54. | Ein folgenschwerer Freitag
Hermines POV
Sechs Tage waren seit dem Streit zwischen Ginny und Harry inzwischen vergangen. Sechs Tage, an denen wir kein einziges Wort mit dem Auserwählten gewechselt hatten. Demnach hatte sich die Situation noch immer in keiner Weise entschärft oder gebessert.
An besagtem Tag waren wir noch lange Zeit in unserem Zimmer gewesen, hatten geredet und uns wieder etwas beruhigt, und den Abend schließlich mit Draco und Zabini im Raum der Wünsche ausklingen lassen. Ginny hatte sich dabei derartig die Kante gegeben, dass sie den Rest des Wochenendes im Bett verbracht hatte, und auch Zabini hatte sich an diesem Abend mal wieder selbst übertroffen und war irgendwann sitzend auf dem Sofa eingeschlafen.
Draco und ich hingegen hatten uns etwas zurückgehalten und dafür sorgen müssen, dass die beiden nichts Dummes anstellten, doch vor allem hatten wir einfach nur unsere gemeinsame Zeit genossen.
Die restlichen Wochentage waren vom Ablauf her fast identisch gewesen. Wenn wir nicht im Unterricht oder zu den Mahlzeiten in der großen Halle waren, waren wir gemeinsam im Raum der Wünsche, um zu reden, zu trinken, herumzualbern, doch vor allem, um unsere Ruhe zu haben vor alldem, das außerhalb lag. Man sollte meinen, dass diese nervtötenden und verhassten Blicke allmählich ein Ende haben würden, doch dem war leider nicht so. Im Gegenteil. Es war, als hätte sich die ganze Schule gegen uns gestellt und beschlossen, uns vier weitestgehend zu meiden.
Die einzigen, die ab und zu das ein oder andere Wort mit uns wechselten, waren Luna und Neville, doch auch das wurde zunehmend weniger. Alle anderen gingen uns aus dem Weg, ignorierten uns, tuschelten jedoch sofort, wenn sie uns entdeckten und durchbohrten uns stets mit ihren herabschauenden Blicken.
Inzwischen hatte ich mich einigermaßen daran gewöhnt und versucht, diesen Leuten nicht allzu viel Beachtung und Aufmerksamkeit zu schenken, was mir erstaunlicherweise immer besser gelingen wollte, und auch der Unterricht machte mir mittlerweile wieder mehr Spaß.
Vorgestern hatten Draco und ich unser Projekt in Zaubertränke abgeben müssen, für das wir beide ein Ohnegleichen und ein großes Lob unseres Professors erhalten hatten. Ich musste jedes Mal schmunzeln, wenn ich daran dachte, wie wütend ich damals gewesen war, als ich erfahren hatte, dass er mein Projektpartner war, doch inzwischen musste ich mir eingestehen, dass dieses Projekt das Beste war, das uns hätte passieren können. Dafür war ich dem Schicksal und Ralson unglaublich dankbar, denn ich hatte in Draco den mit Abstand wundervollsten und selbstlosesten Menschen kennenlernen dürfen, dem ich jemals begegnet war.
Dieser verbrachte einen Großteil seiner Freizeit zusätzlich damit, regelmäßig in die Bibliothek zu gehen, was mir auf Dauer aber ziemlich auf die Nerven ging. Ja, mir! Hermine Granger, Bücherwurm und Streberin schlechthin. Er wollte mich nämlich nie dabeihaben, bestand darauf, dass ich mich währenddessen anderweitig beschäftigte und verhielt sich jedes Mal, wenn er dort gewesen war, total komisch und abweisend. Was mich logischerweise ziemlich misstrauisch machte, doch nachdem er mir immer wieder eintrichterte, dass ich mir keine Sorgen machen müsste, hatte ich irgendwann beschlossen, mir nicht allzu viele Gedanken darüber zu machen und ihm seinen Freiraum zu lassen.
Vor ein paar Tagen hatte er seiner Mutter einen Brief geschrieben, um sie über uns und unsere Beziehung aufzuklären - in der Hoffnung, dass Mimi sich nicht bereits verplappert hatte. Ihre Antwort darauf war nur ein paar Stunden später per Eulenpost gekommen und hatte uns beiden einen sehr emotionalen und tränenreichen Abend beschert. Darin hatte sie nämlich immer wieder betont, wie froh, erleichtert und glücklich sie über diese Neuigkeit war und wie sehr sie sich nach all den schrecklichen Jahren für ihren Sohn freute.
Im Großen und Ganzen - und wenn man unsere nervtötenden und neugierigen Mitschüler ignorierte - war soweit also alles in Ordnung.
Ginny und Zabini zankten sich ab und zu und hatten sich des Öfteren in den Haaren, doch abgesehen davon verstanden wir vier uns inzwischen überraschend gut. Was mir auch unaussprechlich wichtig war und mir sehr am Herzen lag, denn ich wollte natürlich gut mit dem besten Freund meines Freundes auskommen und im Gegenzug, dass Draco gut mit meiner besten Freundin auskam.
Heute war Freitag und wir waren gerade in der großen Halle beim Mittagessen, allesamt erleichtert darüber, dass der Unterricht für diese Woche endlich geschafft war.
Wie eigentlich immer in den letzten Tagen, saßen wir in unserer kleinen Runde zusammen und planten unser Wochenende, für das vor allem Zabini viel Begeisterung aufbringen konnte, denn er wollte unbedingt nach Hogsmeade gehen und im 'Drei Besen' ausgiebig feiern und trinken. Meine Leber war von dieser Idee zwar wenig begeistert, weil ich in den vergangenen Tagen vermutlich mehr Alkohol getrunken hatte als in den letzten Jahren zusammen, doch ich war dennoch nicht abgeneigt von dieser Idee und Ginny und Draco ebenso wenig.
Harry war ebenfalls in der großen Halle und saß wie immer bei Seamus und Dean, die nur ein paar Plätze von uns entfernt waren, uns jedoch - zum Glück möchte ich sagen - kaum Beachtung schenkten und sich rege unterhielten. Auch für Ginny hatte der Kriegsheld keinerlei Aufmerksamkeit übrig, doch diese schien ohnehin in Gedanken versunken zu sein, da sie größtenteils nur in ihrem Essen herumstocherte und Löcher in die Luft starrte.
Das Mittagessen verlief glücklicherweise ohne weitere Komplikationen oder Unannehmlichkeiten, sodass ich mich zum ersten Mal seit Tagen nicht unwohl oder fehl am Platz fühlte, wenn wir in der großen Halle waren. Um ehrlich zu sein ging es mir gerade sogar ziemlich gut. Ich war glücklich und zufrieden, hatte gute Laune und genoss einfach nur die gemeinsame Zeit mit Draco und unseren Freunden.
„Ey! Granger!", wurde ich plötzlich von Zabinis Stimme aus meinen Gedanken gerissen.
Ich zuckte zusammen und fuhr herum, blickte letztlich völlig überrumpelt in die eisgrauen Augen meines Freundes, der mich liebevoll und gleichzeitig verwirrt musterte. Er legte seinen Arm um mich und streichelte zärtlich meine Taille entlang, womit er mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte.
„W-Was denn?", brachte ich stotternd hervor und sah abwechselnd zwischen Draco, Ginny und Zabini hin und her, die mich allesamt besorgt anstarrten. Bei Draco blieb ich schließlich hängen.
„Hörst du uns überhaupt zu?"
Mir schoss das Blut in den Kopf, als ich in Zeitlupentempo den Kopf schüttelte, da ich mich plötzlich unfassbar unwohl und ertappt fühlte, was der Blondschopf jedoch sofort zu besänftigen wusste, indem er sich zu mir beugte und mir einen Kuss auf die Wange hauchte.
„Was ist los, Süße?" „Nichts, ich... ich war nur in Gedanken versunken." Was ja auch der Wahrheit entsprach.
„Worüber grübelst du denn schon wieder?", schmunzelte Draco kopfschüttelnd und hauchte mir dabei einen weiteren Kuss auf die gerötete Wange, doch ich winkte sofort ab.
„Nicht so wichtig, ich... hab einfach nur nachgedacht. Worüber habt ihr denn geredet?"
„Über heute Abend.", antwortete Zabini, der gerade an seinem Kürbissaft genippt hatte und diesen nun lautstark auf dem Tisch abstellte. „Wir wollen das Abendessen ausfallen lassen und stattdessen früher ins 'Drei Besen' gehen, damit wir noch einen Platz bekommen. Draco meinte zwar, dass er später noch kurz in die Bibliothek muss, aber danach-"
„Schon wieder?", fiel ich dem Dunkelhäutigen ins Wort und wandte mich stattdessen seufzend an Draco, der im ersten Moment nicht so recht wusste, wie ihm geschah und sich verlegen räusperte.
„Ja, ich... muss noch schnell was nachschlagen." „Und was?" „Nichts. Also... nichts Wichtiges. Nur etwas für den Unterricht."
Er bemühte sich darum, möglichst überzeugend zu wirken, doch ich wusste von der ersten Sekunde an, dass er gerade nicht die Wahrheit sagte, und diese Erkenntnis schmerzte mir wie verrückt. Ich fragte mich, warum er mir diesbezüglich ständig und so dreist ins Gesicht log. Es fühlte sich nämlich jedes verdammte Mal wie ein Faustschlag ins Gesicht an. Als würde jemand einen stumpfen Stock in mein Herz rammen.
„Du bist momentan aber ständig dort." „Ich weiß, aber ich... bin einfach noch nicht fertig damit und komm nicht wirklich voran, verstehst du?" „Nein, tu ich nicht!"
Er japste sichtlich überrascht nach Luft, da er mit meiner Antwort offenbar nicht gerechnet hatte, doch mir ging diese ständige Diskussion übertrieben gegen den Strich.
„Hermine, bitte, ich-" „Hör doch endlich auf mit diesen Ausreden, Draco. Warum sagst du mir denn nicht einfach, was du wirklich in der Bibliothek treibst?"
„Na hoffen wir mal, dass er dort nicht wirklich etwas treibt, wenn ihr versteht, was ich meine.", mischte sich plötzlich Zabini ein, der übertrieben mit den Augenbrauen wackelte und seinem schelmischen Grinsen nach zu urteilen mal wieder lustig sein wollte, doch mir war in diesem Augenblick nicht nach Scherzen zumute. Und zwar absolut nicht.
Doch damit war ich offenbar nicht alleine, denn auch Ginny atmete seinem Einwand geschuldet empört auf und verpasste dem Dunkelhäutigen sofort einen hörbaren Klaps auf den Hinterkopf, der ihn erschrocken zusammenzucken ließ. Bereits nach wenigen Sekunden lachte er jedoch erneut spöttisch auf, dieses Mal an den Blondschopf gewandt.
„Wobei... so abwegig wäre das noch nicht mal. Ich hab während der letzten Jahre interessante Geschichten über deine schmutzigen Vorlieben gehört, Draci."
„Sag mal, bist du komplett bescheuert, Blaise?! Halt gefälligst die Schnauze!", donnerte Draco merklich angefressen, als er seinem besten Freund erbost und zähneknirschend gegen das Schienbein trat.
Was mir sofort den nächsten Stich ins Herz versetzte, denn...
„An diesen Worten ist doch nichts dran... oder?", sprach ich den Rest meiner Gedanken laut aus, die mir lediglich in einem heiseren Flüstern über die Lippen kommen wollten, doch dass Draco sie dennoch verstanden und bestens gehört hatte, zeigte mir seine unmittelbare Reaktion darauf.
Er riss die Augen auf, was ihm aufgrund seiner flackernden Lider sichtlich schwerfiel, und starrte mich ungläubig, fast schon entsetzt an.
„Bitte?!" „Das, was Zabini sagt, d-das... also... das stimmt doch nicht, oder? Oder zumindest nicht mehr." „Ist das gerade dein Ernst?!"
Ich schluckte. „I-Ich weiß nicht, aber... also... du machst ja auch total das Geheimnis draus."
„Und?" „Na ja, da... ist doch klar, dass ich mir gewisse Sorgen mache." „Und du denkst, ich würde mich mit einer anderen in der Bibliothek treffen, um es dort mit ihr zu treiben, oder was? Glaubst du, ich hab sonst nichts zu tun?!"
„N-Nein, ich... so war das doch gar nicht gemeint, aber... also... oh man, ich... warum sagst du nicht einfach, was du suchst? Vielleicht... keine Ahnung, aber... vielleicht kann ich dir ja... helfen."
„Kannst du nicht!" Der scharfe Ton in seiner Stimme, den ich inzwischen überhaupt nicht mehr gewohnt war und während der letzten Tage verdrängt hatte, ließ mich kurzzeitig komplett verstummen und mich überrumpelt nach Luft schnappen.
„Ich geh jetzt. Wir sehen uns später." Er stützte sich mit beiden Handflächen am Tisch ab, um sich offenbar nach oben zu stemmen, doch es gelang mir glücklicherweise gerade noch, sein Handgelenk zu umfassen und ihn zurückzuhalten.
„Draco, b-bitte... so war das nicht gemeint, ich... lass uns doch darüber reden und-"
„Lass gut sein.", murrte er und würgte mir damit das Wort ab. Er befreite sich erfolgreich aus meinem Griff und rückte seinen Stuhl zur Seite, um sich nun doch zu erheben und ein paar Meter Abstand zwischen uns zu bringen.
Ich war wie gelähmt, spürte ein Stechen an der Stelle, an der sich mein Herz befand, und noch bevor ich ihn erneut hätte zurückhalten oder überhaupt erst registrieren können, was er vorhatte, hatte er sich auch schon in Bewegung gesetzt und die große Halle - unter den neugierigen Blicken aller Anwesenden - verlassen.
Einige, qualvolle Sekunden lang passierte gar nichts und es war, als hätte das gesamte Universum den Atem angehalten. Als wäre die Zeit für ein paar Sekunden stehengeblieben. Ich war vollkommen überfordert mit der Situation und hörte nichts als das laute Rauschen in meinen Ohren, das meinem tobenden Herz geschuldet war.
Wie um alles in der Welt konnte das eigentlich so schnell eskalieren?!
„Oh fuck, das... sorry, ich... das wollte ich nicht."
Ach ja, richtig. Zabini. Mal wieder.
„Das hast du ja mal wieder toll hingekriegt, du dummes Arschloch!", brüllte Ginny den Dunkelhäutigen an, und das so laut, dass sie mit ihrer Stimme, die an den Steinmauern und Glaswänden der großen Halle widerhallte, die Aufmerksamkeit eines jeden Schülers und Lehrers auf sich zog.
Ist ja nicht so, als wäre es nicht schon unangenehm genug, nein, es muss natürlich mal wieder jeder mitbekommen.
„Ich konnte doch nicht wissen, dass das gleich so eskaliert!" „Warum gibst du denn auch so einen Schwachsinn von dir? Denk doch erst mal nach bevor du dein vorlautes Maul aufmachst!", donnerte die Rothaarige, worauf Zabini völlig überrumpelt die Augen weitete.
„Das sollte doch nur ein Witz sein, verdammt! Nehmt doch nicht immer alles so ernst, was ich sage!" „Stimmt, wie konnte ich das nur vergessen?! Immerhin ist ja alles, was aus deinem Mund kommt, ein Witz!"
„Ey, jetzt komm mal wieder runter! Werd doch nicht immer sofort zur Furie!", versuchte er, die Situation etwas zu entschärfen, doch vergeblich.
Er bewirkte damit sogar das genaue Gegenteil, denn Ginnys Gesicht lief nach diesen Worten hochrot an und mit ihren Händen, die sie zähneknirschend zu Fäusten ballte, verpasste sie ihm einen starken Schlag auf die Brust, der ihn kurzzeitig aus dem Gleichgewicht brachte und ihn beinahe vom Stuhl kippen ließ. Er konnte sich jedoch gerade noch fangen, presste seinen Kiefer aufeinander und starrte die ehemalige Gryffindor ungläubig an.
„Sag mal, geht's dir noch gut?!" „Das fragst du noch?! Weißt du eigentlich, was du getan hast?!" „Draco kriegt sich schon wieder ein, okay? Übertreib doch nicht gleich! Ist doch nur halb so schlimm." „Für dich vielleicht! Dir geht das alles doch sowieso am Arsch vorbei!"
„Was genau willst du jetzt eigentlich von mir?!", verlangte Zabini zu wissen und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust, womit er mir ehrlich gesagt perfekt aus der Seele sprach, denn auch ich konnte Ginnys Problem nicht ganz nachvollziehen und ihr Wutausbruch war wirklich mehr als bizarr und verwirrend.
„Ich will gar nichts von dir! Klar?! Warum musst du immer alles kaputtmachen?!" „Ich... hä?! Was redest du da eigentlich?! Ich hab überhaupt nichts kaputtgemacht!" „Doch, das hast du! Das ist alles nur deine Schuld! Alles, hörst du?!"
Okay, ich verstehe gar nichts mehr...
Zabini hingegen schien gerade ein Licht aufgegangen zu sein, denn seine zuvor angespannten und zornigen Gesichtszüge wurden wieder etwas weicher und machten Platz für einen ertappten und wissenden Ausdruck, der mich immer mehr verunsicherte.
Ich verstand absolut nicht, warum sie sich unseretwegen derartig heftig ankeiften, immerhin war das alles eine Angelegenheit zwischen Draco und mir und auch, wenn Zabinis Worte mal wieder hierfür verantwortlich gewesen waren, hieß das noch lange nicht, dass man das nicht vernünftig klären könnte.
Aus der Diskussion der beiden wurde ich jedoch absolut nicht schlau, denn ich konnte einfach nicht begreifen, warum sie so eine große Sache daraus machten.
„Meine?!", lachte Zabini entsetzt auf. „Jetzt soll das meine Schuld gewesen sein?!"
„Ja, deine! Ganz allein deine!" „Was genau ist jetzt eigentlich dein Problem, hm?!"
Das würde ich auch gerne wissen.
„Was mein Problem ist?! Das fragst du noch?! Es kotzt mich einfach nur an, dass du denkst, du könntest dir alles erlauben! Aber weißt du was?! Das zeigt mir nur, dass ich mich damals richtig entschieden habe!"
Hä?! Wovon reden die beiden?!
„Schön, herzlichen Glückwunsch! Freut mich für dich! Ich bin auch froh, dass du dich so entschieden hast! Wie ich sehe, hat mir das eine Menge Ärger und Zickereien erspart!"
„Ehm... Leute?", kam ich irgendwann doch noch zu Wort und ließ meinen Blick immer wieder zwischen den beiden Streithähnen hin und her wandern, die daraufhin schlagartig verstummten. „Ich... will ja nicht stören, aber... wovon redet ihr bitte?"
In der großen Halle war es inzwischen totenstill, da die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf Ginny und Zabini lag, und man hätte vermutlich sogar das Fallen einer Stecknadel gehört.
Ich war total neben der Spur und wusste absolut nicht, was ich dazu noch sagen sollte - abgesehen davon, dass die beiden inzwischen gar nicht mehr über Draco redeten und ich generell keinerlei Ahnung hatte, worüber sie überhaupt gesprochen hatten - denn ich hatte ihrer Diskussion schon seit ein paar Sätzen nicht mehr folgen können.
Ich atmete einmal tief durch, stieß die Luft, die ich völlig unbewusst angehalten hatte, aus und beobachtete restlos überrumpelt, wie Ginnys Augen sich mit Tränen füllten und stark zu schimmern begonnen.
„Ach, du hast deiner besten Freundin gar nichts davon erzählt?", spottete Zabini breit grinsend an die Rothaarige gewandt, ohne auf die Idee zu kommen, dass ihr gerade absolut nicht nach Scherzen oder Sticheleien zumute war.
Neugierig war ich natürlich trotzdem, denn... was bei Merlins Bart hatte das alles zu bedeuten?! Und was hatte Ginny mir nicht erzählt?
Ich richtete meine Augen auf sie, hoffend, dass sie sich mir öffnen und mir sagen würde, was los war, doch sie presste lediglich ihren Kiefer aufeinander, während ihre Atmung immer schneller und hektischer wurde.
„Was hast du mir nicht erzählt?", hakte ich vorsichtig und flüsternd nach, als sie sich nach einer Weile immer noch nicht zu Wort gemeldet hatte, doch sie machte nach wie vor eins auf stumm und schüttelte kaum merklich den Kopf.
Nur am Rande bekam ich mit, dass die Gespräche in der großen Halle wieder lauter wurden, doch ich war mir ziemlich sicher, dass es sich hierbei wieder einmal nur um Lästereien und Getuschel handelte.
„Soll ich erzählen oder du?", meldete sich statt Ginny erneut Zabini zu Wort, immer noch mit dem gleichen, hämischen Grinsen auf den Lippen.
„Du hältst jetzt gefälligst die Schnauze!" „Gut, dann lass hören. Ich bin ganz Ohr."
„Weißt du was, Blaise? Leck mich!"
Bei Merlins Bart, das- ... Warte mal... Blaise?!?!
„Komisch... diesen Satz aus deinem Mund zu hören, weckt irgendwie Erinnerungen in mir."
Okay, stopp... Was zum... Was zur Hölle?!
Mit diesem einen Satz ließ er nicht nur mich vom Glauben abfallen, sondern offenbar auch Ginnys Geduldsfaden endgültig reißen, denn ich konnte gar nicht so schnell schauen, da hatte sie ihm auch schon mit voller Wucht eine saftige Ohrfeige verpasst.
Lautes Geraune und empörtes Aufatmen erfüllte den Raum, irgendwo fiel ein Besteck zu Boden und mein Herz raste inzwischen so laut, dass ich mir ziemlich sicher war, dass es im ganzen Schloss zu hören war.
Mir wurde für den Bruchteil einer Sekunde schwarz vor Augen und ich musste stark an mich halten, nicht vom Stuhl oder in Ohnmacht zu fallen, doch als sich diese dunkle Wolke, die sich über meine Augen gelegt und mir für ein paar Sekunden die Sicht genommen hatte, wieder verzog, sah ich nur noch, wie Ginny schluchzend aus der großen Halle rannte.
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