45. | Erwischt (2/2)

Hermines POV


„Wenn ihr wollt, dass eure Beziehung vorerst geheim bleibt, solltet ihr euch einen anderen Platz zum Knutschen suchen als das Gewächshaus! Die Wände bestehen, zu eurer Info, nämlich aus Glas! Aus durchsichtigem Glas!", spottete Ginny, die gemeinsam mit Zabini am Eingang des Gewächshauses stand und amüsiert auflachte.

Der dunkelhäutige, ehemalige Slytherin und meine beste Freundin grinsten hämisch um die Wette und beobachteten mit Genugtuung, wie mir augenblicklich das Blut in den Kopf schoss, doch ein Blick auf Draco zeigte mir, dass ich damit nicht alleine war.

Ich brauchte einige Sekunden, um mich von diesem Schock zu erholen und war insgeheim unglaublich erleichtert, dass Ginny und Zabini uns erwischt hatten und nicht irgendwelche anderen Schüler - oder noch schlimmer: ein Lehrer.

„Was macht ihr hier?", wollte Draco angesäuert von den beiden wissen und verkleinerte schließlich wieder den Abstand, den wir vor Schreck zwischen uns gebracht hatten, indem er seinen Arm um meine Taille legte und mich wieder näher zu sich zog.

Ich ließ es zu lehnte mich an ihn, da meine Knie mal wieder viel zu weich waren und mir das Gefühl gaben, jeden Moment zusammenzuklappen, doch dieser Halt, den Draco mir gab, war genau das, was ich gerade brauchte.

„Hermine und ich haben eigentlich abgemacht, dass wir uns nach dem Unterricht hier treffen, weil wir... mit Harry reden müssen.", antwortete Ginny und blickte verwirrt um sich, ehe sie die Stirn kraus zog, mich fragend musterte und letztlich erneut das Wort ergriff. „Aber... sag mal, wo ist Harry überhaupt? Er war nicht bei den anderen. Ist er schon früher losgegangen?"

Ich seufzte.

„Nein, er... er war gar nicht erst hier." „Wie jetzt?" 

„Er war nicht im Unterricht. Ich hab keine Ahnung, wo er ist.", erklärte ich mit betrübtem Gesichtsausdruck und ließ meinen Kopf auf Dracos Schulter sinken, worauf er mir einen zärtlichen Kuss auf den Scheitel hauchte.

„Ernsthaft?! Was ist nur los mit ihm? Er ist doch sonst nicht so engstirnig und verbissen!" „Ich weiß es nicht, Ginny. Das passt gar nicht zu ihm."

„Na ja, also... ich finde ja, dass er schon immer-", setzte Zabini an, verstummte jedoch sofort, als Ginny ihm einen wütenden Blick zuwarf und ihm knurrend ins Wort fiel.

Dich hat keiner gefragt, Zabini! Also halt gefälligst die Schnauze!"

„Sorry.", murmelte er und schielte dabei peinlich berührt zu Boden, was sowohl Draco als auch mir ein leises Schmunzeln entlockte.

„Vielleicht ist er ja mit den anderen beim Mittagessen.", spekulierte die Rothaarige schulterzuckend, allerdings mit einem Hauch von Hoffnung in der Stimme, doch selbst wenn ihre Vermutung sich bewahrheiten würde, wusste ich nicht, ob dies positiv oder negativ sein würde.

Denn ein Gespräch in der großen Halle, umgeben von all unseren Mitschülern und Lehrern, wäre vermutlich alles andere als sinnvoll. Das hatte ich ja bereits beim Frühstück gesehen. Doch nachdem Harry nirgends aufzufinden war und ich stark davon ausging, dass er seinerseits nicht nach uns suchen würde, blieb mir wohl nichts anderes übrig.

Ich warf einen Blick auf Draco, löste dabei meinen Kopf von seiner Schulter und sah ihm in die Augen, die mich aufmunternd und ermutigend anstrahlten, sodass ich auch meine letzten Unsicherheiten beiseite schob.

„Okay, dann... dann gehen wir dorthin und... versuchen mal unser Glück, oder?", stammelte ich und richtete meine Augen auf Ginny, die vorsichtig und mit einem zaghaften Lächeln auf den Lippen nickte.

„Guter Plan! Ich hab sowieso schon total Hunger.", stimmte Zabini unserem Vorhaben zu, was mich innerlich genervt aufstöhnen ließ, denn seine Kommentare waren - wie Draco bereits erwähnt hatte - in der Tat des Öfteren äußerst unpassend, um nicht zu sagen nervtötend.

Aus dem Augenwinkel nahm ich jedoch wahr, dass ich damit nicht alleine war, denn auch Ginny senkte entnervt das Haupt, während Draco ungläubig den Kopf schüttelte.

„Geht ihr schon mal vor. Blaise und ich kommen dann ein bisschen später nach.", ergriff dieser schließlich das Wort, ehe er seinen Griff um meine Taille etwas verstärkte und mich noch näher zu sich zog, um mir einen sanften Kuss auf die Stirn zu hauchen.

Ich stellte mich daraufhin auf Zehenspitzen, nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn nun meinerseits zärtlich auf die Lippen - die Tatsache, dass unsere besten Freunde noch immer neben uns waren, ignorierend.

Ich drohte mich in diesem Kuss und meinen Emotionen zu verlieren und brachte es beinahe nicht übers Herz, mich von seinen Lippen zu lösen, doch diese Entscheidung nahm mir - bedauerlicherweise - Ginny ab, indem sie entnervt aufstöhnte, mich an der Hand packte und mich kraftvoll von Draco wegzog, worauf wir beide enttäuscht seufzten.

„Hebt euch das für später auf, ihr Schleckermäulchen!", moserte sie und zog mich hinter sich her, was sich aufgrund meiner puddingweichen Knie jedoch äußerst schwierig gestaltete. Ich stolperte ihr hinterher und warf noch einen letzten Blick auf Draco, der diesen mit einem glücklichen Lächeln erwiderte und uns noch ein „viel Glück" hinterherrief, ehe wir das Gewächshaus verließen und uns auf den Weg in die große Halle machten.


„Ihr seid süß zusammen. Du und Malfoy.", sagte Ginny nach einer Weile, in der wir schweigend durch das Schloss gewandert waren, und durchbrach somit diese bedrückende Stille, die hemmungslos auf mich eingehämmert hatte und mich immer wieder in Gedanken hatte versinken lassen. Triste Gedanken, die hauptsächlich von Harrys möglicher Reaktion handelten und mich in meinem Vorhaben gehörig verunsicherten.

„Danke." Ich formte meine Lippen zu einem verlegenen Lächeln und blickte meiner besten Freundin in die Augen, die mich fürsorglich, jedoch aufmunternd musterten, und mir wieder ein wenig Mut machten, denn - egal, was Harry sagen würde und egal, wie er tatsächlich auf diese unglaubwürdige Neuigkeit reagieren würde - ich hatte immer noch Ginny an meiner Seite, die mich immer und in allem unterstützte. Denn ich war, wie sie selbst immer zu sagen pflegte, alt genug, um meine eigenen Entscheidungen zu treffen und selbst zu bestimmen, was richtig oder falsch für mich war. 

Und Draco war die richtige Entscheidung. Tief in meinem Inneren, in den Tiefen meines Herzens, wusste und spürte ich nämlich, dass er der Richtige für mich war. Mein Seelenverwandter, mein Fels in der Brandung, mein Anker, der mir Halt und Sicherheit, aber vor allem Liebe schenkte. Bedingungslose Liebe. Das hatten mir seine Erinnerungen, seine Worte, sowie seine Taten und Handlungen gezeigt, mit denen er mein kleines Herz gestohlen und für sich gewonnen hatte. Ich brauchte ihn. So, wie er mich brauchte. Und wer das nicht verstehen wollte, der konnte uns gestohlen bleiben. 

So auch Harry, wenn er sich nach unserem Gespräch immer noch gegen mich stellen und meine Gefühle und Entscheidungen nicht akzeptieren würde. Allein der Gedanke daran, er würde sich gänzlich von mir abwenden, versetzte mir einen schmerzhaften Stich ins Herz, doch was war überhaupt eine Freundschaft ohne Akzeptanz und Unterstützung? Diese Art von Freundschaft, die ich momentan mit Harry hatte?

Wenn man Angst vor den Worten und Reaktionen haben musste? Wenn man überlegen musste, was man überhaupt preisgeben und erzählen konnte? Wenn er sich auf die Seite des anderen Freundes stellte, wie er es nach der Auseinandersetzung mit Ron getan hatte?

„Alles okay?", riss mich die leise Stimme von Ginny einmal mehr aus meinen Gedanken.

Ich zuckte erschrocken zusammen und wandte meine Augen, die sich von Sekunde zu Sekunde stärker ins Leere verloren hatten, auf meine beste Freundin.

„Ich hab Angst.", gestand ich flüsternd und schielte wieder bedrückt zu Boden, worauf sie mir an die Schulter fasste, stehenblieb und mich letztlich in eine feste Umarmung zog.

„Ach Mine.", hauchte sie fürsorglich, während sie mir beruhigend über den Rücken streichelte. „Du musst keine Angst haben. Erst recht nicht vor Harry, okay? Du kennst ihn doch, er kriegt sich schon wieder ein, wenn du ihm erstmal alles erklärt hast."

„Und was, wenn nicht? Was ist, wenn er mir wieder gar nicht erst zuhören will? Wenn er mich wieder die ganze Zeit unterbricht und... und mich provoziert? Du hast doch beim Frühstück heute Morgen gesehen, wie das alles geendet hat."

Sie löste sich von mir und nahm stattdessen mein Gesicht in ihre Hände, um mir mit einem aufmunternden Lächeln in die Augen zu sehen, die mal wieder zu schimmern begonnen hatten.

„Die große Halle ist auch kein Ort, um in Ruhe zu reden. Wenn er gerade wirklich dort ist, dann sag ihm einfach, dass du gerne mit ihm reden würdest. Und zwar nicht umgeben von allen anderen, sondern alleine. Dann erklärst du ihm, was in den letzten Tagen los war und dann, wenn er sich etwas beruhigt hat, erzählst du uns beiden von gestern Abend, okay?"

Ich nickte unsicher mit dem Kopf und schielte schließlich wieder zu Boden, um die kleinen Tränen, die sich in diesem Moment in meinen Augen ansammelten, zurückzuhalten.

„Komm her.", wisperte Ginny, als sie mich erneut in ihre Arme schloss und mir sanft über den Rücken kraulte, der sich aufgrund meiner schnellen und gepressten Atmung unregelmäßig hob und senkte. 

„Das wird schon alles. Und falls es dich aufmuntert: Ich bin schon total gespannt, was du uns alles erzählen möchtest. Ich hab vorhin gesehen, wie du und Malfoy miteinander umgeht und wie ihr euch anseht. Ihr seid wirklich ein süßes Pärchen und ich werde euch in allem unterstützen, okay? Das verspreche ich dir."

„Danke.", hauchte ich ergriffen und mit einem riesigen Kloß im Hals, der mir zunehmend die Luft abschnürte und mir ein ersticktes Schluchzen entlockte, was Ginny dazu veranlasste, mich noch fester an sich zu drücken, ehe sie nach einer Weile ganz von mir abließ und wieder mein Gesicht in ihre Hände nahm. Sie strich über meine Wangen, befreite diese von meinen Tränen und lächelte mich dabei ermutigend an.

„Wir kriegen das hin, okay?"

Ich nickte und schenkte ihr ein verlegenes Lächeln, mit dem wir uns wieder in Bewegung setzten und auch die letzten Meter zur großen Halle hinter uns brachten, vor der wir letzten Endes stehenblieben.

Meine Augen wanderten über die vielen Schüler, die sich allesamt ihrem Mittagessen widmeten und sich gut gelaunt unterhielten, bis sie an einem bestimmten Punkt hängenblieben. 

Nämlich bei der Person, die ich gesucht hatte. Harry.

Er saß, wie üblich, neben Neville und Seamus, hatte seinen Blick jedoch auf den leeren Teller vor sich gerichtet, auf den er gedankenverloren starrte.

„Komm.", flüsterte Ginny und streichelte mir ein letztes Mal über den Rücken, bevor wir einen Fuß vor den anderen setzten und auf ihn zusteuerten.

Mein Herz bebte und verursachte ein derartig lautes Rauschen in meinen Ohren, dass ich die laute Geräuschkulisse der großen Halle kaum noch wahrnahm, während meine Sicht mit jedem weiteren Schritt unklarer wurde. Mir wurde immer wieder schwarz vor Augen und mein Magen gab mir das Gefühl, mich jeden Moment übergeben zu müssen, doch das blieb mir glücklicherweise erspart.

„Hey.", begrüßte ich unsere Freunde, als Ginny und ich auf unseren Plätzen angekommen waren, und bemühte mich um ein Lächeln, während ich vorsichtig zu Harry sah, der sofort seinen Kopf hob, kaum, dass er uns bemerkt hatte.

Er erwiderte meinen Blick sichtlich angefressen und wütend, was mich schlagartig so stark verunsicherte, dass ich mir auf die Unterlippe biss und mich mit einem eingeschüchterten Gesichtsausdruck auf meinem Stuhl niederließ.

Ginny setzte sich neben mich und rückte ein Stück zu mir auf, um mir beruhigend ihre Hand auf den Oberschenkel legen zu können, doch diese Geste bewirkte leider überhaupt nichts. Im Gegenteil, denn meine Ängste waren beim Betreten der großen Halle und durch Harrys bloße Anwesenheit sofort wieder zurückgekehrt und ließen mich kaum klar denken.

„Ehm... Harry, ich... ich wollte fragen, ob... also... können wir später vielleicht kurz... reden?", begann ich vorsichtig mit meinem Vorhaben, was jedoch einmal mehr in einem endlos erscheinenden Gestotter meinerseits endete, wofür ich meinen nicht vorhandenen Mut am liebsten verfluchen wollte.

Ich presste meinen Kiefer zusammen und wollte meine Panik verstecken und überspielen, indem ich mir etwas zu essen und trinken nahm, doch Harrys Antwort auf meine Frage ließ mich augenblicklich in meiner Bewegung innehalten.

„Ich wüsste nicht, worüber wir noch reden sollten. Du hast mir vorhin schon alles gesagt, oder nicht?"

„Nein, ich... es... es gibt einiges, über das ich gerne mit dir reden würde und auch muss, weil... also..." Ich stoppte, als ich im Augenwinkel sah, dass Draco und Zabini gerade die große Halle betraten und ihre Plätze am anderen Ende ansteuerten, was mir, zu meinem Bedauern, mal wieder einen Rotschimmer auf die Wangen zauberte und mir die Kehle zuschnürte.

Auch dieses sanfte Lächeln, das mein Freund mir unauffällig zukommen ließ, schwächte meine Unsicherheit nicht ab, doch für einen kurzen Moment verlor ich mich in den Tiefen seiner grauen Augen, verfolgte jeden seiner Schritte und starrte ihn wie gebannt an.

Was offenbar auch Harry nicht entging, denn er drehte sich verwundert um und entdeckte schließlich den Blondschopf, der daraufhin sofort wegsah und unseren Blickkontakt unterbrach, was mich letzten Endes wieder ins Hier und Jetzt zurückholte.

„Jedenfalls...", ergriff ich nach einem kurzen Räuspern erneut das Wort und wandte mich wieder an Harry, der mir wenige Sekunden später wieder seine Aufmerksamkeit schenkte. „Ich... also... eigentlich wollte ich direkt nach Kräuterkunde mit dir reden, aber-"

„Ach, du warst heute in Kräuterkunde?", fiel er mir spöttisch auflachend ins Wort, was mich kurzzeitig vollkommen aus dem Konzept brachte und mich innerlich lauthals schreien ließ, doch ich sammelte mich wieder und nahm meinen letzten Mut zusammen. Den Teil, der noch nicht schreiend davongelaufen war.

„Ja, war ich. Aber... du warst nicht da und... also... wie gesagt wollte ich-"

„Dann warst du zur Abwechslung mal nicht mit dem Frettchen unterwegs? Am See zum Beispiel? Zum Knutschen? So, wie letzten Freitag?"

Bei Merlins Bart...

Mein Herz setzte für mehrere Sekunden aus, nur, um anschließend im tausendfachen Tempo zu schlagen, während mir sämtliche Farbe und Emotion aus dem Gesicht wich. Meine Hände begannen zu zittern, wurden eiskalt und meine Augen, die sich nach Harrys Worten erschrocken weiteten, füllten sich mit heißen Tränen, die ich nur mühsam zurückhalten und herunterschlucken konnte. Zusätzlich bekam ich nur noch schwer Luft, da sich meine Kehle schmerzhaft zusammenzog und somit kein Sauerstoff mehr in meine Lungen gelangen konnte.

Ich fragte mich, wann und wie Harry von diesem Kuss erfahren hatte und warum er derartig dreist war, mich zu unterbrechen und mich ausgerechnet auf dieses Thema anzusprechen. Vor allen anderen wohlgemerkt, von denen ich mir erhoffte, dass sie nichts davon mitbekamen und gar nicht hinhörten, denn das würde die Situation noch unangenehmer machen, als sie ohnehin schon war.

„W-Woher... woher weißt du davon?"

„Ist das denn wichtig?", stellte er mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht die Gegenfrage. Ich hingegen warf einen scheuen Blick zu Ginny, die genauso blass geworden war, wie ich, jedoch sofort den Kopf schüttelte, als sie verstand, worauf ich hinauswollte. Nämlich, ob sie Harry davon erzählt hatte. 

Doch er hatte recht. Es war nicht wichtig, woher er davon wusste und wie er davon erfahren hatte, doch allein die Tatsache, dass er überhaupt davon spitzbekommen hatte, ließ mich verkrampfen.

„Nein, aber... uhm... also... vielleicht... verstehst du es ja, wenn ich... also... ich kann das erklären, Harry. Wirklich, ich-"

„Danke, kein Interesse."

Autsch...

„Bitte, ich... gib mir bitte die Chance, dir alles zu erkl-" „Es interessiert mich aber nicht! Punkt!"

„Warum bist du dann sauer auf mich? Warum... warum willst du mir nicht einfach zuhören und... warum ignorierst du mich die ganze Zeit?", stammelte ich hilflos und mit schimmernden Augen vor mich hin. Harry jedoch verzog keine Miene und lachte lediglich erneut spöttisch auf, womit er mich beinahe zur Weißglut trieb.

„Du willst ernsthaft wissen, warum ich sauer auf dich bin?! Warum ich dich ignoriere, wenn du mir ins Gesicht lügst?!" „Ich hab dich nicht angelogen! Ich... wirklich, ich... hab dir vielleicht nicht alles erzählt, aber... ich hab nicht gelogen Harry! Deswegen will ich ja auch mit dir reden. Weil ich... weil ich dir alles erklären möchte, damit du es verstehst und-"

„Damit ich es verstehe?! Was soll ich bitte jemals daran verstehen, dass du... du hast dich verdammt nochmal auf Malfoy eingelassen! Was ist eigentlich los mit dir?!"

„Jetzt lass sie doch endlich mal ausreden, du Trampel!", keifte Ginny und schlug dabei mit ihrer geballten Faust auf den Tisch, was nicht nur mich, sondern auch Harry erschrocken zusammenzucken ließ. Jedoch hielt das nicht lange an, denn bereits wenige Sekunden später setzte er wieder seinen gleichgültigen Gesichtsausdruck auf, mit dem er seine Freundin musterte.

„Lass mich raten... du weißt natürlich mal wieder über alles Bescheid, richtig? Das Date gestern Abend eingeschlossen, oder?"

„Natürlich weiß ich über alles Bescheid! Weil ich ihr, im Gegensatz zu dir, zuhöre! Du beschwerst dich, dass sie dir nicht alles erzählt, aber wie soll sie das denn auch machen, wenn du sie nicht zu Wort kommen lässt und sie andauernd unterbrichst?! Zieh doch endlich diesen enorm großen Stock aus deinem Arsch und lass Hermine erzählen!"

„Sie muss mir überhaupt nichts mehr erzählen! Ich weiß bereits über alles Bescheid!"

Was zum ... 

„Was soll das heißen?", wollte ich flüsternd wissen. Harry wandte seine Augen wieder von Ginny ab und richtete diese stattdessen auf mich, worauf sich ein fast schon diabolisches Grinsen auf seine Lippen legte.

„Ich hab euch gesehen." „Wen?" „Dich und Malfoy." „W-Wo hast du uns gesehen?"

„Vor dem Unterricht. In den Gängen. Nachdem du beim Frühstück abgehauen bist und Ginny mir befohlen hat, dir hinterherzulaufen.", erklärte er gelassen, was mein Gesicht augenblicklich dunkelrot anlaufen ließ.

Verdammte Scheiße...

„W-Was...  also... was genau hast du denn... mitbekommen?"

„Alles. Alles, was ich sehen und hören musste. Wobei ich mich während eurer Knutscherei schon stark zusammenreißen musste, nicht über den gesamten Korridor zu kotzen."

Oh Gott...

„H-Harry, ich-" „Lass gut sein, Hermine. Ehrlich! Wenn du dich freiwillig von ihm verarschen lassen willst, nur zu."

„Das wird er nicht, Harry. Wirklich nicht, er... er ist nicht der, für den wir ihn jahrelang gehalten haben. Er hat uns in den letzten Jahren immer wieder geholfen und-"

„Oh bitte, wie blind bist du eigentlich?! Glaubst du allen Ernstes, dass von seinem Geschwafel auch nur ein Wort der Wahrheit entspricht?! Der lügt doch, sobald er das Maul aufmacht!", zischte er, und das in einer Lautstärke, dass die Gespräche der anderen immer leiser wurden, da sie ihre Aufmerksamkeit auf unsere kleine Runde legten. Meine Hände ähnelten inzwischen zwei Eisblöcken und meine Augen brannten wie verrückt, da sich eine Unmenge an Tränen in ihnen sammelte.

Ich schluckte und atmete einmal tief durch, um mich zu seinen Worten zu äußern, doch, anders als er, bemühte ich mich um eine leise und flüsternde Stimme, da diese Diskussion niemanden zu interessieren hatte.

„Harry, bitte! Bitte lass uns irgendwo hingehen und in Ruhe reden, damit ich dir alles erklä-" „Wie oft willst du's noch hören, dass es mich nicht interessiert?!"

„Hör mir doch einfach mal zu, ich... das wäre mir wirklich unglaublich wichtig und-"

„Sag mal, bist du jetzt vollkommen verblödet oder willst du's einfach nicht kapieren?!", fiel er mir, wie sollte es auch anders sein, schreiend ins Wort, während er mit seinen geballten Fäusten auf den Tisch schlug und sich letzten Endes nach oben stemmte, was zur Folge hatte, dass in der großen Halle schlagartig eine Totenstille herrschte und sich jeder - wirklich jeder - zu uns drehte.

„Ich sag's dir jetzt ein allerletztes Mal! Es geht mir am Arsch vorbei, warum du mit Malfoy zusammen bist! Du kannst tun und lassen, was du willst! Interessiert mich nicht im Geringsten! Los, stürz dich mit diesem dreckigen Todesser ins Verderben! Aber ohne mich!"

Er sah mir ein letztes Mal hasserfüllt und wutentbrannt in die Augen, schlug dabei mit seiner geballten Faust auf den Tisch, ehe er kehrtmachte, sich von uns distanzierte und die große Halle verließ.

Seine lauten Schritte hallten durch den ganzen Saal, der nach Harrys Worten dermaßen still geworden war, dass man vermutlich das Fallen einer Feder hätte hören können, und waren neben meinem rasenden Herz das einzige, das man in diesem Moment hören konnte.

Jeder einzelne um mich herum - sowohl Lehrer, als auch Schüler - richtete seinen geschockten Blick auf mich und mein leichenblasses Gesicht, doch mich interessierte in diesem Moment lediglich das silbergraue Augenpaar, das mich völlig überrumpelt, aber dennoch fürsorglich musterte.

Das Getuschel und Geraune, das nur wenig später zu vernehmen war, blendete ich komplett aus.

Ich wollte nur noch weg von hier. Ich wollte verschwinden und nie wieder zurückkehren. Wollte lauthals schreien, aber gleichzeitig für immer verstummen.

Wollte vergessen.


>>>

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top