~Fifteen~
Ich wachte von dem mir überschlagenden Magen auf und sprang aus dem Bett, ohne mich vorher auch nur umzusehen. Mit der Hand vor dem Mund rannte ich durch das Zimmer, welches mir vollkommen fremd war.
Ich entdeckte eine Tür, riss diese auf und war erleichtert, dass dort das Badezimmer war. Schnell hob ich den Deckel der Toilette und übergab mich.
„Sky? Alles gut?“, hörte ich eine Stimme, welche mir nur allzu bekannt war. Mit weit aufgerissenen Augen und zitternden Knien stand ich auf, während in meinem Kopf die Erinnerung von letzter Nacht über mich hereinbrachen.
„Oh Gott“, hauchte ich mit dem Blick auf mein Spiegelbild. Ich glich beinahe einer Leiche, so blass war ich. Abermals kam mir der Gedanke von letzter Nacht und ich glaubte, ich müsste mich erneut übergeben. Allerdings atmete ich die Übelkeit weg und spülte meinen Mund aus.
Was hatte ich nur getan?
Wie konnte ich bitte noch tiefer sinken, innerhalb von wenigen Stunden?
Mein Blick fiel an mir herunter, wobei ich sah, dass ich einzig einen BH trug, weshalb mir augenblicklich die Röte in die Wangen schoss.
„Skylar?“, ertönte Kyle’s erneut und ich wusste, ich musste reagieren, sonst würde er vermutlich noch das Badezimmer stürmen.
Also öffnete ich die Tür einen Spalt.
„K-könntest du dich eventuell umdrehen?“, stammelte ich schüchtern, während ich meinen Kopf ein Stück durch die Tür schob. Er sah mich für einen Moment ungläubig an, ehe er sich jedoch im Bett herumdrehte und die Wand anstarrte.
„So gefällst du mir definitiv besser“, sagte Kyle, während ich schnell in das Zimmer lief, meine Sachen von dem Boden aufhob und diese eilig überzog.
Komplett angezogen, ließ ich mich auf die Kante des Bettes nieder.
„A-also wegen letzter Nacht …“, fing ich, wie immer stotternd an. „Tut mir leid, dass ich dich in solch eine blöde Situation gebracht habe.“
„Ist schon okay. Du kannst nichts dafür“, meinte er und drehte sich zu mir herum. Mein Blick fiel auf seine Finger, als er seine Hand dicht neben meinen Beinen legte.
Die Finger, welche mich letzte Nacht überall berührt hatten …
Nervös rutschte ich ein Stück von ihm weg und wünschte, ich hätte keinerlei Erinnerung an letzter Nacht.
„I-ich würde gerne zurück zu meinem Zimmer“, sagte ich beschämt, während ich meine Hände knetete, wie ich es immer tat, sobald mich etwas in Verlegenheit brachte.
„Sicher. Ich bringe dich“, sprang Kyle augenblicklich auf. Er hatte nur eine Boxershorts an und mein Blick fiel ungewollt auf seine trainierten Oberkörper. Sofort schoss mir mein Blut in den Kopf und ich schaute eilig weg.
„Dir muss das wirklich nicht peinlich sein. Ich habe Marilyn gesagt, sie soll es lassen und ich dachte, sie hört ausnahmsweise auch mal auf mich“, sagte Kyle, während er sich seine Hose hochzog und zumachte.
„Wie meinst du das? Du wusstest es?“
„Ja klar. Das MDA hat sie doch von mir“, meinte er kopfschüttelnd. Über diese Dreistigkeit war ich so schockiert, dass ich nur mit Tränen in den Augen vor ihm stehen konnte. Kyle zog sich auch noch ein T-Shirt über den Kopf, während er weitersprach.
„Wir wollten einfach, dass du mal lockerer wirst und aus dir herauskommst.“
„Und dann setzt ihr mich auf Drogen, damit du … was? Mich vergewaltigen kannst?“, schrie ich aufgebracht.
„Vorsichtig mit solchen Anschuldigungen! Hätte ich das vorgehabt, hätte ich es auch getan. Du solltest mir vielleicht danken, dass ich dich von dem Tisch geholt habe, bevor es ein anderer tun konnte“, zischte er mir wütend entgegen, wobei er mir so nahe war, dass sein Atem meine Haut streifte. „Denn jeder andere hätte es ausgenutzt!“
Ich blinzelte einige Male und ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen. Es war nicht in Ordnung, dass er mit Marilyn solch einen Plan hatte und ihr die Drogen dafür gegeben hatte. Aber Kyle hatte vermutlich auch recht damit, dass ich froh sein konnte, dass er mich in der Situation mit zu sich genommen hatte.
Wer weiß, was gewesen wäre, hätte jemand anderes meine Lage ausgenutzt.
„Dennoch warst du nicht im Recht, mich in dieser Situation zu berühren!“, meinte ich noch immer sauer und mit verschränkten Armen. „Aber ich danke dir trotzdem, dass du nicht weitergegangen bist.“
Vermutlich wollte Kyle mir wirklich nur helfen …
„Du hättest es dir auch selbst besorgen können, aber ich wollte dir diese Peinlichkeit ersparen“, sagte er nun ebenfalls wieder mit ruhiger Stimme. Ich glaubte ihm, dass er keine bösen Absichten hatte.
„Ich bin trotzdem sauer, weil ihr überhaupt so ein scheiß geplant habt mit den Drogen“, entgegnete ich verletzt.
„Natürlich war es scheiße, aber dieses MDA hat gar keine so starke Wirkung. Davon wird man nur gesellig und aufgeschlossener. Ich weiß nicht, was das gestern war.“
Kyle hielt mir mein Handy hin, welches ich sofort an mich nahm. Nur wegen dieses Teils kam doch alles erst so weit.
Ich hatte keinerlei Erfahrungen oder Ahnung von Drogen, doch ich verstand auf Anhieb, was er mir damit sagen wollte.
„Du meinst, sie hat mir etwas anderes gegeben?“, fragte ich, während wir gemeinsam das Zimmer verließen.
„Ich weiß es nicht, aber ich werde es herausfinden!“
Während wir schweigend über den Campus liefen, kreisten meine Gedanken um die vergangene Nacht. Ich war noch immer sauer, aber ich musste mir auch eingestehen, dass Kyle unfassbar liebevoll war. Er hat Rücksicht genommen und hatte es wirklich nicht ausgenutzt, was ich ihm, obwohl er meist so ein riesiger Arsch war, doch sehr hoch anrechnete.
Allerdings erinnerte ich mich auch an den Vertrag. Ich hatte Mr. Kingsley noch immer keine E-Mail geschickt, um mit ihm nochmals in Verhandlung zu gehen. Jedoch war ich mir nach der letzten Nacht nicht mehr so sicher, wie noch den Tag davor. Kyle hatte mir das erste Mal gezeigt, wie es sich anfühlte, wenn man sich jemanden hingab und ich konnte es nicht abstreiten, dass es sich gut angefühlt hatte.
Aber wiederum konnte ich nicht vorhersehen, was Mr. Kingsley alles in mir hervorrufen konnte.
„Alles gut?“, fragte Kyle, als wir an dem Gebäude ankamen, in dem auch das Zimmer von mir und Marilyn war. Ich nickte nur und ging durch die Tür, welche er mir aufhielt.
„Es tut mir wirklich leid, aber vielleicht … könnten wir das trotz allem dennoch wiederholen“, stammelte Kyle, wobei ich seine Nervosität deutlich heraushören konnte. Ich schmunzelte über seine Art und ging einen Schritt auf ihn zu, um ihm auf den Zehenspitzen stehend einen Kuss auf die Wange zu hauchen.
„Ich überlege es mir“, erwiderte er, ehe ich die Tür öffnete.
„Na, wenn das mal nicht unsere Partyqueen ist“, sagte Marilyn direkt. „Kyle, warum so eilig?“
Kyle hatte sich bereits zum Gehen gewendet, drehte sich auf Marilyns Frage jedoch noch einmal zu uns herum.
„Ich habe noch etwas vor“, zuckte er mit den Schultern.
„Wollt ihr mir nicht erzählen, wie eure Nacht war?“, fragte sie mit einem dreckigen Grinsen, welches mich umgehend wütend machte.
„Nein! Wollen wir nicht. Dir ist bewusst, dass es eine Körperverletzung war, welche du begangen hast, oder?“, zischte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Sie sah mich jedoch mit geweiteten Augen an, als wäre sie sich keiner Schuld bewusst.
„Ich? Was soll der Mist jetzt?“, fragte sie an Kyle gewandt. „Nur weil du es ihr letzte Nacht anscheinend ordentlich besorgt hast, bin ich hier die böse?“
„Ja, denn du warst auch diejenige, die es ihr in das Getränk gemischt hat, obwohl ich sagte, du sollst es lassen“, entgegnete Kyle, mittlerweile ebenso sauer.
„Du bist so lächerlich, Kyle! Jetzt sag mir nicht, du hättest so etwas, wie Sympathie für diese Jungfer gefunden!“
Dass ich ebenso anwesend war, wusste sie aber schon, oder?
Kyle schüttelte nur abwehrend mit seinem Kopf, ehe er noch ein „Wir sehen uns“ hervorpresste und dann das Zimmer einfach verließ. Es verletzte mich, dass er sich auf Marilyns Aussage nicht geäußert hatte, aber was hatte ich auch schon erwartet? Er war eben noch immer dasselbe verletzende Arschloch, wie gestern!
„Du müsstest mir danken, dass jemand wie Kyle überhaupt seine Finger an dir dreckig gemacht hat“, zischte Marilyn mir entgegen, ehe sie ebenso aus dem Zimmer stürmte und mich mit meinem Gefühlschaos allein ließ. Tränen bildeten sich in meinen Augen und so vollkommen einsam, fühlte ich mich, wie sich jeder gefühlt hätte, nach den Ereignissen. Ich fühlte mich beschmutzt.
Obwohl ich nicht Kyle die Schuld geben wollte für alles, tat ich dies im Nachhinein doch. Er war schuld, dass ich mich nun so benutzt und gedemütigt fühlte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top