83. | Willkommen zurück (1/2)

Hermines POV


Endlich!

Endlich war es so weit.

Nach mehr als zwei Wochen war heute endlich der Tag, an dem Draco entlassen wurde.

Für die meisten in Hogwarts war heute ein ganz normaler Montag, für viele womöglich sogar der schlimmste Tag der Woche, für mich hingegen war heute ein Glückstag.

Es war, als würden Weihnachten, Ostern und Geburtstag allesamt an diesem einen Tag gefeiert werden.

Schon gestern Abend hatten Draco und ich unsere Sachen gepackt, waren extra früh schlafen gegangen, um heute fit und ausgeschlafen zu sein. Wobei ich so unter Adrenalin stand, dass ich vermutlich auch die ganze Nacht hätte wachbleiben können.

Ich wollte am liebsten Luftsprünge machen, die ganze Welt umarmen.

Ich konnte es kaum erwarten endlich wieder in den Unterricht zu gehen, meine Freunde wiederzusehen, in der großen Halle zu essen, nach Hogsmeade zu gehen, Butterbier und Feuerwhiskey zu trinken, stundenlang im Raum der Wünsche abzuhängen...

ENDLICH.

„Hast du dann alles?", wollte Draco wissen, als er aus dem Bad kam und unsere Zahnbürsten in der Tasche verstaute. 

Ich hatte bereits mehr als fünfmal überprüft, ob noch irgendwo etwas von uns herumlag, doch ich ließ es mir nicht nehmen, auch noch das sechste und siebte Mal zu schauen, nur um sicherzugehen.

„Ich denke schon. Wenn nicht, wissen wir ja, wo es ist." Ich schmunzelte leise, um meine vor Aufregung zittrige Stimme etwas zu überspielen, denn ich war verdammt nervös. 

So schön ich mir das Zurückkehren in den Alltag vorstellte, so aufgeregt war ich auch. 

Ob alles gutgehen würde? Ob man uns endlich in Ruhe lassen würde? Wie wohl alle anderen auf Draco reagieren würden? Würde es ihnen egal sein? Würde er sich täglich sämtlichen nervigen Blicken unterziehen müssen? Oder würde man ihn einfach sein Leben leben lassen?

„Merlin, bist du auch so verdammt nervös?", sprudelte es aus mir heraus wie kohlensäurehaltiges Wasser aus einer Flasche, die man zuvor kräftig geschüttelt hatte. 

Mir war unfassbar kalt, meine Hände waren wie zwei Eisklötze, meine Wangen hingegen glühten. Ich wippte immer wieder von einem Bein auf das andere, während ich Draco fragend ansah, auf seine Reaktion wartete.

„Ich übergebe mich gleich!" Ich hatte mit allem gerechnet, aber damit... eher nicht. Seine Haut war noch blasser als sonst, was wohl bedeutete, dass er seine Worte todernst meinte. 

Er sah wirklich so aus, als müsste er gleich seinen kompletten Mageninhalt leeren. Wobei nicht viel herauskommen würde, da er von seinem Frühstück und auch von seinem Mittagessen nicht viel herunterbekommen hatte. Das Einzige, das er zu sich genommen hatte, war dieser widerliche Heiltrank, den er heute zum letzten Mal getrunken hatte. Diese Tatsache erleichterte ihn vermutlich mehr als die heutige Entlassung. Trotzdem schmunzelte ich.


Madam Pomfrey kam am frühen Nachmittag noch einmal vorbei, gab Draco noch ein paar Anweisungen und Tipps, die er höchstwahrscheinlich sowieso nicht umsetzen würde, ehe sie ihm ein paar Zettel in die Hand drückte, die er sich durchlesen und anschließend unterschreiben sollte. Natürlich überflog er die wenigen Zeilen nur, doch wer konnte es ihm verübeln? Ich jedenfalls nicht.

„Also dann...", sagte die Medihexe und legte mit einem freudigen Lächeln auf den Lippen ihre Hände ineinander. „Falls Sie noch etwas brauchen sollten oder Hilfe benötigen, können Sie sich gerne jederzeit an mich wenden. Alle Lehrkräfte sind vorgewarnt, sollten Sie den Unterricht abbrechen oder verlassen müssen. Beim kleinsten Anflug von Schwindel oder Unwohlsein, sollten Sie zu mir kommen, dann kann ich Ihnen eine Infusion oder etwas zur Stärkung geben. Ansonsten..." 

Kleine Tränen bildeten sich in ihren müden Augen, während sie vorsichtig die Arme öffnete und einen Schritt auf Draco zuging, der ihre Umarmung erwiderte, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. 

„...wünsche ich Ihnen weiterhin gute Genesung und viel Kraft."

„Vielen Dank.", erwiderte der Blondschopf, der ebenfalls sichtlich mit seinen Emotionen zu kämpfen hatte. „Danke, dass Sie mich nicht aufgegeben und mich wieder zusammengebastelt haben. Ich bin Ihnen was schuldig."

Allerdings!

„Es war mir wahrlich eine Ehre, Mr. Malfoy. Passen Sie auf sich auf. Und passen Sie gut aufeinander auf."

„Das werden wir, keine Sorge.", schmunzelte er, als er sich wieder von ihr löste und seine Augen stattdessen auf mich richtete. Ich tat es ihm gleich, ging ebenfalls auf Madam Pomfrey zu und umarmte sie mit all der Dankbarkeit und all dem Respekt, den ich für diese Frau empfand.

So froh ich war, diesen Ort endlich verlassen zu dürfen, so schwer fiel mir jetzt der Abschied. Der natürlich nicht für immer war, doch logischerweise erhoffte ich mir, in diesem Schuljahr nicht mehr in den Krankenflügel zu müssen...

Und dann? 

Gingen wir. Verließen den kleinen Raum, der in den letzten beiden Wochen zu unserem Zuhause geworden war. Der uns nicht nur Ruhe und Zweisamkeit geschenkt hatte, sondern auch die Möglichkeit, einander noch besser kennenzulernen, abseits von dem ganzen Trubel. 

Ich war einerseits so dankbar für diese Zeit, andererseits war ich nach wie vor bestürzt darüber, dass es überhaupt erst so weit hatte kommen müssen.

Nach einem letzten Blick auf Madam Pomfrey, einem letzten tiefen Atemzug und einer letzten Erinnerung an die vergangenen Tage, verließen wir gemeinsam, Hand in Hand den Krankenflügel.

Die ersten paar Minuten sagte keiner von uns etwas. Nur das laute Pfeifen des Windes außerhalb der dicken Mauern echote durch die Gänge. Ansonsten herrschte absolute Stille. 

Das Blut raste durch meinen Körper und rauschte in meinen Ohren wie meterhohe Wellen, die auf Land stießen. Ein kurzer Blick auf Draco, dem es gerade ähnlich zu gehen schien. Sein Kiefer war fest aufeinandergepresst, wodurch seine Wangenknochen stark herausragten. 

Die Blässe auf seinem Gesicht ähnelte dem weißen Schnee, der seit Tagen vom Himmel fiel und nicht mehr aufhören wollte. So viel Schnee hatte es seit Jahren nicht mehr gegeben, womit ich allerdings kein Problem hatte. Ganz im Gegenteil.

Sanft drückte ich Dracos Hand, um ihm im Stillen zu zeigen, dass alles gut werden würde, was ihn dazu veranlasste, mir in die Augen zu schauen. Ich hätte in diesem Moment nichts sagen müssen, weil Stille oftmals auch beruhigend sein konnte, aber dennoch...

„Fühlst du dich bereit?", wollte ich wissen, wobei ich mir diese Frage auch selbst stellte.

Fühle ich mich bereit?

„Ich denke schon. Ich meine... habe ich denn eine andere Wahl?" Gute Frage. Vermutlich nicht.

„Wenn du merkst, dass es doch noch nicht geht, dann-"

„Ich weiß. Das wird schon. Mach dir keinen Kopf.", unterbrach er mich, was mich im ersten Moment etwas traurig stimmte. 

Es war bestimmt seiner Nervosität geschuldet. Oder aber... ich machte mir schon wieder zu viele Gedanken. Draco war fit genug, das wusste ich. Er hatte schon viele schlimme und furchtbare Dinge durchgestanden und war trotzdem jedesmal wieder aufgestanden. Dann schaffte er es jetzt auch.

„Ich wollte nicht... sorry.", entschuldigte ich mich kleinlaut, ehe ich den Blick von ihm abwandte und wieder auf den Weg achtete. 

Wir waren nur noch wenige Meter vom Treppenhaus entfernt, als Draco stehenblieb und mich aufgrund unserer verschränkten Hände ebenfalls zum Stehenbleiben zwang. Unsicher drehte ich mich zu ihm um, wo ich seinem fragenden Blick begegnete.

„Ist alles okay?", hakte er nach, ohne dass ich verstand, warum. Ich verzog das Gesicht.

„Natürlich, was soll denn sein?"

„Das frage ich dich. Irgendetwas bedrückt dich, das merke ich. Sehe ich."

„Ich... keine Ahnung, ich bin einfach nur nervös. Und unsicher und... ich hab... Angst.", gestand ich. Beschämt - warum auch immer - senkte ich den Blick zu Boden. Draco verstand nicht.

„Wovor?"

Wovor nicht?

„Vor... vor allem irgendwie. Wie es weitergeht. Wie die anderen reagieren. Wie unser Alltag jetzt aussieht. Wie... das mit uns weitergeht."

„Wie das mit uns weitergeht?"

Ich hatte auch noch drei andere Gründe genannt, warum interessierte ihn nur dieser eine?!

„Ja. Ob wir wie bisher weitermachen oder... inwiefern diese ganze Sache unsere Beziehung verändert."

„Warum verändert?" „Ich... ich weiß nicht. Ich meinte ja nur."

„Lass mich raten... es geht um die Sache mit der Bibliothek oder?", mutmaßte er und traf natürlich mal wieder genau ins Schwarze.

Seine Worte kamen ziemlich überraschend und so verschluckte ich mich fast bei meinem nächsten Atemzug. Letztlich blieb es bei einem leisen Räuspern.

„Hermine... ich will das jetzt ein für allemal klären also sei endlich ehrlich zu mir. Kannst du mir vertrauen?" Es war, als würde er mir das Messer auf die Brust setzen. Ja oder Nein? Und es fühlte sich an wie eine Entscheidung über Leben oder Tod.

„Was soll diese Frage? Ich... natürlich vertraue ich dir." 

Klingt aber nicht so.

„Zu 100 Prozent? Zu 80 Prozent? 50? Noch weniger?" Merlin, hätte ich vorhin doch bloß die Klappe gehalten.

„Ich vertraue dir genug.", stellte ich klar, doch ich fühlte mich so erbärmlich wie diese Antwort war.

Genug... 

Toll gemacht, Hermine!

„Das klingt nach etwa 60 Prozent. Ich bin beeindruckt."

„Draco, bitte. Das ist nicht fair."

„Du hast Recht.", stimmte er mir zu, allerdings triefte seine Stimme vor Sarkasmus. „Das ist wirklich nicht fair. Hier läuft so einiges ab, das nicht fair ist."

Was sollte man darauf noch sagen? Ich war mundtot. Egal was ich gesagt hätte, es hätte nichts geändert. Ich hatte es mal wieder verbockt, hatte Draco verärgert.

Wie konnte das alles derart aus dem Ruder laufen?

„Dann lass uns doch endlich über all das reden.", bat ich ihn, und war kurz davor auf die Knie zu fallen und zu betteln. „Lass uns in den Raum der Wünsche gehen und in Ruhe über alles reden. Nur du und ich, ungestört."

„Und dann? Dieses ständige Gerede ändert doch nichts, wie du siehst. Wir reden seit Tagen über nichts anderes mehr! Du meintest, du wirst mir erst wieder vollständig vertrauen können, wenn ich dir verraten habe, was ich in der Bibliothek getan habe. Nachdem ich aber nicht bereit bin darüber zu reden, wird sich nichts ändern. Ich hab in McGonagalls Büro gesagt, dass ich größtenteils aufgrund der Konzentrationsstörungen in der verbotenen Abteilung war, was dir als Erklärung nicht gereicht hat. Du vertraust mir nicht, das ist okay. Aber das wirst du auch nach diesem Gespräch nicht."

Wow, wie beruhigend...

Ich gestand mir ein, dass diese Diskussion mal wieder keinen Sinn hatte und sie auch keiner von uns gewinnen würde. Draco würde nicht nachgeben und ich auch nicht.

Das mit seinen Konzentrationsstörungen... ich glaubte ihm. Aber trotzdem genügte mir diese „einfache" Erklärung nicht für diese riesige Geheimnistuerei, die er veranstaltete. Es war mehr dahinter, das wusste ich.

„Okay, hör zu...", begann ich erneut, bemühte mich um eine ruhige Stimme, um eine gleichmäßige Atmung, die mich wieder etwas entspannte. 

„Ich liebe dich, okay? Mehr als ich jemals irgendeinen anderen Menschen geliebt habe. Und ich vertraue dir. Zu wie viel Prozent ist scheißegal, aber ich würde dir sogar mein Leben anvertrauen. Wenn das nicht genügt, dann... Du hast recht, ein Gespräch ändert vielleicht nichts. Aber ich weiß, dass du ein guter Mensch bist und ich möchte diese 100 Prozent wieder zurück haben. Und... und wenn du mir versprichst, dass alles gut ist, du nicht in Schwierigkeiten steckst und du nichts tust, das jemandem schaden könnte, dann... dann verliere ich nie wieder ein Wort über diese ganze Sache."

Jetzt war ich diejenige, die ihm das Messer auf die Brust setzte.

Fühlte mich einerseits mächtig, andererseits fühlte ich mich schlecht, weil ich ihm mal wieder indirekt unterstellte, etwas Böses im Schilde zu führen. 

In seinem Kopf ratterte es, das konnte ich ganz klar beobachten. Die Stille zwischen uns war unheimlich anstrengend und belastend, was sich jedoch legte, als er tief durchatmete und letztlich das Wort ergriff.

„Ich verspreche es dir. Zum zehnten Mal. Das habe ich dir gestern, vorgestern und vor drei Tagen schon gesagt, das sage ich dir jetzt und das sage ich dir auch morgen, wenn du wieder danach fragst. Du kannst mir vertrauen. Ich führe nichts Böses im Schilde und schade auch niemandem. Anscheinend nur unserer Beziehung." 

Während er sprach, sah er sichtlich verunsichert zu Boden, zum Ende hin richtete er seine grauen Augen jedoch wieder auf mich, und ich wusste nicht, ob er mir leidtun sollte oder seine Worte meine Unsicherheiten nur noch verstärkten.

Noch bevor ich mir darüber genauer Gedanken machen konnte, überbrückte er die Distanz zwischen uns, legte seine Hände an meine Wangen und seine Stirn an meine, seine Augen waren inzwischen geschlossen. Seine Berührungen ließen heiße Blitze durch meinen Körper schießen und mich leicht erschaudern.

Ich gab mich dem Gefühl hin, schloss ebenfalls meine Lider und wollte einfach genießen, als er auch schon leise gegen meine leicht geöffneten Lippen hauchte:

„Ich bitte dich, Hermine."

So zusammenhanglos mir seine Worte im ersten Moment auch erschienen, bescherten sie mir dennoch eine dicke Gänsehaut. Diese Hilflosigkeit in seiner Stimme, dieses Flehen, das klang, als wäre ich seine letzte Hoffnung, ließ mich erschaudern. Als wäre mein Vertrauen seine letzte Hoffnung.

„Früher oder später wirst du es verstehen. Aber für den Moment flehe ich dich an, mir einfach nur zu vertrauen. Bitte.", sprach er weiter, wodurch zu allem Übel auch noch meine Knie weich wurden und ich zusammenzubrechen drohte.

Bitte.

Ich flehe dich an.

Vertrau ihm!

„Ich liebe dich."

Ich liebe dich auch, Draco.

„Draco..."

Bitte...

Vertrau ihm!

Bitte...

Mir platzte gleich der Kopf.

So viele Gedanken, die alle gleichzeitig auf mich einredeten, auf mich einschlugen.

Ich würde es früher oder später verstehen, hatte er gesagt. Ich hoffte auf früher, aber offenbar hatte nur er das in der Hand.

Er würde alles für mich tun, das wusste ich. Ich würde alles für ihn tun, das wusste er.

Und wenn das Einzige, das er momentan von mir haben wollte, mein Vertrauen war, dann sollte er dieses bekommen.

Es gab Dinge, über die er noch nicht reden konnte. Was absolut in Ordnung war, denn es gab auch Dinge, über die ich noch nicht reden konnte. Über die ich eventuell auch nie reden könnte. Und das war okay so.

Leg deinen Stolz beiseite, Hermine!

Es ist okay.

„Ich liebe dich auch, Draco.", erwiderte ich eine halbe Ewigkeit später, als er die Hoffnung bestimmt schon aufgegeben hatte. „Ich... ich werde dir vertrauen. Versprochen."

Ich spürte deutlich, wie er sich augenblicklich entspannte, wie seine Schultern nach unten sackten vor Erleichterung. 

Diese Anspannung und dieses Gefühl, dass so viel Unausgesprochenes zwischen uns stand, verflogen wieder. Zum Glück! 

Denn ich wollte dieses Drama nicht. Ich wollte mir nicht so viele Gedanken und Sorgen machen müssen, wollte keine Angst haben, dass mein Leben mal wieder auf den Kopf gestellt werden würde, nur weil mein verdammter Stolz und diese verdammten Unsicherheiten mal wieder dazwischen grätschen mussten.

Er bedankte sich flüsternd für meine Worte, während er zärtlich mit seinen Daumen über meine Wangen streichelte, seine Stirn noch immer an meiner, seine Augen noch immer geschlossen. Auch ich schloss meine eigenen wieder, als er seine Lippen spitzte und sie auf meine legte.


Etwa eine Stunde später und nachdem Draco und ich in unsere jeweiligen Zimmer gegangen waren, um unsere Sachen dort abzulegen und uns kurz frisch zu machen, trafen wir uns wieder im Treppenhaus und schlenderten gemeinsam zur großen Halle, wo es gleich Abendessen geben würde.

Die Gänge waren leergefegt, wie ausgestorben, obwohl der Unterricht bereits zu Ende war und um diese Uhrzeit normalerweise die Hölle los war. Was wohl bedeutete, dass alle anderen bereits beim Essen waren. Aber ehrlich gesagt störte mich diese Tatsache nicht sonderlich. Im Gegenteil.

Ich war sogar ziemlich erleichtert, dass nichts los war und wir niemandem begegneten, weil es bedeutete, dass uns auch keiner komisch anschauen oder einen unpassenden Kommentar von sich geben konnte.

Mit verschränkten Händen ließen wir Meter für Meter hinter uns, kamen der großen Halle immer näher und mit jedem weiteren Schritt wuchs nicht nur meine Nervosität, sondern sichtlich auch die von Draco. Er kaute auf seiner Lippe herum, was er nur dann tat, wenn er aufgeregt war oder unsicher war, und er wirkte so verdammt eingeschüchtert. 

Ganz anders als in den letzten Jahren, wo er immer den eiskalten Slytherinprinzen gespielt und stets den Anschein gemacht hatte, sich nur für sich selbst zu interessieren. Wie blind wir damals doch alle gewesen waren...

Wir waren nur noch wenige Meter von der großen Holztür entfernt, als er mich sanft zurückhielt und somit am Weitergehen hinderte. Etwas verwundert drehte ich mich zu ihm um, sah ihm in seine ausdruckslosen Augen. Ich fragte mich, wo der silberne Glanz war, der normalerweise darin schimmerte.

„Ich kann das nicht.", gab er zu, allerdings so leise und so nuschelnd, dass ich ihn im ersten Moment nicht verstanden hatte.

Er räusperte sich.

„Ich glaub ich kann das nicht. Ich kann da jetzt nicht reingehen und... Wollen wir nicht doch einfach... verschwinden?"

Mir entging das kleine Lachen nicht, das ihm seinen eigenen Worten geschuldet entwich, spiegelte es allerdings nur noch deutlicher seine Unsicherheit wider. 

Und ich konnte nicht sagen, wie niedlich er in diesem Augenblick aussah. So unschuldig, so gebrechlich, als müsste man ihn in Watte einpacken und beschützen.

„Glaub mir, nichts lieber als das." Ich konnte nicht anders als zu schmunzeln. „Aber wovor hast du denn Angst? Vermutlich sehen oder bemerken dich die meisten gar nicht. Wir gehen da einfach rein und... gehen schnell auf unseren Platz und ziehen möglichst wenig Aufmerksamkeit auf uns."

Leicht drückte ich seine Hand, um ihm zu zeigen, dass ich für ihn da war und ihm Halt gab, wenn er es brauchte. Er nickte nur, was aber bedeutete, dass er meine Geste verstand und sich im Stillen dafür bedankte. 

Mit neu gewonnener Kraft und der Last der letzten beiden Wochen, die uns noch lange Zeit verfolgen würde, überbrückten wir auch die letzten Meter und betraten gemeinsam die Große Halle.

Meine Worte allerdings... Das mit der Aufmerksamkeit und dass wir möglichst wenig davon auf uns ziehen sollten... ging komplett nach hinten los...


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