40. | Die Ruhe vor dem Sturm

Erzähler POV


Von einem Kitzeln in der Nase und noch vor dem lärmenden Wecker erwachte Draco am nächsten Morgen viel zu früh aus seinem tiefen und ruhigen Schlaf. Als er jedoch seine Augen öffnete und den brünetten Wuschelkopf erkannte, in dem er sein Gesicht vergraben hatte, kam er nicht umhin, freudestrahlend zu lächeln und leise zu schmunzeln, denn er war in seinem bisherigen Leben noch nie derartig glücklich aufgewacht.

Ein riesiger und tonnenschwerer Stein fiel ihm vom Herzen, als ihm bewusst wurde, dass der gestrige Abend doch kein Traum gewesen war und er sich gerade tatsächlich mit seiner Hermine, die er nun stolz und nach jahrelangem Leiden als seine Freundin bezeichnen durfte, im Raum der Wünsche befand und mit ihr kuschelte.

Sie schlief immer noch seelenruhig und gleichmäßig atmend an seiner Brust, in der sein Herz - aufgrund dieses Anblicks - mal wieder Überstunden schob. Ganz vorsichtig legte er seine Hand auf ihren Schopf, um ihr zärtliche Streicheleinheiten zukommen zu lassen, die sie unterbewusst mit einem leisen Seufzen quittierte.

Vor Jahren, Monaten, Wochen, Tagen und sogar wenigen Stunden, hatte er hiervon nur träumen können, doch nach diesen grausamen Zeiten war nun endlich Frieden eingekehrt und er konnte wieder unbeschwert und so leben, wie er wollte. Mit dem Mädchen, für das er jahrelang gekämpft und gelitten hatte, und das ihm trotz seines unmöglichen Verhaltens eine zweite Chance gegeben hatte.

Diese Tatsache trieb ihm, wenn er daran zurückdachte, wie schrecklich und einsam er sich all die Jahre aufgrund ihres Verlusts gefühlt hatte, die Tränen in die Augen, denn er konnte immer noch nicht begreifen, womit er dieses Glück verdient hatte. Er mahnte sich jedoch zu Selbstbeherrschung, da er nicht schon wieder über Vergangenes grübeln und davon eingeholt werden wollte, sondern ab jetzt nur noch nach vorne blicken wollte. Und zwar mit ihr an seiner Seite.

Wobei er sich jedoch nicht beherrschen konnte, war, seiner kleinen Hexe immer wieder sanfte Küsse auf die Stirn zu hauchen, die dafür sorgten, dass sie im Schlaf süßlich vor sich hin lächelte und leise schmunzelte. Er wanderte mit seinen Lippen über ihre Wange und endete schließlich an ihrem Hals, den er ebenfalls mit hauchzarten Küssen übersäte. 

Gerade als er sich zu ihrem Schlüsselbein weiterarbeiten wollte, ertönte das laute und äußerst nervige Geräusch des Weckers, der nicht nur Draco erschrocken zusammenzucken ließ, sondern auch Hermine, die dösig seufzte und ihr Gesicht gänzlich an seiner Brust vergrub.

Auch der Blondschopf stöhnte entnervt auf, griff nach dem Störenfried und schaltete ihn letztlich aus, während er sich stark zusammenreißen musste, diesen nicht einfach gegen die Wand zu pfeffern, da er diesen schönen Moment zerstört und Hermine geweckt hatte.

„Guten Morgen, kleines Klammeräffchen.", begrüßte er anschließend die Brünette, die sich immer noch im Halbschlaf befand und größtenteils gequält seufzte, doch als sie ausgerechnet seine Stimme hörte, setzte ihr Herz kurzzeitig aus.

Sie öffnete ihre Augen und sah teils erschrocken, teils verwirrt zu ihm auf, da sie in ihrem momentanen Zustand nicht verstand, warum sie verdammt nochmal neben Draco Malfoy lag. In einem Bett. Kuschelnd. Auf seiner Brust.

Als sie jedoch in dem weichen Silber seiner funkelnden Augen versank, kam ihr der gestrige Abend und alles, was damit verbunden war, wieder in den Sinn. Diese Erkenntnis dauerte zwar einige Sekunden, doch als diese auch im hintersten Teil ihres Gehirns angekommen war, stieß sie die Luft, die sie unbewusst angehalten hatte, erleichtert aus und lächelte ihn liebevoll an.

„Guten Morgen.", gähnte sie und streckte sich ausgiebig in seinen Armen, ehe sie sich langmachte und ihm einen zärtlichen Guten-Morgen-Kuss auf die Lippen hauchte, die sich daraufhin zu einem fröhlichen Grinsen formten.

„Gut geschlafen?", hakte er nach und strich ihr einige, wirre Haarsträhnen aus dem Gesicht, während sie sich wieder richtig bei ihm einkuschelte und sich dösig die Augen rieb.

Er musste sich stark zusammenreißen, nicht zu lachen, denn der Anblick einer schläfrigen Hermine Granger am Morgen war vermutlich das Niedlichste, das er jemals gesehen hatte. Und obwohl sie gerade eher einem kleinen, verpeilten Mädchen ähnelte, das nicht ausreichend geschlafen hatte, konnte er sich, seit er sie kannte, an keinen Augenblick erinnern, in dem sie jemals derartig schön gewesen war. 

Natürlich hatte sie am Abend des Weihnachtsballs im vierten Schuljahr oder auch gestern Abend einfach nur bezaubernd und wunderschön ausgesehen, doch wie sie jetzt gerade an seiner Brust kuschelte, immer wieder gähnte und sich schlaftrunken die Augen rieb, war für Draco derartig einzigartig, dass ihm nun endgültig bewusst wurde, dass er nie wieder auf andere Art und Weise aufwachen wollte.

Er wollte jeden einzelnen Tag neben diesem wundervollen Mädchen aufwachen und sie jede Nacht in seinen Armen halten. Wollte seine und ihre Albträume bekämpfen und aus ihren Köpfen verbannen, indem sie einander immer diese innige Nähe schenkten. Wollte mit dem Rhythmus ihres Herzschlages einschlafen und am nächsten Morgen davon geweckt werden.

„Ja, bestens. Und du?" Durch ihre sanfte Stimme wurde er wieder aus seinen Gedanken gerissen, sodass er sich wieder ausschließlich auf seine Hexe konzentrierte, die sich gerade in seinen Armen aufrappelte und sich so hinlegte, dass sie mit ihrem Gesicht auf gleicher Höhe mit seinem war.

„Die Frage ist vollkommen überflüssig, Süße.", lächelte er und hauchte Hermine einen neckischen Kuss auf die Nasenspitze, womit er ihr ein leises Schmunzeln entlockte. Sie legte ihre Stirn an seine Schläfe und schloss ergeben die Augen, als sein Duft, der ihr stetig in die Nase stieg, all ihre Sinne zu vernebeln drohte. 

Sie ließ die letzten Stunden noch einmal Revue passieren und kam sich dabei vor wie in einem Traum, da das alles immer noch so unglaublich und überwältigend für sie war, dass sie nicht glauben konnte, dass das alles wirklich real war. Dass sie gerade tatsächlich mit Draco Malfoy in einem Bett im Raum der Wünsche lag, mit ihm kuschelte und mit ihm zusammen war. Dass er überhaupt diese Gefühle in ihr hatte auslösen können und im Gegenzug seine eigenen jahrelang versteckt hatte.

„Ganz schön verrückt, oder?", hauchte sie nach einer Weile und sprach somit ihre Gedanken laut aus, die in diesen Sekunden mal wieder hemmungslos und schmerzhaft auf sie einhämmerten.

„Was meinst du?" „Na, das alles hier. Hätte jemals einer gesagt, dass ich eines Tages mit Draco Malfoy in einem Bett schlafen würde, geschweige denn dass ich mich jemals in ihn verlieben und mit ihm zusammenkommen würde, dann... Merlin, ich... ich hätte die Person vermutlich ausgelacht oder verflucht oder... keine Ahnung, es... es ist irgendwie alles so unvorstellbar."

„Du sagst es.", stimmte er ihr ergriffen zu, ehe er seine Lippen zu einem arroganten Lächeln formte, mit dem er spottend erwiderte: „Aber war ja klar, dass auch die kleine Hermine Granger dem prächtigen und überaus gut aussehenden Draco Malfoy nicht widerstehen kann. Und tief in deinem Inneren hast du doch schon immer davon geträumt, mit mir in einem Bett zu schlafen, oder?"

Hermine brach schlagartig in schallendes Gelächter aus und verpasste dem Blondschopf, der sofort in ihr Lachen einstimmte, einen vergleichsweise sanften Schlag auf die Brust.

„Ich hab mich schon die ganze Zeit gefragt, wo du deine nervtötende Arroganz gelassen hast. Schön zu wissen, dass du sie immer noch besitzt.", kicherte sie kopfschüttelnd, worauf Draco ihr frech zuzwinkerte und sein typisches Malfoy-Grinsen aufsetzte, mit dem er sich über sie beugte und sie in einen leidenschaftlichen Kuss verwickelte.

Hermine lächelte gegen seine Lippen und legte ihre Hand in seinen Nacken, auf den sie leichten Druck ausübte, um ihren Draco bei sich zu behalten und diesen Kuss, der mal wieder sämtliches Denken aus ihrem Gehirn schwemmte, zu intensivieren. Ihr Herz lief auf Hochtouren, als ihre Zungen sich umspielten und sich gegenseitig neckten, was den beiden immer wieder leise Seufzer entlockte.

„Ich will nicht.", flüsterte Hermine, nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten und eine ganze Weile einfach nur miteinander kuschelten und die Nähe des anderen genossen, doch Draco nahm ihre Worte äußerst argwöhnisch zur Kenntnis und blickte ihr etwas unschlüssig in die Augen.

„Was willst du nicht?" „Aufstehen und wieder zurückgehen. Am liebsten würde ich für immer hierbleiben und... und alles vergessen, was während der letzten Monate passiert ist."

„Dann machen wir das doch. Spricht doch nichts dagegen, oder?"

„Es spricht nichts dagegen?!", brauste Hermine auf und stemmte sich mit ihren Händen, die auf Dracos Brust ruhten, nach oben. „Es spricht ungefähr alles dagegen!"

„Echt?" „Wir können doch nicht einfach hierbleiben und von der Bildfläche verschwinden! Hast du eine Ahnung, was dann los wäre?" „Nö. Was denn zum Beispiel?" „Unsere Freunde würden sich Sorgen machen, uns suchen, ausquetschen, verfluchen, man würde uns von der Schule schmeißen und-"

„Ahhh, daher weht also der Wind. Unsere kleine Miss Neunmalklug hat Angst, dass man sie von der Schule schmeißen und sie nicht mehr den ganzen Tag in Büchern herumstöbern könnte.", fiel er ihr amüsiert ins Wort, doch Hermine war gerade überhaupt nicht nach Scherzen zumute.

Sie knirschte aufgrund dieser Aussage unwillkürlich mit den Zähnen und presste ihren Kiefer zusammen, während ihre Wangen einen dunkelroten Farbton annahmen. Draco bemerkte es und musste sich stark zusammenreißen, nicht lauthals loszulachen, doch ein Schmunzeln konnte er sich dennoch nicht verkneifen, worauf die Brünette immer mehr aufbrauste.

„Ich geb dir gleich was von wegen Miss Neunmalklug, du-"

„Hey, ganz ruhig, Süße. Das war doch nur ein Scherz.", unterbrach er sie ein weiteres Mal und umfasste ihre Handgelenke, um diese von seiner Brust zu lösen und stattdessen um seinen Oberkörper zu legen. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und umschlang sie beruhigend mit seinen Armen, ehe er spöttisch ergänzte: „Außerdem wäre ich ja blöd, wenn ich mit dir hierbleiben und mir die geschockten Gesichter unserer Freunde und Mitschüler entgehen lassen würde, wenn sie das mit uns erfahren."

Hermine, deren innere Wut inzwischen wieder etwas abgeschwächt war, lachte leise und kopfschüttelnd auf, bevor sie seinen letzten Satz genauer verinnerlichte und in Gedanken versank, die ihr von Sekunde zu Sekunde vermehrt Bauchschmerzen bereiteten.

„Wie genau sollen wir das eigentlich machen?", fragte sie für Draco völlig zusammenhanglos, sodass dieser einmal mehr verwirrt das Gesicht verzog.

„Was machen?" „Unseren Freunden und Mitschülern von uns... 'erzählen'? Ich meine... wir können ja schlecht händchenhaltend zum Frühstück erscheinen und so tun, als wäre alles normal, oder?"

„Wieso nicht?", spöttelte der Blondschopf, worauf Hermine sofort ein genervtes Raunen verlauten ließ, weshalb er wieder ernster wurde und wenig später erneut zum Sprechen ansetzte.

„Ich würde sagen, dass wir unseren Freunden persönlich davon erzählen und alle anderen kriegen es schon irgendwann von selbst mit. Ich wäre zwar gern dabei, wenn Potter davon erfährt, weil ich liebend gern sein dämliches Gesicht sehen würde, aber es ist vermutlich besser, wenn du in Ruhe mit ihm redest."

„Das wird zwar vermutlich alles andere als ruhig ablaufen, aber du hast recht. Ich werde mich einfach heute nach dem Unterricht mit Ginny und Harry zusammensetzen und ihnen davon erzählen."

„Gut. Und ich werde Blaise und vielleicht Pansy aufklären. Was bei letzterer auch alles andere als ruhig ablaufen dürfte.", prophezeite er und verdrehte die Augen, womit er Hermine etwas unsicher stimmte, denn das Thema Parkinson versetzte ihr in Bezug auf Draco einen Stich ins Herz. Und wenn sie an die Erinnerung des Weihnachtsballs im vierten Schuljahr, die er ihr gezeigt hatte, zurückdachte, umso mehr.

„Wart ihr eigentlich mal... also... zusammen?"

„Ich und Blaise?", scherzte er und lachte amüsiert auf, doch Hermine war gerade nicht imstande, diese Aussage mit Humor zu nehmen. Im Gegenteil. Es machte die Situation nur noch schlimmer, was letztlich auch Draco bemerkte, als er in ihr verlegenes Gesicht blickte.

„Pansy und ich sind seit Kindertagen Freunde und wir waren auch nie mehr als das. Sie hat zwar immer wieder versucht, mich um den Finger zu wickeln, aber ich hab mich nie darauf eingelassen. In meinem Herzen war nur Platz für ein Mädchen.", erklärte er schließlich und hauchte ihr am Ende einen Kuss auf die Stirn, womit er sie wieder erleichtert aufatmen ließ.

Dennoch brachten seine Worte sie in Verlegenheit und bescherten ihr einen leichten Rotschimmer auf den Wangen, mit denen sie ihn fast schon schüchtern ansah.

„Dann... gab es all die Jahre also nur... 'mich' in deinem Leben?"

Draco blickte ihr für einen kurzen Moment unsicher in die Augen, ehe er einmal tief durchatmete und ihr letztlich erklärte: „Ich will ehrlich zu dir sein, es... es gab eine Handvoll Mädchen, auf die ich mich eingelassen hab. Es war nie etwas Ernstes oder Langfristiges und sollte eigentlich auch nur den Schein wahren. Aber irgendwie hat sich das alles sowieso total falsch angefühlt. So, als... ich weiß auch nicht, aber... so, als würde ich dich hintergehen und im Stich lassen. Als würde ich dich aufgeben und... irgendwie... betrügen. Ich hab immer diese elfjährige Hermine vor mir gesehen, die mir die Augen geöffnet, mich verändert und einen besseren Menschen aus mir gemacht hat. Die mir damals im Hogwarts Express gesagt hat, dass sie mich lieb hat und mich zurück in ihrem Leben haben möchte, wenn diese grausamen Zeiten endlich vorbei sind. Dementsprechend konnte und wollte ich mich nie auf eine Beziehung mit einem anderen Mädchen einlassen. Weil mich niemand so beeindruckt und umgehauen hat, wie du damals. Ich hab immer nur meinen kleinen Bücherwurm geliebt. Und daran wird sich auch nie etwas ändern."

Nachdem Draco geendet und ihr einen Kuss auf die Stirn gehaucht hatte, musste Hermine schwer schlucken, da sich ein riesiger Kloß in ihrem Hals gebildet hatte, der ihr die Luft zum Atmen nahm und sie zu ersticken drohte. Zusätzlich stieg ihr eine Vielzahl an Tränen in die Augen, die ihre Sicht stark beeinträchtigten und den blonden Zauberer vor ihr verschwimmen ließen, während ihr Herz auf das Doppelte anschwoll und so stark in ihrer Brust hämmerte, dass sie ihr eigenes Blut in den Ohren rauschen hören konnte.

Sie wollte irgendetwas erwidern und sich irgendwie zu seinen Worten äußern, doch sie war in diesem Moment derartig gerührt, dass sie nicht dazu imstande war, auch nur einen Mucks herauszubringen, geschweige denn überhaupt erst ihren Mund zu öffnen.

Demnach brach sie einfach nur in Tränen aus, während sie sich so fest wie möglich an ihren Draco kuschelte, der aufgrund ihrer Reaktion kurzzeitig vollkommen überfordert war und lediglich dabei zusah, wie sie ihr Gesicht in seinem Hemd vergrub, dieses krampfhaft umklammerte und ergriffen schluchzte.

„Hab ich was Falsches gesagt?", fragte er völlig überrumpelt und streichelte vorsichtig über ihren braunen Schopf, um sie wieder etwas zu beruhigen, doch ihr entfuhr daraufhin ein weiteres Schluchzen, sowie ein leises Schmunzeln, mit dem sie langsam den Kopf schüttelte.

„Was ist los, Süße?", hakte er weiter nach und küsste sie sanft auf den Scheitel, worauf sie sich wenig später dann doch dazu überwinden konnte, wieder zu ihm aufzusehen und ihn mit ihren braunen Augen, welche stark schimmerten, zu fesseln.

Die kleinen Tränen, die ihr vereinzelt über die Wangen liefen, strich er ihr vorsichtig weg, da sein Herz es nicht ertragen konnte, sie weinen und derartig aufgewühlt zu sehen. Er konnte regelrecht sehen, dass es ihr gerade sehr schwerfiel, sich zu seinen Worten zu äußern, was er in gewisser Weise auch verstehen konnte, da er selbst ganz überrascht war, wie ehrlich und einfach er inzwischen über seine Gefühle, die er jahrelang perfekt verheimlicht und versteckt hatte, reden konnte.

„N-Nichts, es ist nur... du bist so... so lieb und... und süß und-"

„Süß?!", unterbrach er sie teils belustigt, teils beleidigt, während er tief im Inneren erleichtert war, dass sie ihr Sprachvermögen nun doch wieder zurückerlangt hatte. Auf seinen Einwand zuckte sie jedoch erschrocken zusammen und blickte ihm etwas eingeschüchtert in die Augen, was ihm ein breites Grinsen ins Gesicht zauberte.

„Ich bin nicht süß. Ich bin vielleicht überdurchschnittlich attraktiv und unheimlich charmant, aber ich bin nicht süß!", stellte er klar und lachte wenig später auf, doch Hermine konnte - auch, wenn sie zugeben musste, dass er verflucht nochmal recht hatte - nur mit den Augen rollen. Sie ließ seine Worte völlig unkommentiert im Raum stehen, ignorierte diese gekonnt und kuschelte sich stattdessen wieder richtig bei ihrem Schatz ein, der sie fest in seine Arme schloss und ihr immer wieder zärtliche Küsse auf den Schopf hauchte.


„Wir müssen langsam los." Dieser Satz wollte dem Blondschopf nur schwer und mit großem Bedauern über die Lippen kommen, doch sowohl Draco als auch Hermine wussten, dass es nun endgültig an der Zeit war, diesen Raum zu verlassen und in die Realität zurückzukehren.

Die Hexe seufzte leise auf und zog besorgt ihre Stirn kraus, da sie noch immer total nervös und gespannt war, was sie alles erwarten würde. Ganz besonders vor Harrys Reaktion und der darauffolgenden Diskussion, welche garantiert nicht ausbleiben und - da war sich die Brünette hundertprozentig sicher - äußerst hitzig werden würde, graute ihr jetzt schon. 

Das Gespräch am Vortag, an dem der Auserwählte lediglich erfahren hatte, dass sie sich heimlich mit 'dem Feind' getroffen hatte, um an dem Projekt zu arbeiten, hatte ihr nämlich bereits gezeigt, wie aggressiv er werden konnte, wenn etwas nicht nach seinen Vorstellungen verlief. Doch dem musste und wollte sie sich, was auch passierte, stellen. Für Draco.

Diesem sah sie im nächsten Moment teils bedrückt, teils glücklich in die Augen, die ihr Sicherheit und Schutz versprachen, und diese innere Angst und Besorgnis wieder etwas abschwächten. Sie wusste, dass sie mit ihm an ihrer Seite alles schaffen würde. Dass er ihr immer helfen und sie immer unterstützen würde, egal, was auf die beiden zukommen würde. 

Mit dieser Erkenntnis nahm sie sein Gesicht in ihre Hände, streckte sich in seinen Armen und vereinte ihre und seine Lippen miteinander, um ihn in einen liebevollen Kuss zu verwickeln, in den sie all die Liebe und Dankbarkeit steckte, die sie für ihn empfand und ihm entgegenbringen wollte.

In diesen Sekunden wünschte sich der blonde Zauberer einmal mehr nichts sehnlicher, als diese verdammte Zeit anhalten zu können, denn wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er noch Stunden, Tage, Wochen, sogar Monate und Jahre so weitermachen können, um alles, worauf er während der letzten Jahre hatte verzichten müssen, nachzuholen.

„Wollen wir nicht doch lieber hierbleiben?", schmunzelte Draco flüsternd vor sich hin und ließ seine Nasenspitze neckisch über ihre gleiten, was ihr ein leises, süßliches Kichern entlockte.

„Du weißt, dass das nicht geht. Früher oder später müssen wir nun mal wieder zurück."

„Dann lieber später.", wisperte er und verwickelte sie in einen erneuten Kuss, doch Hermine schob ihn bereits nach wenigen Sekunden sanft von sich weg und blickte ihm ernst in die Augen.

„Wir schaffen das schon. Ich hab zwar auch Angst, aber das wird schon irgendwie." „Was heißt hier 'auch'? Ich hab keine Angst!"

„Natürlich nicht." Hermines Stimme triefte vor Sarkasmus, während sie ihrem Freund frech zuzwinkerte und ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen hauchte, ehe sie sich von ihm löste und sich stattdessen in dem großen Bett aufsetzte, um ihm zu signalisieren, dass sie jetzt wirklich - sofern sie nicht zu spät zum Frühstück und zum Unterricht auftauchen wollten - aufstehen sollten, um sich in den Schlafsälen noch zurechtmachen zu können.

Hermine war die erste, die sich aufrappeln und letztlich erheben konnte, während Draco genervt aufstöhnte und seinen Unterarm über seine Augen legte. Erst, als sie auf seiner Seite des Bettes auftauchte und ihn erneut dazu aufforderte, endlich aufzustehen, sah er wieder zu ihr auf. Sein Blick wanderte dabei zu ihrem linken Unterarm, den sie ihm entgegenstreckte, um ihm die Hand zu reichen, und der nach wie vor verbandslos und entblößt war.

Das weiße Stück Stoff lag nämlich immer noch auf dem kleinen Nachttisch, auf dem er es gestern abgelegt hatte, weshalb er danach griff und ihn mit einem verlegenen Lächeln auf den Lippen nach oben hielt.

„Soll ich ihn dir wieder anbringen?", wollte er wissen und starrte dabei immer wieder zwischen dem Verband und ihrer Blessur hin und her, was sie ihm etwas unsicher gleichtat.

„Nein, es... es geht schon. Wir wollen doch jetzt mit der Vergangenheit abschließen und... das gehört nun mal auch dazu.", sagte sie mit einem Blick auf jene Stelle, ehe sie ihre Augen wieder auf Draco richtete. „Diese Narbe gehört zu mir und... und wenn ich sie für immer verstecken würde, dann... würde ich nur davor weglaufen und... das will ich nicht. Also nein, es... es ist okay. Wirklich."

Das Lächeln, das sich nach diesen Worten auf Dracos Gesicht breitmachte, bestätigte der ehemaligen Gryffindor, dass sie sich richtig entschieden hatte. Dass es ein großer Schritt in die richtige Richtung war, diese Narbe, die sie diesem grausamen Krieg zu verdanken hatte, nicht mehr länger zu verstecken. Dass es lediglich zeigte, was sie alles durchgestanden und auf sich genommen hatte, um zu überleben.

„Ich bin so stolz auf dich, meine Süße.", hauchte Draco in ihren Schopf, nachdem er sich nun doch aus dem Bett erhoben und sie in eine feste und innige Umarmung gezogen hatte, worauf die Brünette leise und gerührt schmunzeln musste.

Erst da fiel ihr der kleine Gegenstand in ihrer Hand wieder ein, den sie seit gestern Abend nicht mehr losgelassen und in den sie sich ab der ersten Sekunde verliebt hatte. Nämlich der kleine, herzförmige Schlüsselanhänger, den sie ihrem Draco damals geschenkt hatte und der ihn all die Jahre beschützt und ermutigt hatte, nicht aufzugeben. Für seine Hexe weiterzukämpfen und sie zu sich zurückzuholen, wenn der Zeitpunkt da war.

Sie löste sich vorsichtig wieder von ihm, um einen Blick auf jenen Gegenstand zu werfen, den sie ihm wenig später mit einem süßlichen Lächeln entgegenstreckte.

„Behalte ihn.", winkte er jedoch sofort ab und nahm ihre Hand behutsam in seine, um sie zu verschließen, doch Hermine wehrte sich dagegen und schüttelte den Kopf.

„Nein. Er gehört dir, Draco. Ich hab ihn dir damals geschenkt und... ich will, dass du ihn wieder hast."

„Danke.", flüsterte er und griff nun doch nach dem kleinen Anhänger, auf den er einen Kuss hauchte, ehe er ihn fest umschloss und anschließend in seine Hosentasche wandern ließ. Jener Ort, an dem er ihn seit fast sieben Jahren jeden einzelnen Tag versteckte, um seine kleine Hexe immer bei sich zu haben.

„Willst du als Erste gehen?", wollte er anschließend wissen, doch Hermine verneinte sofort und mit einem kleinen Schmunzeln.

„Dann... soll ich zuerst gehen?"

„Nein.", wiederholte sie und griff nach seiner Hand, um seine Finger mit ihren zu verschränken, was den Blondschopf immer verwirrter dreinblicken ließ.

„Wir gehen zusammen.", erklärte sie schließlich, womit sie ihm wieder ein Lächeln aufs Gesicht zauberte, welches sie unverzüglich erwiderte.

Er beugte sich zu ihr herunter und gab ihr einen zärtlichen Kuss, der diesen unvergesslichen Abend und diese wunderschöne Nacht vollendete und abschloss, denn im Anschluss setzten sie sich Hand in Hand in Bewegung und steuerten die große Tür an, vor der sie kurz stehenblieben, sich ein letztes Mal in die Augen sahen und ein letztes Mal tief durchatmeten.

Dann nahm Draco die Türklinke in die Hand, drückte diese nach unten und öffnete langsam jene Tür, die sie für die letzten Stunden von der Außenwelt und der bitteren Realität abgeschirmt hatte.

Diese Welt betraten sie nun wieder und verbannten mit jedem weiteren ihrer Schritte diese schreckliche Vergangenheit aus ihren Köpfen. Eine Zeit, die sowohl Hermine als auch Draco hinter sich lassen, jedoch nicht vergessen wollten, da all diese Ereignisse zu ihrer einzigartigen Geschichte gehörten. Eine Geschichte, die von Schmerz, Leid, Trauer und einer grenzenlosen Liebe geprägt war, die alle Hindernisse überwunden und alle Mauern eingerissen hatte, um zwei Menschen, die zusammengehörten, zusammenzuführen.

Zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Sie waren wie die Sonne und der Mond, unterschiedlich wie Tag und Nacht. Beide leuchteten auf ihre eigene, einzigartige Weise, doch nur zusammen funktionierte das überlebenswichtige Gleichgewicht. Das Eine konnte nicht ohne das Andere.

Und genau so war es bei Draco Malfoy und Hermine Granger. Ein Reinblut und eine Muggelgeborene. Ein Slytherin und eine Gryffindor. Ein Todesser und eine Kriegsheldin.

Der Beweis dafür, dass man immer an sich glauben und niemals aufgeben sollte.

Dass es sich lohnt, für das zu kämpfen, das man liebt.

Dass es immer einen Weg geben wird, egal, wie aussichtslos etwas ist.

Dass nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint.

Dass man manchmal genauer hinsehen muss, um wirklich zu sehen.


~ Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir. Für immer. ~


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Sooo, meine Lieben :)<3

Als Abschluss für das Date der beiden, gab es heute ein XXL-Kapitel und das bisher längste meiner Story :) Ich konnte und wollte mich einfach nicht kürzer fassen und hoffe, dass jetzt alles klar ist und nichts mehr gegen die Beziehung der beiden sprechen kann :)

Ab jetzt sind die Kapitel wieder aus Dracos und Hermines Sicht geschrieben und nur ab und zu wird wieder in die Erzähler Perspektive gewechselt :)

Ich hoffe, dass Ihr auch weiterhin Spaß haben werdet und mich weiterhin so fleißig unterstützt :)

Bis nächsten Dienstag und ganz liebe Grüße,

Eure Emma <3


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