❧ Kapitel 21

Keine einzige Minute habe ich geschlafen. Wie könnte ich auch? Meine Mutter wird nie wieder schlafen und gemütlich aufwachen können, wieso sollte ich es dann dürfen? Die Schuldgefühle wachsen von Sekunde zu Sekunde mehr und so gerne ich glauben möchte, das der Unfall nicht meine Schuld war, kann ich es nicht.

Ich möchte weinen, schreien oder auf irgendetwas einprügeln, stattdessen liege ich wie der lebende Tod in den Armen meines Freundes und starre seit Stunden den gleichen Punkt an. Noch nie in meinem Leben habe ich mich so alleine gefühlt wie jetzt gerade.

Grayson kann dafür nichts.

Mein Vater kann dafür nichts.

Meine Schwester kann dafür nichts.

Nur ich.

Ich alleine bin das Problem. Wann habe ich mich selbst verloren? Wann habe ich das Leben aufgegeben? Ich fühle mich, als müsste ich jeden Morgen all meine Kraft zusammenpacken um aus dem Bett aufzustehen und den Tag anzutreten. Für die Meisten ist jeder neue Tag ein Geschenk - für mich ist es eine Qual.

Gray hat mich das für einige Zeit vergessen lassen und mir die guten Dinge im Leben gezeigt, aber er wird nicht immer bei mir sein. Alles Gute im Leben wird mich verlassen, früher oder später, aber es passiert immer. Manche sind für das Leben nicht bestimmt und ich bin eine Person davon.

Vorsichtig löse ich mich aus Gray's Klammergriff um mich und sehe ihn für ein paar Sekunden stumm an. Ich bereite ihm eine weitere Last und dabei hat er selbst genug am Hals. Ich kneife meine Augen zu und schüttele den Kopf. Ab heute nicht mehr.

Langsam schleppe ich mich in sein Badezimmer und putze mir leise die Zähne. Der Anblick von mir selbst im Spiegel widert mich an, die absolute Katastrophe blickt mir entgegen.

Angeekelt von mir selbst verlasse ich das Badezimmer und suche mir einen warmen Hoodie und eine gemütliche Leggings heraus und ziehe es mir in schnellster Geschwindigkeit an. Die Uhr bestätigt meine Vermutung, es ist kurz vor sechs Uhr. Bald wird Gray aufstehen und ein leeres Bett mit einer kleinen Notiz vorfinden. Ob er mich wohl vermissen wird? Ich suche hektisch ein Blatt Papier und schreibe kurz und bündig eine Nachricht.

Bin weg.
Suche nicht nach mir, ich tue dir einen Gefallen damit.
Ich werde dich nie vergessen und für immer lieben.
Danke für alles, mein Langweiler.
Ich hoffe du findest dein Glück, du verdienst es.
Es tut mir leid.
Deine Brooke."

Eine Träne fällt auf die Notiz, was mir zeigt das ich tatsächlich doch noch in der Lage bin etwas zu fühlen und platziere sie dort, wo ich noch vor kurzem gelegen habe. Nur er hat mich wieder richtig fühlen lassen. Ich hoffe er kommt schnell über mich hinweg, wenn es ihn überhaupt kümmert.

Ich schnappe mir mein Handy und verlasse das Zimmer. In schnellen Schritten laufe ich nach unten und öffne die Tür, wo mich direkt die kühle Morgenluft empfängt. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht wo ich hingehen soll, aber meine Beine tragen mich wie von selbst zum Strand am Santa Monica Pier.

Eine Weile beobachte ich einfach nur die leichten Wellen und die angenehme Meeresluft und sauge diesen Moment in mich auf. Ich schlucke hart und blinzele die aufkommenden Tränen weg, während ich mich in den Sand fallen lasse und schluchzend in den Himmel sehe.

„Es tut mir so unglaublich leid, Mum. Ich hätte dich nicht so behandeln dürfen, aber das kann ich dir alles nicht mehr sagen. Wenn du mir irgendein Zeichen geben kannst, ob ich es verdient habe weiterzuleben, zeige es mir. Ich kann nicht mehr, ich fühle mich so einsam und leer. Bitte... irgendjemand, gib mir ein Zeichen, das mein Leben doch noch irgendwie lebenswert ist." rufe ich weinend in die Weite des Meeres.

Ich warte.

Eine Minute.

Zwei Minuten.

Zehn Minuten.

Nichts.

Das ist dann meine Antwort.

Traurig nicke ich und lächele. Vielleicht war es schon immer so vorbestimmt. Zitternd stehe ich auf und laufe auf das Wasser zu, das wie ich merke noch eiskalt ist, aber was kümmert mich es schon? Ob ich erfriere oder ertrinke, was macht es für einen Unterschied. Bis zu den Knien stehe ich im Wasser und genieße meinen letzten Moment in vollen Zügen. Wenigstens sterbe ich mit Stil.

„Danke Welt, das ich wenigstens für eine kurze Zeit ein Teil von dir sein durfte. Es gab nicht viele schöne Momente, aber die wo es waren, waren unbezahlbar für mich. Danke Grayson, für alles. Ich hoffe, in einer anderen Welt ohne Schmerz und Traurigkeit, werden wir uns wiedersehen." flüstere ich leise vor mich hin.

Ich setze einen weiteren Schritt in das Wasser und halte inne, als auf einmal die Sonne hinter den Wolken hervorkommt und mich direkt in das Gesicht blendet. Ist das mein Zeichen? Ich lasse die Sonnenstrahlen auf mich wirken und seufze zufrieden auf. Mein Handy vibriert und ich kann mir nur zu gut denken wer es ist.

Es wäre egoistisch wenn ich rangehen würde, wenn ich sowieso vorhabe ihn und niemanden wiederzusehen. Aber seine Stimme ein letztes Mal zu hören, dann wäre alles perfekt und ich könnte in Frieden gehen. Zögernd hole ich es heraus und nehme an ohne etwas zu sagen.

„Brooke? Brooke, oh Gott! Verdammt, was auch immer du vorhast, tu es nicht. Wir kriegen das hin... zusammen. Bitte, was dein Kopf dir auch einredet, hör nicht darauf. Hör auf mich, Süße." redet er hektisch auf mich ein, worauf ich angespannt die Augen schließe.

Sobald er merkt, das ich nichts sagen werde, fährt er weiter fort. „Du kannst mir das nicht antun. Denkst du ich war erleichtert als ich diese blöde Notiz gefunden habe? Einen Gefallen tust du mir? Scheiße, wenn ich eine Sache in meinem Leben mit Sicherheit weiß, dann ist es das ich dich mehr brauche als die Luft zum atmen. Ich bin ein Nichts ohne dich. Bitte, um Gottes Willen, komm zurück und lass uns darüber sprechen. Ich will mit dir die Welt bereisen, ich will das du meine Frau wirst, ich will Kinder mit dir kriegen, ich will eine Zukunft mit dir. Bitte Kleine... ich liebe dich."

Ein Lächeln huscht mir über mein tränenverströmtes Gesicht. „Ich liebe dich auch, zweifle daran niemals. Hab ein erfülltes Leben. Du wirst es jetzt nicht sehen, aber irgendwann wirst du erkennen, das du mit mir nicht glücklich geworden wärst. Bis... irgendwann, Langweiler."

Trigger Warnung!

Schweren Herzens lege ich auf und laufe komplett in das Wasser. Sobald ich nicht mehr stehen kann, mache ich mir nicht die Mühe mich über Wasser zu halten und lasse mich sinken und von den Wellen mitreißen. Die Luft geht mir schneller aus als gedacht und ich hoffe die Dunkelheit holt mich schnell, denn ertrinken ist nicht gerade ein schönes Gefühl.

Wieso habe ich mir nicht einen anderen Weg ausgesucht? Nicht einmal meinen eigenen Tod kann ich richtig machen. Doch nicht so stilvoll wie gedacht. Selbst wenn ich mich jetzt umentschieden hätte, würde es mir nichts bringen. Ich habe zu wenig Sauerstoff in meiner Lunge und mein Körper wird immer schwächer. Ich blinzele gegen das Wasser entgegen und wenn ich mich nicht täusche ist direkt über mir ein Körper, wo nach mir greifen will.

Ich würde nach der Hand greifen, aber ich bin so unglaublich müde. Ob ich mir das alles einbilde weiß ich nicht, aber alles zieht wie ein Film an mir vorbei. Die Person greift hecktisch nach mir und zieht mich an die Oberfläche. Ich kann nicht atmen, ich habe zu viel Wasser geschluckt.

Ich denke ich werde gerade an Land getragen und in den Sand gelegt. Vielleicht ist das gerade auch nur eine Wunschvorstellung. So fühlt sich also sterben an... ich habe es mir weniger schmerzvoll vorgestellt. Ich spüre einen Druck auf meiner Brust und darauf Lippen an meinem Mund, die mir neuen Sauerstoff verabreichen.

Ein weiteres Mal fühle ich den Druck auf meiner Brust, diesmal musste ich aber würgen und husten. Vernebelt öffne ich die Augen und spucke das ganze Wasser vor mir in den Sand. Ich japse nach Luft und atme unregelmäßig, während meine Sicht immer klarer wird. Es ist doch Realität. Die Person wo mich gerettet hat ist auch nicht nur eine Person, sondern mein herzallerliebster Grayson. Ein weiteres Mal hat er mich gerettet.

Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und fragt panisch „Hörst du mich? Wie viele Finger zeige ich? Tut dir irgendetwas weh? Oh Gott sei Dank."

Dann macht es in mir Klick.

„Mein Zeichen."

Verwirrt und besorgt mustert er mich. „Du lebst. Um Gottes Willen. Brooke, mach das bitte nie wieder. Warum hast du das getan? Wolltest du sterben?"

Ich senke den Blick und versuche kontrollierter zu atmen.

„Es schien mir der einzige Ausweg zu sein."

Sanft zieht er mich in seine Arme und flüstert beruhigend „Sich umzubringen ist niemals die Lösung. Ich bin für dich da. Ich würde alles für dich tun. Bitte versprich mir, das du so etwas nie wieder machst. Heute Morgen... du kannst dir gar nicht vorstellen wie ich mich gefühlt habe, als ich den Zettel gelesen habe. Die Vorstellung das ich zu spät gekommen wäre..."

„Es tut mir leid und ich verspreche es dir." erwidere ich schuldbewusst.

„Entschuldige dich nicht. Ich weiß das du gerade einfach alles hasst und ich verstehe in gewisser Weise auch warum du das gerade getan hast, aber es wird besser. Ich verspreche es. Und wenn es das Letzte ist was ich tue, ich werde dir beweisen, wie ich schön das Leben ist und du selbst irgendwann sagen wirst, das ich Recht hatte." Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn und lehnt seinen Kopf dann gegen meinen.

Eine Träne läuft mir über die Wange, welche ich nicht wegwische. „Ich liebe dich, aber ich fühle mich so leer und weiß einfach nicht mehr wo oben und unten ist. Ich bin so müde von allem."

„Es ist okay und verständlich. Ich werde dir helfen die Leere wieder zu füllen. Ich werde alles dafür tun, das du wieder glücklich wirst und mir dein atemberaubendes Lächeln wieder schenkst. Öffne dich und sag mir alles, was dich beschäftigt. Du bist nicht mehr alleine und musst auch nicht mehr alleine kämpfen. Ich werde deine Last mit dir teilen und gemeinsam mit dir dagegen ankämpfen." verspricht er mir lächelnd.

„Danke Gray." meine ich ernst und streiche an seiner Wange einen Wassertropfen weg.

„Nicht der Rede wert, aber unser erstes Mal zusammen schwimmen habe ich mir trotzdem etwas anders vorgestellt." sagt er grinsend um die Stimmung zu lockern.

„Es wird bestimmt nicht das letzte Mal gewesen sein." entgegne ich amüsiert.

„Das mit Sicherheit, du kommst nämlich nicht mehr weg von mir, Süße." versichert er mir und zieht mich näher zu sich.

„Ist das ein Versprechen?" frage ich leicht lächelnd.

Seine Antwort ist ein langer Kuss voller Liebe, den ich nur zu gern erwidere. Ich vergrabe meine Hände in seinen Haaren, während er mit seinen Händen unter meinen Pullover wandert und meine unterkühlte Haut wärmt. Ein Schauer überfällt meine Haut und ich löse mich atemlos von ihm. Seine Augen strahlen nur so vor Zuneigung und Liebe zu mir, das mein Herz einen kleinen Knacks macht. Hätte er mich nicht gerettet, würden seine Augen etwas ganz anderes ausstrahlen.

Ich umarme ihn fest und vergrabe mein Gesicht an seiner Halsbeuge, wo ich einen sanften Kuss hinterlasse.

„Woher wusstest du eigentlich, das ich hier bin?"

„Ich konnte im Hintergrund das Meer hören, aber um sicher zu gehen habe ich nochmal auf Snapchat nachgesehen."

Das Lächeln in seiner Antwort kann ich mir nur zu gut vorstellen.

Ich lache leicht und sage „Du bist schon ein kleiner Stalker. Bist du etwa besessen von mir?"

Er dreht mein Gesicht zu sich und hebt eine Augenbraue.

„Ich denke das weißt du schon."

Einige Augenblicke bleibt es still und wir genießen nur die Anwesenheit des anderen. Welcher von uns sie mehr genießt kann ich nicht sagen.

„Wir sollten Nachhause und uns frische und trockene Sachen anziehen, hm?" Fragend sieht er mich an.

Ich lasse mich mit den Rücken in den Sand fallen und lächele in den Himmel.

„Lass uns noch einen Augenblick bleiben, gerade ist alles so perfekt."

Er legt sich neben mich und umschließt meine Hand mit seiner.

„Alles was du willst, Süße."

Zufrieden schließe ich die Augen und lasse die Sonnenstrahlen meine Haut wärmen. Vielleicht war meine Zeit auf dieser Erde doch noch nicht vorbei und vielleicht war Grayson's Anruf wirklich mein Zeichen. Möglicherweise besteht doch noch Hoffnung für mich auf ein schönes Leben.
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Hello my beautiful friends!🌻💗

Ihr dachtet doch nicht wirklich, ich würde Brooke sterben lassen oder?😏💓

Frage des Tages: Wie sieht für euch der perfekte Sommertag aus?☀️💕

Hab euch ganz doll lieb! Genießt euren Tag und macht das was ihr wollt!💘

Bis im nächsten Kapitel,
Adios, Friends!❤️

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