18

In der nächsten Woche machen sich Zak und Bo wieder gemeinsam auf den Weg zur Therapie und müssen auf den nächsten Bus warten, weil ihr der andere vor der Nase weggefahren ist. Der Busfahrer hat die beiden sogar noch laufen sehen und gerade, als sie vor der Tür standen, ist er losgefahren.

„Kommen wir noch pünktlich, wenn wir den nächsten nehmen oder müssen wir laufen?", fragt Zak ihn.

„Wenn wir laufen, kommen wir erst Recht zu spät", antwortet Bo. „Aber wir können schauen, ob wir im Schuppen Fahrräder finden", erklärt Bo und sie laufen noch einmal zurück.

„Wir müssen aber gut aufpassen. Maciek wurde sein Fahrrad neulich geklaut", erklärt Zak.

„Ja, aber er hat es wieder. Er hat eine Anzeige erstattet und hatte scheiße viel Glück. Es wurde auf Ebay versteigert und sie haben den Dieb festgenommen. Er war schon ein lang gesuchter Dieb, hatte wohl immer die gleiche Masche", erklärt Bo seinem Freund die Geschichte, die Maciek ihm zuvor so erzählt hatte.

„Hier sind sie", grinst Bo und holt zwei quietschende Fahrräder aus dem Schuppen.

„Sie sind zwar nicht die besten, aber man kann damit fahren und das ist doch die Hauptsache, oder?", fragt er.

„Ja, das ist die Haupt-„, fängt Zak an, doch Bo unterbricht ihn.

„Nun fahr schon, sonst kommen wir trotzdem zu spät. Hier sind die Schlüssel und die Schlösser. Tue die Mal Bitte in den Korb deines Fahrrades", erklärt Bo und holt das zweite Fahrrad aus dem Schuppen.

„Wieso muss ich denn das gelbe nehmen und du bekommst das blaue?", fragt Zak beleidigt.

„Du weißt genau, dass blau meine Lieblingsfarbe ist", lacht Zak, bekommt aber keine Antwort mehr von Bo.

Die beiden fahren schweigend nebeneinander, bis sie schließlich pünktlich bei der Therapie ankommenund Maciek ihnen entgegen kommt.

„Ihr seid mit dem Fahrrad da? Der Fahrraddieb ist ja jetzt gefasst wurden. Aber schließt sie trotzdem gut an", sagt er und zwinkert den beiden zu, bevor er im Gebäude verschwindet. Sie treffen ihn im Gebäude wieder, als er gerade mit seiner Wasserflasche aus dem Badezimmer herauskommt.

„Sind wir zu früh?", fragt er, als er die anderen noch nicht sehen kann.

„Nein, die sind schon alle drinnen. Macht schnell, denn in genau dreißig Sekunden seid ihr zu spät", grinst Maciek sie an und geht auf den Raum zu. Die anderen beiden trotten ihm hinterher.

„Da seid ihr ja. Kommt, macht es euch gemütlich, setzt euch. Wie war eure Woche?", fragt sie Bo und Zak. Die beiden schauen sich ratlos an.

„Nichts Besonderes passiert", sagen die beiden schnell.

„Ihr verheimlicht mir doch etwas", sagt sie misstrauisch.

„Okay, Bo hat sich eventuell fast mit jemanden geprügelt", sagt Zak. Bo haut ihm gegen den Arm, aber nicht freundschaftlich, denn dafür ist dies zu Doll gewesen.

„Aua", sagt Zak und reibt sich den Arm.

„Wollt ihr mir das erklären?", fragt Frau Silverstone.

„Es war meine Schuld, also es war wegen mir", wirft Drew ein und erzählt die ganze Geschichte.

„Wie haben dich denn deine neuen Mitschüler aufgenommen?", fragt Frau Silverstone erfreut.

„Es ist der Wahnsinn. Ich habe sofort neue Freunde gefunden und alle mögen mich total gerne", freut Drew sich.

„Siehst du, ich hab's dir doch gesagt, Mann. Du bist ein cooler Typ!", freut sich Bo und boxt ihm nun freundschaftlich gegen den Arm.

„Man kann gar nicht anders, als dich nicht zu mögen", erklärt Maciek.

„Aber ich weiß nicht, wie sie reagiert hätten, wenn sie gewusst hätten, dass ich Trans bin, versteht ihr?", fragt Drew die anderen. Inzwischen geht es ihm leicht über die Lippen, da er weiß, dass seine Freunde ihn genauso mögen.

„Das kann dir doch egal sein, oder nicht?", fragt Zak.

„Aber vielleicht hätten sie mich dann auch gemobbt. Vielleicht hätten sie mich dann nicht so gemocht, wie sie es jetzt tun", erklärt er seine Sorgen. „Sie könnten es herausfinden, weil es Idioten aus meiner alten Schule herum erzählen. Ich habe einfach Angst"

„Ihr habt mich schließlich auch erst kennen gelernt und dann habe ich es auch gesagt. Ich weiß nicht, wie ihr reagiert hättet, wenn ihr mich nicht so kennen gelernt hättet, wie es jetzt ist", erklärt er.

„Wir hätten dich genauso cool gefunden. Deine Persönlichkeit ist doch immer noch die gleiche", erklärt Zak.

„Und außerdem, dass du Trans bist, ist vielleicht ein Teil von deiner Persönlichkeit. Aber später wirst du es niemanden erzählen, wenn man es nicht mehr sieht, oder?", fragt Arlo, der sich im Internet schlau gemacht hatte.

„Da hast du auch wieder Recht", grinst Drew.

„Und gibt's bei euch etwas neues, Maciek, Zak und Bo?", fragt Frau Silverstone die anderen nun noch einmal.

„Nope", antworten Zak und Bo nun wieder gleichzeitig.

„Maciek?", fragt sie.

„Nein, mein Leben ist gerade ziemlich langweilig, nichts Spannendes passiert. Meine Mutter ist normal, mein Vater verhält sich, wie vor ein paar Wochen. Platzt alle fünf Minuten in mein Zimmer hinein, um zu schauen, wie es mir geht. Echt nervig, wenn man an Songs arbeiten will. Ich kann mich gar nicht richtig konzentrieren", lacht Maciek.

„Das freut mich wirklich sehr, dass es dir momentan so gut geht", freut sie sich.

„Du schreibst eigene Songs? Dann kannst du ja meiner Schwester bald mal etwas vorspielen, wenn sie wieder hier ist", freut sich Drew.

„Ist sie schon wieder abgereist?", fragt Frau Silverstone.

„Ja, sie war nur für ein paar Tage hier. Sie muss ja zur Uni, aber wir telefonieren jeden Abend", lächelt Drew.

„Wie kommt es eigentlich, dass ihr so ein gutes Verhältnis zueinander habt?", fragt Maciek nun wieder.

„Naja, das hat alles irgendwie angefangen, als ich mich geoutet habe. Sie hat es glaube ich schon ewig geahnt. Ich habe mich halt immer völlig anders verhalten, als die anderen Kinder. Ich habe mich immer anders gefühlt, habe mich anders verhalten. Dadurch ist unter anderem auch das Mobbing entstanden, erst wurde ich nur ausgegrenzt, aber dann, eine Weile später, so in der sechsten, als sie langsam angefangen haben, zu verstehen, dass ich anders bin, haben sie angefangen mich zu mobben. Irgendwann habe ich es dann meinem besten Freund, also Bash erzählt und er kannte Transgender tatsächlich irgendwo her. Das ist noch gar nicht so lange her, vielleicht zwei Jahre", lacht er.

„Ich konnte dieses Gefühl, welches ich immer, die ganze Zeit hatte, nie zu ordnen, und zum Glück habe ich Bash davon erzählt, denn er kannte Transgender irgendwo her. Er hat mir dann Mut gemacht, es Auryn zu erzählen. Dann sind Bash und ich gemeinsam zu ihr gegangen, weil ich mich alleine nicht getraut habe. Sie hat es irgendwie verstanden und hat mich erst einmal ganz lange in den Arm genommen. Schließlich sind wir gemeinsam zu Mum gegangen und haben es ihr erzählt. Sie hat sofort alles in die Wege geleitet, damit es mir besser geht"

„Aber wie lange bist du denn schon auf Testo?", fragt Maciek.

„Seit ungefähr einem Jahr", lächelt Drew.

„Aber, wenn du meinst, dass du es vor ungefähr zwei Jahren herausgefunden hast, wieso hast du es nicht sofort angefangen zu nehmen?", fragt Arlo, trotz angeschauter Dokus.

„Man muss einen Alltagstest machen. Sich überall outen und zeigen, dass man wirklich als das gegenteilige Geschlecht leben will und kann", erklärt Drew es den anderen.

„Wow. Das ist doch echt beschissen", denkt Zak laut nach.

„Es ist auch vieles noch beschissen. Es gibt sogar ein Gesetz, welches früher noch beschissener war. Da musstest du unfruchtbar sein, damit du deinen Namen ändern lassen kannst und alles", erklärt Drew.

„Hast du deinen Namen schon geändert?", fragt Arlo, vorsichtig.

„Nein, also ich habe schon meinen Jungsnamen und benutze ihn die ganze Zeit. Aber auf meinem Personalausweiß und alle steht noch mein Mädchenname. Noch haben wir das Geld nicht zusammen. Alles ist scheiße teuer, aber meine Mutter arbeitet hart und versucht, alles zusammen zu bekommen, um mir ein gutes Leben ermöglichen zu können", erklärt Drew.

„Wie war dein Mädchenname denn?", fragt Maciek.

„Diggah, sowas fragt man nicht", mischt sich nun Bo ein.

„Danke, Bo. Ich werde euch meinen Geburtsnamen nicht erzählen. Da hat Bo Recht. Sowas fragt man einfach nicht. Andere Leute auf meiner alten Schule haben mich teilweise noch so genannt, was echt unter aller Sau ist. Ich bin Drew, war schon immer Drew und bleibe auch Drew", erklärt er.

„Sorry, dass wusste ich nicht", entschuldigt er sich.

„Fuck, ich bekomme schon wieder Nasenbluten. Kann ich kurz rausgehen?", fragt Arlo und unterbricht somit das Gespräch. Er hält sich die Hand vor die Nase, um die Blutung zu stoppen.

„Ja, geh nur", lächelt Frau Silverstone ihn an.

„Wie geht es eigentlich deiner Freundin?", fragt Drew, als Arlo wieder in das Zimmer hinein kommt. Das Nasenbluten muss aufgehört haben. Er hat trotzdem noch ein Tuch , welches er in der Hand behält.

„Es geht ihr besser. Ich habe euren Rat befolgt und ganz viel mit ihr zusammen gemacht. Ich glaube, ich konnte ihr helfen. Ich habe sogar Nagellack und Gesichtsmasken über mich ergehen lassen", lacht er.

„Das freut mich", grinst Drew. Nachdem die Therapie vorbei ist, gehe Zak und Bo gemeinsam zu ihren Fahrrädern, um damit wieder in das Kinderheim zu fahren.

„Wow, sie wurden tatsächlich nicht geklaut", grinst Maciek, als er aus dem Gebäude hinaustritt und sich neben die beiden stellt.

„Die Schrottdinger will man aber auch nicht mehr klauen", lacht Bo. Die beiden schließen die Fahrräder dennoch auf und fahren lachend nach Hause.

„Abendessen!", ruft jemand, als die beiden angekommen sind durch den Flur und so machen sie sich direkt auf den Weg in den großen Essenssaal. Danach gehen die beiden in ihr Zimmer, jeweils ihren Leidenschaften nachgehend.

„Darf ich deine neue Zeichnung sehen?", fragt Zak ihn vorsichtig. Als dieser nickt setzt sich Zak neben ihn auf das Bett, um in seinen Zeichenblock hinein schauen zu können. Bo gibt ihm den Zeichenblock in die Hand und Zak blättert ihn noch einmal, ganz von vorne bis hinten, durch. Bo schaut ihm dabei zu, schaut nicht seine Zeichnungen an, sondern Zak.

„Die sind so verdammt gut gelungen. Alle darin. Ich wünschte, ich könnte auch so zeichnen", gibt Zak wieder, als er durch ist und wieder aufblickt, um Bo ins Gesicht zu schauen.

„Du kannst dir eine aussuchen. Die schenke ich dir dann", lächelt Bo. Zak blättert noch einmal durch den Block, um sich eine der Zeichnungen auszusuchen, die er letztlich behalten darf.

„Darf ich die haben?", fragt er dann, als er sich eine aus den ersten paar Blättern ausgesucht hatte und sie nun Bo zeigt.

„Die ist scheiße. Da habe ich versucht, mich selbst zu malen. Das ist mir echt nicht gelungen. Ich habe doch gesagt, dass ich damit längst aufgehört habe", sagt er.

„Nimm lieber eine vom Ende. Die sind besser"

„Ich möchte aber die haben, denn ich finde, dass du dich perfekt getroffen hast", lächelt Zak nun.

„Du willst sie doch sowieso nicht haben, oder? Also kann ich sie doch haben", grinst er Bo an.

„Wenn du sie unbedingt haben willst", lacht Bo unbeholfen und reißt die Seite aus seinem Block hinaus, um sie Zak zu geben. Zak nimmt sie dankend entgegen und steht von Bos Bett auf, um mit dem Blatt aus dem Zimmer zu verschwinden.

„Wo willst du hin?", fragt Bo noch, doch da ist Zak schon aus dem Zimmer verschwunden. Nach ein paar Minuten kommt Zak wieder in das Zimmer hinein und hat Klebeband in der einen Hand, das Bild in der anderen Hand. Dann dreht er sich mit dem Rücken zu Bo, um das Bild mit dem Klebeband an die Wand zu hängen. Bo muss sich beherrschen, nicht auf Zaks Po zu starren.

„Willst du das grässliche Bild wirklich aufhängen? Alle die hier reinkommen werden denken, ich bin total selbstverliebt, weil ein Bild von mir an der Wand hängt", lacht Bo. Nun dreht Zak sich zu ihm um.

„Dann kann ich ja erklären, dass das mein Bild ist", grinst Zak ihn an.

„Oder du malst mir noch mehr Bilder und ich hänge sie dazu. Dann fällt deine Selbstverliebtheit nicht mehr so sehr auf", grinst Zak ihn an.

In der Nacht hat Zak wieder einen Alptraum, er wühlt sich hin und her und ist total unruhig, er schreit fast im Schlaf. Man kann sehen, dass er weint. Seit er Cooper wieder hat, war es eigentlich besser geworden. Er hatte weniger Alpträume.

„Hey, Zak. Zak, ist alles in Ordnung?", fragt Bo und könnte sich gleich danach selbst eine verpassen, denn offensichtlich war nichts in Ordnung. Sobald sich Bo ihm jedoch näherte, wurde er wieder ruhiger und so wollte Bo sich wieder in sein Bett legen, doch als er ein paar Schritte zurück machte, ging das Gewühle in Zaks Bett wieder los. Bo will sich allerdings nicht dazu legen, denn er weiß, wie dies letztes Mal eskaliert ist. Somit schleppt er seine Matratze neben das Bett von Zak und verbringt dort die Nacht, denn so wird Zak ruhig und vielleicht verschwinden dann auch seine Alpträume.

„Guten- Bo?", fragt Zak, als er aufwacht und niemanden im gegenüberliegenden Bett sieht. Er sieht, dass außerdem die Matratze fehlt, bis er bemerkt, dass Bo seelenruhig auf dem Fußboden neben seinem Bett liegt, mit Matratze.

„Bo? Warum schläfst du da unten?", fragt er, als er versucht ihn mit sanften Stößen seines Fußes zu Wecken.

„Was? Geh mit deinen Stinkefüßen weg", lacht Bo.

„Du hattest wieder Alpträume. Und irgendwie bist du ruhiger, wenn ich näher komme. Ich wollte nicht, dass es dir schlecht geht, deshalb habe ich meine Matratze genommen und sie neben dein Bett gelegt", sagt er.

„Du hättest auch-", beginnt er einen Satz, bricht ihn dann jedoch wieder ab, weil er bemerkt, wie bescheuert seine Worte klingen würden.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top