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„Das ist ja ein Zufall", lacht Arlo.

„Das kauf ich euch nicht ab", sagt Maciek hingegen.

„Es passt doch alles genau. Ich glaube Zak und du wohnt sogar in einem Raum", gibt er wieder.

„Ihr habt die ganze Zeit etwas verheimlicht. Und ihr wollt uns immer noch nicht die ganze Wahrheit sagen. Neulich wolltet ihr uns absolut nicht in euer Zimmer lassen. Dein Zimmernachbar heißt angeblich Isaac und hat den Spitznamen Zak. Er ist im gleichen Alter. Ihr seid so vertraut miteinander. Wirklich sehr glaubwürdig" , erklärt Maciek den beiden seine Meinung zu dem Thema.

„Okay. Okay. Ist ja gut. Ja, wir wohnen in einem Zimmer. Hast du ein Problem damit?", fragt Bo.

„Nein. Aber wir bauen gerade eine Freundschaft auf und ich will nicht, dass diese auf Lügen basiert. Das kann ich wirklich nicht gebrauchen"

„Tut uns Leid. Ich hatte Angst", erklärt Zak nun.

„Wovor?", fragt Maciek nun besorgt und liebevoll.

„Keine Ahnung. Ich war noch nie in so einer Situation. Ich dachte, es sei vielleicht seltsam. Ich wollte nicht verurteilt werden und, ich weiß auch nicht"

„Ihr könnt uns immer die Wahrheit sagen, egal um was es geht.", macht Drew noch einmal klar.

Die Jungs haben sich ausgesprochen und Frau Silverstone wird niemals etwas von diesem Gespräch erfahren, dass haben sich die Jungs geschworen. Danach verschwinden die Jungen wieder, denn Zak und Bo müssen zum Abendessen. Nun, wo die anderen die Wahrheit kennen wird es um einiges entspannter werden und sie müssen niemanden mehr anlügen. Bis auf ihre Therapeutin, was kein optimaler Plan war. Die anderen Jungs konnten Bo und Zak jetzt sogar besuchen kommen. Sie verurteilten sie nicht, sondern freuten sich eher für die beiden.

Bo und Zak gingen zum Abendessen in den großen Speisesaal, der dem aus Harry Potter sogar ein bisschen ähnelte, wenn man sehr viel Fantasie hatte, wie Zak. Die beiden aßen sich dieses Mal die Bäuche voll, damit sie nicht wieder mitten in der Nacht heimlich in die Küche mussten. So knapp war Bo noch nie erwischt wurden. Danach verkrochen die beiden sich jeweils in ihre Zimmerecken und gingen ihren einzelnen Tätigkeiten nach, bis Zak sich Bo genauer anschaute.

„Was machst du da?", fragte er nach einer Weile.

„Ich zeichne", antwortet Bo.

„Was zeichnest du denn?"

„Dich", erwidert Bo völlig emotionslos. Seine Stimme klingt kalt.

„Wieso zeichnest du mich?"

„Weil ich alle Menschen zeichne, die mir begegnen"

„Wow. Das ist irgendwie cool"

„Danke. Ich habe auch die anderen gezeichnet. Willst du es sehen?", fragt er, immer noch völlig auf die Zeichnung und seine Striche, die er mit dem Bleistift zog, konzentriert.

„Ja, super gerne. Zeigst du sie mir?", fragt Zak aufgeregt.

„Ich male dich noch zu Ende. Dann ist meine Sammlung komplett. Ich bin gleich fertig. Dann zeige ich sie dir", sagt und nach ein paar Minuten hört er auf zu zeichnen und hielt das Blatt für einen Moment lang weg von sich, um es zu betrachten. Er sah zufrieden aus, nickte und legte den Bleistift neben den Block, den er auf seinem Bett abgelegt hatte. Zak saß noch auf seinem Bett. Bo hatte ihn nicht aufgefordert, zu ihm zu kommen, deshalb blieb er sitzen. Er kramte in einer Kiste, die er unter seinem Bett hervor gezogen hatte. Dort war ein weiterer, voller Block vorzufinden. Bo schlug das Titelbild weg und die erste Zeichnung, die darunter verborgen war, kam langsam hervor.

„Wow. Das ist wunderschön" sagt Zak, als er sich nun doch, von Bos Bann angezogen zu ihm setzte.

„Eher gruselig", lacht Bo leise auf.

„Ich finde es schön"

„Was ist daran schön?"

„Das Bild sagt so viel aus. Irgendwie." Bo und Zak betrachteten das Bild noch eine Weile. Es war eine schemenhafte Gestalt zu erkennen, die kein Gesicht hatte. Doch man erkannte, dass das Wesen Arme hatte, die es zusammen drückte und sich den Kopf hielt.

„Danke", lächelte Bo. Dann blätterte er weiter, bis er bei den Jungs angekommen war.

„Wow. Die Zeichnungen sind wirklich gut geworden. Das ist Maciek, oder?", fragt Zak. Bo nickt lächelnd. Er hatte schon lange keine Komplimente oder Anerkennung bekommen.

„Das hast du wirklich gut getroffen. Das ist Arlo, erkennt man an der Mütze", lacht Zak.

„Und das muss Drew sein", sagt er. Bo nickt wieder, um weiter zu blättern.

„Malst du auch dich selbst?", fragt Zak vorsichtig.

„Ich habe es einmal versucht, aber ich fand es blöd. Ich mag mich selbst aber auch nicht leiden. So blöd das klingt, ich mag mein Gesicht einfach nicht"

„Spinnst du? Du bist wunderschön. Ich liebe deine tausend Sommersprossen", ruft Zak aufgedreht. Dabei wird ihm heiß, weil er bemerkt, was er ausgesprochen hatte.

„Danke", sagt Bo verlegen.

„Und nun zeig mir endlich meine Zeichnung", sagt Zak.

„Sie ist noch nicht ganz fertig. Ich muss deine blauen Augen noch anmalen", grinst er und schaut Zak dabei ins Gesicht. Die beiden sind sich so verdammt nah.

*

„In ein paar Tagen ist eine Party und mein bester Freund zwingt mich mitzukommen, weil er nicht alleine gehen will. Aber ich sehe es schon kommen, dass er mich stehen lässt. Er ist die reinste Party-Sau. Bitte erlöst mich und kommt mit", schreibt Drew in die Gruppe, in der er alle Jungs davor hinzugefügt hatte.

„Vor-oder nach unserer Therapie?", fragt Zak.

„Vor der nächsten Sitzung", schreibt Drew zurück.

„Welcher Tag?", fragt Maciek.

„Samstag", schreibt Drew.

„Ich unterstütze dich", schreibt Maciek. Er war ein Partygänger.

„Ich kann nicht mitkommen", kommentierte nun auch Bo den Spaß.

„Ich schleppe Bo schon irgendwie mit J", schreibt Zak.

„Ich bin auch dabei", schreibt Arlo in die Gruppe.

„Darf ich meine Freundin mitbringen? Dann könntet ihr sie auch kennen lernen", fragt er.

„Bringt alle mit, wen ihr wollt. Ist ja schließlich nicht meine Party", schreibt Drew grinsend.

„Man, bin ich froh, dass ihr alle kommt. Dann bis Samstag"

*

Am Samstag treffen sich alle Jungs bei Bo und Zak. Immerhin waren dies und die Klinik die einzigen Adressen, die alle kannten. Somit versammelten sie sich dort und Drew bot an, die Jungs zu fahren. Er trank sowieso nicht gerne Alkohol. Seinen besten Freund hatte er schon im Schlepptau.

„Leute, das ist-", fing er an, doch sein bester Freund unterbrach ihn.

„Ich bin Bash", stellte er sich vor.

„Ui, lasst mich raten, wer welcher deiner neuen Freunde ist .Okay?", lacht er. Die anderen fragten sich, ob Bash schon Alkohol im Blut hatte, oder immer so war.

„Er ist immer so", lacht Drew, als er die fragenden Gesichter sieht.

„Du bist Arlo, stimmst?" Arlo nickte, doch er hatte seine Freundin nicht mitgebracht. Sie hatte einen Mädelsabend mit ihren Freundinnen geplant. So wurde dies zu einem echten Jungsabend. „Das war einfach. Ich schätze, du bist Bo", grinst er. „Du hast ein schönes Gesicht"

„Danke", sagte Bo und schaute auf den Boden. Er konnte keine Komplimente annehmen. Es war ihm irgendwie unangenehm.

„Zak?", fragt er und schaute tatsächlich Zak dabei an. Auch Zak nickte bloß.

„Und du musst dann Maciek sein", grinst er und gab Maciek die Hand.

„Dein Name ist übrigens cool"

„Danke, deiner auch"

„Ist aber nicht mein richtiger Name. Bash ist bloß die Abkürzung"

„Wie heißt du denn richtig?", fragt Maciek.

„Sebastian, aber Bash klingt viel cooler, deshalb nennen mich auch alle nur so. Selbst meine Eltern. Ich frage mich, weshalb sie mich überhaupt Sebastian genannt haben, wenn sie mich, seitdem ich klein bin, immer nur Bash genannt haben", sagte er und zuckte mit den Schultern. Nachdem sie mit dem kleinen Ratespiel fertig waren, stiegen sie in das Auto ein und fuhren los.

„Wie viel hast du ihm erzählt?", fragt Zak flüsternd, der sich hinter Drew gesetzt hatte.

„Keine Sorge. Er weiß nichts von euren Erkrankungen. Ich habe ihm bloß beschrieben, wie ihr ausseht. Deine blauen Augen hat er sich gemerkt. Arlos Mütze und Bos Sommersprossen. Maciek war ausschlussverfahren. Vielleicht hat das markante Gesicht geholfen. Er hat schöne Wangenknochen", flüstert Drew zurück.

Die Jungs waren bei der Party angekommen und stiegen alle, so langsam es geht, aus dem Wagen aus. Nur Maciek, Arlo und Bash liefen vor. Dies scheint ihre Welt zu sein, während alle anderen am liebsten Zuhause geblieben wären.

„Nächstes Mal sagst du Bash einfach, er soll Maciek mitnehmen und wir bleiben alle Zuhause.", schlägt Bo vor.

„Ich muss aufpassen, damit er kein Mädchen schwängert", lacht Drew.

Maciek und Bash waren schon auf der Tanzfläche, als die anderen Jungs sich an die Bar stellten und alle etwas bestellten.

„Bier, zwei Mal bitte. Und eine Fanta." , bestellte Drew.

„Ich will kein Bier", erklärte Bo.

„Warum denn nicht?", fragt Drew.

„Bestell mir einfach was anderes"

„Zwei Mal Fanta. Zak, du willst aber Bier, oder?", fragt Drew.

„Eins kann nicht schaden. Dann kann ich mir das hier vielleicht schön trinken", sagt Zak.

„Bitte trink es nicht", flüstert Bo, sodass es nur Zak hören konnte.

„Nein, ich will doch keines. Ich nehme auch eine Fanta. Alleine trinken ist blöd", sagt er und Drew entscheidet sich noch einmal um. Irgendetwas in Bos Stimme hinderte ihn, dass Bier zu bestellen. Somit nimmt er auch eine Fanta, wie die anderen beiden es tun.

„Was denn nun?", fragte der Barkeeper genervt.

„Drei Fantas. Tut mir Leid", sagt er und wartet kurz, bis der Barkeeper ihm genervt die drei Fantas hinstellt. Danach versuchte er die Fantas irgendwie zu balancieren, sodass sie nicht komplett über seine Jeansjacke kippen würden. Tatsächlich kommt er heil an.

„Wisst ihr jetzt, was ich meine?", fragt er die beiden Jungs, als er bei ihnen ankommt.

„Was? Ich kann dich nicht verstehen, die Musik ist so laut", schreit Bo ihn an.

„Wollen wir raus gehen?", fragt Zak, nun auch schreiend.

Die drei nehmen ihre Fantas mit, damit niemand etwas hinein schüttete und gehen nach draußen, auch wenn es kalt ist. Sie haben alle immer noch ihre Jacken an und stellen sich in die Ecke, die keine Raucher verseucht hatten.

„Wisst ihr jetzt was ich meine?", fragt Drew noch einmal.

„Du meinst Bash?", fragt Bo.

„Ja", lacht Drew.

„Und so läuft das jedes Mal ab. Ich soll mitkommen und dann läuft er auf die Tanzfläche und ist den ganzen Abend beschäftigt, würdigt mich nicht eines Blickes. Aber das ist okay für mich, wenn ich noch andere Freunde dabei habe, denn ich hasse tanzen. Ich hasse Partys, ich kann nicht tanzen und ich will es nicht. Aber ich muss auf ihn aufpassen, denn er ist immer für mich da. Ich fahre ihn meistens sturzbesoffen nach Hause, versteht ihr?", fragt er und die beiden nicken. Bo verstand das ziemlich gut.

„Ich bin froh, dass ihr nicht so wie Maciek und Arlo seid. Absolute Partygänger. Schaut sie euch an, wie sie tanzen", lacht er und die drei können durch eines der Fenster schauen, wie ihre Freunde zu der Musik abgingen, die gerade lief. Cake by the Ocean. Es sah witzig aus, wie sie sich auf der Tanzfläche bewegten, nicht wie richtiges tanzen. Sie waren bestimmt alle schon betrunken.

Die drei verbringen den ganzen Abend zusammen und die anderen Jungen den Abend mit Bash, so wie es sich gehört. Die Stillen zusammen und die, die es eben gewohnt waren, auf Partys eingeladen zu sein, bei denen, die es einfach drauf hatten. Nach einer Weile haben Drew, Bo und Zak jedoch absolut keine Lust mehr und wollen nach Hause.

„Bash, wir wollen nach Hause fahren. Es ist schon fast drei Uhr", erklärt Drew seinem besten Freund.

„Nur noch ein Lied", bettelt er. Drew fragt sich, wie der Junge es den ganzen scheiß Abend aushielt, auf der Tanzfläche zu sein. Die anderen Jungen gesellten sich nun zu ihnen. Beide ein Bier in der Hand.

„Ich verstehe nicht, wie Bash so viel Energie haben kann. Aber er ist verdammt cool", grinsen Maciek und Arlo.

„Wir können aber nach Hause. Ich bin vollkommen im Arsch", sagt Maciek. Auch Arlo stimmt zu.

„Es ist einfach nicht mehr das gleiche, wie früher. Schade, dass wir uns heute Nacht kaum gesehen haben. Hattet ihr wenigstens ein bisschen Spaß?" fragt Maciek.

„Ich habe doch gesagt, ich hasse Partys", erwidert Bo.

„Es war okay. Ich hatte schließlich gute Gesellschaft", lächelt Drew.

„So, Bash. Wir wollen jetzt nach Hause. Komm", sagt Drew und zerrt ihn von der Tanzfläche, um ihn in sein Auto zu stecken und die Tür zu schließen, sodass Bash nicht wieder zurück laufen kann. Das war auch schon einmal vorgekommen. Die Vernünftigen von den Jungs bedankten sich noch einmal beim Gastgeber, auch wenn er sie nicht kannte und gingen dann ebenfalls zum Auto.

Schließlich fuhr Drew alle nach Hause und fiel dann selbst völlig kaputt ins Bett. Neben ihm liegt Bash, der schon eingeschlafen war und schnarchte. Drew holt sein Handy noch einmal heraus und benennt die Gruppe von „Party" zu „abgekackte Crew". Danach lächelte er und schlief schließlich ein.

*

In die nächste Therapiesitzung gehen alle mit einem Lächeln. Selbst Frau Silverstone hatte heute anscheinend sehr gute Laune.

„Weshalb sind sie so gut gelaunt?", fragt Maciek, wieder einmal direkt, wie er eben ist.

„Meine Tochter hat ihren Abschluss geschafft", freut sie sich.

„Glückwunsch", beglückwünschen die Jungs sie. Dann erzählen sie alle von der Party.

„Es freut mich, dass ihr schon zu Freunden geworden seid, auch wenn ihr euch erst drei Monate kennt", lächelt sie sie an.

„Gibt es sonst noch etwas neues, was ihr mir zu berichten habt? Maciek, wie geht es dir, seitdem du mit dem Schwimmen aufgehört hast? Wie geht es deinen Eltern?", erkundigt sie sich bei ihm.

„Sie streiten sich irgendwie weniger, habe ich das Gefühl", freut er sich.

„Und mir geht es immer besser"

„Das freut mich, Maciek", sagt sie und schaut ihm in seine dunkelblauen Augen. Er streicht sich nervös durch die Haare.

„Kann ich meine Wasserflasche auffüllen gehen?", fragt er schließlich. Den Jungs war aufgefallen, dass er sie weniger dabei hatte, als am Anfang der Therapie.

„Ja", lächelt Frau Silverstone. Auch sie hatte die Fortschritte wahrgenommen.

„Arlo. Wie geht es deiner Freundin?", fragt sie.

„Ihr geht es sehr gut. Ich wollte sie eigentlich den Jungs vorstellen, doch sie konnte nicht. Aber bald werde ich es tun, wenn sie lieb sind", lächelt er.

„Die Chemo ist vorbei, nicht wahr? Wie fühlt sich das an?", fragt sie.

„Verdammt gut. Ich fühle mich wie ein Gott", lacht er.

„Nein. Im Ernst, ich muss jetzt nur noch zu ein paar Untersuchungen und dann nur noch zu den Vorsorgeuntersuchungen. Aber der Quatsch ging ja auch lange genug. Seit wann bin ich jetzt deshalb hier?", fragt er.

„Seit eineinhalb Jahren ungefähr", antwortet Frau Silverstone nach kurzem Überlegen.

„Sehen sie", lacht er.

„Bo?", fragt sie vorsichtig.

„Ich habe ihnen doch schon alles in der Einzeltherapie erzählt. Ich verstehe nicht, wieso ich es hier noch einmal vor allem erzählen soll. Mir geht's beschissen und das wissen sie. Es macht es nicht besser, dass es hier allen besser zu gehen scheint", antwortet er patzig und schaut dann wieder auf den Boden. Zak schaltet sich dazwischen. Er legt seine Hand auf sein Bein, doch dieses Mal hat es eine ganz andere Wirkung auf Bo.

„Verdammte Scheiße. Lass mich in Ruhe, Zak", sagt er und schlägt die Hand weg. Zak zuckt erschrocken zusammen. Normalerweise schien Bo das zu beruhigen, doch jetzt hatte es genau die Gegenteilige Wirkung. Danach lief Bo nach draußen. Er musste alleine sein. Zak wollte ihm hinterher, aber die Therapeutin hielt ihn fest.

„Aber was ist, wenn es wie letzte Woche endet?", fragt Zak panisch.

„Wird es nicht", sagt sie selbstsicher. „Wir machen weiter"

„Zak, wie geht es dir?", fragt sie.

„Wenn ich ehrlich bin, geht es mir so viel besser, seitdem ich im Kinderheim wohne. Aber ich habe Tage, an denen ich Flashbacks bekomme. Er holt mich in meinen Träumen ein. Ich kann mich nicht berühren lassen. Ich hasse es, das ich so dünn bin und mich nicht wehren kann. Ich bekomme jedes Mal Schweißausbrüche, wenn ich einen Mann sehe", erklärt er.

„Das tut mir sehr leid, Zak", erwidert sie. Sie notiert sich wieder etwas auf ihrem Block. Sie will das in der Einzeltherapie noch genauer ansprechen.

„Schreibst du noch?", fragt sie.

„Ja. Und es hilft mir, alles zu verarbeiten", lächelt er.

„Auch deine Geschichten?", fragt sie. Zak nickt.

„Du schreibst Geschichten? Wie cool!" , freut sich Maciek.

„Worum handeln die?", fragt er.

„Immer unterschiedlich. Meistens schreibe ich Fantasy, will aus meiner Welt entfliehen, wenn du verstehst was ich meine. Deshalb lese ich auch ganz viel", sagt er.

„Ja, ich glaube ich verstehe, was du meinst. Es ist bei mir ähnlich. Ich habe schon immer gerne gesungen und Gitarre gespielt, aber das Schwimmen war wichtiger. Nun kann ich mich dem viel mehr widmen. Es ist glaube ich auch eine Flucht aus der Realität"

„Bei mir ist es die Fotografie. Darin gehe ich auf", sagt Drew.

„Ich finde das im Skaten wieder, in gewisser Weise. Wenn ich mich so sehr auf einen Trick konzentriere, dass ich alles andere vergesse. Das ist beim Skaten oft so. Ich bin in meiner völlig eigenen Welt und kann alles andere um mich herum vergessen. Oder wenn ich mit Scarlett zusammen bin" , lächelt Arlo.

„Ich glaube, bei Bo ist es das zeichnen. Er zeichnet alle Menschen, die er trifft. Er hat auch uns gezeichnet. Und wow, die sind echt der Hammer geworden", erzählt Zak.

„Drew, geht es dir gut?", fragt Frau Silverstone ihn.

„Es geht. Mal mehr, mal weniger. Wenn ich mit Auryn telefoniere, geht es mir gut. Aber das meiste habe ich ihnen auch schon in der Einzeltherapie erzählt. Ich kann das hier einfach noch nicht", rechtfertigt er sich, anders als Bo, und sie akzeptiert dies. Sie reden eine ganze Weile noch miteinander und schließlich kommt Bo wieder rein, kurz bevor die Therapie vorbei ist.

„Wir haben gehört, dass du uns gezeichnet hast. Das ist verdammt cool! Können wir das vielleicht mal sehen?", fragt Maciek ihn, als er sich gerade wieder auf seinen Stuhl gesetzt hat. Bo sagt nichts. Er steht auf, wirft dabei seinen Stuhl um und geht aus dem Raum hinaus. Zak läuft ihm hinterher, die Stunde wäre sowieso in fünf Minuten vorbei gewesen. Frau Silverstone kennt diese Wutausbrüche. Sie wird ihm nicht nachlaufen, denn er muss jetzt alleine sein. So viel hatte sie in den letzten drei Jahren Therapie gelernt. Sie wollte Zak noch warnen, doch der war schon aus der Tür gelaufen und man sah ihn nicht mehr. Frau Silverstone wusste, dass Bo ihn verletzen würde.

Bo war den ganzen Weg nach Hause gelaufen und dort holte Zak ihn auch erst ein. Bo hatte eine Wahnsinns Ausdauer und Kondition, welche er dem Boxen zu verdanken hatte. Zak war dagegen ein Lauch und hatte nichts dergleichen. Er machte keinen Sport, denn er hasste es. Trotzdem war er stockdürr, dank seiner Gene.

Zak klopfte an die Tür, doch darin war es still. Verdächtig still. Zak öffnete die Tür und sobald er dies tat, warf Bo ein Kissen nach ihm. Somit ließ Zak die Tür geschlossen.

„Bo. Ich möchte mit dir reden"

„Ich aber nicht mit dir"

„Habe ich dich verletzt?"

„Hätte ich es den anderen nicht erzählen dürfen?", fragt er.

„Nein"

„Es tut mir Leid. Ich wusste das nicht. Ich dachte, ich war so fasziniert"

„Ich hasse dich"

„Das meinst du nicht so"

„Ich will dich nie wieder sehen. Verpiss dich"

„Es tut mir leid, ich wollte dich wirklich nicht verletzen"

„Geh weg!", schrie Bo. Er klang, wie ein trotziges Kind. Zak glaubt, dass Bo weint.

„Ich wusste nicht, dass ich es nicht verraten durfte"

„Ich habe dir vertraut"

„Es tut mir wirklich sehr, sehr Leid, Bo"

„Geh endlich weg."

„Ich wollte dich nie verletzen. Kannst du dich noch daran erinnern, als du mich ausversehen verletzt hast, obwohl du es nur gut meintest?", fragt er. Keine Antwort.

„Es war fast genauso. Ich wollte ihnen dein Talent zeigen, weil ich es so toll finde. Ich wusste nicht, dass du das zeichnen für dich haben willst. Aber ich verstehe es.", erzählt er, jetzt kommt nichts mehr aus dem Inneren. Zak versucht noch einmal die Zimmertür zu öffnen, und dieses Mal wird kein Kissen mehr geworfen. Dafür liegt Bo auf dem Boden, im Embryostellung und ein Kissen umklammert. Er weint bitterlich.

„Hey, es ist alles okay. Es ist alles gut. Ich bin ja da", sagt Zak und legt sich dazu, nimmt Bo in den Arm. Bo wehrt sich nicht und lässt seine Tränen über sein Gesicht laufen.

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