Teil 30
*Liljas Sicht*
Nach dem Essen stand Jukka auf, holte ein paar Fotoalben und nachdem er wieder bequem neben mir saß, öffnete er das erste.
"Bereit, meine Freunde kennen zu lernen? Wenn auch erstmal nur auf Fotos?" fragte er und ich nickte. Er fing mit Riku an. Ich erkannte ihn wieder. Hatte ich ihn doch am Fenster gesehen, wenn auch nur schemenhaft. Er erzählte mir ein paar Sachen über Riku und auch seiner Frau Naina. Woher er ihn kannte und ein paar witzige Geschichten, die mich immer wieder kurz auflachen ließen.
Danach kam Samu dran. Als ich mir die Bilder von Samu anschaute, überkam mich ein schlechtes Gewissen. Mit seinem grinsen und den leuchtenden Augen sah er nicht so aus, als ob er einer Fliege was zu leide tun konnte und ich hatte ihm die Tür vor der Nase zu geknallt. Vielleicht konnte ich mich irgendwann dafür entschuldigen. Auch über ihn erzählte mir Jukka Geschichten und ich kam bald nicht mehr raus aus dem Lachen.
Danach folgten Osmo, Raul, Sami und noch ein paar andere. Ich versuchte mir, die Gesichter und die Namen einzuprägen. Ich hatte zwischen durch immer wieder Tränen vom Lachen in den Augen und schon Bauchschmerzen. Würde morgen bestimmt Muskelkater haben, doch das war die Sache wert. Ich hab in der ganzen Zeit nicht einmal an das vergangene gedacht. Konnte einfach abschalten und genießen.
Und zum ersten mal und vor allem ziemlich oft, laut gelacht. Jukka schien das zu freuen, den er strahlte mich regelrecht an und ich glücklich zurück. Ich war in dem Moment einfach sorgenfrei und glücklich. Alles schien mit einmal so weit weg zu sein. Ich bekam nicht mal mit, das wir seit Stunden dort sitzten und erst recht nicht, das ich die ganze Zeit Rafa durchs Haar gestreichelt hab. Auch jetzt registrierte ich es nicht wirklich. Jemand anderes dafür umso mehr...
*Jukkas Sicht*
Ich genoss es einfach, ihr Lachen zu hören und gab eine Geschichte nach der anderen, zum besten. Davon gab es, zum Glück, mehr als genug. Sie sah so wunderschön aus, wenn sie lachte. Ihre Augen strahlten um die Wette und sie wirkte einfach glücklich. Dann werde ich in Zukunft öfters ein paar Geschichten zum besten geben, wenn sie damit abschalten konnte. Unser Vorrat davon würde für ein paar Jahre reichen.
Allerdings beobachtete ich eine Sache mit missfallen. Die ganze Zeit über streichelte sie Rafa durchs Haar. Es schien, als wenn sie es selber gar nicht mitbekommen würde und doch störte es mich etwas. Bekam Rafa es mit? Oder schlief er immer noch? Jedenfalls zeigte er keine Reaktion. So laut, wie wir waren, hätte er doch schon längst aufwachen müssen...
*Rafaels Sicht*
Ich wurde von einem Lachen geweckt. Ein lachen, das nur von einem Engel stammen konnte. Hell und rein. Unschuldig und ansteckend. Ich drehte mich um und bevor ich etwas dagegen machen konnte, hatte ich mein Kopf in Liljas Schoß und mein Arm um ihre Beine gelegt. Sofort verstummte das lachen und ich konnte spüren, wie sich jeder Muskel in ihrem Körper anspannte. Scheisse Rafa, was hast du gemacht, dachte ich mir nur.
"Soll ich ihn runter schubsen? Es wäre mir ein vergnügen" kam in dem Moment von Jukka und nun war ich es, der erstarrte. Sie schien zu überlegen, denn sie antwortete nicht sofort. Ich sah nicht, ob sie nickte oder den Kopf schüttelte, doch da ich immer noch hier lag, konnte es nur letzteres gewesen sein. Langsam entspannte sich ihr Körper wieder und ich tat weiterhin so, als würde ich schlafen. Ich wollte mich nicht bewegen. Ich wollte weder meinen Kopf noch meinen Arm wegnehmen. Wollte einfach nur hier liegen und ihre Nähe geniessen. Die Nähe, die mich alles vergessen ließ. Ihr Duft, der mir meine Sinne benebelte.
Jukka erzählte weiter und ich biss mir zwischen durch immer wieder auf die Zunge, um nicht laut aufzulachen. Bis ich eine Berührung ihrerseits spürte. Sanft, fast zaghaft spürte ich ihre schmalen Finger in meinen Haaren. Zärtlich fuhren diese über meine Kopfhaut und eine Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus und ließ mich immer wieder leicht erschaudern. Sie schien Jukka gespannt zu lauschen und lachte immer wieder auf. Doch keine Sekunde hörte sie auf, durch meine Haare zu streicheln. Wusste sie, was sie da macht? Was sie damit in mir auslöst? Oder passierte dies zufällig? Ich konzentrierte mich nur auf ihr Lachen und ihre Berührungen.
Oh gott, was macht sie hier nur mit mir. Ich konnte es kaum mit Worte beschreiben, ich wusste nur, das es nicht aufhören sollte. Der Arm, auf dem ich lag, kribbelte ohne Ende und war schon vor langer Zeit eingeschlafen, doch das war mir egal. Ich darf mich nicht bewegen. Sie dürfte nicht aufhören, mich zu streicheln. Dafür fühlte es sich einfach zu gut an. Zu richtig. Lass es niemals enden. Nicht heute, nicht morgen und in unserem gesamten Leben nicht. Niemals wieder möchte ich darauf verzichten und ich würde alles daran setzen, damit es so bleibt. Sie bei mir bleibt. Wenn nicht als meine Freundin, dann als meine beste Freundin. Egal, was für schmerzen mir das noch bereiten könnte. Sie war es mir wert.
*Liljas Sicht*
Jukka packte irgendwann die Fotoalben weg und so langsam beruhigten wir uns wieder. Was für ein wilder Haufen muss das. Es klang, als wenn sie immer Spaß haben würden. Alles locker angehen würden. In diesem Moment klingelte Jukkas Handy und er meldete sich mit den Worten "Na Samu. Wurde dir gestern zum ersten mal von einer Frau die Tür vor der Nase zugeschlagen?". Ungewollt musste ich grinsen. Leider verstand ich seine Antwort nicht, doch Jukka schaute mich an und erklärte ihm "Ich hab eine Freundin zu Besuch und sie kannte dich halt nicht. Ich an ihrer Stelle, hätte dir auch die Tür an Kopf geschmissen" und nun konnte ich deutlich hören, das sie beide lachten. Sie telefonierten noch eine Weile, während mein Blick langsam zu Rafa wanderte und ich erschrak. War das meine Hand in seinen Haaren? Meine Finger, die ihm durch dieses weiche Haar strichen? Wie lange machte ich das schon? Hat er es bemerkt? Oder schlief er wirklich noch? Es fühlte sich gut an. So vertraut und normal? Als wäre es selbstverständlich. Dieser Gedanke bereitete mir etwas Angst und so zog ich langsam meine Hand weg. Ich spürte, wie er kurz zuckte und sich verspannte. "Bitte nicht aufhören" flüsterte er, fast flehentlich, kaum hörbar und doch hörte es sich für mich so an, als hätte er mich angeschrien. Immer wieder verhallten diese Wörter in meinem Kopf. Zögerlich ließ ich meine Finger wieder durch seine Haare streicheln und spürte, wie er sich augenblicklich wieder entspannte. Wie lange war er schon wach? Hatte er es die ganze Zeit mitbekommen? Warum wollte er, das ich weiter mache? Gefiel es ihm etwa? Ich konnte es mir nicht vorstellen. Meine Gedanken überschlugen sich. Auf der einen Seite wollte ich es nicht und auf der anderen Seite genoss ich einfach nur dieses vertraute, beruhigende Gefühl. Langsam durchzog ein warmer Schauer meinen Körper und auch mein Herz schlug wieder so verdammt schnell. Schnell und unkontrolliert in meiner Brust. Was passierte hier nur...
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