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Die Schulglocke schrillte gerade laut, als wir das Gelände betraten. Mist. Schon wieder zu spät. Und das nur, weil Zac ja unbedingt noch sein Müsli genüsslich zu Ende essen musste. Dieser verfressene Sack konnte auch auf nichts verzichten. Schlimm war das mit ihm.. Und vor allem nahm er dabei nicht wirklich viel zu. Okay, er betrieb auch Sport aber trotzdem..
Bei dem Gedanken sah ich zu meinem Bruder, der völlig gelassen etwas zurück gefallen war.
"Jetzt komm endlich, du idiot. Wegen dir bin ich zu spät und du kannst es dir auch nicht immer wieder leisten, zu spät zu kommen. Also komm jetzt", trieb ich ihn an und daraufhin rollte er nur mit den Augen. Noch nie legte er wirklich wert auf Pünktlichkeit.
"Mach dich mal locker, Schwesterherz. Müsli ist nunmal wichtig", erwiderte er mit einem Grinsen auf den Lippen. Darauf war ich einfach so stur und sagte nichts mehr, sondern machte mich auf den Weg zu meinem Klassenzimmer.
Ja, ich gebs zu. Wenn es um die Schule ging, nahm ich es sehr genau und da konnte ich manchmal etwas spießig rüberkommen. Aber was solls.. So war ich eben.
"Bis später, du Spinner", meinte ich noch kurz, klopfte und trat dann ein.
"Halo. Mal wieder zu spät", sagte Frau Stock nur und ich setzte mich mit einer Entschuldigung an meinen Stammplatz neben meiner beste Freundin Mia. Diese sah mich schon gespielt streng und kopfschüttelnd an und darauf musste ich mir ein kleines Lachen verkneifen.
"Lass mich raten. Zac wollte sein Essen noch fertig futtern?", raunte sie mir grinsend zu und ich nickte.
"Richtig geraten. 100 Punkte für die Lady.", gab ich ebenso grinsend zurück und sah dann nach vorne.
Der Unterricht zog sich lange hin, die Einzige Abwechslung waren die Pausen, die ich in einer kleinen Gruppe verbrachte. Mia, Zac, Zacs bester Freund Max, der zugleich Mias Freund war und Lilia, eine weitere gute Freundin von mir, die jedoch nicht mit in meine Klasse ging.
Am Schulende verabschiedete ich mich von meinen zwei Freundinnen und wartete am Eingang auf Zac. Nach fünf Minuten kam er auch schließlich zu mir, sein Blick gesenkt, seine Miene nachdenklich und verwirrt.
"Hey, ist alles in Ordnung?", fragte ich sofort und ein kleines Stück Sorge schwang darin mit. Sein Blick hob sich vom Boden und er sah mir in die Augen, schien kurz zu überlegen und setzte dann ein Lächeln auf, das falsch aussah, regelrecht unecht.
"Na klar, süße. Alles bestens. Lass uns nach Hause, ja?" Er legte mir einen Arm um die Schulter und da er ein kleines bisschen größer war als ich, sah ich zu ihm hoch. Wobei es wirklich ein Wunder ist, wenn mal jemand größer ist, als ich. Mit meinen 1,76 m befinde ich mich doch eher bei der größeren Sorte von Frau.
Auf seine Frage hin nickte ich bloß und kurze Zeit später schlossen wir auch schon die Tür zu unserer Wohnung auf.
Sofort machte ich mich auf den Weg in die Küche und runzelte die Stirn, als ich einen kleinen Zettel auf dem Tisch liegen sah. Vorsichtig nahm ich ihn und unterdrückte dabei das leichte Zittern in meinen Händen.
Die Zusammensetzung von einer leeren Wohnung, Stille und einem beschriebenen Zettel weckte in mir jedes Mal erneut die Erinnerung an diesen einen Tag. Diesen einen schrecklichen Tag in meiner, in unserer, Vergangenheit.
Schnell schüttelte ich die Bilder und Gedanken ab und widmete mich voll und ganz der Notiz. Dort würde schon nichts Schlimmes drauf stehen, ich übertrieb mal wieder bloß. Und ich behielt auch recht. Die Nachricht darauf war harmlos, doch das ungute Gefühl in mir blieb trotzdem.
Na, ihr zwei? Ich hoffe euer Tag war schön.
Im Gefrierschrank sind noch zwei Portionen Auflauf eingefroren. Die könnt ihr euch rausnehmen und auftauen.
Die Arbeit dauert heute etwas länger, wartet nicht auf mich.
Hab euch lieb
Mama ♡
Das auf dem Zettel war zweifellos Mums Schrift, doch es passte einfach nicht zu ihr. Nach diesem Ereignis wusste sie genau, was wir von schriftlichen Nachrichten auf Zetteln hielten und warum sollte sie dann genau das tun?
Auch der Satz 'Wartet nicht auf mich' verstärkte das flaue Gefühl in meinem Magen erheblich.
"Gib das mal her", meinte Zac harsch und erschrocken wachte ich aus meinen Gedanken. Schnell reichte ich ihm den Zettel und wartete gebannt auf seine Reaktion.
"Was soll der Scheiß? Sie weiß doch genau wie es uns nach Dads Tod ging. Und wie wir auf von ihr herumliegende Zettel reagieren, auf denen alles Mögliche stehen kann" Zac knüllte die Notiz zusammen und fuhr sich gestresst durch dir Haare. Wahrscheinlich wurde er dadurch genauso an die Vergangenheit erinnert wie ich.
Beruhigend legte ich ihm eine Hand auf seinen Arm und daraufhin zog er mich an sich und seufzte. Er brauchte die Nähe jetzt, ebenso wie ich.
"Ich weiß nicht.. Das alles kommt mir so komisch vor. Mums Verhalten, jetzt dieser komische Zettel. Das passt gar nicht zu ihr..", murmelte ich nachdenklich und lehnte mich an seine Brust.
"Ja, so gehts mir auch.. Wir müssen sie später einfach fragen, was das soll. Und bis dahin.. Essen?", fragte er und ich hörte schon wieder ein leichtes Grinsen aus seiner Stimme. Immer nur am Essen dieser Kerl.
Die Zeit verging schnell und schon bald verwandelte sich der blaue Himmel in einen Strudel aus den schönsten Rottönen. Die Farben gingen ineinander über und vermischten sich, bis sie schließlich zu einem glühenden Feuerball am Horizont zusammenwuchsen.
Meine Augen verfolgten dieses Schauspiel gelassen und immer mal wieder huschte mein Blck zu der Uhr, die über dem Regal im Wohnzimmer hing. Mittlerweile war es schon kurz nach 19 Uhr und Mum müsste schon längst von der Arbeit zurücksein. Auch wenn sie geschrieben hatte, es würde länger dauern, machte ich mir so langsam etwas Sorgen.
Alleine hielt ich es nicht mehr aus, also klopfte ich bei Zac, wartete auf ein Zeichen und trat dann ein.
"Hast du was von Mum gehört?", fragte ich ihn hoffnungsvoll, doch wurde enttäuscht, als er den Kopf schüttelte. "Ich mach mir Sorgen, Zac.." Mit einem Satz sprang ich zu ihm auf sein Bett und setzte mich im Schneidersitz hin.
"Ich mir auch.. Ich hab auch schon versucht anzurufen und ihr zu schreiben, aber weder nimmt sie ab, noch bekommt sie meine Nachrichten", teilte er mir niedergeschlagen mit und in meinem Kopf fügten sich schon die wildesten Fantasien zu einem großen verzweifelten Bild zusammen.
"Da ist irgendwas faul, ich spüre das doch. Was ist, wenn sie einen Unfall hatte, Zac? Was ist, wenn sie grade schwerverletzt irgendwo liegt und-,"
"Pschht" Er legte mir kurz einen Finger auf den Lippen und brachte mich somit zum Schweigen. "Denk nicht über sowas nach. Wir finden raus, wo sie ist. Wahrscheinlich ist nicht mal was passiert und sie kommt einfach nur später, so wie sie es geschrieben hat." Ein bisschen beruhigten mich seine Worte und ich nickte zustimmend.
"Ja du hast recht..", murmelte ich und seufzte kurz tief.
Nachdenklich ließ ich meinen Blick durch sein Zimmer schweifen. Aus seiner Schultasche sprang mir regelrecht ein zweiter Zettel ins Auge. Die Schrift war säuberlich in Druckschrift verfasst worden, kein Schnörkel oder Sonstiges. Man könnte meinen, es wäre am Computer verfasst worden. Man könnte, wäre da nicht die blutrote Tinte. Das Papier der Notiz war an den Rändern schon etwas vergilbt und schien leichte Risse zu bekommen.
"Zac.. Was ist das?", fragte ich unsicher und zeigte unvermeidlich auf den Zettel, der herausragte.
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