79. | Man erntet, was man sät (1/2)
Hermines POV
„Es stimmt, Potter hat einen Rückzieher gemacht", gestand Parkinson merklich widerwillig, was bedeutete, dass sie für alles Folgende wohl alleine zuständig war.
Womit ich nicht sagen wollte, dass das, was Harry und Parkinson bis hierhin gemeinsam getan hatten, harmlos wäre. Ganz im Gegenteil. Und doch hätte ich bis jetzt und abgesehen davon, was es mit Draco und dieser ganzen Manipulations-Sache auf sich hatte, ganz gut damit leben können.
Dass man jemandem misstraute und nachspionierte, war für mich definitiv vertretbar, immerhin hatten Harry, Ron und ich es während der letzten Jahre ja auch immer wieder getan. Unter anderem auch bei Draco.
„Er hat mir gesagt, dass er es sich anders überlegt hat. Dass unser Plan nach hinten losgehen kann und er Draco lieber direkt damit konfrontieren will. Ohne Manipulation, ohne Veritaserum, ohne... alles. Einfach nur reden."
„Und Sie sind nicht auch zur Vernunft gekommen oder zumindest auf die Idee, dass Ihr Vorgehen womöglich großen Schaden anrichtet?", grätschte Shacklebolt harsch dazwischen, worauf die ehemalige Slytherin sichtlich überrumpelt die Augen weitete.
„I-Ich... n-nein, nicht wirklich, ich... war nicht sonderlich begeistert von Potters Rückzug. Wir haben alles genauestens geplant und urplötzlich wollte er alles über Bord werfen. Hätten wir unseren Plan wie ursprünglich besprochen durchgezogen, wäre das alles nicht passiert!"
„Miss Parkinson, sagen Sie mir nicht, dass Sie sich mit dieser Aussage gerade zu verteidigen versuchen!"
Offensichtlich schon...
„Ich weiß, dass ich das alles nicht rechtfertigen kann, trotzdem wäre weniger schiefgegangen."
„Warum sind Sie sich so sicher?", wollte McGonagall voller Entsetzen wissen. Parkinson holte tief Luft.
„Es ist... der ursprüngliche Plan war, dass wir Draco so manipulieren, dass er alles preisgibt. Mit einem Manipulationszauber beziehungsweise mit einem Trank. Nicht mehr und nicht weniger." ... Als wäre es das Harmloseste auf der Welt. „Als Potter dann einen Rückzieher machen wollte, musste ich ein wenig improvisieren und... dabei ist einiges schiefgelaufen..."
„Inwiefern?", hakte Shacklebolt nach, während ich mich fragte, wie lange er dieses Spiel noch spielen wollte. Diese vielen Pausen, Unterbrechungen, das viele Nachhaken... ich wollte einfach nur wissen, was passiert war. Wie das alles zusammenpasste. Ich wollte endlich, dass sich das Puzzle zusammenfügte. Aber es schienen Stunden zu vergehen, in denen zwar viele Worte fielen, aber keine Ergebnisse geliefert wurden.
„Ich wollte nicht einfach so aufgeben. Ich wollte Antworten. Weil ich aber nicht auffliegen wollte, musste ich versuchen mich irgendwie aus der Affäre zu ziehen. Potter hat mir beim Schmieden unseres Plans erzählt, dass Weasley wohl nach wie vor ein wunder Punkt bei Granger wäre und... da dachte ich mir, dass er sie vermutlich am besten um den Finger wickeln könnte."
Das war wohl Schwachstelle Nummer Eins des Plans... Ron war nämlich schon lange kein wunder Punkt mehr bei mir.
„Ich habe mitbekommen, dass Draco und Granger zusammen mit Blaise und der Weasley an dem Abend ins 'Drei Besen' gehen wollten und... das schien perfekt zu sein. Ich musste Weasley und Potter irgendwie ebenfalls ins 'Drei Besen' locken, also... habe ich ihnen einen Brief im Namen des jeweils anderen geschrieben."
Was die Frage mit den beiden Briefen beantwortet...
„Ursprünglich wollten wir Draco etwas ins Getränk mischen und ihn dann so manipulieren, dass er die Wahrheit preisgibt. Ich habe die Vorgehensweise dann ein wenig abgeändert, weil ich wusste, dass ich nicht so leicht an Draco rankomme. Schon alleine deswegen, weil Granger ununterbrochen bei ihm ist." Sie machte eine kurze Pause, die sie nutzte, um ihre dunklen Augen auf mich zu richten. Keine Ahnung, ob sie mir Angst machen oder was sie generell damit bewirken wollte, aber ich ließ mich nicht einschüchtern.
Im Anschluss wanderten ihre Augen zu Ron, der sich heute noch zu keiner Sekunde zu Wort gemeldet hatte. Er sah aus, als hätte er tagelang nicht mehr geschlafen, womit ich vermutlich gar nicht so falsch lag. Wäre ich Parkinsons Blick nicht gefolgt, wäre mir mit Sicherheit nicht einmal aufgefallen, dass er noch immer anwesend war, da ich ihn komplett ausgeblendet hatte. Was größtenteils daran lag, dass ich mich überwiegend auf Harry und Parkinson konzentrierte. Ich fragte mich, wie er sich wohl fühlte. Was ihm so durch den Kopf ging. Länger konnte ich mir darüber allerdings keine Gedanken machen, da Parkinson fortfuhr.
„Nachdem Potter ausgestiegen ist, habe ich den Plan dann ein wenig abgeändert und... habe Weasley als Mittel zum Zweck benutzt. Ich habe ihm beim Vorbeigehen heimlich einen Trank ins Butterbier geschüttet und-"
Was erklärt, warum Parkinson ihn im Drei Besen derart angerempelt hat...
„Entschuldigen Sie, aber dürfte ich fragen, von welchem Trank überhaupt die Rede ist?", mischte sich überraschenderweise Snape ein, dessen indirekte Anwesenheit ich schon wieder komplett vergessen hatte. Er blickte maximal schockiert drein und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. Genau genommen spiegelte sein Äußeres gerade ziemlich gut mein eigenes Gemüt wider.
„Ich weiß den genauen Namen nicht mehr. Irgendetwas mit... Revelio identi... ich weiß es nicht mehr, die Übersetzung war irgendetwas mit... offenbarte Identität oder so." Dass sie sich noch nicht einmal an die genaue Bezeichnung erinnern konnte, schockierte mich nur noch mehr. Andererseits... konnte mich heute vermutlich gar nichts mehr schocken.
„Reden Sie etwa vom 'Revelatio identitatum occultarum'?! Dem Trank zur Offenbarung versteckter Identitäten?!" Snape schien noch empörter, noch schockierter zu sein - falls das überhaupt noch möglich war.
Parkinson bestätigte seine Vermutung mit einem eingeschüchterten Nicken. Ich war mir sicher, dass Snapes Reaktion ihr die Sprache verschlagen hatte.
Ich hatte sämtliche Zaubertränke recherchiert, studiert und analysiert, aber noch nie war ich diesem Trank begegnet. Was bedeuten musste, dass er sehr selten und-
„Das Brauen und Benutzen dieses Trankes ist strengstens verboten!" ... verboten war, wie Snape uns grollend mitteilte. Wie ein Vulkan, der gleich ausbrechen würde.
Harry und Parkinson hielten auf seine Worte hin sichtlich die Luft an und wurden schneeweiß im Gesicht. Sie würdigten sich eines kurzen, geschockten Blickes.
„Haben Sie eine Ahnung, was Sie damit angerichtet haben?!"
Sie gaben keine Antwort.
„Wissen Sie überhaupt, was dieser Trank bewirkt?!", hakte der ehemalige Hauslehrer der Slytherins weiter nach.
Wieder keine Antwort.
„Dies ist kein einfacher Manipulationszauber, wie Sie dachten! Das ist tiefschwarze Magie!"
Snape war außer sich vor Wut. Nicht nur, dass Parkinson und Harry überhaupt an diesem Trank geforscht und gearbeitet hatten. Sie wussten offenbar nicht einmal, was dieser bewirkte. Geschweige denn, dass er strengstens verboten war.
„Könnten Sie uns bitte aufklären, Severus?", wandte sich der sichtlich überrumpelte Zaubereiminister an den ehemaligen Schulleiter.
„Der Trank dient zur Spaltung der Persönlichkeit!"
WAS???
Noch bevor ich mir weitere Gedanken darüber machen konnte, erklärte Snape weiter.
„Ist der Trank richtig gebraut, nimmt er eine durchsichtige Farbe an, weshalb man ihn selbst in klarem Wasser nicht erkennen könnte. Er deckt keine Lügen und Unwahrheiten auf, wie von Miss Parkinson und Mr. Potter vermutet, und manipuliert nicht nur die Gedanken des Opfers, sondern spaltet dessen Persönlichkeit! Dieser abgespaltene Teil lässt sich dabei durch denjenigen, der den Trank gebraut hat, steuern und manipulieren aber... letzten Endes wird dieser fester Bestandteil der Persönlichkeit."
Was. Zur. Hölle.
Eine Totenstille kehrte ein. Keiner sagte auch nur ein Wort, keiner machte auch nur einen Mucks. Das Schulleiterbüro war wie ausgestorben.
Diese ganzen Informationen rauschten gerade wie meterhohe Wellen durch mein Gehirn. Wie ein Tsunami, der alles mit sich riss und alles auslöschte. Ich musste mich irgendwie sammeln, alles in eine Reihenfolge bringen und 1 und 1 zusammenzählen, aber ich war alldem im Moment nicht gewachsen.
Mein Blick wanderte einmal mehr zu Ron, der inzwischen aussah, als würde er jede Sekunde in Ohnmacht fallen. Was ich verstehen konnte. Ich wollte gar nicht wissen, wie er sich gerade fühlte.
Dann traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz.
„Moment mal, d-das...", sprach ich meine Gedanken laut aus. „Heißt das... dass R-Ron durch das Einnehmen des Trankes... einen Teil von Parkinsons Persönlichkeit übernommen hat?"
Das darf nicht wahr sein.
Snapes Nicken bestätigte aber meine zutiefst absurde Vermutung.
„Zwar nur einen kleinen Teil, aber ja. Vorausgesetzt natürlich, dass Miss Parkinson diejenige war, die den Trank gebraut hat." Was die Angesprochene stillschweigend bejahte.
„Aber... wie?", verstand ich nicht. Beziehungsweise wollte ich es nicht verstehen.
„Die entscheidende Zutat ist Blut. Drei Tropfen Blut, die durch das Einnehmen im Kreislauf landen und eine Verbindung entstehen lassen. Auf diese Weise lässt sich das Opfer mittels Gedankenmanipulation steuern. Weasley war ihr ab diesem Moment also vollkommen ausgeliefert."
Ich spürte, wie mein Herz immer wieder einige Takte aussetzte. Mir wurde unfassbar schlecht und ich wollte mich am liebsten übergeben. Alles herauslassen, was sich innerhalb der letzten Minuten angeschaut hatte.
Mitleid und Mitgefühl machten sich schlagartig in meinem Inneren breit. Für Ron. Denn nicht nur das, was Draco widerfahren war, sondern auch das, was Ron an diesem Abend im Drei Besen angetan wurde, war an Grausamkeit nur schwer zu übertreffen. Ihm wurden seine Gedanken, sein Bewusstsein, sein ganzes Sein entrissen, ohne dass er eine Wahl hatte oder sich dagegen wehren konnte.
„Deswegen konnte Ron sich an nichts mehr erinnern. Deswegen waren seine Erinnerungen an diesen Abend auch ab dem Moment, in dem der Trank zu wirken begonnen hat, wie ausgelöscht.", erinnerte ich mich an den Tag in McGonagalls Büro, als sie Ginny und mir Rons Erinnerungen gezeigt hatte. Allmählich puzzelte sich alles irgendwie zusammen und dennoch war immer noch ein riesengroßes, ungeklärtes Fragezeichen in meinem Gehirn.
Mein Blick wanderte dabei zu der Schulleiterin, die auf meine Aussage hin langsam nickte, als wäre sie in Trance und als wäre auch ihr in diesem Moment ein Licht aufgegangen. Der Schock stand ihr unübersehbar ins Gesicht geschrieben.
„M-Miss Parkinson, Mr. Potter, ich... muss ihnen vermutlich nicht sagen, dass ich... zutiefst enttäuscht von Ihnen bin. Ich habe keine Worte mehr dafür.", gestand McGonagall herzzerreißend, ihre Schultern sanken dabei nach unten, als würde sie in sich zusammenfallen.
„Es w-war...", ergriff Parkinson stotternd das Wort. „Es war meine Schuld. Meine alleinige Schuld, ich..." Sie blickte zu Harry. „Potter kann nichts dafür. Er hat einen Rückzieher gemacht und-"
„Und dennoch hat er Ihnen mit dem Trank geholfen. Oder nicht?", hakte Shacklebolt nach, was sie wiederum bejahte.
„Trotzdem hatte er nichts mehr mit dem zu tun, was letzten Endes passiert ist. Außerdem... hat er Draco am Ende ja sogar das Leben gerettet. Ohne ihn wäre er..." Sie verstummte. Dass Parkinson ausgerechnet Harry Potter verteidigte, war fast genauso ungläubig wie all ihre Erklärungen zuvor. Sie nahm ihn in Schutz und gab zu, dass es ihre alleinige Schuld war...
Was um alles in der Welt ist eigentlich los?
Die Tatsache, dass Draco ohne Harry tatsächlich an den Folgen seiner Verletzungen gestorben wäre, war gerade so weit in den Hintergrund gerutscht, dass es mich nicht interessierte. Und die Tat auf keine Weise verharmloste.
„Schon okay.", besänftigte er die ehemalige Slytherin. „Es war ja ursprünglich meine Idee ihm nachzuspionieren und ihn auffliegen zu lassen. Wir hatten keine Ahnung, dass... wir haben uns Zugang zur verbotenen Abteilung verschafft und sind auf diesen Trank gestoßen... Es war die Rede von Gedankenmanipulation. Von Telepathie, von Steuerung, von... wir wussten nicht, dass-"
„Denken Sie nicht, dass das Ihre Tat auf irgendeine Weise besänftigen wird. Unwissenheit schützt nicht vor Strafe, wie Sie vielleicht wissen!", tadelte McGonagall meinen besten Freund. Dieser schluckte.
„Ich weiß, aber... d-das wollte ich einfach noch klarstellen. Und auch, wenn Parkinson es letzten Endes im Alleingang gemacht hat, tragen wir beide die Schuld dafür."
Da hatte er recht. Er hatte zwar einen Rückzieher gemacht, hatte es als falsch empfunden und den Plan über Bord geworfen, hatte Draco am Ende sogar das Leben gerettet, aber dennoch hatte er Unverzeihliches getan. Das war zumindest meine Meinung. Wie Draco darüber dachte, wusste ich nicht. Dass er den beiden jemals verzeihen könnte, was sie ihm angetan hatten, bezweifelte ich trotzdem.
„Sie haben Mr. Weasley also den Trank in sein Butterbier geschüttet.", rollte Shacklebolt das Thema erneut auf, immerhin war dies noch lange nicht das Ende der Geschichte. Leider. „Mr. Weasley hat daraufhin die Kontrolle über sein Bewusstsein verloren und hat das getan, was Sie ihm mittels Manipulation, Telepathie oder was auch immer befohlen haben?"
„Nicht ganz." Parkinson schielte verlegen zu Boden, starrte auf ihre Füße, mit denen sie unruhig auf den Boden tippte. „Irgendetwas muss schief gelaufen sein, weil ich Weasley eben nicht steuern konnte. Ich bin ihm zu den Herrentoiletten gefolgt und wollte ihm einreden, was er tun sollte." Womit auch diese Frage geklärt wäre... „Nämlich zu Draco und Granger gehen sobald diese hier auftauchen und... die beiden zur Rede stellen. Aber... es ging nicht. Ich war so mit meiner eigenen Wut beschäftigt, dass ich... keine Ahnung, was ich dachte. Ich erinnere mich ehrlich gesagt selbst kaum noch an die nächsten Szenen. Ich sehe nur noch Draco, wie er von Weasley angeschrien und geschlagen wird. Wie er von dem Sectumsempra getroffen wird und-"
„Woher kannten Sie diesen Zauber?", verlangte der ehemalige Slytherin-Hauslehrer zu wissen, worauf sofort Stille herrschte. Eine weitere Frage, die noch ungeklärt war, aber hoffentlich jeden Moment beantwortet werden würde.
„Von... Potter.", gab sie kleinlaut und merklich beschämt zu, ihr Blick wanderte dabei schuldbewusst zu Harry, der zustimmend, jedoch nicht weniger beschämt nickte. „Wir sind sämtliche Zauber durchgegangen und haben überlegt, wie wir am besten vorgehen und... da hat er mir vom Sectumsempra erzählt. Aber... ich hatte wie gesagt keine Kontrolle mehr. Ich habe nur noch beobachten können, wie Draco immer wieder zu Boden gerissen wird, in seinem eigenen Blut liegt und... und Granger über ihm, die... ich... E-Es... es tut mir so leid, Draco.", wimmerte sie, lenkte ihren verzweifelten Blick auf den Blondschopf neben mir.
Tränen bildeten sich in ihren Augen, von denen ich im ersten Moment nicht wusste, ob sie echt oder gespielt waren. Ob sie dies bewusst tat oder ob sie sich erhoffte, dass das Urteil aufgrund ihrer Reue vielleicht sanfter ausfallen würde. Nach ihrer Vorgeschichte mit Draco und dem, was er mir selbst alles über Parkinson erzählt hatte, entschied ich mich allerdings dafür, dass ihre Tränen, ihre Reue, ihre Entschuldigung echt waren.
Ich wusste nicht, ob ich aufatmen oder auch weiterhin stark besorgt sein sollte. Die Schuldigen waren gefunden, geschnappt und der Tathergang wurde geschildert, aber... war's das jetzt? Was kam nach dieser Wahrheit? Ging das Leben einfach so weiter? Kamen die beiden einfach so damit davon?
Draco, den ich während der letzten Minuten überhaupt nicht mehr wahrgenommen oder beachtet hatte, nickte seiner besten Freundin als Reaktion auf ihre Entschuldigung langsam zu.
„Ich weiß. Ich bin aber nicht der Einzige, bei dem du dich entschuldigen solltest.", flüsterte er, seine Stimme war so heiser, dass man meinen könnte, er hätte tagelang nicht gesprochen oder aber sich mehrere Stunden lang die Seele aus dem Leib geschrien.
Und musste ihm recht geben. Parkinson offenbar ebenfalls.
„Es tut mir so leid, Weasley." Sie räusperte sich, nachdem ihr die Worte fast im Hals steckenblieben, was mir im Moment noch nicht einmal allzu zuwider gewesen wäre. Selten hatte ich jemanden derart verachtet, wie Parkinson gerade. Was sie getan hatte war widerwärtig. Unverzeihlich.
Für mich zumindest. Keine Ahnung, wie Draco darüber dachte. Ob er die beiden in gewisser Weise verstehen konnte? Ob er genauso wutentbrannt war wie ich?
Und natürlich nach wie vor: Warum es überhaupt so weit gekommen war, wenn der Auslöser für all das wirklich seine heimlichen, verbotenen Ausflüge in die Bibliothek gewesen waren. Die Schuld beim Opfer zu suchen, war natürlich das allerletzte, und trotzdem interessierte es mich als seine Freundin natürlich brennend, was es damit auf sich hatte. Das tat hier gerade nichts zur Sache, aber ich musste es einfach wissen. Nicht hier, nicht jetzt. Vielleicht heute Abend, morgen, übermorgen.
Ich sah ihn an, beobachtete seinen Ausdruck, seine Atmung, seine Augen. Scannte seine Gesichtszüge, seine zusammengebissenen Zähne, seine Lippen. Der Draco, über den ich in den letzten Monaten alles zu wissen geglaubt hatte, kam mir gerade so fremd vor. So unvertraut. Das Gefühl, von ihm belogen worden zu sein, kränkte mich. Zutiefst.
Als hätte er gespürt, was mir gerade alles durch den Kopf ging, drehte er sein Gesicht zu mir, seine Augen suchten und fanden meine, versuchten mich zu fesseln. Meine Atmung wurde hektischer, genau wie mein Herzschlag.
Seine Hand tastete vorsichtig nach meiner, seine eiskalten Finger strichen über meinen Handrücken. Diese Berührung, die mir so vertraut war, fühlte sich gerade so falsch an. Weil diese Eiseskälte auf mich überzuspringen drohte, zog ich meine Hand zurück, verschränkte meine Arme vor der Brust wie ein schützendes Schild. Was er sichtlich frustriert zur Kenntnis nahm.
„Ich würde sagen das reicht für heute, oder?", durchbrach Shacklebolt nach einer Weile des Schweigens die zum Zerreißen gespannte Luft. „Ich werde Mr. Weasley zurück zu seinen Eltern bringen. Das waren genug Schockmomente für einen Tag. Der Rest und weitere Details werden bei der Verhandlung im Ministerium genauer behandelt."
McGonagall, Snape und die beiden Vertreter aus dem Ministerium stimmten ihm jeweils zu, genau wie alle anderen. Die Müdigkeit war uns allen ins Gesicht geschrieben, es war an der Zeit, dieses endlos erscheinende Gespräch zu beenden.
Ich war neben Ron die Einzige, die weder ein Nicken noch einen Ton von sich gab. Zumal ich die eigentliche Verhandlung schon wieder verdrängt hatte. Ich hatte vergessen, dass ich mich alldem noch einmal stellen müsste. Gefolgt von einer offiziellen Urteilsverkündung, von der ich noch nicht wusste, ob sie mich endlich besänftigen oder aber in einen tiefen Abgrund ziehen würde.
„Ich möchte keine Verhandlung."
Habe ich das gerade wirklich laut gesagt?
Unsicher wanderten meine Augen über die geschockten und empörten Gesichter aller Anwesenden, die jedoch nicht mich, sondern Draco fixierten.
Also hatte... er das gesagt?
Ich verstand gar nichts mehr.
„Mr. Malfoy... i-ich verstehe nicht recht?", meldete sich McGonagall zu Wort, wobei ihr diese fast im Hals stecken blieben.
„Das kann unmöglich dein Ernst sein!", gab Snape seiner ehemaligen Kollegin recht, wobei er genau das aussprach, was mir durch den Kopf ging. Das durfte nicht sein Ernst sein. Nicht nach allem, was passiert war und was wir heute erfahren hatten.
„Nein, das ist mein voller Ernst. Ich möchte keine Verhandlung."
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