Kapitel Zwei
"Am besten setzen Sie sich erstmal an den Küchentisch und ich hole meinen Verbandskasten. Keyla wird Ihnen Gesellschaft leisten", lächelte ich den fremden Mann freundlich an, streichelte meiner Hündin noch einmal über den Kopf und ließ ihn dann alleine.
Ich konnte mir nur schwer vorstellen, was jetzt gerade in seinem Kopf vor sich gehen musste. Er hatte anscheinend alles vergessen, was sein Leben betrifft und saß nun, bei einem fremden Mann in der Küche. Ich könnte ihm sonst etwas antun, trotzdem ist er mitbekommen. Theoretisch, hatte er natürlich auch keine andere Wahl gehabt, außer er hätte versucht, nach unten in die Stadt zu kommen, was zu Fuß wohl ein paar Stunden gebraucht hätte.
Nachdenklich griff ich nach ein paar Dingen, die mir aus meinem Sanitätsschrank noch ins Auge fielen, ehe ich nach dem eigentlichen Verbandskasten griff und das Badezimmer wieder verließ. Der Fremde saß jedoch nicht wie angepriesen am Küchentisch, sondern geisterte durch mein Wohnzimmer und sah sich die verschiedenen Bilder und Gegenstände an, die dort so herumstanden. Ich nahm es ihm nicht übel, dass er ein bisschen über den Ort herausfinden wollte, an den er jetzt unfreiwillig gekommen war, aber ich mochte es nicht, mich so nackt zu fühlen. Normalerweise war kein Mensch hier und ich lud auch niemanden, außer meiner Familie, ein. Diese kam höchsten zwei bis drei Mal im Monat, da sie über eine Stunde fahren mussten und das war nun wirklich kein Spaziergang.
"In der Küche habe ich besseres Licht. Wir müssten uns zumindest kurz einmal dort hin begeben."
Bei meiner Stimme zuckte er zusammen und sah ertappt zu mir nach hinten, jedoch beruhigte sich sein Gesichtsausdruck, als er mitbekam, dass ich nicht wütend war. Geschlagen nickte er dann, warf noch einen letzten Blick auf das Familienfoto über dem Kamin, ehe er vor mir her, zurück in die Küche ging.
Ich schaltete das große Licht an und sofort kam Keyla hinter uns her getrabt, um kurz darauf neben dem Esstisch Platz zu nehmen und vor ihrem Napf liegen zu bleiben. Doch jetzt musste sie noch kurz auf ihr Essen warten, aber das war kein Problem; immerhin war sie wirklich sehr gut erzogen und auch sonst gehörte sie nicht zu den verfressenen Hunden.
Ich wusch mir am Waschbecken kurz die Hände und desinfizierte sie, ehe ich mich vor den Fremden Mann stellte. Denn selbst jetzt wenn er saß, war er nicht viel kleiner als ich und lediglich wenn ich stand, konnte ich seine Wunde so gut es geht verarzten.
"Wohnen Sie alleine hier?", fragte er mich nach einer Weile, in der ich die Wunde gesäubert und näher betrachtete hatte, um zu wissen, wie ich weiter vorgehen sollte.
"Naja, Keyla wohnt mit hier", ich zeigte mit meinem Ellenbogen auf meine Hündin und schüttelte dann den Kopf. "Aber ja, sonst wohne ich alleine hier."
"Ist das nicht.. einsam?" Man merkte ihm an, dass ihm diese Frage unangenehm war und tatsächlich, gehörte sie nicht wirklich den Dingen an, über die ich gerne sprach. Außerdem war ich kein Mensch, der sich gerne für die Sachen rechtfertigte, die er tat und trotzdem hatte ich irgendwie das Gefühl, dass es Okay war, ihm davon zu erzählen. Vielleicht, weil er selbst keinen blassen Schimmer mehr von nichts hatte oder deshalb, weil ich ihn nie wieder sehen werde, wenn er erstmal wieder von hier weg kann.
"Ich bin gerne allein." Ich zuckte mit den Schultern und nahm ein paar Klammerpflaster, um seine Wunde zu schließen. "Ich..bin nicht gerne unter Menschen und fühle mich dann nicht wirklich wohl. Deswegen bin ich auch so weit von der Stadt weggezogen und arbeite von Zuhause. Ich Skype und telefoniere mit meiner Arbeitsstelle und muss so gut wie nie einkaufen gehen, weil ich die Sachen die ich brauche entweder hier auf dem Hof habe, oder einer der Nachbarn etwas vorbei bringt."
"Dann ist es wahrscheinlich nicht das schönste für Sie, mich hier zu haben.." Er klang fast schon gekränkt und entschuldigend, weswegen ich sofort den Kopf schüttelte und die Dinge die ich benutzt hatte, wieder in den Kasten zurück packte.
"Es ist okay, Sie konnten nirgendwo anders hin." Ich seufzte einmal und lächelte dann. "Wollen Sie was essen? Ich habe noch etwas Auflauf von gestern da und ansonsten mache ich schnell einen Salat."
"Das klingt toll, denke ich", murmelte er und die letzten zwei Worte verschwanden fast komplett, weswegen er aufstand und ich ihm in das Wohnzimmer folgte, wo er nach der Tasche griff, die ich vorsichtshalber mitgenommen hatte.
"Die restlichen Sachen können wir morgen holen. Wir fahren dann mit dem Auto", sagte ich und er schenkte mir einen skeptischen Blick.
"Als ob die Sachen dann noch da sind, wenn sie jetzt über Nacht da alleine in einem nicht abgeschlossenen Auto liegen."
"Wir sind hier nicht in der Stadt. Erstens, wird sich keiner nach dem Gewitter so weit raus trauen, weil es eh klar ist, dass wir in den nächsten Wochen erstmal nicht die Straßen in die Stadt benutzen können, weil die Feuerwehr erstmal dort mit den Aufräum-Maßnahmen anfängt und zweitens, sind die Leute hier oben nicht so. Sie würden überall nachfragen, wem das gehört."
Er nickte nur, sah immer noch nicht wirklich überzeugt aus und griff dann in seine Tasche, um kurz darauf etwas raus zu holen, was wie ein Portmonee aussah. Sofort ließ er den Rest der Tasche fallen und klappte es auf, um nun doch etwas erleichterter auszusehen. Da er nicht so schien, als hätte er vorgehabt, mir den Inhalt zu zeigen, ging ich zu ihm und schaute ebenfalls auf den Ausweis, den er nun in der Hand hielt.
"Harry Edward Styles", las ich vor und sah kurz darauf auf die Adresse. "Du kommst tatsächlich aus der Stadt. Du wohnst in der Straße, wo meine Arbeit ihren Sitz hat."
Dazu sagte er nichts, sondern packte den Ausweis lediglich zurück in das Fach und sah sich die anderen Fächer an. In einem war ein Foto von ihm mit einem gleichaltrigen blonden Mädchen, welches er raus holte und vor sich hielt. Er drehte es ein bisschen herum, doch fand keine Inschrift oder ähnliches, weswegen er das Portmonee samt dem Foto, wieder zurück in seinen Rucksack schmiss.
Ich wollte ihn fragen, ob er sich dadurch erinnert hatte. Ich war wirklich neugierig darüber, immerhin hört man ja immer, dass Menschen dadurch ihr Gedächtnis zurück erlangen. Doch irgendwie konnte ich an seinem Gesichtsausdruck erkennen, das dem nicht so war. Er schien immer noch wütend und nun auch noch komplett verwirrt zu sein, weswegen ich ein paar Schritte auf die Küche zuging und ihn hinter mir her wank.
"Na komm Harry", sagte ich und beschloss nun einfach, ihn zu duzen, "Wir machen den Salat fertig und danach zeige ich dir, wo du schlafen kannst."
[...]
So, nun weiß der Fremde also seinen Namen. Ihr wusstet ihn natürlich schon früher, aber jetzt ist es offiziell :3
Was denkt ihr, wer das Mädchen auf dem Foto war? Und was haltet ihr von Louis' Art zu leben? Fändet ihr es zu einsam?
Danke für die Votes und Kommentare beim ersten Kapitel, diese Story ist wirklich gut gestartet ❤️
xoxo Michelle
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