gerade möchte ich mich aus einem Fenster werfen. Wie dumm von mir zu denken, das wir uns wie zivilisierte Menschen unterhalten können. Das ich seit fünfzehn Minuten hier mit Gray an meiner Seite sitze und die anderen gegenüber von uns, uns anschweigen, hätte ich mir gleich denken können, das es so abläuft.
Ist das irgendwie ein Witz? Denken die ernsthaft, das ich die Stille breche und mich entschuldige? Ich habe zwar ein bisschen überreagiert, aber ich bin immer noch im Recht und wurde nicht richtig behandelt.
Gray streicht beruhigend über meinen Handrücken und meint dann nervös lächelnd „Das läuft doch schon einmal super."
Skeptisch sehen wir ihn alle an, was er mit einem Augenrollen entgegnet. „Ich wollte nur die Stille brechen. Fangt jetzt endlich an, es ist Sonntag und ich möchte wieder in mein Bett zurück."
„Wenn ich gewusst hätte, das es so abläuft, hätte ich es sowieso gelassen." sage ich genervt und sehe aus dem Fenster hinein in die Stadt.
Spöttisch lacht meine Schwester auf und zischt „Tut uns wahnsinnig leid, das es nicht so läuft wie es dir passt. Ich weiß ehrlich gesagt eh nicht was das hier bringen soll. Entschuldigen wird sie sich sowieso nicht."
Gray wollte einschreiten, doch ich komme ihm zuvor. „Ich? Entschuldigen? Habt ihr mal daran gedacht, das ihr euch entschuldigen solltet? Ich war eine Stunde gerade mal wach vom Koma und ihr konfrontiert mich direkt mit Anschuldigungen und Beleidigungen! Wie wäre es wenn ihr mich gefragt hättet, wie es mir geht, was ich durchmachen musste, ob mir irgendetwas fehlt, aber daran habt ihr nicht einmal gedacht. Habt ihr mal das Wort Taktgefühl gehört? Ich denke nicht."
„Gut, das war vielleicht nicht gerade nett, doch du hast auch Dinge gesagt die nicht schön waren." teilt mir Liam unsicher mit.
Ich werfe meine Arme dramatisch in die Luft und erzähle aufgebracht „Ja, weil ihr mich auf hundertachtzig gebracht habt. Ihr habt gesagt ich bin lächerlich, geht's noch? Seid ihr gerade von einer Schussverletzung an der Brust aufgewacht? Wollt ihr direkt solche Sachen hören, nachdem ihr zwei Monate niemanden sehen konntet, nichts hören konntet und die ganze Zeit in der Dunkelheit gefangen wart? Denkt doch einfach mal nach, bevor ihr mich anmotzt was für ein schlechter Mensch ich doch bin."
Ohne auf meine Worte einzugehen fragt Jayden „Und wieso hast du ihm wieder verziehen? Ihm verzeihst du alles und uns ist jetzt einmal ein Ausrutscher passiert, dass ist nicht fair."
Nachdenklich sieht Gray auf den Tisch, weshalb ich seine Hand unterstützend drücke. „Grayson war nur gerade zur falschen Zeit am falschen Ort, außerdem hat er mir nie etwas Böses gewollt oder mich beleidigt, im Gegensatz zu euch. Zudem liebe ich ihn, es war nur ein Missverständnis, dass wir wieder geklärt haben."
„Ach? Und uns liebst du nicht? Was sind wir denn für dich? Ein Haufen Dreck, den du so manipulieren kannst wie es dir passt, damit wir alle Mitleid haben? Es geht immer nur um dich, du bist so egoistisch und stur. Allison bereut es seit der Sekunde, als sie gezwungen wurde es zu machen und trotzdem sitzen wir jetzt hier und müssen uns deine Ausreden anhören. Weißt du eigentlich wie wir uns gefühlt haben, als du im Koma warst? Vor allem Allison?" Allie deutet auf sie. „Sie hat in der Zeit kaum ein Auge zugekriegt und so oft geweint, da sie wusste, das du ihr das für immer übel nehmen wirst und sie jeden Tag mehr Schuldgefühle bekommen hat, weil sie dachte, das du es vielleicht nicht schaffst. Du sagst wir sollen uns in deine Lage versetzen, dann versetz du dich auch in unsere." Außer Atem lehnt sie sich an Jayden, welcher sie beschützerisch in die Arme nimmt.
Allison sieht so aus, als würde sie gerade im Erdboden versinken wollen. „Ist s-schon gut. I-ich verstehe sie."
Als Liam die Tränen in ihren Augen sieht, flüstert er ihr beruhigende Worte zu und streicht ihr über den Rücken. Scheiße. Wieso fühle ich mich jetzt schuldig? Sie sollten es tun! Was soll ich denn jetzt machen? Hilflos und nachdenklich sehe ich Gray an, welcher unmerklich mit dem Kopf nickt. Er steht zu jeder meiner Entscheidungen die ich treffen werde. Das ich immer den ersten Schritt machen muss nervt langsam.
Leise nuschele ich „Es tut mir leid, das ich euch so angeschrien habe und nicht gerade angebrachte Worte zu euch gesagt habe. Ich habe aus meiner Wut gesprochen, ich hätte mich erst beruhigen und dann mit euch nochmal reden sollen. Meinen Fehler habe ich mir eingestanden und ich werde es mir für die Zukunft merken."
Allison schnieft und meint mit erstickter Stimme „Ich weiß, das es dich viel Überwindung gekostet hat heute hierher zu kommen. Du musst wissen, ich bereue es vom tiefsten Herzen, das ich dich danach nicht direkt nochmal aufgesucht und es dir gesagt habe. Ich bereue alles und es wird keinen Tag geben, an den ich mir nicht wünschte, das es anders gelaufen wäre, aber das geht nicht. Aber weißt du was ich nicht bereue? Das ich mich damals zu dir gesetzt und mich mit dir angefreundet habe, nicht nur du hast zu der Zeit eine Freundin gebraucht. Ich kann nur hoffen, das du mir irgendwann verzeihen kannst und wir nochmal von vorne starten können. Es tut mir so leid, Brooke."
Da ich gerade noch nicht die Worte finde etwas zu erwidern, was die anderen auch merken, räuspert sich Liam schuldig.
„Ich... mir tut es auch leid. Ich habe keine Rücksicht auf dich genommen, sondern wollte nur die Sache geklärt haben. Das was ich gesagt habe war auch nicht in Ordnung, du bist nicht lächerlich, Brooke. Ich hoffe du weißt, das ich dir nie weh tun wollte, du bist doch meine kleine Schwester."
Ich verkrampfe mich um Grayson's Hand und versuche die aufsteigenden Tränen zu ignorieren, weshalb ich nur nicke.
„Okay."
Beschämt sieht mich Jayden an. „Mir tut es auch leid. Ich wollte nicht gegen Grayson hetzen oder so, ich... mir tut einfach alles leid. Ich wollte dich nicht verletzen, Kleine."
Leicht lächele ich und nicke wieder nur knapp. „Ist okay."
Auffordernd schubst Jayden meiner Schwester in die Seite, was sie schlucken lässt. „Ich wollte nicht wieder eine Bitch zu dir sein, ich habe dir versprochen, das ich die Schwester werde die du verdient hast. Manchmal habe ich mich nicht unter Kontrolle und das lasse ich dann an anderen aus, es tut mir leid, das du dass meistens abbekommst. I-ich... ich hoffe du weißt, das ich das was ich gesagt habe nicht ernst gemeint war, wie du gesagt hast, es kam aus der Wut heraus. Es tut mir wirklich so leid, du hast das alles nicht verdient, ich bin so eine Idiotin."
„Es ist schon okay. Wir haben alle Fehler gemacht und das ist menschlich, niemand ist perfekt, auch nicht wir. Hauptsache wir lernen daraus." erzähle ich offen und hebe leicht einen Mundwinkel.
Für einige Zeit bleibt es still, bis Grayson sagt „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute."
Perplex sehen wir ihn alle an, weshalb ich lache und frage „Alles gut, Schatz?"
Mit zusammengekniffenen Augen sieht er mich an. „Natürlich. Oder willst du mir etwas sagen, Süße?"
„Nein, nein. Alles gut." murmele ich schmunzelnd.
„Wie läuft das jetzt? Willst du mich irgendwie schlagen?" fragt Allison vorsichtig.
Erschrocken sehe ich sie an. „Was? Nein! Oh Gott."
Gray legt einen Arm um mich und flüstert Allison zu „Das macht sie nur mit mir."
Ich gebe ihm einen Hieb in die Seite, worauf er aufstöhnt. „Das klingt voll so, als wäre ich dir gegenüber gewalttätig."
„Bist du doch auch, aber du hast Glück, das du dabei immer total heiß aussiehst, deshalb verzeihe ich dir."
Ob er es ernst meint oder ironisch, kann ich nicht sagen.
„Du bist so ein Idiot." teile ich ihm grinsend mit und wuschele durch seine Haare.
Er umarmt mich von der Seite und legt seinen Kopf auf meine Schulter. „Dein Idiot."
„Mensch Scott, du bist ja richtig weich geworden." scherzt Jayden lachend.
„Ihr müsstet ihn manchmal sehen. Gestern hat er mir gedroht, mich in seinen Koffer einzusperren und mich mit auf seine Reise zu entführen." erzähle ich lächelnd.
„Lass mich. Ich will eben nicht ohne dich." schmollt Gray und sieht mich mit einem Hundeblick an, der mir das Herz erwärmt.
„Deine Mutter würde sich wünschen, das du dein Leben genießt und ich wünsche mir das auch." meine ich ehrlich und kraule ihn am Hinterkopf.
„Emilia? Das bezweifle ich." lacht Liam auf.
Verwirrt sehe ich meinen Freund an und deute auf alle. „Du hast es ihnen noch nicht erzählt?"
„Ich wollte es mit dir machen." erwidert er und schluckt hart.
„Was erzählt? Haben wir irgendetwas nicht mitbekommen?" Fragend sieht Allie mich an, was die anderen ihr gleich tun.
„Ich bin bei dir, erzähl es ihnen." wispere ich in sein Ohr, damit nur er es hören kann.
Dankend drückt er meine Hand. „Äh... ihr fragt euch bestimmt immer noch, warum ich das ganze Geld gebraucht habe."
„Jetzt wo du es sagst, ja." Neugierig sieht Liam ihn an.
„Du hast aber kein Drogenproblem, oder? Wenn ja, würden wir dir aber helfen, Bro." sagt Jayden beinahe schon liebevoll.
„Nein, keine Drogen. Emilia ist meine Stiefmutter, meine leibliche ist vor über einem Jahr an Lungenkrebs gestorben. Das Geld brauchte ich für ihre Behandlung."
Damit lässt er die Bombe platzen und rückt unauffällig ein Stück näher zu mir.
Mich verwundert es wirklich, das er es ihnen immer noch nicht erzählt hat, schließlich sind die Jungs unzertrennlich und wie Brüder für einander. Die beiden fühlen sich jetzt bestimmt außen vor, was mir für beide Parteien leid tut.
Eine lange Zeit war es still, weil sie es alle erstmal sacken lassen mussten, bis dann Liam das Wort ergreift.
„Wieso hast du uns nichts gesagt? Deshalb durften wir nie zu dir Nachhause kommen. Hast du dich wegen uns geschämt?"
„Gott, nein! Aber mein Vater ist das reinste Arschloch und ich wollte es euch ersparen ihn euch vorzustellen und ich wollte nicht, das ihr meine Mutter so seht." erklärt er angespannt.
„Du hättest das alles nicht alleine durchstehen müssen, wir wären für dich da gewesen, Mann. Wie geht's dir jetzt?" Besorgt sieht Jayden ihn an.
„Es wird schon. Brooke hilft mir, sie unterstützt mich. Sie ist die Einzige die mich wieder auf die Beine bringen konnte." berichtet er leicht lächelnd, worauf ich ihm einen Kuss auf den Kopf gebe.
„Gut. Ich bin froh, das du sie hast und das es dir einigermaßen besser geht. Wir sind für dich da und lieben dich, Mann." erzählt Liam lächelnd, worauf Jayden zustimmend nickt.
„Es tut mir leid, Grayson. Ich weiß wie schwer es ist, Brooke und ich verstehen dich. Du kannst auf mich zählen." Aufmunternd lächelt Allie ihn an, was er dankend entgegnet.
„Auf mich auch. Ich habe immer ein offenes Ohr." nuschelt Allison zurückhaltend.
„Danke, ich schätze das echt. Ich bin froh euch zu haben und das die Sache jetzt geklärt ist." Er hebt sein Glas. „Auf einen frischen Neuanfang."
Wir stoßen alle an und als ich mein Glas gegen das von Allison stoße, meine ich „Auf uns alle."
Ein ehrliches Lächeln — wahrscheinlich das erste seit Monaten — breitet sich auf ihrem Gesicht aus. „Danke, Brooke. Ich hab dich lieb."
Ich atme tief ein und lächele dann schüchtern. „Ich dich auch."
Liam ruft einen Jubelschrei aus. „Endlich sind wir Idioten wieder vereint. Ich liebe euch, Leute."
Gray beugt sich zu meinem Ohr und flüstert „Danke für das hier, ich weiß es war nicht leicht. Ich liebe dich."
Ich drehe mich ein Stück zu ihm und gebe ihm einen zarten Kuss auf den Mund. „Ich liebe dich auch, du Idiot."
„Igitt, dreht euren Softporno daheim. Nicht einmal in der Öffentlichkeit könnt ihr euch benehmen." Tadelnd sieht Jayden uns an, mit einem amüsierten Funkeln in den Augen.
„Du mich auch, Jayden." Augenverdrehend lache ich und genieße die entspannte Gesellschaft.
Zum Glück bin ich heute doch gekommen, auch wenn ich den ersten Schritt machen musste. Es wird zwar immer in Erinnerung bleiben und eine Weile dauern, bis alles wieder so wird wie am Anfang, aber es wird.
Am Ende des Tages versuchen wir doch alle nur die bestmögliche Version von uns selbst zu sein, an manchen Tagen läuft es besser, an manchen weniger. Das wichtigste ist aber, das man es versucht und das ist die Hauptsache, denn wir versuchen es alle und werden nicht damit aufhören.
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Hello Friends! Habt einen schönen Tag und habt Spaß!🧡
The Squad is back! Na, hat Brooke richtig entschieden? Hättet ihr ihnen auch vergeben?🤔💘
Frage des Tages: Welches Tier hättet ihr gerne als Haustier?🐥💛
Hab euch lieb. Kümmert euch um euch und lasst euch von niemanden runterziehen! Ihr seid stärker als ihr denkt❣️
Bis im nächsten Kapitel,
Adios, Friends!❤️
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