19. | Look closer - Stiller Helfer (2/2)

Erzähler POV


Hermine tauchte in der nächsten Szene auf, die, wie auch die vorherige, leicht verschwommen war.

In dieser befand sie sich, wie zuvor zwischen Draco und Narzissa abgesprochen, bei 'Flourish&Blotts', dem Bücherladen in der Winkelgasse.

Der zwölfjährige Blondschopf lehnte an einem Holzgeländer und hatte von dort aus einen Überblick über die vielen Schüler, Eltern und Presseleute, die sich wie eine wild gewordene Herde vor einem großen Schreibtisch versammelten.

Hermine erinnerte sich ebenfalls noch an dieses Szenario und an diesen Tag, an dem sie gemeinsam mit ihren Eltern für das zweite Schuljahr eingekauft hatte.

Sie konzentrierte sich verstärkt auf den jungen Draco, der seine Augen über all die Anwesenden wandern ließ und letztlich an einem Punkt hängenblieb, nämlich ihrem zwölfjährigen Erinnerungs-Ich.

Doch die Art und Weise, wie er sie ansah, versetzte Hermine einen Stich ins Herz, denn, anders als in den vorherigen Erinnerungen, warf er ihr einen kalten und fast schon herabschauenden Blick zu. Bei genauerem Betrachten fiel ihr jedoch auf, dass seine sturmgrauen Augen verdächtig schimmerten und den Schmerz widerspiegelten, den er in den letzten Monaten hatte ertragen müssen.

Ein lautes Klatschen und Jubelschreie zwangen sie dazu, ihre Augen von dem Blondschopf abzuwenden und auf die Menschenmasse zu richten, als Gilderoy Lockhart am anderen Ende des Schreibtisches auftauchte und seine vielen und hauptsächlich weiblichen Fans begrüßte.

Dabei warf Hermine einen Blick auf ihr eigenes jüngeres Ich, das wild klatschte und den eingebildeten Schönling verträumt anstarrte und sie fragte sich, was sie dazu geritten hatte, ihren damaligen Verteidigung gegen die dunklen Künste Lehrer derartig zu bewundern.

Letztlich konzentrierte sie sich jedoch wieder auf den jungen Draco, der mit einem Buch in der Hand die Treppe herunterstieg und auf halber Strecke stehen blieb, wo er das Werk aufschlug und durchblätterte, bis er auf einer Seite hängenblieb und zu lesen begann.

Als der Name 'Harry Potter' fiel, wandte er seine Augen jedoch ab und schielte stattdessen zu dem großen Schreibtisch, wo Lockhart und Harry gemeinsam für die Presseleute posierten, ehe er ihm einen großen Stapel Bücher aushändigte, was Draco mit angesäuertem Blick und einem Augenrollen verfolgte.

Nur wenige Sekunden später legte er sein Augenmerk wieder auf seine Lektüre und Hermine atmete erschrocken auf, als er plötzlich die Seite, die er zuvor studiert hatte, aus dem Buch riss.

„Bevor du dich jetzt aufregst, solltest du die Erinnerungen zu Ende schauen, dann änderst du deine Meinung vielleicht.", vernahm sie die spottende Stimme von dem echten Draco, der aus dem Raum der Wünsche zu ihr sprach, und sie musste schmunzeln.

Er kannte sie offenbar wirklich ganz gut, denn Hermine fand es schon immer unmöglich, wenn man Bücher ramponierte oder dessen Seiten beschmierte oder gar herausriss, doch sie gehorchte dem Blondschopf und konzentrierte sich wieder auf dessen jüngere Version, der die restlichen Stufen hinabstieg und auf Harry, Ron und Ginny zuging.

„Das muss dir doch gefallen haben, Potter! Der berühmte Harry Potter. Kann nicht mal ein Buch kaufen, ohne auf dem Titelblatt zu landen."

„Lass ihn sofort in Ruhe!", mischte sich die elfjährige Ginny ein und funkelte den jungen Draco böse an, was die echte Hermine ein weiteres Mal schmunzeln ließ, denn ihre beste Freundin war schon damals eine mutige, kleine Furie gewesen und sie hatte sich generell, abgesehen von ihrer Größe und ihrem Aussehen, kaum verändert.

„Sieh mal an, Potter! Du hast 'ne Freundin aufgerissen.", spottete der Blondschopf und setzte sein arrogantes Grinsen auf, das jedoch in dem Moment, in dem sein Vater hinter ihn trat und ihm mit seinem Gehstock auf die Schulter schlug, sofort verschwand.

„Na na, Draco! Bitte sei artig!"

„Mister Potter!", wandte er sich nun an Harry, und streckte ihm die Hand entgegen, nach welcher der Goldjunge etwas zögerlich griff.

„Lucius Malfoy. Dass wir uns endlich kennenlernen. Verzeih' mir..."

Lucius zog ihn noch näher zu sich heran und strich ihm mit seinem Gehstock die Haare aus dem Gesicht, um die berühmte Blitznarbe zu begutachten.

„Deine Narbe ist legendär. So, wie der Zauberer, dem du sie verdankst."

„Voldemort hat meine Eltern umgebracht! Er war ein gemeiner Mörder, sonst nichts!", entgegnete Harry ihm selbstsicher und distanzierte sich wieder von dem Blonden, der daraufhin erschrocken das Gesicht verzog.

Hermine warf einen kurzen Blick auf ihr Erinnerungs-Ich, das sich mittlerweile ebenfalls zu der kleinen Gruppe gesellt hatte. Auch die Augen des kleinen Draco waren auf ihre jüngere Version gerichtet und schimmerten ihr - wie schon am Anfang der Erinnerung - verdächtig entgegen. Nur, dass er sie mittlerweile wieder mit diesem liebevollen Gesichtsausdruck beobachtete, der ihr Herz immer wieder aufs Neue erwärmte.

„Du bist offenbar sehr mutig, seinen Namen zu nennen. Oder aber sehr töricht.", kommentierte sein Vater spöttisch und mit verhasstem Blick, welcher der echten Hermine eine Gänsehaut bereitete, und sie konnte nicht fassen, dass ihr zwölfjähriges Ich diesem angsteinflößenden Mann damals doch tatsächlich derartig frech über den Mund gefahren war, wie sie es im Folgenden tat.

„Angst vor einem Namen macht nur noch größere Angst vor der Sache selbst!"

„Ahh, und du bist demnach...", wandte er sich an ihre jüngere Version, ehe er seine Augen auf seinen Sohn richtete. „...Miss Granger?"

Die echte Hermine fokussierte den jungen Draco, der seinem Vater einen verhassten Blick zuwarf und ihm diese Annahme mit einem Nicken bestätigte, was ihn breit und äußerst arrogant grinsen ließ, womit er sich letztlich wieder an die junge Hermine wandte.

„Ja, Draco hat mir alles über dich erzählt! Und über deine Eltern. Muggel, oder?"

Dieser Satz ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie erinnerte sich selbst noch an diese Szene und seine Worte, doch zum ersten Mal verstand sie nun auch die wahre Bedeutung dahinter. Denn es stimmte, Draco hatte seinem Vater von ihr erzählt. Nur, dass es nie etwas Negatives gewesen war, sondern das genaue Gegenteil.

Damals hatte sie sich nicht viel dabei gedacht, da sie der festen Überzeugung gewesen war, dass der Malfoy Sprössling vor seinen Eltern über sie gespottet hätte, doch sie war ja inzwischen eines Besseren belehrt worden und konnte demnach nicht fassen, dass Lucius ihr das derartig offenbart hatte, und das, obwohl er genau wusste, was passiert war und was er seinem Sohn damals angetan hatte.

(Die Originalszene aus dem Film; konzentriert euch auf Draco):

https://youtu.be/dy521VT29QU

Doch lange konnte Hermine nicht darüber nachdenken, denn die Szene wechselte wieder, manifestierte sich letztlich zu einem scharfen Bild und spielte einmal mehr im düsteren Malfoy Manor, der Ort, den sie wie nichts auf der Welt verabscheute. Seit den Erinnerungen von Draco noch mehr als ohnehin schon.

Dessen jüngere Version wurde gerade von seinem Vater, der ihn an einem Ohr gepackt hatte und durch einen langen und dunklen Gang schleifte, in einen düsteren und sehr kleinen Raum gebracht.

„Ich habe dir befohlen, dich mit ihm anzufreunden und nicht wie ein kleiner, dummer Junge mit ihm zu streiten!", fauchte der Hausherr, als er von seinem Sohn abließ und ihn stattdessen gegen die steinerne Wand stieß.

„Ich hasse Potter, das hab ich dir schon mal gesagt! Außerdem wäre es wohl mehr als auffällig, wenn ich jetzt-"

„Widersprich mir nicht!", fiel er ihm wutentbrannt ins Wort und packte ihn gewaltsam an der Gurgel, was den Kleinen dazu zwang, sich angestrengt auf die Zehenspitzen zu stellen.

„Du hättest ja auch ein Wort darüber verlieren können, dass deine kleine Missgeburt mit ihm befreundet ist. Dann hätten wir diese ganze Sache möglicherweise doch anders regeln können.", stichelte Lucius arrogant und mit einem schelmischen Grinsen, was Draco angesäuert schnauben ließ.

Er wollte sich daraufhin losreißen, doch sein Vater packte ihn nur noch fester und drückte ihm zudem seinen Gehstock unter das Kinn.

„Na na, Draco. Sag bloß, dieses wertlose Schlammblut bedeutet dir immer noch etwas."

„Nein. Sie ist mir egal.", presste der Kleine angestrengt hervor, was der echten Hermine einen äußerst schmerzhaften Stich ins Herz versetzte.

„Ach, wirklich? Hmm, komisch. Deine Blicke heute haben aber etwas ganz anderes gesagt.", spottete Lucius mit einer vor Sarkasmus triefenden Stimme und einem hinterlistigen Grinsen.

„Weiß nicht, was du meinst." „Ach nein? Dann erklär mir doch, warum du sie heute so überaus liebevoll angestarrt hast."

„Hab ich nicht."

„Lüg nicht!", keifte er ihn an, was den kleinen Draco erschrocken zusammenzucken und die Augen aufreißen ließ.

„Du bist verliebt in diese kleine Missgeburt, hab ich recht?", wollte Lucius herabschauend und hämisch grinsend wissen, doch sein Sprössling gab keinen Mucks von sich, sondern sah ihm lediglich hasserfüllt ins Gesicht, wodurch er ihn noch fester gegen die Wand drückte.

„HAB ICH RECHT?"

„J-Ja...", krächzte er mit vor Schmerz zusammengepressten Augen, was seinem Vater offenbar endgültig den Geduldsfaden reißen ließ, denn er wirbelte herum und verpasste seinem Sohn einen Stoß, sodass dieser mit seinem Hinterkopf auf den Boden krachte.

„Erbärmlich.", kommentierte der alte Malfoy und umkreiste den kleinen Draco, der sich den Kopf rieb und sichtlich mit den Tränen zu kämpfen hatte.

„Pass nur auf, dass deiner kleinen Missgeburt nicht doch noch etwas passiert." „Sie kann doch gar nichts dafür!"

„Oh doch! Sie denkt, sie wäre der Magie würdig, was sie definitiv nicht ist! Und dass ausgerechnet mein eigener Sohn dümmer ist als dieser Abschaum, ist wirklich mehr als erbärmlich! Deswegen wirst du ab diesem Schuljahr noch intensiver lernen und zudem noch Quidditch spielen, damit du beweisen kannst, dass wir Malfoys uns nicht hinter anderen verstecken müssen."

„Ich will nicht Quidditch spielen!", gab Draco seinem Vater zu verstehen, der daraufhin wie vom Blitz getroffen stehenblieb und seinen Sohn wütend anfunkelte.

„Das steht nicht zur Debatte! Und ich werde höchstpersönlich dafür sorgen, dass du ins Team kommst! Ich nehme an, diese schäbige Schule stellt nicht die neuesten Besen zur Verfügung oder? Es wäre doch ein nettes Angebot von mir, den Slytherins ein kleines Geschenk zu machen.", spottete er arrogant, während Draco sich aufrecht hinsetzte und noch immer seinen Kopf rieb.

An seinem Hinterkopf konnte man einen dunkelroten Fleck erkennen, der sich mit dem Blond seiner Haare vermischte und an dem Hemdkragen in seinem Nacken endete, der ebenfalls von Blut getränkt war. Erneut kochte in Hermine eine unermessliche Wut hoch, als ihr einmal mehr bewusst wurde, wie rücksichtslos und brutal der alte Malfoy war.

„Das ist Bestechung!", stellte der kleine Draco klar, was seinen Vater jedoch in keinster Weise interessierte, denn dieser lachte nur ein weiteres Mal spöttisch auf.

„Na und? So läuft das eben, wenn man reich ist." „Ich will aber nicht Quidditch spielen!"

„Du wirst tun, was ich dir sage, verstanden!?"

„Und wenn nicht?", stichelte der Kleine, was Hermine erschrocken die Luft einziehen ließ, denn sie war überrascht, wie schnippisch sich Draco seinem Vater gegenüber verhielt, obwohl er genau wusste, wie unberechenbar dieser sein konnte.

Doch auch Lucius starrte seinen Sohn perplex an, ehe er sich wieder fing, seinen verhassten Blick aufsetzte und auf seinen Sprössling zuging.

„Mir fallen da so einige Sachen ein...", ließ er seinen Satz offen im Raum stehen und zog dabei seinen Zauberstab aus dem Gehstock, an dem er schließlich arrogant grinsend entlangstrich.

Hermine betete inständig, dass der kleine Draco damals den Mund gehalten und sein Vater ihn in Ruhe gelassen hatte. Sie wollte nicht noch einmal diese Schmerzensschreie ertragen müssen, denn auch wenn sie nach der ganzen Wahrheit mit allen unschönen Seiten verlangt hatte, konnte sie nicht mitansehen, wie diesem kleinen Jungen Schmerzen zugefügt wurden.

Aus ihrer Angst wurde allerdings Realität, als der Hausherr seinen Zauberstab auf den Blonden richtete.

„Mach doch.", lachte der kleine Draco zu Hermines Entsetzen spöttisch auf und wirkte dabei völlig unbeeindruckt.

Ihr Herz begann daraufhin wie verrückt zu klopfen und sie hoffte, dass der alte Malfoy seinen Sohn letztlich doch in Ruhe ließ, doch dieser kranke Mensch dachte nicht einmal daran.

Stattdessen jagte er ihm ein weiteres Mal den Cruciatus-Fluch an den Hals, wodurch der Kleine einmal mehr fürchterlich und herzzerreißend zu schreien begann, sodass Hermine nicht anders konnte, als sich die Ohren zuzuhalten.

Das Bild war inzwischen wieder komplett schwarz und auch die lauten Schreie verstummten mit der Zeit, da der kleine Draco auch in dieser Erinnerung letztlich das Bewusstsein verloren hatte.

Erst als die Szene wechselte und sie in eine neue geschickt wurde, löste Hermine ihre Hände von den Ohren und konzentrierte sich wieder auf das Geschehen, wobei ihr das aufgrund der letzten Szene und ihrem dadurch schnell schlagenden Herz sehr schwer fiel.


An das Folgende konnte sie sich jedoch selbst noch genau erinnern. Es war nämlich jene Erinnerung, in der Draco sie das erste Mal Schlammblut genannt hatte.

Ob er dafür auch eine logische Erklärung hatte?...


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