e i g h t t e e n.
e i g h t t e e n.
Doing the right thing can break hearts, too, Darling.
Die Hintertür schlägt mit einem lauten Knall hinter uns zu, der mich zusammenzucken lässt.
Ich sehe mich hastig um, ob uns jemand bemerkt hat, doch der Parkplatz wirkt menschenleer.
Anders sieht es mit den Parklücken aus, von denen jede gefüllt ist.
Ashton nimmt meine Hand und zieht mich zu seinem Auto, das fast an dem anderen Ende abgestellt ist, am weitesten vom Haupteingang entfernt.
„Warst du heute Morgen so spät oder warum hast du den schlechtesten Parkplatz?", necke ich ihn und quetsche mich in die Lücke zwischen seinem Auto und dem anderen, bevor ich vorsichtig die Beifahrertür öffne und einsteige.
Ashton schüttelt den Kopf. „Ich parke extra hier. Je weiter du weg bist, desto einfacher ist es zu verschwinden."
Er steigt ebenfalls ein und lässt den Motor laufen, der mit einem lauten Röhren zum Starten kommt.
Unruhig blicke ich mich um, überzeugt davon, dass jemand das Geräusch gehört hat und stelle dann erleichtert fest, dass uns niemand bemerkt hat und der Motor eindeutig leiser läuft.
„Der Wagen muss dringend in die Werkstatt. Ich habe... Ich bin nur noch nicht dazu gekommen", meint Ashton und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu.
Langsam rollen wir vom Parkplatz und fädeln uns in den laufenden Verkehr ein.
„Machst du das jeden Tag? Dich durch den Hintereingang schleichen. Das Auto extra weit wegparken. Verschwinden, nur um dann um exakt 12 Uhr auf dem Spielplatz vor unserem Haus zu sitzen?"
Er sieht mich überrascht an. „Das ist dir aufgefallen?"
„Natürlich ist mir das aufgefallen, Ash! Es sitzt ja nicht alle Tage jemand jeden Tag um die gleiche Uhrzeit auf dem Spielplatz vor deinem Haus", erwidere ich.
Ich bekommen keine Antwort, weswegen ich mich in seine Richtung drehe, nur um zu sehen, dass er augenscheinlich sehr auf die Straße konzentriert ist. Alleine seine Hände, die das Lenkrad umklammern, sodass seine Fingerknöchel fast weiß erscheinen, lassen mich wissen, dass das ein Teil seines Geheimnisses ist.
„Du sagst mir nicht, warum du immer dort bist, oder?", frage ich vorsichtig, darauf bedacht, nicht zu weit zu gehen.
Ich erwarte keine Antwort, doch überraschenderweise bekomme ich eine.
„Mein Vater... Bevor... Als ich klein war, war ich immer auf diesem Spielplatz. Zusammen mit ihm. Es ist irgendwie zu einem Ritual von mir geworden", erklärt er mir und lacht bei seinen letzten Worten leicht.
Ich glaube, das ist das erste Mal überhaupt, dass ich ihn über seinen Vater sprechen höre. Ich kenne Dinge über seine Mutter, seine Schwester, seinen Bruder. Aber seinen Vater hat er bis jetzt noch nicht ein einziges Mal erwähnt gehabt.
„Nun, Rituale müssen nicht schlecht sein", versichere ich ihm.
„Nein, wahrscheinlich nicht. Aber wahrscheinlich sollte man sich auch nicht allzu sehr an sie klammern", erwidert Ash und schenkt mir ein kleines Lächeln. „Das ist auch der Grund, warum ich jetzt nicht auf dem Spielplatz bin, sondern mit dir etwas anderes unternehme."
Ich erwidere sein Lächeln und lehne mich im Sitz zurück. „Also, wohin fahren wir?"
„Wir sind schon da", meint er grinsend und hält sein Auto an. Mitten auf der Straße.
„Keine Sorge, dass ist eine Sackgasse, hier fährt um diese Uhrzeit sowieso niemand", erklärt er mir, als er meinen skeptischen Blick bemerkt.
„Und was genau machen wir hier?"
„Du hast gesagt, dass du noch nie etwas Illegales in deinem Leben gemacht hast- "
„Ich schwänze gerade Schule, Ash. Das ist garantiert Illegal", unterbreche ich ihn.
Er sieht mich mit funkelnden Augen an. „Nein, Jul. Schule schwänzen war nur zum Aufwärmen. Das eigentlich Illegale fängt gerade erst an."
Ich merke, wie sich ein mulmiges Gefühl in meinem Magen bildet.
„Wir brechen aber nirgendwo ein?", hinterfrage ich das Ganze.
Ashton lacht das Lachen, was mir so ans Herz gewachsen ist. „Nein, Jul. Keine Sorge. So Illegal ist es dann doch nicht."
„Was ist es dann?"
„Ich werde dir Auto fahren beibringen", meint er und sieht mich dann auffordernd an. „Komm schon, steig aus, damit wir die Sitze tauschen können."
Unsicher steige ich aus und gehe ums Auto herum, wo Ashton mir die Fahrertür aufhält und wartet, bis ich eingestiegen bin, bevor er sie schließt.
Einen Moment lang sitze ich alleine im Auto, dann steigt er auf der anderen Seite ein und dreht das Radio ab.
„Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache", gebe ich zu und beobachte, wie er sich völlig entspannt auf dem Beifahrersitz zurücklehnt.
„Das wird schon. Keine Sorge. Du wirst das sicher ganz großartig hinbekommen."
Ashton nimmt meine Hand in seine und streicht mit seinem Daumen über meinen Handrücken. Das Ganze soll wohl beruhigend wirken, doch mein Herz fängt an doppelt so schnell zu schlagen und ich merke, wie meine Hände anfangen zu schwitzen.
Schnell entziehe ich ihm meine Hand wieder und räuspere mich in dem Versuch, mich zu sammeln. „Also, was genau muss ich machen?", frage ich.
„Hast du schon irgendwelche Erfahrung?", entgegnet er. „Im Auto fahren, meine ich."
Ich laufe rot an. „Nein. Ich bin noch nie gefahren."
„Das habe ich mir schon fast gedacht." Ashton lacht leise und zwinkert mir zu. „Du musst langsam die Kupplung kommen lassen und dann langsam Gas geben."
Ich folge seiner Anweisung und sogleich machen wir einen Satz nach vorne.
Ich kreische. „Vielleicht sollten wir das Ganze doch lieber sein lassen!"
Panisch umklammere ich das Lenkrad.
„Versuch es nochmal", verlangt Ashton und beobachtet mich, während ich die Kupplung erneut runterdrücke und dann langsam Gas gebe.
„Ja, siehst du, du kannst es! Du bist ein Naturtalent!", lobt er mich, als das Auto anfängt zu rollen.
Ich lache befreit, doch meine Freude hält nicht lang, denn ich komme dem Ende der Sackgasse immer näher.
„Ashton! Wie zum Teufel bremst man?", schreie ich.
„Du musst die Bremse treten-„
Ich drücke panisch auf die Bremse und das Auto macht ein quietschendes Geräusch, bevor wir ruckartig stehen bleiben. Genau acht Zentimeter vor einem Gartenzaun.
„-und dabei die Kupplung treten."
Er sieht mich an. „Aber das war jetzt wohl schon zu spät."
„Wenn du das Nächste Mal jemandem das Autofahren beibringst, dann denk dran, ihm als erstes zu sagen, wie man bremst! Bremsen vor Gas geben, Ash!", meine ich.
Mein Puls geht immer noch hektisch.
Er wirft mir einen entschuldigen Blick zu, der ihn wie einen zehnjährigen Schuljungen aussehen lässt. „Ich werde es mir merken. Das Ganze zu erklären ist doch um einiges schwieriger als selbst zu fahren. Das hätte ich nicht gedacht", stößt er hervor.
Dann strahlt er mich an und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Herzlichen Glückwunsch, Jul! Du bist gerade das erste Mal in deinem Leben Auto gefahren. Mehr oder weniger erfolgreich."
„Danke", erwidere ich, wobei das Ganze eher wie eine Frage klingt.
„Ich schätze, ich sollte dich besser zurück nach Hause bringen. Du weißt schon, bevor deine Mutter merkt, dass du gar nicht in der Schule warst, sondern stattdessen mit mir rumgehangen hast. Sie würde mich wahrscheinlich in Stücke schneiden", meint Ashton.
Ich muss Lachen. „Du wärst wahrscheinlich nicht der Einzige, der zerstückelt werden würde."
Wir steigen aus und tauschen wieder die Sitze, bevor Ashton das Auto startet und losfährt.
„Ashton?"
„Hmm?", murmelt er.
„Ich wollte nur, dass du weißt, dass das ganze hier heute sehr viel besser war als ein Tag in der Schule", meine ich.
Er sieht kurz in meine Richtung und grinst mich an. „Das freut mich, Jul. Vor allem, weil es ja auch so ein riesiges Kompliment ist, wenn ein Tag besser ist als ein Schulaufenthalt. Du weißt schon, weil wir es ja alle so lieben, unsere Stunden in der Schule zu verschwenden", erwidert er sarkastisch.
Er zieht rümpfend die Nase hoch und ich breche in Gelächter heraus.
„So war das nicht gemeint. Das weißt du genau!", protestiere ich lachend.
„Ich weiß", zwinkert er und dreht dann das Radio an. „Irgendwelche Senderwünsche?"
Ich schüttele grinsend den Kopf und sehe ihm dabei zu, wie er seinen Lieblingssender einstellt und fröhlich anfängt, mitzusingen.
Wir fahren, bis wir schließlich vor dem Spielplatz vor meinem Haus halten.
Abwartend sehe ich zu dem Jungen neben mir herüber, doch dieser macht keine Anstalten das Auto zu verlassen. Er stellt nur den Motor aus und zieht den Schlüssel.
Es ist merkwürdig, hier im Auto neben ihm zu sitzen, während meine Mutter nur Meter von uns entfernt ist. Sie müsste nur einmal aus dem Küchenfenster schauen und schon wäre ich geliefert.
Wahrscheinlich sollte ich einfach aussteigen, mich verabschieden und reingehen. Doch das tue ich nicht.
Ich bleibe sitzen und riskiere damit, erwischt zu werden.
„Darf ich dich was fragen, Jules?" Ashton klingt beinahe zögerlich, was so gar nicht zu ihm passt.
„Sicherlich", meine ich aufmunternd.
„Wovor hast du am meisten Angst?", fragt er mich.
„Ist das eine deiner zwanzig Fragen?", entgegne ich.
Das entlockt ihm ein kleines Lächeln. „Meinetwegen."
„Davor zu sterben. Das fürchte ich am meisten. Nicht den Tod selbst, aber das Sterben an sich. Ich habe Angst davor, dass es schmerzhaft wird", murmele ich und atme einmal tief durch.
Kaum zu glauben, dass ich ihn vor ein paar Monaten nicht einmal kannte. Und nun sitze ich neben ihm in seinem Auto und erzähle ihm Dinge, die ich nicht einmal meinen besten Freunden erzähle.
„Zu Sterben, hm?"
„Weißt du was, Jul? Ich bin sicher, dass du eines Tages einfach einschlafen wirst. Friedlich und ohne Schmerzen", flüstert er und streicht mir über die Wange.
Ich nicke zaghaft und sehe ihn an, nur um festzustellen, dass sein Blick bereits auf mich gerichtet ist. „Ja vielleicht", murmele ich und wende mich ab. Ich bin es leid, ihn anzulügen. Aber es ist nur zu seinem Besten.
„Ganz sicher", meint er überzeugt.
„Warum wolltest du das wissen?", frage ich ihn, nachdem es einige Zeit still gewesen ist.
„Ich schätze, ich will dich einfach näher kennen lernen, Jules. Und mit Kennenlernen meine ich nicht nur Spaß haben, sondern auch Dinge über dich zu wissen, die sonst kein anderer weiß", erwidert er und lacht zittrig.
„Willst du etwas wissen, was sonst keiner weiß?", frage ich ihn, selbst überrascht darüber, dass ich den Mut dazu finde.
„Wenn du es mir erzählen willst", lächelt er.
„Es gibt da diesen Jungen. Er ist vollkommen verrückt und sitzt jeden Mittag auf dem Spielplatz vor meiner Tür. Anfangs dachte ich, er wäre ein gemeiner Mistkerl. Aber mit der Zeit ist er mir ziemlich ans Herz gewachsen. Und ich mag ihn echt gerne. Ich mag ihn sogar mehr, als ich wahrscheinlich sollte", flüstere ich.
Ashton starrt mich an und ich merke, wie mein Herz aussetzt. Wieso habe ich das bloß gesagt? Wie konnte ich nur so doof sein?
„Es gibt da dieses Mädchen. Das ist mutig und verrückt und absolut liebenswert. Es sitzt neben mir in meiner Schrottkarre von Auto. Und am liebsten würde ich es jetzt küssen", flüstert Ashton.
Unsere Blicke kreuzen sich und einen Moment lang halte ich die Luft an, während er mir näher kommt.
„Das ist wahrscheinlich keine so gute Idee", stoße ich hervor.
Mein Herz bricht in tausend Teile, als ich seinen verletzten Blick sehe.
„Tut mir leid, Ash."
„Schon okay." Er versucht sich an einem Lächeln, das gnadenlos misslingt. „Ich nehme an, wir sehen uns dann morgen?"
Ich nicke und steige aus. „Bis morgen, Ash."
„Ja. Bis Morgen, Jul." Er lacht zittrig und ich werfe die Autotür zu.
Dann gehe ich zur Haustür und drehe den Schlüssel im Schloss, ohne mich noch einmal umzudrehen.
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