66. | Eine andere Perspektive (1/2)

Hermines POV


Mit zitternden Händen hielt ich die Erinnerungen fest, als wären sie eines der wertvollsten und wichtigsten Dinge dieser Welt, die Antworten, die ich mit diesen erhalten würde, machten mir jedoch höllisch Angst.

McGonagalls Verhalten und Aussagen der letzten Minuten waren derartig eigenartig gewesen, dass ich mir gar nicht mehr sicher war, ob ich überhaupt noch herausfinden wollte, was diese kleinen Fläschchen beinhalteten und ans Licht bringen würden.

Meine Atmung wurde immer hektischer und unregelmäßiger, als ich nach einem letzten, prüfenden Blick auf Ginny die erste Phiole entkorkte, um die blau-silbrige Flüssigkeit in die Schale zu kippen.

„Dies sind Mr. Weasleys Erinnerungen an Freitagabend. Sollten Sie etwas Auffälliges finden, das uns und dem Ministerium in diesem Fall weiterhelfen könnte, geben Sie mir bitte Bescheid.", erklärte McGonagall, die sich vermehrt gegen die Lehne ihres Stuhls sinken ließ und gespannt darauf wartete, dass Ginny und ich uns besagte Erinnerung ansehen würden.

Ich umschloss ihre Hand, die - ähnlich wie meine - zu einem Eisblock mutiert war, und tauchte schließlich in ein Meer voller Geheimnisse und Fragen ein.

Es fühlte sich an wie ein Fall aus 100 Metern Höhe, ähnelte dem seltsamen Gefühl, das man beim Apparieren verspürte, bis das Schulleiterbüro inklusive McGonagall sich auflöste und wir in eine ganz andere Umgebung geschickt wurden. Im ersten Moment nahm ich nichts als grau-schwarzen Nebel wahr, bis dieser sich immer weiter verzog und uns einen ersten Blick auf den Ort gewährte, nämlich - logischerweise - Hogsmeade.

Sofort vernahm man überall um uns herum die verschiedensten Geräusche, hauptsächlich wurde wild durcheinander geredet, was es mir äußerst schwer machte mich konzentrieren zu können. Unter den vielen, hauptsächlich kreuz und quer herumlaufenden Menschen, bei denen es sich größtenteils um Hogwarts Schüler handelte, tauchte plötzlich ein Rotschopf mit unzähligen Sommersprossen im Gesicht auf, dessen Anblick genügte, um die unendlich große Wut in meinem Inneren erneut zum Brodeln zu bringen.

Was Ginny zu bemerken schien, denn ich spürte, wie sich der Druck um meine Hand deutlich verstärkte, doch diese Reaktion konnte mir wohl keiner verübeln.

Ron schlenderte relativ gelassen durch die Gassen, seine Hände steckten tief in den beiden Taschen seines verblassten, teilweise demolierten Mantels. Ohne, dass wir es steuern konnten, folgten wir ihm, nichtsahnend, was er vorhatte oder wohin er gehen würde.

„Ron!", ertönte wie aus dem Nichts eine Stimme, die mir bekannt vorkam, allerdings nicht - wie ursprünglich erwartet - Harry gehörte, sondern Neville.

„Oh, hey.", kam es überrascht von Ron, nur wenige Sekunden später tauchte der Schwarzhaarige im Bild auf, direkt neben ihm war Luna, die verträumt dreinblickend seine Hand hielt und dem jüngsten Weasley Sohn ein freudiges Lächeln zukommen ließ.

„Schön dich zu sehen, was machst du denn hier?"

„Harry hat vorgeschlagen, dass wir uns auf ein Butterbier im 'Drei Besen' treffen. Er meinte es gibt Einiges zu erzählen und... das lass ich mir natürlich nicht entgehen.", antwortete er unserem ehemaligen Hauskameraden, der bedacht und sichtlich in sich gekehrt nickte.

„Mhm, es gibt wirklich Einiges zu erzählen. Ist ziemlich viel passiert in den letzten Tagen. Von Hermine hast du ja bestimmt schon gehört, oder?"

„Hermine? N-Nein, warum? Was ist mit ihr?", hakte der Rothaarige nach, er wirkte ehrlich besorgt, gleichzeitig dezent überfordert und legte irritiert seine Stirn in Falten.

„Du wirst es nicht glauben, aber sie ist allen Ernstes mit-"

„Hey.", wurde er an der ungünstigsten und vermutlich interessantesten Stelle unterbrochen, was zur Folge hatte, dass sich die Aufmerksamkeit aller auf den Störenfried richtete - Harry, der zu den anderen aufschloss und seinem besten Freund auf die Schulter klopfte.

„Was ist mit Hermine?", ließ dieser nicht locker, ignorierte somit gekonnt den kleinen Zwischenfall, und sah dabei abwechselnd zwischen den Dreien hin und her, bevor er schließlich gänzlich bei Harry hängenblieb. Dieser schluckte aufgrund von Rons Frage sichtlich schwer und warf Neville einen mahnenden, ich würde sogar sagen wütenden Blick zu. Ganz nach dem Motto 'Vielen Dank auch!'

„Harry? Was ist mit ihr? Ist ihr was passiert?" „Nicht... na ja, nicht direkt, aber... ich erklär's dir im 'Drei Besen', okay?"

„Ich will jetzt wissen, was los ist!", knurrte Ron, sein Kiefer presste sich gefährlich fest aufeinander, worauf erstmal Stille einkehrte.

„Jetzt!"

Harry seufzte.

„Es ist... wegen Malfoy."

Dieser eine Satz reichte aus, dass sein Gesicht binnen Millisekunden die Farbe seiner Haare annahm und seine blauen Augen wütend funkelten, als würden jeden Moment helle Blitze aus ihnen herausschießen.

„Was hat dieses Arschloch ihr jetzt schon wieder angetan?!" „Nichts. Das ist ja das Komische."

„Was soll das heißen?", verlangte er zu wissen, sein verkrampfter Ausdruck lockerte und entspannte sich wieder, machte Platz für große Verwirrung.

„Lass uns im 'Drei Besen' darüber reden, okay? Bitte."

Eine erneute Stille kehrte ein, die mehrere Sekunden andauerte und erst durch Rons resignierendes Seufzen unterbrochen wurde.

„Na gut, wenn du meinst."

„Wir gehen dann mal weiter. Neville hat uns einen Tisch in Madam Puddifoot's Café reserviert.", säuselte Luna, ihre Augen strahlten dabei wie zwei Kristalle im Sonnenlicht und fokussierten verträumt ihren Freund, der sich verlegen auf die Unterlippe biss.

Hätte ich mich in diesem Moment nicht in Rons Erinnerungen an Freitagabend befunden, hätte ich mich vermutlich wie ein kleines Kind für die beiden Turteltauben gefreut, doch meine Freude hielt sich in Grenzen und wurde augenblicklich wieder zerstört, als ich meine Aufmerksamkeit zurück auf Ron lenkte, der angewidert das Gesicht verzog.

„Ich werde mich wahrscheinlich nie an diesen Anblick gewöhnen. Der arme Neville.", lachte er kopfschüttelnd auf, nachdem die beiden sich abgewandt hatten und hinter der nächsten Ecke verschwunden waren, Harry jedoch war ganz anderer Meinung.

„Er ist glücklich mit ihr, er kann es nur noch nicht so richtig zeigen. Nach allem, was er durchmachen musste, hat er das echt verdient. Und Luna auch."

„Schon klar, aber es ist trotzdem seltsam. Diese ganzen Liebespärchen und so. Apropos... wie läuft's eigentlich mit Ginny?", wechselte er geschickt das Thema, zeitgleich setzten sich die beiden Kriegshelden in Bewegung und kämpften sich durch die kleinen, überfüllten Gassen in Richtung 'Drei Besen'. An meiner rechten Hand spürte ich, wie Ginny sich aufgrund dieses Themenwechsels verkrampfte, genau wie Harry, der zudem etwas überrumpelt eine Augenbraue nach oben zog.

„Seit wann interessiert es dich, wie es zwischen mir und deiner kleinen Schwester läuft?"

„Eben weil sie meine kleine Schwester ist, interessiert es mich. Außerdem hab ich dir jetzt schon tausendmal gesagt, dass ihr meinen Segen habt, solange ihr euch in meiner Gegenwart zusammenreißen könnt." Seinen Worten folgte ein spöttisches Lachen, das wie ein Echo in meinen Ohren widerhallte und mir einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte.

Wie sehr ich dieses Lachen in den letzten Tagen zu hassen gelernt habe...

„Sagen wir's mal so: momentan reißen wir uns in jedermanns Gegenwart zusammen." „Oh oh. Sag bloß es herrscht Ärger im Paradies."

Inzwischen hatten die beiden ihr Ziel erreicht, lediglich die große, hölzerne Tür trennte sie von der Atmosphäre und dem intensiven Geruch der Kneipe, die sie soeben betraten. Diese war noch vergleichsweise leer, nur ein paar Tische waren besetzt, doch dieser Ort allein genügte, um meinen ganzen Körper mit einer Gänsehaut zu übersäen.

Rons Erinnerungen drohten von meinen eigenen verdrängt zu werden, die in diesem Moment vor meinen Augen auftauchten und mich in diesen Albtraum zurückzuschicken drohten, nur mit allergrößter Anstrengung konnte ich mich dagegen wehren und dagegen ankämpfen.

„Kann man so sagen.", wurde ich durch Harrys Worte aus meinen Gedanken und meiner geistigen Abwesenheit gerissen, wie auf Knopfdruck befand ich mich wieder im Hier und Jetzt.

„Im Ernst? Also, wenn eine Beziehung für die Ewigkeit gemacht ist, dann ja wohl eure.", warf Ron mit dem Hauch eines Schmunzelns ein, als er den Tresen ansteuerte, um ihre Bestellungen aufzugeben.

„Dachte ich auch mal, aber... seit wir wieder in Hogwarts sind, ist irgendwie alles komisch. Wir sehen uns während der Mahlzeiten in der großen Halle, aber das war's dann auch." 

„Du kennst doch Ginny. Du musst regelmäßig irgendwelche schnulzigen Dates für sie organisieren, um sie bei Laune zu halten. Sonst wechselt sie dich schneller aus als Luna ihre komischen Ohrstecker!"

„Dieses blöde Arschloch!", schimpfte die Angesprochene, deren Hand sich schmerzhaft um meine verkrampfte und halbmondförmige Abdrücke an den Stellen hinterließ, in die sich ihre Fingernägel bohrten.

„Das klingt vielleicht hart, aber... ich bezweifle, dass solche Dates noch irgendwas retten können." Harry rollte schnaubend mit den Augen, als er sein Butterbier vom Tresen nahm und zusammen mit Ron jenen Tisch ansteuerte, an dem wir sie vergangenen Freitag entdeckt hatten. Dieser runzelte fragend die Stirn.

„Was meinst- EY! Passt doch auf, verdammt!", zischte Ron angesäuert in die Richtung der drei Mädchen, die ihn völlig unachtsam anrempelten, was dazu führte, dass er einen Schluck seines Butterbiers verschüttete und beinahe gegen Dean stieß, der gerade die Theke ansteuerte.

Was die kleine Gruppe - bestehend aus den beiden Greengrass Schwestern und Parkinson - nicht sonderlich zu interessieren schien, denn sie kicherten und lachten ununterbrochen - mindestens fünf Oktaven zu hoch - und gingen vollkommen unbeeindruckt weiter, als wäre nichts geschehen.

„Diese blöden Schnepfen. Denken immer, sie wären was Besseres.", murmelte er zähneknirschend in sich hinein - wobei ich ihm zugegebenermaßen recht geben musste - und wischte sich die Hand an seiner abgewetzten Hose ab, bevor er sich erneut in Bewegung setzte und wieder zu Harry aufschloss, der sich von diesem kleinen Zwischenfall nicht hatte ablenken lassen.

„Also, was meinst du damit, dass das mit Ginny nicht mehr zu retten ist?", beendete er schließlich seinen zuvor begonnenen Satz, der Schwarzhaarige zuckte darauf allerdings nur mit den Schultern.

„Keine Ahnung, wir... haben uns gestritten und reden seit einer Woche nicht mehr miteinander. Und nachdem wir beide ziemlich stur sind, wird sich das Ganze vermutlich noch ein wenig in die Länge ziehen. Außerdem... hat sie sowieso kaum noch Zeit und wenn, dann hängt sie nur noch mit Hermine, Malfoy und Zabini rum."

„Sie macht WAS?!", schrie der Rothaarige entsetzt auf, machte kurzzeitig den Anschein, als würde er aufgrund dieser Schreckensnachricht rückwärts zu Boden krachen und in Ohnmacht fallen, womit er die Aufmerksamkeit der gesamten Kneipe auf sich zog. 

Erst dann wurde Harry offenbar bewusst, was er da gerade gesagt hatte. Sichtlich empört über sich selbst, ließ er sich auf seinem Stuhl nieder, stützte sich mit den Ellbogen auf dem Tisch ab und vergrub dabei kopfschüttelnd sein erblasstes Gesicht in den Händen, in die er leise seufzte.

„Harry?!", ließ er nicht locker, seine Wangen hatten einmal mehr die Farbe seiner Haare angenommen, ehe auch er sich setzte. „Was soll das heißen, dass die beiden nur noch mit Malfoy und Zabini rumhängen?!"

Ein weiteres, ergebenes Seufzen verließ Harrys Mund.

„Es ist... hör zu, es... du musst mir versprechen nicht auszurasten, okay? Bitte!" 

„Ich garantiere für gar nichts, bevor ich nicht weiß, was Sache ist! Noch dazu, wenn es um meine kleine Schwester und Hermine geht!" 

„Ron, bitte!", flehte der Auserwählte, der sich ganz bewusst um eine leise und flüsternde Stimme bemühte, um nicht erneut die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich zu ziehen, worauf sein Gegenüber nur genervt schnaubte.

„Na schön. Ich höre?!" Ron verschränkte seine Arme vor der Brust, merklich angespannt und mit zusammengebissenen Zähnen ließ er sich gegen die Lehne seines Stuhls sinken, sein Herz hatte in diesem Moment vermutlich genauso schnell geschlagen wie meines gerade.

„Also... du weißt doch, dass Hermine und Malfoy in Zaubertränke zusammenarbeiten mussten. Für dieses... Projekt."

„Ja? Und?"

„Dabei... sind sie sich scheinbar nähergekommen, weil... sie sind... frag mich nicht wie oder warum, aber... sie sind jetzt... zusammen.", stotterte Harry hilflos vor sich hin, sein letztes Wort war nicht lauter als ein leises Flüstern, wie ein kaum wahrnehmbarer Windhauch, der seine Lippen verließ, doch scheinbar stark genug, um Ron komplett und restlos zu schockieren. Seine Augen weiteten sich, wirkten von Sekunde zu Sekunde immer leerer, bis er sich offenbar erst über die Bedeutung dieses Satzes bewusst wurde.

„Warte mal, w-was... unsere Hermine und... und Malfoy sind... zusammen?! Im Sinne von..."

Harry nickte nur, schielte dabei vorsichtig zu seinem besten Freund, der inzwischen vollkommen erblasst war und völlig neben der Spur ins Leere starrte. Ich meinte sogar zu beobachten, wie seine blauen Augen zu schimmern begannen, doch vielleicht waren es auch meine eigenen, ich war mir nicht sicher. 

Ich suchte in seinem Gesicht nach etwas, das mir seine Meinung, seine Gedanken und seine Absichten zeigen und darlegen würde, doch ich fand nichts. Es war ausdruckslos, emotionslos, höchstens verletzt, aber keineswegs böswillig oder sonderlich wütend.

„Das... ach du... d-das ist doch jetzt nicht dein Ernst, oder? Sag mir bitte, dass das alles ein schlechter Scherz ist!"

„Ich wünschte es wäre nur ein Scherz, aber... tut mir leid.", wisperte Harry und schüttelte langsam, bedrückt dreinschauend den Kopf, was Ron für ein paar Sekunden vollends verstummen und schließlich frustriert seufzen ließ.

„D-Das darf doch nicht... Warum denn ausgerechnet Malfoy?! Wäre es... keine Ahnung... Dean oder... oder Seamus, dann... könnte ich mich ja zumindest ansatzweise damit abfinden, aber... sogar Krum wäre okay, aber... aber Malfoy?!"

Ich stutzte. Obwohl diese Worte nicht wirklich charmant waren oder das, was man an meiner Stelle hören wollte, war ich dennoch verblüfft darüber. Ließ man außen vor, dass er Draco verachtete, schien er diesbezüglich nämlich alles andere als eifersüchtig zu sein. Das Problem war weniger, dass ich wieder in einer Beziehung war, sondern viel mehr mit wem

Und wenn man bedachte, dass weder Ron noch Harry auch nur den Hauch einer Ahnung von Dracos Vergangenheit hatten und was er während der letzten Jahre still und heimlich alles für uns getan hatte, konnte ich es gewissermaßen... nachvollziehen. Immerhin hatte ich ihn bis vor wenigen Wochen ebenfalls noch abgrundtief gehasst und verachtet.

Bevor meine Gedanken sich jedoch noch ins Uferlose verloren hätten oder ich einmal mehr Mitleid für Ron verspürt hätte, konzentrierte ich mich wieder vermehrt auf die laufende Erinnerung.

„Ich kann es auch noch nicht glauben. Erst macht er ihr jahrelang das Leben zur Hölle und jetzt knutschen sie in aller Öffentlichkeit miteinander. Irgendwas stimmt da nicht.", kam es grübelnd von Harry, der mit beiden Händen sein Glas umfasste und nachdenklich mit seinen Daumen über das Etikett fuhr. Während ich auf diese Bemerkung nur genervt die Augen rollen und den Kopf schütteln konnte, machte sich auf Rons Gesicht ein fragender Ausdruck breit.

„Denkst du etwa... er hat sie verflucht oder so?"

„Keine Ahnung. Ich traue diesem arroganten Arschloch inzwischen alles zu. Wäre ja nicht das erste Mal, dass er jemanden manipuliert. Er plant irgendwas, da bin ich mir sicher. Ich meine... sogar Ginny vertraut ihm inzwischen!"

„Sie hält halt zu ihrer besten Freundin, das ist doch klar. Frauen sind so."

„Trotzdem!", knurrte Harry, die Zornesfalte zwischen seinen Augenbrauen wurde immer tiefer. „Sie meinte zu mir, dass Malfoy ziemlich viele Geheimnisse hat, die hauptsächlich Hermine betreffen. Und dass er nicht der ist, für den wir ihn jahrelang gehalten haben, aber... ich trau ihm einfach nicht! Ich m-ch m-r.. -nf-ch.. gr-ße.. Sorg-n.. um d-.. beid-n."

Was zum...

Die Erinnerung stockte plötzlich, wurde immer wieder kurzzeitig schwarz, womit auch Harrys Worte nur abgehackt zu hören und kaum zu verstehen waren. Das Bild verschwamm, schwankte von links nach rechts, wurde wieder normal, wechselte fast im Sekundentakt von unscharf zu scharf, als wäre Ron mit einem Mal völlig betrunken.

Für einen kurzen Moment meinte ich, dass ich wieder das Bewusstsein verlieren würde, doch Ginny, die nach wie vor meine Hand hielt und diese nun noch fester drückte, schien es ähnlich zu ergehen.

„Was ist denn jetzt los?", fragte eben diese schließlich in die entstandene Stille hinein, von der laufenden, verschwommenen Erinnerung hörte man nichts als ein leises, dumpfes Piepsen und Rauschen.

„-n? Ron!" Das Bild klarte wieder auf und zeigte uns einen verwirrten und besorgt dreinschauenden Harry, der sich vorsichtig über den Tisch beugte.

„Ron! Ist alles okay?" 

„J-Ja, ich... Sorry, i-ich... mir wird das alles gerade... ein bisschen zu viel."

„Tut mir leid, ich wollte dich nicht so schockieren."

„Schon... schon okay, ich... mir ist... gerade einfach nur ein bisschen... i-ich... ich geh nur kurz...", stotterte der Rothaarige, dessen Gesicht noch blasser geworden war als ohnehin schon.

Seine Augen wirkten mit einem Mal vollkommen leer, seine spröden Lippen schimmerten fast schon bläulich im gedimmten Licht des Pubs und seine Hand, mit der er in Richtung Toiletten deutete, zitterte wie verrückt. Er wirkte völlig neben der Spur, als wäre er krank oder müsste sich jeden Moment übergeben, was auch seinem besten Freund nicht entging.

„Was ist denn los?"

„Ich weiß es n-nicht, es... mir ist... total schlecht u-und... schwindelig, aber... es geht schon, i-ich... ich muss nur... ich muss mir nur kurz kaltes Wasser über das Gesicht laufen lassen, dann-"

„Soll ich dich begleiten?", bot der Auserwählte seine Hilfe an, machte den Anschein sich zu erheben, doch ehe er schauen konnte, war Ron auch schon in die Höhe geschossen.

„Nein, es... geht schon, ich... das ist... bestimmt nur der Schock und... ich komm gleich wieder."

Mit diesen Worten machte er kehrt, erneut wurde das Bild für den Bruchteil einer Sekunde schwarz, ehe er sich in Bewegung setzte und schwankend die Tür ansteuerte, hinter der sich die Männertoiletten befanden.

Dort angekommen lief er direkt und schnurstracks auf das große Waschbecken zu, er drehte den Hahn so kalt wie nur möglich auf und machte eine Kuhle mit seinen Händen, um das Wasser aufzufangen. 

Mit einem lauten und langgezogenen Seufzen ließ er es über sein Gesicht laufen, seine Knie und sein gesamter Körper bebten, für einen Augenblick dachte ich, er würde nach hinten kippen und zu Boden krachen. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich am Waschbecken festhalten, seine Arme stemmten ihn mit letzter Kraft nach oben und schienen ebenfalls jeden Augenblick nachzugeben, als plötzlich die hölzerne Tür knarzte und jemand den Raum betrat.

Doch genau in dem Moment, in dem Ron seinen Kopf hob, um durch den Spiegel zu sehen und herauszufinden um wen es sich hierbei handelte, wurde das Bild komplett und endgültig schwarz.


Keine Sekunde später tauchten Ginny und ich aus dem Denkarium auf, wir landeten wieder im Schulleiterbüro, wo uns McGonagall mit einem wehmütigen Lächeln empfing. Ich war noch immer total überrumpelt, fragte mich, was das zu bedeuten hatte und warum wir ausgerechnet an dieser Stelle der Erinnerung zurück in die Realität geschickt wurden, immerhin waren wir bislang nicht wirklich schlau daraus geworden.

Die Antwort auf meine unausgesprochene Frage schockierte mich allerdings derartig, dass ich beinahe tatsächlich wieder in Ohnmacht fiel.

„Die Erinnerung endet hier. Das ist alles, woran Mr. Weasley sich erinnern kann."


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