5. | Es ist unser Projekt (2/3)
Hermines POV
Nachdem ich noch schnell meine Unterlagen aus meinem Zimmer geholt und meine Haare zu einem Zopf zusammengebunden hatte, begab ich mich in die Bibliothek, wo ich nach Malfoy Ausschau hielt.
Diesen fand ich nach kurzem Suchen in der hintersten Ecke und als auch er mich entdeckte, ließ er es sich natürlich nicht nehmen, mich zu necken.
„Grangerlein! Da bist du ja endlich. Dachte schon, du kommst nicht!"
Da ich es nicht anders von ihm gewohnt war, ging ich nicht näher darauf ein, sondern fragte mich selbst, was hier eigentlich gerade passierte. Ich hatte mich mit Draco Frettchen Malfoy in der Bibliothek verabredet und ich kam dem auch noch nach.
Bin ich denn von allen guten Geistern verlassen?
„Bleibst du da stehen oder setzt du dich auch mal hin?", fragte er mehr belustigt als abwertend und riss mich somit aus meinen Gedanken und meiner Starre.
Ich bereute es bereits, überhaupt aufgetaucht zu sein, doch einen Rückzieher zu machen war nun nicht mehr möglich, also ging ich auf ihn zu und nahm neben ihm Platz.
„Seit wann bist du hier?", wollte ich interessehalber wissen, was er mir fahrig mit „Eine Weile" und einem Schulterzucken beantwortete.
Auf meine nächste Frage, nämlich womit wir beginnen sollten, schob er mir stillschweigend eine Seite Pergament herüber, die ich anfangs unsicher und anschließend begeistert überflog. Er hatte sich mit unserem Projektthema auseinandergesetzt und mir soeben das Rezept für unseren Zaubertrank gegeben.
Seine Aufzeichnungen endeten allerdings mit einem unvollständigen Satz, weshalb ich ihn fragend ansah.
„Weiter bin ich noch nicht gekommen, weil du dann hereingeplatzt bist!", erklärte er daher und verdrehte gespielt genervt die Augen.
Arrogantes Frettchen!
„Achso, wenn dich meine Anwesenheit so nervt, dann geh ich wieder. Viel Spaß noch.", spottete ich und stand auf, doch weit kam ich nicht, denn er packte mich, wie bereits einige Stunden zuvor, an meinem Arm und hielt mich zurück.
„Nein, warte!"
Ich konnte mir mein triumphierendes Grinsen nicht verkneifen, welches jedoch sofort erstarb, als ich mich zu ihm umdrehte und in seine Augen sah, denn dieser Anblick verschlug mir die Sprache.
Ich hatte nie gesehen, wie wunderschön sie waren. Sie waren hell und grau, doch kein gewöhnliches oder langweiliges grau, nein, vielmehr waren sie eine Mischung aus allen existierenden Grautönen, die mit weißen Sprenkeln versehen waren und alles in allem einem kalten Eissturm ähnelten.
Für einen Moment war ich wie erstarrt und verlor mich beinahe in den Tiefen seiner mich fesselnden Augen, bis mir wieder bewusst wurde, zu wem diese eigentlich gehörten.
„Lass mich los!", knurrte ich und löste mich ruckartig aus seinem Griff, um zur Realität zurückzukehren, doch mit seinem nächsten Satz, den er größtenteils nur stotternd von sich geben konnte, zweifelte ich immer mehr daran, dass dies tatsächlich real war.
„Tut...tut mir...leid."
„Wie bitte?", fragte ich ungläubig nach, da ich glaubte, mich verhört zu haben und dass er mir stattdessen irgendein Schimpfwort an den Kopf geworfen hatte, doch meine Vermutung wurde zunichte gemacht.
„Ich hab gesagt, dass es mir leid tut."
„Was tut dir leid? Mein Gesicht?" „Nein, dass ich dich festgehalten hab, es war nur ein Reflex.", erklärte er und in seinem Blick lag keinerlei Spur von Spott oder Verachtung, sondern Aufrichtigkeit und Reue, was mich erneut vollkommen aus der Bahn warf.
All das war gerade so surreal, dass sich mir die Frage stellte, ob ich nicht doch im Krieg umgekommen war und einfach nur in einer Art Parallelwelt feststeckte, in der sich selbst ein Mensch wie Draco Malfoy entschuldigen konnte.
„Warum bei Merlins Bart entschuldigst du dich bei mir? Du hast mich ja nur festgehalten, davon werde ich schon nicht sterben."
Er sah betrübt zu Boden und fuhr sich durch seine hellblonden Haare, ehe er kurze Zeit später seine Augen wieder auf mich richtete.
„Nun ja, eine Entschuldigung war schon lange fällig, oder nicht?"
... Kann mich mal bitte jemand kneifen? Wer ist dieser Mensch vor mir und was verdammt nochmal hat er mit Malfoy gemacht?
Er räusperte sich nach einer Weile, in der ich nichts weiter getan hatte, als ihn verwirrt und überrascht anzustarren, da es mir tatsächlich erneut die Sprache verschlagen hatte.
„Jedenfalls... sollten wir jetzt wirklich mal mit dem Projekt weitermachen bevor es zu spät wird. Ich will nämlich nicht die ganze Nacht hier verbringen.", wandte er sich schließlich ab und setzte sich zurück an den Tisch, wo er sich sofort Pergament und Feder schnappte, um mit seinen Aufzeichnungen fortzufahren.
Ich wiederum verharrte noch einen Augenblick in meiner Schockstarre, ehe auch ich mich auf meinem Stuhl niederließ und mich ebenfalls an die Arbeit machte.
Nach wie vor schweigend kritzelte jeder von uns etwas auf sein Pergament, was allerdings alles andere als produktiv war, denn ich für meinen Teil konnte noch immer nicht klar denken und meine Gedanken kreisten durchgehend um den Jungen neben mir.
Dieser schlug plötzlich ohrenbetäubend das Buch zu und ließ sich schwungvoll gegen die Lehne seines Stuhls fallen. Kurz dachte ich, er wollte für heute Schluss machen, doch stattdessen atmete er genervt ein und aus, ehe er das Schweigen brach.
„Okay Granger, zwei Möglichkeiten. Entweder verhalten wir uns jetzt wie zwei Erwachsene, reißen uns zusammen und vergessen mal für die nächsten Stunden unsere Vergangenheit, oder aber wir gehen zu Professor Ralson, sagen ihm, dass wir es nicht auf die Reihe bekommen, vernünftig miteinander zu arbeiten oder gar miteinander zu reden und kriegen eine schlechte Note. Also, was ist dir lieber?"
Ich schluckte. Mir war bewusst, dass er recht hatte, doch so zu tun, als wäre alles normal, war verdammt schwer, immerhin hatten wir – zum Glück möchte ich sagen – nie etwas miteinander zu tun und wenn, dann ging das alles andere als gut aus.
„Wenn du jetzt immer noch nicht deinen Mund aufmachst, dann pack ich auf der Stelle meine Sachen und verschwinde von hier!", gab er mir fast schon wütend zu verstehen, als ich noch immer nicht den Anschein machte, auf seine Worte zu reagieren.
„Warum ich? Du könntest genauso damit anfangen etwas zu sagen, aber du schweigst genauso!"
Auf meine Worte lachte er kurz und kopfschüttelnd auf. „Also ich weiß ja nicht, aber wenn ich mich richtig erinnere, dann bin ich derjenige, der die meiste Zeit geredet hat, während du nichts Besseres zu tun hattest, als mich wie ein begossener Pudel anzustarren."
„Sag mal, geht's noch? Du erwartest allen Ernstes von mir, dass ich so tue, als wäre nichts gewesen? Denn soweit ich mich erinnern kann, hast du mir des öfteren mehr als deutlich klar gemacht, dass ein wertloses Schlammblut wie ich nicht das Recht besitzt, dich anzusprechen geschweige denn überhaupt in deiner Nähe zu sein. Wärst du auch nur etwas toleranter, kö-"
„Halt mal die Luft an, Granger!", fiel er mir ins Wort. „Ich hab dir vor wenigen Minuten gesagt, dass es mir leid tut oder etwa nicht? Das hat mich schon genug Überwindung gekostet, also spar dir dein Gequatsche von Toleranz, vor allem, wenn du mir genauso wenig davon entgegenbringen kannst!"
Ja gut, so Unrecht hatte er damit nicht, denn ich konnte diesem arroganten Todesser tatsächlich keinerlei Toleranz entgegenbringen, wofür er aufgrund seiner Taten allerdings selbst verantwortlich war.
„Warum hast du dich dann überhaupt entschuldigt, wenn es dich sooo viel Überwindung gekostet hat? So wie ich dich kenne, war das sowieso nicht ernst gemeint, also entschuldige bitte, dass ich dich nicht sofort in die Arme schließe und Konversation betreibe.", schnauzte ich ihn an und schenkte meine Aufmerksamkeit wieder den Unterlagen vor mir, jedoch nicht lange, denn seine nächsten Worte zwangen mich dazu, ihn wieder anzusehen.
„Dann kennst du mich scheinbar ziemlich schlecht, denn wenn ich mich bei jemandem entschuldige, was ich zugegebenermaßen nicht oft tue, dann meine ich das auch so."
Meine Kinnlade wurde immer schwerer und ich musste mich stark zusammenreißen, dass diese nicht einfach auf dem Tisch aufschlug.
Kurz bevor sich mein Sprachvermögen wieder verabschiedet hätte, legte sich in meinem Kopf ein Schalter um, welcher mir deutlich machte, dass es nun einzig und allein an mir lag, wie diese ganze Sache weitergehen würde. Hätte ich weiterhin geschwiegen, wäre er wie angekündigt aufgestanden und abgehauen, doch irgendein Teil in meinem Kopf wollte das um jeden Preis verhindern und diese Tatsache machte mir verdammt nochmal Angst.
„Okay... j-ja, gut. Entschuldigung angenommen... denke ich. Also...für das Festhalten! Und... wenn das dann geklärt wäre, können wir ja jetzt weitermachen, oder?"
Dass diese Reaktion selten dämlich war, wurde mir erst bewusst, als ich die Worte bereits ausgesprochen hatte und innerlich verpasste ich mir eine Ohrfeige, denn ich wirkte gerade nicht wie die klügste Hexe des Jahrgangs.
Um ehrlich zu sein wäre es mir nun mehr als recht gewesen, wenn er einfach gegangen wäre, um mich somit aus dieser peinlichen Lage zu retten, doch nachdem er mir noch nie einen Gefallen getan hatte, weigerte er sich auch jetzt, damit anzufangen.
Stattdessen kam es mir so vor, als ob er sich ein Lachen verkneifen musste, das höchstwahrscheinlich meiner dummen Aussage geschuldet war.
Dass ausgerechnet Draco Malfoy mich so aus dem Konzept bringen konnte, machte mich wahnsinnig und seine spottenden Reaktionen machten die Situation nicht gerade angenehmer.
„So lustig ich die Tatsache auch finde, dass ich das Plappermaul Granger mundtot machen konnte, aber ich wäre dir wirklich dankbar, wenn wir die Sache jetzt endlich hinter uns bringen könnten."
Du mieses, kleines, arrogantes....... ruhig Hermine! Ganz ruhig...
Hätte ich diese Projektsache nicht genauso schnell wie er hinter mich bringen wollen, hätte ich ihm ordentlich die Meinung gegeigt, doch der Klügere gibt ja bekanntlich nach, also gab ich mich geschlagen und konzentrierte mich auf die Bücher und Unterlagen vor uns.
Er tat es mir gleich und rückte ein Stück zu mir auf, was mich erneut etwas nervös werden ließ, während er wieder einmal mehr das Wort ergriff und mir seine Vorstellungen bezüglich des Projekts schilderte.
Es war kein Geheimnis, dass er ein guter Schüler war und vor allem in Zaubertränke immer wieder glänzte, doch es verblüffte mich gehörig, dass er plötzlich motiviert zu sein schien.
Dass ich diese Person war, die er gerade ununterbrochen bequatschte, war ihm in diesem Moment offensichtlich egal, denn er bekam es tatsächlich gebacken, ernst und ohne jegliche Art von Arroganz oder Spott mit mir zu reden, was ich jedoch darauf schob, dass er wirklich nur so schnell wie möglich fertig werden wollte.
Ich brauchte etwas länger als er, um mich mit der Situation anzufreunden, doch im Laufe der Zeit sprang auch ich über meinen Schatten und unterhielt mich mit ihm, als wäre es das Normalste der Welt.
Wer hätte gedacht, dass das jemals möglich ist?
Wir arbeiteten konzentriert an unseren Aufgaben, kamen gut voran und je länger ich mich mit ihm unterhielt, desto mehr spielte ich mit dem Gedanken, dass Malfoy vielleicht doch nicht so ein Kotzbrocken war, wie ich immer vermutet hatte.
Nach etwa zwei Stunden vollendeten wir das Rezept und ich war stark davon ausgegangen, dass er danach sofort verschwinden würde, doch er blieb nach wie vor neben mir sitzen. Ich spürte regelrecht seinen durchbohrenden Blick auf mir, was mich zunehmend unwohl stimmte, sodass ich nervös an meiner Schreibfeder herumnestelte.
„Lass das.", lachte er und griff nach meiner Hand, um die mittlerweile ramponierte Feder aus ihr zu befreien, welche er im Anschluss auf dem Tisch ablegte. Die Stelle, an der sich unsere Hände berührt hatten, fing schlagartig an zu kribbeln und ich hätte meinen Körper für diese Reaktion am liebsten verflucht, denn ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen, warum ich derartig auf seine Berührung reagierte.
„Was machst du eigentlich noch hier? Wir sind fertig für heute, du kannst also gehen.", richtete er sich erneut an mich, was ich ihm allerdings nicht beantworten konnte, denn ich wusste ja selbst nicht, warum ich noch hier war, beziehungsweise warum ich überhaupt jemals aufgetaucht war.
„Ehmm...Keine Ahnung ehrlich gesagt, ich... ich geh jetzt.", stotterte ich vor mich hin, was er verschmitzt grinsend zur Kenntnis nahm. Er beobachtete mich dabei, wie ich meine Utensilien zurück in die Tasche packte, während meine verräterische Hand nach wie vor wie verrückt kribbelte und mich zunehmend rasend machte.
„Wollen wir uns morgen wieder treffen?"
Überrascht hielt ich in meinen Handgriffen inne und sah ihn fragend an, während mein Herz aus unerklärlichen Gründen wie verrückt gegen meine Brust hämmerte.
„Für das Projekt!", fügte er schließlich aufgrund meines Blickes hinzu und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
„J-Jaa...klar. Das Projekt... Ehm, ja, also morgen sollte klappen."
Habe ich schon mal erwähnt, dass ich eine Idiotin bin?
„Gut. Dann sagen wir einfach gleicher Ort und gleiche Zeit, oder?", schlug er vor, dem ich mit einem zaghaften Nicken zustimmte.
Ich packte noch den Rest meiner Sachen in die Tasche zurück und wollte gerade gehen, als er mich zum wiederholten Male davon abhielt.
„Granger?" „J-Ja?"
„Das hat Spaß gemacht. Mit dir zu arbeiten, meine ich.", gab er zu und schenkte mir daraufhin ein Lächeln. Moment mal! Ein... Ein Lächeln?
Bei Merlins Bart, Draco Malfoy lächelte mich tatsächlich an! Es war allerdings nicht dieses typische, arrogante Malfoy-Lächeln, oh nein! Es war ein ehrliches, zufriedenes und zugegebenermaßen wunderschönes Lächeln, das meinen Puls in unsägliche Höhen katapultierte.
Ich konnte nicht leugnen, dass mir seine Worte unglaublich schmeichelten, doch ich wusste beim besten Willen nicht, was ich mit dieser Information anfangen sollte, denn außer mich immer mehr zu verwirren, halfen sie mir nicht wirklich weiter.
Meine Wangen färbten sich verräterisch rot und glühten nur so vor sich hin, weshalb ich ohne ein weiteres Wort zu sagen oder auf seine...Ehrlichkeit... zu reagieren, kehrtmachte und endlich die Bibliothek verließ.
Was zur Hölle passiert hier eigentlich...?
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