t w e n t y f o u r.
t w e n t y f o u r.
It is so awfully difficult to feel sad and tired when all you want is to feel alive.
„Erklärst du mir noch einmal, was genau wir hier machen, Jul?" Ashton wirft die Fahrertür seines Autos zu und folgt mir unsicher zu meinem Haus.
„Meine Eltern feiern irgendeine Party und ich hätte schon vor Stunden zurück sein sollen", murmele ich und beiße mir auf die Lippe.
„Und wieso muss ich dabei sein? Abgesehen davon – wer feiert denn bitte schön an einem Sonntagabend eine Party?"
Ich drücke auf die Klingel.
„Weil meine Eltern mich umbringen würden, wenn ich alleine käme", antworte ich ihm und trete unsicher von einem Bein auf das andere. „Und anscheinend sind beschissene Businesspartys am Sonntag momentan ganz modern."
„Vor allem wenn man pünktlich erscheint", wirft meine Mutter ein, die gerade die Tür geöffnet hat und funkelt mich an. „Schön, dass du da bist, Jul. Und den Jungen hast du auch direkt mitgebracht."
Sie schenkt uns beiden ein unechtes Lächeln.
„Jetzt haben die Gäste den Jungen schon gesehen. Zieh dir gefälligst etwas anderes an, Julie. Und sorge dafür, dass auch er passabel aussieht", zischt sie so leise, dass uns keiner außer ihr verstehen kann.
Dann dreht sich meine Mutter zu einem älteren Ehepaar um und erzählt lächelnd, wie froh sie darüber wäre, dass ich meinen Freund mitgebracht hätte. Ashton und ich müssten uns nur eben noch passabel machen, aber wir könnten es kaum erwarten, alle kennenzulernen.
Ich schnaube leise und ziehe Ash dann die Treppe hoch, um mir nicht noch mehr Unsinn anhören zu müssen.
Er atmet erleichtert auf, als ich meine Zimmertür hinter uns schließe.
„Deine Mum ist-"
„Furchtbar? Ignorant? Tyrannisch?", unterbreche ich ihn. Mir würden noch ein paar mehr passende Adjektive einfallen, um meine liebevolle Mutter zu beschreiben.
„Ich wollte ‚ziemlich bestimmt' sagen, aber ja, dass passt auch ganz gut", grinst er.
„Ich hasse sie", murmele ich, während ich meinen Schrank nach einem für den Anlass entsprechendem Kleid durchsuche.
„So schlimm ist sie schon nicht", meint Ashton aufmunternd.
„Du hast keine Ahnung." Ich schnaube erneut und ziehe ein dunkelblaues Cocktailkleid aus dem Schrank.
Dann mustere ich Ashton prüfend. „Du hast ungefähr die Größe meines Bruders. Wahrscheinlich müsste ich irgendwo noch ein Hemd von ihm finden", meine ich.
„Du hast einen Bruder?" Er sieht mich überrascht, beinahe geschockt an.
Ich ignoriere seine Frage und eile aus dem Zimmer, damit er meine glänzenden Augen nicht sieht. Dann gehe ich in das Zimmer zu meiner Rechten und durchsuche eine der Kisten, bis ich schließlich wirklich ein hellblaues Hemd aus dem Karton ziehe.
Es ist leicht verknittert, aber etwas Besseres werde ich kaum finden und wenn wir Glück haben, wird es auch niemandem auffallen.
Mehr kann meine Mutter von mir nicht erwarten. Ich kann schließlich nicht einfach mit meinen Fingern schnipsen, um ein neues Hemd zu erhalten.
Wieder in meinem Zimmer angekommen, drücke ich Ashton das Hemd in die Hand und nehme dann mein Kleid, um mich im Bad umzuziehen.
Dort zwänge ich mich in das Kleid, ziehe den Reißverschluss zu und versuche, meine Haare halbwegs passabel aussehen lassen, während ich mir noch schnell die Augen tusche, damit meine Mutter nicht noch mehr zu meckern hat.
Manchmal komme ich mir wirklich vor, als wäre ich ein Ausstellungsstück, dass meine Eltern immer mal wieder gerne herausholen, um es bewundern zu können, bevor sie es wieder in eine Ecke stehen, wo es still und leise vor weiter vor sich hin staubt.
Als ich fertig bin, gehe ich wieder zu Ashton, der sich das Hemd meines Bruders angezogen hat und mich etwas verunsichert ansieht.
„Du siehst gut aus. Also lächele", meine ich aufmunternd und schenke ihm ein Lächeln.
„Danke, schätze ich?" Das Ganze klingt eher nach einer Frage, was mich zum Lachen bringt.
„Also dein Bruder- ", fängt Ashton an zu reden, doch ich unterbreche ihn schnell.
„Ich will nicht darüber reden, okay?"
Seine wundervollen Augen bohren sich kurz in meine, dann nickt er schließlich. „Okay."
„Komm, bringen wir das Ganze hinter uns. Je schneller wir auftauchen desto früher können wir auch wieder verschwinden", meine ich seufzend.
Ich nehme seine Hand in meine und ziehe ihn die Treppe herunter, wo die Party schon im vollen Gange ist. Was heißt, um die zwanzig Leute stehen oder sitzen bei uns im Wohnzimmer herum und führen angeregte – meistens ehrlich gesagt nicht so angeregte – Gespräche, über die Wichtigen Dinge des Lebens. Das Wetter, die Kinder, die Enkel des Nachbarn, die Geschäfte, der eigene Reichtum.
Ich habe diese Businesspartys schon immer verabscheut, aber meine Eltern scheinen sie zu lieben. Was mich ehrlich gesagt nicht wundert.
Sobald wir im Blickfeld sind, lasse ich bedauernd Ashtons Hand los und schenke ihm noch ein aufmunterndes Lächeln.
„Keine Sorge. Du wirst die meisten Leute wahrscheinlich sowieso nie wieder sehen", versuche ich ihn zu beruhigen.
Einer seiner Mundwinkel hebt sich leicht. „Aber deine Eltern. Und ich will nicht, dass sie mich hassen."
Ich antworte nichts darauf. Ihm mitzuteilen, dass sie dies ohnehin schon tun, scheint mir nicht der beste Aufmunterungsversuch zu sein.
Meine Mutter rettet mich vor einer Antwort indem sie auf uns zueilt – oder besser gesagt schreitet – und uns mit einem unechten Lächeln, das bis zur Antarktis reichen zu scheint, in die Arme schließt.
Erst mich und dann Ashton, der plötzlich völlig überrumpelt wirkt.
Unauffällig streiche ich ihm mit meinem Daumen über seinen Handrücken.
„Da seid ihr beiden ja endlich! Annabelle und Gerard konnten es schon kaum erwarten, euch zu sehen!" Mit einem strahlenden Lächeln schiebt meine Mutter mich und Ashton förmlich auf das Ehepaar zu.
Die beiden Andersons begrüßen mich mit Wangenküssen und sehen mich dann erwartungsvoll an. „Möchtest du uns nicht deinen Freund vorstellen, Julie?"
Ich versuche, mich nicht daran zu stören, dass alle Freunde meiner Eltern mich natürlich mit dem Namen ansprechen, den ich nicht hören will und schenke ihnen ein Lächeln.
„Mrs Anderson? Mister Anderson? Das ist Ashton", stelle ich den Jungen neben mir vor.
Ash bedenkt die beiden mit einem unsicheren Lächeln und schüttelt daraufhin die beiden Hände, die ihm auch sogleich entgegengestreckt werden.
Mister Andersons Händedruck fällt immer etwas fester aus und ich muss mir ein Grinsen verkneifen, als Ashton sich danach unauffällig die Hand reibt.
„Sehr erfreut Sie kennenzulernen, Ashton!", ruft Mrs Anderson aus. „Dürfte ich vielleicht auch deinen Nachnamen erfahren?"
„Irwin", gibt Ashton von sich.
Eine Stirnfalte bildet sich auf ihrer Stirn und vielleicht irre ich mich, aber ihr Mann erscheint mir plötzlich um einiges abweisender.
„Nun, es war uns eine Freude, ihr beiden. Wenn ihr uns bitte entschuldigen würdet", meint Mister Anderson und schenkt uns ein halbes Lächeln, bevor er seiner Frau den Arm in den Rücken legt und sie zu einem anderen Ehepaar führt. Es dauert nur Sekunden, bis sie in ein neues Gespräch verwickelt sind.
„Was war das denn?", stoße ich aus und sehe Ashton entschuldigend an. „Entschuldigung. Ich habe keine Ahnung was ihr Problem ist."
„Kein Problem, Jul. Wirklich nicht", erwidert er und schenkt mir ein Lächeln.
Bevor wir weitere Worte wechseln können, hat meine Mutter uns schon wieder in ihren Fängen und schiebt uns zu Doktor Brown, ihrem Hausarzt, dessen Frau gerade mit einem Glass Champagner neben ihm auftaucht.
Die Beiden begrüßen mich mit einer herzlichen Umarmung und ich bin erleichtert, dass sich zumindest zwei weitere Menschen in diesem Raum befinden, die ich nicht verabscheue.
Doktor Braun kennt mich schon seit Ewigkeiten und manchmal frage ich mich, wie er und seine Frau Barbara diese Partys mit einem Lächeln auf den Lippen überstehen können, wenn sie doch die einzig normalen Leute sind.
Ich mache die Beiden mit Ashton bekannt, der sich langsam zu entspannen scheint, wie ich mit Erleichterung feststelle.
Doktor Braun schüttelt ihm herzlich die Hand, während Barbara ihn sogleich in eine Umarmung schließt. „Es freut mich, dich kennenzulernen. Jules Freunde sind immer eine gute Gesellschaft."
Sie zwinkert mir über Ashtons Schulter hin zu und ich muss leise lachen, als ich mich daran erinnere, was passiert ist, als ich den Beiden vor Jahren einmal Calum vorgestellt habe.
Irgendwie hatte mein bester Freund es geschafft, die Bowle meiner Mutter über Barbaras Kleid zu gießen und sie hatte sich wirklich gut amüsiert, während Calum rot angelaufen war und meine Mutter mich und Cal in die Küche gezerrt hatte.
Seitdem ist Calums Anwesenheit auf keiner Party mehr erwünscht gewesen.
„Wo habt ihr Beiden euch denn kennengelernt?", fragt Barbara mich und Ashton neugierig, während ihr Mann grinsend den Kopf schüttelt.
„Wir haben uns zufällig auf dem Spielplatz draußen vor unserem Haus kennengelernt", erzähle ich. „Und nein, bevor du fragst, Ash und ich sind nicht zusammen."
„Schade, ihr würdet ein gutes Paar abgeben", lacht Barbara herzlich und zwinkert Ashton zu.
Ich muss grinsen, als ich sehe, dass er errötet. Ich hätte nicht gedacht, dass er dazu überhaupt in der Lage ist.
Doktor Brown und seine Frau erzählen uns mit Begeisterung von ihrem Sommerurlaub im letzten Jahr und ich bin erleichtert, dass ich für ein paar Minuten einfach nur zuhören und in den passenden Momenten nicken muss.
„Wir hätten auch wirklich gerne unseren Neffen mitgenommen, aber der hatte sich damals leider schon für einen Ferienjob beworben", meint Doktor Brown mit Bedauern in der Stimme.
„Ich bin sicher, er wäre sehr gerne mitgekommen", erwidere ich ehrlich und Ashton nickt bestätigend.
„Wie sieht es denn eigentlich bei dir mit einem Ferienjob in den nächsten Ferien aus? Oder ist das keine gute Idee?", fragt Barbara mich.
„Ich meine, wegen der Umstände", ergänzt sie, als sie meinen irritierten Blick auffängt.
Ich merke, wie sich mein Inneres plötzlich zusammenzieht. Wie hatte ich nur vergessen können, dass so ziemlich alle in diesem Raum über meine Krankheit Bescheid wissen? So ziemlich alle außer Ashton.
„Ich suche momentan nichts", sage ich eilig, bevor sie mir noch weitere Fragen stellen kann.
Oder ihr Mann als ausgebildeter Arzt seine Meinung dazu kundtun kann.
Ich suche verzweifelt nach einem anderen Thema und dann fällt mir etwas ein. „Aber Ashtons Mutter ist momentan auf Jobsuche. Falls Sie vielleicht ein paar Ideen hätten?"
Ashton neben mir sieht mich an, aber ich weiß nicht, ob sein Blick Verärgerung oder Dankbarkeit ausdrückt. Vielleicht auch ein bisschen von beidem.
„Aber sicher doch!", erwidert Barbara begeistert. „Was hat sie denn genau studiert?"
Wir alle wenden uns Ashton zu, der seine Hände ineinander verschränkt. „Sie hat angefangen, Jura zu studieren, ihr Studium aber dann abgebrochen", murmelt er und blickt auf den Boden.
„Aber, aber, Junge, das ist doch überhaupt kein Problem!" Doktor Brown haut Ashton aufmunternd auf den Rücken. „Ich werde mich einfach mal umhören und vielleicht finde ich ja etwas!"
„Danke sehr", erwidert Ash.
„Kein Problem! Wirklich überhaupt kein Problem, Junge!", meint Doktor Brown erneut und führt seine Frau dann zum Buffet, wobei sie angeregt über mögliche Jobangelegenheiten zu diskutieren beginnen.
„Tut mir leid, wenn dir das unangenehm war. Ich hätte das wahrscheinlich vorher mit dir absprechen sollen. Aber die Gelegenheit war einfach da und es war eine spontane Idee – nicht, dass du denkst, ich hätte das geplant gehabt – und Doktor Brown ist wirklich nett und-"
Ashton sieht mich lachend an. „Beruhige dich, Jul. Es ist alles okay."
„Wirklich?" Ich beiße mir unsicher auf die Unterlippe.
„Wirklich", lächelt er und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
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