77. | Narben

Hermines POV


Im Laufe der nächsten Tage zog der Winter mit einer Unmenge an Schnee über Schottland und verwandelte die Ländereien rund um Hogwarts in eine weiße, eiskalte Winterlandschaft. Die Fenster im Krankenflügel beschlugen schneller, waren vor allem an den Ecken mit kleinen Eiskristallen verziert und übertrugen die außerhalb des Schlosses herrschende Kälte auf den kleinen Raum, der inzwischen schon eine Art Zuhause für Draco und mich geworden war. Wobei das Wort 'Zuhause' in dem Fall natürlich ein sehr starker Euphemismus war, denn gelinde gesagt hatte ich die Schnauze voll davon, hier zu sein.

Jeder verdammte Tag lief gleich ab. Morgens um acht gab es Frühstück, um zwölf gab es Mittagessen, um sechs gab es Abendessen und um zehn Uhr abends kam Madam Pomfrey zur letzten Visite des Tages, nur, damit es am nächsten dann genauso weiterging. Zwischendurch hieß es irgendwie die Zeit totschlagen, sei es durch Lesen (inzwischen hatte ich die Bücher gefühlt tausendmal durchgelesen), kleine, überwachte Spaziergänge durch den Krankenflügel, oder das Nacharbeiten des Unterrichts, der inzwischen wieder wie gewohnt stattfand. Das sagten zumindest Ginny und Zabini, die uns gestern Abend einen kurzen Besuch abgestattet und uns ein paar Schulbücher, sowie unsere Schulutensilien vorbeigebracht hatten. 

Außerdem hatten sie uns auf den neuesten Stand der Dinge bringen wollen, doch stattdessen waren wir diejenigen gewesen, die den beiden eine Nachricht übermittelt hatten, die sie aus allen Wolken hatte fallen lassen. Nämlich die, dass Harry der Täter war. Der, der Draco angegriffen und getötet, aber kurioserweise auch wiederbelebt hatte.

Vor allem für Ginny war dies natürlich ein riesengroßer Schock gewesen. So groß, dass sie derartig in Tränen ausgebrochen und aufgewühlt gewesen war, dass Zabini sie irgendwann aus dem Krankenflügel getragen und zum Raum der Wünsche gebracht hatte, um sie zu beruhigen und um über Nacht bei ihr sein zu können.

Heute war Mittwoch und wir hatten soeben unsere Heiltränke, sowie unser Frühstück - eher gezwungen als gewollt - zu uns genommen, überwiegend stillschweigend und so demotiviert wie schon lange nicht mehr. Wie gesagt - ich hatte es im wahrsten Sinne des Wortes satt hier zu sein.

Ich wollte in den Unterricht gehen, die Freistunden mit meinen Freunden verbringen, nach Hogsmeade gehen, während der Mahlzeiten in der großen Halle sitzen und die Atmosphäre genießen. Dass Draco 24/7 an meiner Seite war, war natürlich ein riesengroßer (und zudem mein einziger) Trost, aber mir fehlte einfach die Abwechslung und der tägliche Kontakt zu anderen, egal, ob Mitschüler oder Lehrer. 

Und dennoch hatte ich schon jetzt eine gewisse Angst davor, in eben diesen Alltag zurückzukehren. Immer wieder fragte ich mich, wie wohl alles werden würde. Wie alle anderen auf unsere 'Rückkehr' reagieren würden. Und natürlich, was mit Harry passieren würde. Diese und noch viel mehr Fragen schwirrten in meinem Kopf herum, während ich - obwohl ich in der Nacht ausreichend und ruhig geschlafen hatte - müde die Augen schloss. 

Draco war vor ein paar Minuten im Badezimmer verschwunden, um eine Dusche zu nehmen, und dieses beruhigende Geräusch des herunterprasselnden Wassers hatte mich schließlich in Gedanken versinken lassen. Für gewöhnlich hatte Madam Pomfrey ihm dabei geholfen und ihn anschließend mit sämtlichen Cremes und Verbänden versorgt, oder aber sie hatte ihm eine Schale mit Wasser und einem Waschlappen ans Bett gestellt, damit er sich frischmachen konnte, heute allerdings duschte er das erste Mal alleine. Was für manche vielleicht komisch oder selbstverständlich klingen mochte, für ihn und seine körperliche Verfassung aber ein großer Schritt war.

Dementsprechend wollte ich nicht allzu abgelenkt oder in Gedanken versunken sein, um ihm bei einem möglichen Notfall sofort zu Hilfe eilen zu können, denn trotz allem war er noch immer geschwächt und schnell überanstrengt.

Das regenartige Prasseln verebbte, dann erfüllte mehrere Minuten lang eine angenehme Stille den Raum, die ich damit verbrachte, das Kapitel für Verteidigung gegen die dunklen Künste durchzulesen, das Professor McCallum für diese Woche aufgegeben hatte. 

Gerade als ich damit fertig war und mir ein Blatt Pergament holen wollte, um eine kurze Zusammenfassung zu schreiben, öffnete sich die Badezimmertür und Draco betrat das Zimmer, mit nichts als einem weißen Handtuch bekleidet, das er sich locker um die Hüften gebunden hatte. Ein Anblick, der nicht nur dafür sorgte, dass es plötzlich mehrere tausend Grad heiß zu sein schien, sondern auch, dass meine Kinnlade immer schwerer wurde und drohte nach unten gezogen zu werden, als hätte man einen Betonklotz daran befestigt.

Auch meine beiden Hände fielen gar kraftlos nach unten und es folgte ein lautes Poltern, als ich vor Schreck (oder viel mehr vor Erstaunen) die Pergamente und meine Schreibfeder fallen ließ, die allesamt auf dem Boden landeten.

Scheiße.

Ohne, dass ich es kontrollieren oder unterdrücken konnte, lief mein Gesicht hochrot an und machte jedem Feuerlöscher Konkurrenz, den ich in diesem Augenblick gut hätte gebrauchen können, um meine brennenden Wangen abzulöschen.

Dem lauten Aufprall geschuldet, riss er hektisch seinen Kopf nach oben, bis sein erschrockener Blick meinem begegnete und sich in dem Moment, in dem er bemerkte, dass ich ihn wie eine Bekloppte anstarrte, in ein breites Grinsen verwandelte. Meine Augen wanderten nämlich völlig automatisch, wie ferngesteuert, immer wieder über seinen durchtrainierten Oberkörper, über seine weiche, blasse Haut, über die Muskeln, die sich auf seinem flachen Bauch abzeichneten, über-

Oh Gott, hör verdammt nochmal auf ihn so anzustarren, Hermine!, ermahnte ich mich gedanklich. Eine imaginäre Ohrfeige später räusperte ich mich und lenkte meine Pupillen zurück auf seine grauen Augen, die mich amüsiert anfunkelten.

Merlin, er sieht einfach viel zu gut aus.

„Vergiss nicht zu atmen, Grangerleinchen.", raunte er mir entgegen und lehnte sich zu allem Übel auch noch äußerst lässig gegen den weißen Türrahmen, wobei seine linke Augenbraue immer weiter nach oben kletterte und seine Arroganz zusätzlich verstärkte. Ich schluckte.

Am liebsten wollte ich ihm Konter geben und irgendwie diesen durchtriebenen Ausdruck aus seinem Gesicht vertreiben, aber stattdessen kniete ich mich auf den Boden, um die Pergamente und die Feder aufzuheben, vor allem aber, um diesen enormen Rotschimmer auf meinen Wangen weitestgehend zu verstecken. Was mir zwar hochgradig misslang, aber wenigstens konnte ich auf diese Weise seinem Blick ausweichen. 

Dachte ich zumindest. Nur wenig später und nachdem ich meine Schreibutensilien so unbeeindruckt wie möglich auf das Bett geschmissen hatte, kam er nämlich - selbstsicher wie er war und mit breiter Brust - auf mich zu, in der Hand hielt er eine kleine, runde Dose, die er aufmerksam beäugte und immer wieder herumdrehte.

„Könntest du mir vielleicht einen Gefallen tun?", wollte er wissen, als er nur wenige Zentimeter vor mir Halt machte und seine Augen wieder direkt auf meine richtete. Seine leisen Worte und sein nach Pfefferminz duftender Atem wehten mir entgegen, wie ein sanfter Windhauch, der mich leicht erschaudern ließ.

Unsicher nickte ich, dann hielt er die kleine Dose nach oben.

„Madam Pomfrey hat mir diese Salbe gegeben, aber... ich komm am Rücken nicht überall hin, also..."

„Willst du, dass ich Madam Pomfrey hole, damit sie dir dabei helfen kann?", scherzte ich gelassen und um einen möglichst ernsten Gesichtsausdruck bemüht, den er mir natürlich nicht abkaufte.

Belustigt und ihm unablässig in die Augen blickend (um nicht in Versuchung zu kommen, sie erneut auf seinen nackten Oberkörper zu richten, der sich gerade ohnehin nur wenige Zentimeter vor meinem befand und bei jedem Atemzug mein dünnes T-Shirt streifte), nahm ich ihm besagte Salbe ab und befahl ihm schließlich, mir ins Badezimmer zu folgen.

Mit seinen knochigen Händen hielt er sich am Waschbecken fest, um sich abzustützen und sich leicht nach vorne zu beugen, damit ich besser an seinen Rücken herankam. Seine Augen waren dabei auf den kleinen Spiegel gerichtet, der an der Wand angebracht war und durch den er mir ein sanftes Lächeln zukommen ließ. Er sah zwar immer noch ziemlich erschöpft und müde aus, aber schon deutlich fitter und gesünder, und nachdem er inzwischen auch seinen arroganten Malfoy-Blick wieder perfekt beherrschte, war ich guter Dinge, dass er schon ganz bald wieder der Alte sein würde.

Ich riss mich aus meinen eigenen Gedanken, als mein Blick auf seinen Rücken fiel, doch es waren nicht seine blasse Haut oder seine herausstehende Wirbelsäule, die mir daraufhin die Sprache verschlugen, sondern die vielen Narben, die sich darauf abzeichneten.

Neben den frischen und rötlichen Schnittwunden befanden sich mehrere weiße und bereits verblasste, die mal länger, mal kürzer, mal dünner, mal breiter, aber kreuz und quer über seinen gesamten Rücken verteilt waren. Vermutlich hätte ich scharf die Luft eingezogen, wenn mein Körper auf diesen Schock hin nicht jegliche Funktionen verlernt hätte.

Einzig und allein meine Augen konnten ihr Entsetzen nicht verbergen, was auch Draco zu bemerken schien, der sich leicht verkrampfte und mich durch den Spiegel hindurch besorgt musterte.

„Alles okay?" Seine Stimme war nur ein leises Flüstern, das an den Fliesen des Badezimmers abprallte und widerhallte. Der heiße Wasserdampf, der vom Duschen noch in der Luft hing, vernebelte mir die Sinne.

Ohne ihn anzusehen oder auf seine Frage einzugehen, schluckte ich mit großer Mühe die Tränen herunter, die sich gerade in mir anstauten, legte stattdessen meine rechte Hand auf seinen Rücken und fuhr mit meinem Daumen die Narben auf seiner dünnen Haut nach.

Narben, von denen ich wusste, dass sie nicht nur dem Angriff im 'Drei Besen' geschuldet waren.

Narben, die ihn an ein anderes schreckliches Kapitel seines Lebens erinnerten.

Narben, die ihn schon seit mehreren Jahren zeichneten.

Ob sein Vater hierfür verantwortlich war?

Doch noch bevor ich meine Gedanken weiterführen konnte, entzog er sich meiner Berührung, indem er sich langsam aufrichtete und sich zu mir umdrehte, mein Blick allerdings war weiterhin stur geradeaus gerichtet, als würde ich einen unsichtbaren Punkt in der Luft fixieren. 

Anders als vorhin im Zimmer, verwandelte sich mein Gesicht nicht in eine feuerrote Tomate, sondern wurde noch blasser als ich ohnehin schon war, denn erst jetzt fiel mir der blutunterlaufene Fleck ins Auge, der sich in der Mitte seines Brustkorbs befand. Jene Stelle, an der ihn Rons 'Sectumsempra' getroffen hatte. Auch auf der Vorderseite seines Oberkörpers befanden sich rote und weiße Schnittwunden, die mir zuvor nicht aufgefallen waren, jetzt aber hervorragten und herausstachen wie pechschwarze Tinte auf schneeweißem Papier.

„Hermine?", wisperte Draco ein weiteres Mal in die Stille hinein, die zwischen uns hing wie ein schwerer Schleier. Ich wusste, dass er auf eine Antwort oder eine Reaktion wartete, aber ich brachte keinen Ton heraus, konnte mich noch nicht einmal bewegen, so festgefroren schien ich zu sein. Einzig und allein meine rechte Hand war von dieser Starre verschont worden und legte sich wie von selbst auf besagten Fleck, um dessen Konturen nachzufahren. Dabei spürte ich Dracos Blick auf mir, wie ein Pfeil, der den Mittelpunkt einer Zielscheibe durchbohrte.

Sowohl meine Atmung als auch mein Herzschlag gewannen zunehmend an Schnelligkeit, setzten ab und zu aus, nur, um dann in doppeltem Tempo weiterzuarbeiten. Je länger ich den roten, runden Bluterguss auf seiner Brust betrachtete, desto stärker und schneller schlichen sich die Ereignisse an den Abend im 'Drei Besen' in mein Gedächtnis und ließen mich erschaudern. Nicht nur diese, sondern auch die schrecklichen Erinnerungen, die Draco mir damals im Raum der Wünsche gezeigt hatte, spukten gerade in meinem Kopf herum, denn mit diesen Narben würde er ein Leben lang daran erinnert werden, was man ihm angetan hatte.

Aber auch, dass er all das überstanden hatte. Sie waren kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Ein Zeichen, dass er gelitten, aber überlebt hatte. Dass er durch die Hölle gegangen und gefallen, aber immer wieder aufgestanden und weitergegangen war.

Eine Gänsehaut packte meinen verkrampften Körper, als ich mir einmal mehr darüber bewusst wurde, wie dankbar ich sein durfte, dass Draco nach allem, was ihm während der letzten Jahre und Wochen widerfahren war, nun vor mir stand. Lebend.

Dieser Tatsache geschuldet stürzte eine kilometerhohe Gefühlswelle auf mich herab und überflutete mich mit purem Glück, das meinen Körper binnen weniger Sekunden durchströmte.

Ich ließ den Schmerz und all die negativen Emotionen, die mich während der letzten Minuten übermannt und sprechunfähig gemacht hatten, los, und somit auch die kleine Dose in meiner linken Hand, die achtlos zu Boden fiel und ein paar Meter über die weißen Fliesen rollte, bis sie mit der Duschwand kollidierte.

Draco hatte keine Zeit, sich aufgrund des lauten Polterns zu erschrecken, denn im nächsten Moment schlang ich meine Arme um seinen Hals und drückte mich so fest wie möglich an seinen warmen, nackten Oberkörper, der sich wie ein Puzzleteil an meinen eigenen schmiegte. Innerlich hoffend, dass dieser Augenblick ewig andauern würde.

„Womit verdiene ich das denn jetzt?", kam es leicht belustigt, aber auch merklich überrumpelt von ihm, als er sein Gesicht in meinen lockigen Haaren vergrub und ich das gleiche an seiner Halsbeuge tat, um seinen Duft intensiver wahrzunehmen.

Ich antwortete nicht, hauchte ihm lediglich einen federleichten Kuss auf seinen Hals, der meiner Meinung nach Antwort genug war und ihn dazu veranlasste, seine bis eben noch nach unten baumelnden Arme um mich zu legen und mich noch stärker an sich zu ziehen, sodass kaum mehr ein Blatt Pergament zwischen uns gepasst hätte. Der Rhythmus und die Geschwindigkeit seines Herzschlags passten sich dabei meinem eigenen an und lieferten sich ein kleines Wettrennen.

In diesem Moment war ich unglaublich dankbar hier sein zu dürfen. Nur Draco und ich, abgeschottet von allen anderen, abseits vom stressigen Alltag und all den Komplikationen, die außerhalb des Krankenflügels auf uns warteten. Ich hätte Stunden in seinen Armen verbringen können, ohne auch nur einen Hauch von Langeweile zu verspüren. Sogar das Kapitel für Verteidigung gegen die dunklen Künste und der Berg an Aufgaben waren vergessen.


Etwa eine halbe Stunde später waren Draco und ich zurück in unserem Zimmer, nachdem wir uns noch eine ganze Weile in den Armen gelegen und ich ihm wie versprochen mit der Wundsalbe geholfen hatte. 

Der Vormittag war bereits rum und wir hatten es uns - wo auch sonst - im Bett bequem gemacht, darauf wartend, dass Madam Pomfrey uns jeden Moment unser Mittagessen servieren würde. Weil sich mein werter Freund dagegen gesträubt hatte, es mir gleichzutun und sich ebenfalls das Kapitel für Verteidigung gegen die dunklen Künste durchzulesen, hatte ich ihm - ausnahmsweise! - kurz zusammengefasst, worum es ging und was für unsere Abschlussprüfung am Ende des Schuljahres wichtig war, aber es hatte auf mich den Eindruck gemacht, als würde er sich nur wenig dafür interessieren. Was ich in gewisser Weise nachvollziehen konnte, immerhin war das im Moment sein kleinstes Problem, aber so würden wir uns bei der Vorbereitung auf die Prüfungen zumindest ein wenig leichter tun. Außerdem war es eine gute Ablenkung, um mal nicht 24/7 an die letzten zwei Wochen zu denken.

Schwungvoll öffnete Madam Pomfrey nur wenig später die Tür und schob den kleinen Servierwagen durch das Krankenzimmer, platzierte ihn vor dem Fußende des Bettes und reichte uns schließlich die beiden beladenen Teller, die schon seit ihrem Auftauchen durch den ganzen Raum dufteten. 

Soweit ich es erkennen konnte, handelte es sich dabei um einen Gemüseauflauf und ein Stück Hähnchenbrust, das mit einer gelblichen, durchsichtigen Soße - vermutlich geschmolzene Butter - garniert war.

Mir lief bereits das Wasser im Mund zusammen, denn das Frühstück hatte heute nicht ganz so lange hergehalten wie sonst, also stürzte ich mich sofort auf meinen Teller und belud meine Gabel mit einer ordentlichen Portion des Auflaufs. Welcher einfach nur göttlich schmeckte.

Auch Draco zögerte nicht lange und stärkte sich mit dem Essen, während Madam Pomfrey die leere Wasserkaraffe auf dem Nachttisch mit einer vollen austauschte. Gerade als ich das Fleisch in mundgerechte Stücke geschnitten hatte und einen weiteren Bissen zu mir nehmen wollte, hinderten mich ihre Stimme, vor allem aber ihre Worte am Weiteressen.

„Ich habe mit Professor McGonagall gesprochen." Sofort ließ ich die Gabel sinken, ich hatte das Gefühl, als wäre mir plötzlich alles im Hals steckengeblieben, und schenkte meine Aufmerksamkeit der Medihexe, die meinem, aber auch Dracos Blick gekonnt auswich.

„Worüber?", fragten wir wie aus einem Munde, mit dem gleichen verwirrten Gesichtsausdruck.

„Alles Mögliche. Ihre Gesundheitszustände, wann Sie entlassen werden, wie es weitergehen soll." Sie räusperte sich und versuchte möglichst unbeeindruckt und gleichgültig zu wirken, doch ich merkte dennoch, dass irgendetwas nicht stimmte. Die Art und Weise, wie sie um jeden Preis vermied, uns in die Augen zu sehen, verriet sie.

„Und?", hakte ich nach, als sie nicht weitersprach.

Wie ich sowas hasse.

„Wir haben beschlossen, dass Sie am Montag entlassen werden."

Am Montag entlassen werden, echote es immer wieder in meinem Kopf.

So schnell?, fragte ich mich in Gedanken, sprach es aber nicht laut aus. Dass Draco ähnlich dachte, bestätigte mir sein überraschter Blick.

„Wir werden also in fünf Tagen entlassen?", stieß er verblüfft, aber auch erleichtert aus, womit er mir perfekt aus der Seele sprach. Endlich war ein Ende in Sicht.

„Ja. Meines Erachtens sind Sie inzwischen fit genug, dennoch möchte ich Sie beide über das Wochenende noch hierbehalten, einfach zur Sicherheit. Wann Sie in den Unterricht zurückkehren können, klären Sie am besten mit Professor McGonagall, aber nachdem die Täter inzwischen in Gewahrsam genommen wurden, gehe ich davon aus, dass-"

„Moment mal... Die Täter?!", unterbrach ich sie, da ich meinte sie hätte sich versprochen. Hatte sie aber nicht.

„Ja, die Täter." „Sie meinen... Mehrzahl?"

Auf ihr verlegenes Nicken hin rutschte mir das Herz in die Hose. Das Essen auf meinem Schoß war vergessen und kühlte immer weiter ab, aber das war jetzt ohnehin zweitrangig.

„Aber... ich dachte, d-dass... dass Harry..." Mehr brachte ich gerade nicht heraus. Mir wurde unfassbar schlecht und ich wollte mich am liebsten übergeben.

„Ich darf Ihnen diesbezüglich keine Auskunft geben."

Ich schnaubte. War ja klar.

„Aber-" „Nichts aber.", würgte sie mir das Wort ab, zum ersten Mal seit sie diesen Raum betreten hatte, sah sie mir in die Augen. Streng. „So leid es mir tut, Miss Granger, aber ich darf Ihnen nichts verraten."

„Aber Sie wissen bereits, wer dahintersteckt?" „Auch hierzu werde ich mich nicht äußern. Und bevor Sie mich jetzt weiter löchern wollen; Professor McGonagall erwartet Sie beide morgen um 16 Uhr in ihrem Büro. Der Zaubereiminister wird ebenfalls anwesend sein und Sie über alles in Kenntnis setzen." Dann machte sie kehrt und verschwand ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen aus dem Zimmer, ließ uns verwirrt und ratlos zurück.

Ihr seltsames Verhalten beschäftigte mich dabei mehr als die Frage, wer der Mittäter war, denn diese Art passte einfach nicht zu Madam Pomfrey. Was hatte das also zu bedeuten? Warum hatte sie uns nicht in die Augen schauen können? Und warum konnte sie uns nicht einfach sagen, was Sache war?

Mir war endgültig der Appetit vergangen und auch Draco hatte sein Besteck zur Seite gelegt, als könnte er keinen einzigen Bissen mehr zu sich nehmen.

Bildete ich mir das nur ein oder zitterte er?


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