42. | Erhitzte Gemüter (2/2)
Dracos POV
Ich wollte ihm den Kopf abreißen. Ich wollte ihm einfach nur seinen verdammten, strunzdummen Kopf abreißen und diesen vor den fahrenden Hogwarts Express werfen.
Wie konnte man innerhalb von wenigen Minuten eigentlich so eine riesige Scheiße verzapfen?
Als wäre die Auseinandersetzung mit Potter nicht schon hitzig genug gewesen, aber diese dummen Worte von Blaise waren jetzt vermutlich mein Todesurteil. Ich rechnete jeden Augenblick damit, von einem Zauber getroffen und außer Gefecht gesetzt zu werden, und verabschiedete mich schon mal von meinem Leben, das ich in den letzten Tagen wieder lieben gelernt hatte.
Potter kam sich vermutlich vor wie im falschen Film, was mir ein Blick in sein Gesicht auch bestätigte, denn er war leichenblass geworden und seine Augen wirkten beinahe leblos, während er seine Hände einmal mehr zu Fäusten ballte und gepresst atmete. Ich hatte keine Ahnung, was ihm in diesem Moment durch den Kopf gehen musste, und um ehrlich zu sein wollte ich das auch gar nicht wissen.
Mein Herz setzte mal wieder zu neuen Höchstleistungen an, nachdem es kurzzeitig komplett stehengeblieben war, und klopfte so stark gegen meine Brust, dass mein Blut durch meinen Körper flitzte und ein lautes Rauschen in meinen Ohren verursachte.
Ich wollte - nein! - musste mich irgendwie dazu äußern und irgendetwas sagen, doch ich war nicht dazu imstande, meinen Mund zu öffnen und auch nur einen Mucks von mir zu geben. Also starrte ich das Narbengesicht einfach nur an und hoffte darauf, dass er sich zu Wort melden würde, doch allem Anschein nach hatte es ihm ebenfalls die Sprache verschlagen, worüber ich dann doch irgendwie froh war.
Dass er ausgerechnet auf diese Weise und durch Blaise davon erfahren musste, schmiss das Vorhaben von mir und Hermine komplett über den Haufen, und ich war mir nicht sicher, ob ich erleichtert darüber sein sollte, dass er jetzt Bescheid wusste, oder doch lieber besorgt, da ich mir gar nicht ausmalen wollte, wie er ihr mit dieser Information im Hinterkopf nun gegenübertreten würde.
Er schlug meine Hand weg, die sich immer noch krampfhaft in sein T-Shirt krallte und ließ im Gegenzug ebenfalls von mir ab, jedoch nicht, ohne mir dabei einen Stoß zu verpassen, der mich einige Schritte nach hinten taumeln ließ.
Gerade als ich meinte, dass seine geballte Faust tatsächlich in meinem Gesicht landen würde, setzte er sich in Bewegung, rauschte an mir vorbei - wobei er mich noch ein letztes Mal mit seiner Schulter rammte - und verschwand schließlich schnellen Schrittes in seinem und Longbottoms Schlafraum. Er dachte vermutlich, dass das alles ein großer Scherz wäre, was ich ihm ehrlich gesagt noch nicht einmal übelnehmen konnte, doch ich war dennoch mehr als erleichtert über seine Flucht und dass er dieser Diskussion damit ein Ende gesetzt hatte.
Die Luft, die ich völlig unbewusst angehalten hatte, stieß ich in dem Moment, in dem er die Zimmertür lautstark zuschlug, aus und atmete anschließend einmal tief durch, um mich irgendwie beruhigen zu können. Das gelang mir jedoch mehr schlecht als recht, denn diese innere Wut, die in mir hochgekocht war und die meinem besten Freund zu verdanken war, sprudelte nun aus mir heraus und ließ mich völlig unkontrolliert handeln.
Ich drehte mich zu Blaise um, ballte meine Hände zu Fäusten und knirschte lautstark mit den Zähnen, worauf dem Dunkelhäutigen schlagartig die Farbe aus dem Gesicht wich. Natürlich nur im übertragenen Sinne.
„D-Draco, das... ehm... du... du bist doch nicht sauer auf m-mich, oder? Ich... ich dachte, dass Granger ihm schon davon erzählt hätte und-"
Weiter kam er nicht, denn ich stürmte kopflos auf ihn zu, um ihn an der Gurgel zu packen und ihm eine wütende Standpauke zu halten, doch als er registrierte, was ich vorhatte, machte er augenblicklich kehrt und flüchtete in einem rasanten Tempo.
Ich jagte ihn durch den gesamten Gemeinschaftsraum, die Tatsache, dass ich dabei das eine oder andere Möbelstück umrannte, ignorierend, und krachte schließlich mit voller Wucht gegen unsere Zimmertür, als er sich durch diese hindurchschlängelte und sie letztlich zuschlug.
„Zabini, du dummes Arschloch, mach sofort die Tür auf!", donnerte ich und klopfte wutentbrannt gegen die Tür, da er diese zuhielt und es mir unmöglich machte, diese zu öffnen.
„I-Ich... es... es tut mir leid, Dray, ich-" „Mach sofort diese scheiß Tür auf!"
„Erst, wenn du mir versprichst, dass... dass du mir nichts tust. Ich... bitte! Es... es tut mir echt leid, aber-"
„BLAISE!", brüllte ich, drückte die Klinke herunter und warf mich mit voller Wucht gegen die Tür, doch diese sprang lediglich einen kleinen Spalt auf, ehe sie wieder zufiel.
„Bitte! Ich wollte wirklich nicht-"
„Bombarda!"
Der Explosionszauber schoss aus meinem Zauberstab, den ich mit meiner zitternden Hand umklammerte, und traf auf die verschlossene Zimmertür, die daraufhin schlagartig und lautstark aus den Angeln gerissen wurde und eine große Staubwolke hinterließ.
Als diese sich wieder verzogen hatte, erblickte ich meinen besten Freund, der zu Boden gegangen war und mir äußerst verängstigt in die Augen sah. Die Tatsache, dass ich damit vermutlich alle anderen geweckt hatte, war mir in diesem Moment scheißegal, denn alles, was ich wollte, war, Blaise eine Lektion zu erteilen und ihm für seine dumme Aktion den Kopf abzureißen.
Nachdem ich unser Zimmer betreten hatte und einige Schritte auf ihn zugegangen war, reparierte ich unsere Tür mit einem „Reparo" und legte einen Muffliato-Zauber auf unser Zimmer, damit die anderen nicht hören konnten, was ich meinem besten Freund zu sagen hatte.
... Und damit man seine Hilferufe nicht hören konnte.
Ich drehte mich wieder in seine Richtung und atmete einmal tief durch, ehe ich mich in Bewegung setzte und direkt auf ihn zusteuerte. Als er sich über meine Annäherung bewusst wurde, robbte er rückwärts am Boden entlang und stieß letztlich gegen die Wand, gegen die er sich mit zusammengekniffenen Augen presste.
Ich blieb vor ihm stehen und blickte wütend auf ihn herab, innerlich triumphierend grinsend, weil er offenbar ziemlich eingeschüchtert war und Angst hatte vor dem, was ich gleich mit ihm anstellen würde.
Und obwohl ich eigentlich unglaublich sauer auf ihn sein sollte, brachte ich es nicht übers Herz, ihm auch nur ein Haar zu krümmen oder ihn anderweitig zu quälen, denn letzten Endes war er immer noch mein bester und treuester Freund und zudem der einzige, der immer zu mir hielt und mich immer unterstützte.
Ich wusste, dass er mir niemals absichtlich wehtun würde und seine Aktion von vor wenigen Minuten auch lediglich seinem oftmals dämlichen Mundwerk geschuldet war, weshalb ich ihm - anders als erwartet - nicht den Kopf abriss, sondern ihm versöhnlich meine Hand entgegenstreckte.
Es vergingen einige - für ihn vermutlich qualvolle - Sekunden, in denen er sich mit geschlossenen Augen auf dem Boden zusammenkrümmte und gepresst atmete, ehe er vorsichtig zu mir aufsah und etwas unschlüssig zwischen mir und meiner ausgestreckten Hand hin und her blickte. Er wusste offenbar nicht, was er davon halten sollte und ob er mir vertrauen konnte oder nicht, weshalb ich einen weiteren Schritt auf ihn zuging und seine Hand packte, um ihn nach oben zu ziehen.
Er ließ es zu und drückte sich anschließend mit seinem Rücken gegen die Wand, immer noch sichtlich ängstlich und verunsichert.
„D-Draco, b-bitte, ich... ich wollte wirklich nicht-"
„Sei still!", unterbrach ich ihn leicht genervt, da mir seine gestotterten Entschuldigungen unheimlich auf die Nerven gingen und diese auch nichts mehr an der Auseinandersetzung mit Potter ändern konnten. Zumal ich ja ohnehin ein riesiges Donnerwetter erwartet hatte - auch ohne diese dämlichen Einwände von Blaise.
„Dieses Mal drück ich ein Auge zu, verstanden? Du kannst froh sein, dass ich so gut gelaunt bin und dir deswegen nicht den Kopf abreiße! Aber wenn du mich noch einmal derartig in die Scheiße reitest und noch einmal redest ohne vorher nachzudenken, dann verlier ich auch das letzte bisschen Selbstbeherrschung, okay?! Merk dir das!"
„J-Ja, klar, ich... Danke! Danke, Draco, ich... verspreche dir, dass das nie wieder vorkommt und... dass ich in Zukunft mein Hirn einschalten werde und-"
„Da bin ich ja mal gespannt.", lachte ich sarkastisch auf und boxte meinem besten Freund gegen die Schulter, der daraufhin erschrocken zusammenzuckte. „Pass in Zukunft einfach besser auf, was du sagst, okay? Vor allem bei Potter und Hermine!"
„K-Klar, mach ich. Wie... wie war's denn gestern? Beziehungsweise heute... also... euer... Date?", stammelte Blaise und kratzte sich dabei mit verlegenem Gesichtsausdruck am Hinterkopf, während er mir vorsichtig in die Augen sah.
Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, das den Dunkelhäutigen offenbar ziemlich verunsicherte, denn er hatte mich selten - besser gesagt nie - lächeln sehen. Zumindest nicht vor Freude.
„Wüsste nicht, was dich das angeht." Ich zwinkerte ihm frech zu und wandte mich anschließend von ihm ab, um mich in unser Badezimmer zu begeben, doch er ließ das selbstverständlich nicht auf sich sitzen und stieß sich letztlich von der Wand ab, um auf mich zuzugehen.
„Ach komm schon, du bist mein bester Freund! Erzähl!"
„Du würdest dich nur wieder verplappern und das möchte ich gerne verhindern.", ließ ich nach wie vor nicht locker und genoss gleichzeitig das gequälte Gesicht meines besten Freundes, der mir auf Schritt und Tritt folgte und mir sogar bis ins Badezimmer hinterherlief.
„Ich verspreche dir, dass ich die Klappe halten werde! Wirklich! Bitte, Draco! Ansonsten muss ich wohl Granger fragen."
„Untersteh dich!", zischte ich und hielt augenblicklich in meiner Bewegung inne, um ihn mahnend anzusehen. Blaise hingegen grinste hämisch.
„Du hast die Wahl, Dracilein. Entweder du erzählst mir davon oder ich werde Grangerlein nach dem Unterricht abfangen und sie fragen."
Hätte ich ihm doch einfach den Kopf abgerissen...
„Oder ich frag die Weaslette. Die weiß doch bestimmt auch schon Bescheid, oder? Ist so 'n Mädchen-Ding, glaub ich. Die erzählen sich immer alles und kreischen dann ganz viel rum und so."
„Damit kennst du dich wohl bestens aus, was?", scherzte ich und erhoffte mir dadurch, das Thema in eine andere Richtung lenken zu können, doch Blaise, der sich jetzt offenbar doch mal dazu entschieden hatte, sein Gehirn einzuschalten, durchschaute mich sofort.
„Lenk nicht ab! Ich werde erst gehen, wenn du mir gesagt hast, wie es war, was sie gesagt hat und was ihr alles gemacht habt. Also?"
„Ich geh jetzt erst mal duschen!", knurrte ich und deutete mit meinem Zeigefinger auf die Badezimmertür, um ihm zu signalisieren, dass er sich jetzt am besten verziehen sollte, doch er blieb an Ort und Stelle stehen und verschränkte demonstrativ seine Arme vor der Brust.
„Ja okay, das stört mich ja nicht. Und während du duschst, kannst du mir ja von gestern Abend erzählen."
Salazar... Was. Stimmt. Nur. Nicht. Mit. Diesem. Kerl?!
„Du lässt nicht locker, oder?", seufzte ich und fuhr mir frustriert schnaubend über das Gesicht, was Blaise mit einem leisen Schmunzeln quittierte.
„Nope." „Die ausführliche Version bekommst du nach dem Unterricht und jetzt will ich nur so viel sagen, dass es ein wunderschöner Abend war, wir uns komplett ausgesprochen haben und meine Erwartungen übertroffen wurden. Punkt!"
„Klingt ja ganz schön langweilig. Ihr habt nicht ernsthaft nur geredet, oder?!" „Nein, wir... mussten erst einiges klären und dann... also... bei Salazar, wenn du das nicht für dich behältst, dann reiß ich dir heute doch noch den Kopf ab!" „Was soll ich für mich behalten? Dass ihr geredet habt?"
„Nein, du Idiot! Dass wir... also..." Ich atmete ein letztes Mal tief durch. „Wir... sind jetzt zusammen."
„Ist nicht wahr?!", stieß Blaise überrascht aus, stützte sich mit der einen Handfläche an der Wand ab und schlug sich mit der anderen gegen die Stirn.
„Doch." „Du bist jetzt mit Granger zusammen?"
„Ja." „Mit der Granger?"
Ich schnaubte.
„Ich weiß ja nicht, wie viele Grangers du kennst, aber ja, die Granger. Hermine Granger." „Krasse Scheiße, Mann! Wie hast'n das hinbekommen?"
„Mit meiner überaus charmanten Art und... nun ja... mit der Wahrheit.", antwortete ich mit einem breiten Grinsen, worauf Blaise verwundert das Gesicht verzog und den Kopf schüttelte.
„Du machst mir echt Angst, Alter!" „Warum?"
„Erst erfahre ich, dass du auf sie stehst, dann bist du eine Nacht mit ihr unterwegs und schon seid ihr zusammen! Und dann grinst du auch noch die ganze Zeit so doof und-"
„Ey!", empörte ich mich und verpasste ihm einen Schlag auf den Hinterkopf, der ihn zusammenzucken und eingeschüchtert dreinblicken ließ.
„Was hast du ihr denn bitte erzählt, dass sie sich plötzlich auf dich einlässt?" „Ziemlich viel. Dafür hab ich jetzt aber keine Zeit, verstanden? Ich werde es dir und Pansy nach dem Unterricht erzählen, okay?" „Du willst Pansy von dir und Granger erzählen? Bist du lebensmüde?!"
„Warum?", wollte ich wissen, da ich nicht verstand, wo das Problem war. Dass sie nicht sonderlich begeistert sein würde, konnte ich mir ja denken, aber dennoch hatte sie es zu akzeptieren, wenn sie auch weiterhin meine beste Freundin sein wollte.
Blaise hingegen schnappte empört nach Luft und packte mich - viel zu fest - an den Schultern.
„Warum?! WARUM?! Ich muss dir doch wohl nicht sagen, dass Pansy komplett austicken wird, oder? Sie hasst Granger und ist seit Jahren scharf auf dich! Also wenn du darin kein Problem siehst, herzlichen Glückwunsch, aber ich besorg dir schon mal ein Grab und bereite eine Trauerrede vor, okay?"
„Übertreib doch nicht immer! Sie weiß genau, dass ich nichts von ihr will und ihr kann egal sein, mit wem ich zusammen bin! Wenn sie's nicht akzeptieren will, ist das ihr Problem und nicht meins!", stellte ich erzürnt klar und knirschte mit den Zähnen, worauf Blaise erschrocken die Augen weitete.
„Ich wollte dich doch einfach nur vorwarnen, weil... ich denk nicht, dass du heute Nachmittag Lust auf noch so eine Diskussion wie mit Potter hast. Die erwartet dich nämlich, wenn Pansy davon erfährt!"
„Lieber erfährt sie es von mir, als dass sie es von anderen hört. Dann ist nämlich der Teufel los!"
„Ja okay, hast recht.", resignierte er letztlich und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter, was mich wieder erleichtert aufatmen ließ.
Zwar wusste ich, dass er recht hatte und ich mir von Pansy vermutlich einiges anhören durfte, wenn sie von mir und Hermine erfahren würde, doch es war immer noch meine Sache und ich hatte es satt, mich und meine Gefühle verstecken zu müssen.
Da ich der Meinung war, dass Blaise nun alles wusste, was er bis jetzt wissen durfte, forderte ich ihn erneut und ein letztes Mal dazu auf, das Badezimmer zu verlassen und mich alleine zu lassen, damit ich endlich eine Dusche nehmen und mich für den bevorstehenden Unterricht zurechtmachen konnte.
Dass dieser Tag äußerst anstrengend und nervenaufreibend werden würde, war mir klar, und demnach freute ich mich schon darauf, wenn alles geklärt war und ich am Abend wieder alleine mit meiner kleinen Prinzessin sein durfte.
Ich fragte mich, was sie gerade tat und wie es ihr ging, denn es war natürlich kein Wunder, dass der gestrige Abend sie ganz schön aus der Bahn geworfen hatte, doch ich hoffte, dass zumindest die Weaslette Verständnis zeigte und sie diesbezüglich ein wenig unterstützte.
Dennoch fürchtete ich mich etwas vor alldem, dem wir uns heute und in Zukunft noch stellen mussten, denn diese Nachricht würde sich wahrscheinlich schneller verbreiten als uns lieb war und irgendwann sogar im Tagespropheten totdiskutiert werden, worauf ich getrost verzichten konnte, denn diese Schmierfinken würden sich vermutlich das Maul über uns zerreißen und unsere Beziehung durch den Dreck ziehen. Immerhin war es fast schon ein Verbrechen, dass sich die attraktive Kriegsheldin Hermine Granger auf den Todesser Draco Malfoy eingelassen hatte.
Doch das war es mir wert.
Denn solange ich meine Hermine bei mir hatte, war alles gut.
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