~Fifty~

Ich verlor jegliche Fassung und schrie aus tiefster Seele Yonathan an, da er mich einfach ignorierte. Dieses Verhalten brachte mich nur noch mehr auf die Palme, als er es mit seinem Kontrollzwang ohnehin schon tat.

Vollkommen unerwartet packte er meine Haare und ich schrie von dem Schmerz auf meiner Kopfhaut laut auf. Es zwang mich auf die Knie und ich glaubte fast, Yonathan würde mir jegliches Haar einzeln ausreißen. Tränen bildeten sich augenblicklich in meinen Augen und die Angst, was er mit mir machen würde, packte mich und hielt mich fest umschlungen.

Ohne ein Wort zu sagen, schliff er mich an den Haaren durch das Schlafzimmer. Ich versuchte so gut es ging, mit meinen Beinen hinterher zu stolpern und schrie mir meine Seele aus dem Leib, während ich um mich schlug, in der Hoffnung, er würde von mir ablassen.

Yonathan löste seinen Griff allerdings nicht und zerrte mich weiter bis zu dem Badezimmer, wo er mich unter die Dusche zog und mich mit eiskaltem Wasser abduschte.

Abermals schrie ich laut auf und zappelt wild wie ein Fisch am Land, da das Wasser auf meiner Haut schmerzhafte Stiche hinterließ. Ich rutschte mit meinen Händen auf den nassen Fließen immer weg und fand einfach keinen Halt, um aus dieser Situation zu fliehen. Meine Tränen vermischten sich mit der eiskalten Flüssigkeit und ich schlang meine Arme um meine Beine in der Hoffnung, sie könnten die Kälte in mir vertreiben.

Yonathan schaltete das Wasser aus, als kein Laut mehr über meine Lippen kam und ich ängstlich und durchgefroren vor ihm kauerte. Das Klappern meiner Zähne hallte von den Fliesen wider und mein Atem entwich nur noch unkontrolliert aus meinen Lungen.

„Hast du dich abreagiert?“, fragte er mich, als er den Duschkopf zurück in die Vorrichtung hing und sich vor mich hockte.

„Du hörst mir zu und redest nur nach Aufforderung, verstanden?“

Ich zitterte so heftig, dass man mein Nicken sicherlich gar nicht wahrnehmen konnte, doch Yonathan schien es ohnehin nicht zu interessieren, da er direkt weitersprach.

„Es ist okay für mich, wenn du deine Emotionen mal freien Lauf lassen musst und mir gegenüber lauter wirst. Es war auch okay, dass du die Hand erhoben hast, denn ich weiß, dass es für dich schwer nachzuvollziehen ist, wie ich handel. Aber es ist nicht okay, wenn du kein Punkt hinter ein Thema machen kannst!“

Ich kauerte noch immer ängstlich vor ihm und fühlte mich schlagartig, wie das kleine 5-jährige Mädchen, das ihre Eltern verloren hatte. Vollkommen auf mich allein gestellt, kam ich in die Obhut des Jugendamtes und hatte in dem Heim fürchterliche Angst. Denn meine Tante war nicht sofort mein Vormund, da diese sich erst verweigert hatte.

Genauso, wie jetzt, saß ich täglich in der Ecke meines Zimmers und zitterte vor Angst, bis meine Muskeln mir unglaublich wehtaten.

„Du musst endlich verstehen, dass alles, was ich mache, einzig deiner Sicherheit dient! Ich will dich nur beschützen!“, sagte er aufgebracht. Ich hätte liebend gern etwas erwidert, aber zu groß war die Angst, er würde erneut nach der Duschbrause greifen, sobald ich unaufgefordert sprach.

„Geh dich umziehen und leg dich schlafen. Morgen früh fliegen wir zurück nach Boston“, meinte er streng, als er aufstand und ich ihm nur traurig und handlungsfähig hinterherschaute, wie er das Badezimmer verließ.

Ich bettete meinen Kopf auf meine angezogenen Knie und schluchzte leise, als ich abermals allein und auf mich gestellt zurückblieb. Es ärgerte mich, dass ich bereits so abhängig von ihm war und doch wollte ich einfach nur seine Zuneigung.

Wenige Minuten verharrte ich so, bis ich realisierte, dass Yonathan nicht zurückkommen würde, um mich von dem kalten Fliesenboden zu befreien. Mit letzter Kraft rappelte ich mich auf und wischte meine Tränen des Selbstmitleides aus meinem Gesicht.

Es war schon echt erbärmlich, wie abhängig ich bereits von der Aufmerksamkeit dieses Mannes war. Denn mir wurde bewusst, dass mir eine körperliche Strafe deutlich besser gefiel, als wenn er mir die kalte Schulter zeigte. Mir fehlt in diesen Momenten der Bezug zu ihm, welche ich nur hatte, wenn seine gesamte Aufmerksamkeit mir galt.

Noch immer fröstelnd und tropfend stand ich im Badezimmer und zog das nasse T-Shirt über meinen Kopf, ehe ich mir einen weißen Bademantel griff und zurück in das Schlafzimmer tapste.

Die Kapuze des weichen Frotteestoffs weit in mein Gesicht gezogen, legte ich mich in das Bett, um dann mit traurigen Augen zu der Tür zu starren. Doch meine Intuition sagte mir, dass ich vergeblich das verschlossene Holz anstarrte, da Yonathan nicht zurückkommen würde.

Mein Inneres blutete bei dem Gedanken, obwohl ich wusste, dass es so für uns beide besser war. Ich blickte auf mein Handgelenk, an dem noch immer das dünne Armband hing, mit der Gravur „Daddy“. Er wollte mich schützen und das bedeutete auch, er schützte mich auch vor sich selbst.

Mir fielen die Augen immer wieder zu, doch ich öffnete sie eilig, aus Angst, ich könnte verpassen, wie Yonathan doch noch zu mir kam. Allerdings konnte ich irgendwann der Müdigkeit nicht mehr standhalten, weshalb ich in einen unruhigen Schlaf fiel.

Ich träumte etwas Seltsames, wobei es nicht wie ein Traum wirkte, sondern mehr wie eine Erinnerung.

Es war der Tag, an dem ich zu dem Jugendamt kam. Eine Frau hatte mich zu dem Waisenhaus gebracht, wo etliche Kinder unterschiedlichen Alters herumtollten. Einige sahen mich seltsam an und ich fühlte mich unglaublich verloren.

„Skylar, das ist vorerst dein neues Zuhause. Ich bin mir sicher, du wirst dich schnell hier einleben“, sprach die Frau vom Jugendamt mir gut zu. Mir kamen die Tränen und ich sah ängstlich zu ihr auf, als eine weitere Frau auf uns zukam. Sie war bereits etwas älter, hatte ihre blonden Haare zu einer Hochsteckfrisur gewickelt und in dieser hatte sie ihre kleine, schwarze Brille versteckt.

„Du musst die kleine Skylar sein“, begrüßte sie uns freudig. Warum waren alle so glücklich? „Der Unfall von deinen Eltern tut mir sehr leid, aber wir werden uns liebevoll um dich kümmern.“

Das bezweifelte ich. Niemand konnte die Fürsorge meiner Mutter oder die Umarmungen von ihr ersetzen. Ich blieb stumm und schaute auf den Spielplatz vor dem großen Gebäude, auf denen die Kinder spielten. Die beiden Frauen unterhielten sich, ehe die ältere Dame mir ihre Hand hinhielt.

„Wollen wir zusammen dein neues Zimmer ansehen?“

Die Frage war absolut überflüssig, denn was für eine Wahl blieb mir schon?

Sie führte mich in das Innere des Heims und zeigte mir alle wichtigen Räume, wie die Küche, Badezimmer und Gemeinschaftsräume. Mein Unbehagen wuchs immer mehr und ich wollte einfach nur zurück in mein Zuhause.

„Das ist dein Zimmer. Vorerst bewohnst du es allein, aber vielleicht bekommst du bald eine Zimmergenossin“, meinte sie zu mir. Ich tapste in das Zimmer, in dem sich ein Bett, ein Schrank und ein Tisch befand. Alles war so unglaublich befremdlich und ich weigerte mich, die fremden Möbel zu benutzen.

Ich wollte mich dort nicht wohnlich fühlen.

Sie ließ mich allein, damit ich mich mit der Situation anfreundete, doch das wollte ich überhaupt nicht. Anstatt mich umzusehen, beschloss ich mich in die Zimmerecke zu setzen, wo ich fast meinen gesamten Aufenthalt verbrachte und kauerte.

Noch am selben Tag meiner Ankunft, kam ein Mann zu mir in das Zimmer. Damals vermutete ich, dass er ebenfalls von dem Jugendamt war und nur nach meinem Rechten schaute. Heute jedoch glaubte ich, dass er so etwas wie ein Psychologe war, denn er stellte mir bei jedem Besuch dieselben Fragen.

„Wie geht es dir, Sky?“

„Wie fühlst du dich, Sky?“

„Hast du schon Freunde gefunden, Sky?“

Ich gab ihm aber nie eine Antwort. An sein Äußeres erinnerte ich mich nicht, da ich ihn meist nicht direkt angesehen hatte. Doch je öfter er kam, umso mehr gewöhnte ich mich an ihn. Er gab mir ein Gefühl von Beständigkeit, da er jeden Tag da war, bis zu meinem Auszug. Auch gab er mir ein Gefühl von Sicherheit, denn es war, als sorgte er sich um mich.

Mein Traum änderte sich schlagartig und plötzlich war ich nicht mehr das kleine, verkümmerte Mädchen, sondern die Frau, die ich heute war. Der Mann vor mir war nicht der Mann, der mich täglich löcherte. Es war ein düster wirkender Mann mit kristallklaren blauen Augen.

„Wie fühlst du dich, Sugar?“

Panisch schreckte ich auf und umklammerte mit meinen Armen meine Beine. Das war das, was ich war. Ein kleines, gebrochenes Mädchen, welches die Aufmerksamkeit eines Mannes so sehr benötigte, wie die Luft zum Atmen.

Doch meine Luft war nicht mehr da und würde für diese Nacht auch nicht mehr zu mir kommen. Diese Erkenntnis ließ mich abermals Schluchzen und ich kämpfte gegen den Drang an, Yonathan zu suchen.

Ich wollte diese Abhängigkeit nicht länger zulassen und legte mich wieder hin, um meine Augen erneut zu schließen.

Doch an Schlaf war kaum noch zu denken.

____________

Ich vermute, mit dieser Reaktion von Yonathan habe ich euch eiskalt erwischt 🥶🤣

Und dir arme Sky 🥺 da versucht ihr Unterbewusstsein ihr wohl erklären zu wollen, wieso sie so sehr von ihrem Daddy abhängig ist. 🥺

Zu guter Letzt noch eine kleine Information. Ich werde das Wochenende vermutlich nicht updaten aus zeitlichen Gründen und da ich langsam durchplanen sollte, wie viele Kapitel es insgesamt noch werden. 🥰

Wünsche euch dennoch ein schönes und erholsames Wochenende.

❤❤❤

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top