18. | Look closer - Obliviate
Erzähler POV
Dieses eine Wort ließ ihr Herz aussetzen.
Dieses eine Wort, das ihr die zwei wichtigsten Menschen ihres Leben genommen hatte.
Dieses eine Wort, das die Freundschaft zwischen ihr und Draco Malfoy zerstört hatte.
Sie bemerkte nicht, dass die Erinnerung inzwischen vorbei war und sie wieder im Raum der Wünsche war.
Sie bemerkte nicht, dass Draco sie noch immer fest in seinen Armen hielt und seine Lippen an ihre Stirn gelegt hatte, um beruhigende, hauchzarte Küsse darauf zu platzieren.
Sie bemerkte lediglich diese unglaubliche Leere in ihrem Inneren, die sie zu zerreißen drohte.
Ihre Hände waren kalt und krallten sich krampfhaft in das Hemd des blonden Zauberers, der verzweifelt versuchte, zu ihr durchzudringen, doch kläglich scheiterte, da sie geistig komplett weggetreten war.
Jedes Wort, das er ihr zukommen ließ, prallte an ihren Ohren ab, in denen es lediglich dumpf hallte und rauschte, als wäre sie unter Wasser und würde ertrinken.
Erst als Draco sich vorsichtig aufsetzte und sie auf seinen Schoß zog, lernten ihre staubtrockenen Augen wieder zu blinzeln und ihr Herz wieder in einem gleichmäßigen Rhythmus zu schlagen. Ihr Kopf jedoch sank beinahe leblos auf seine Schulter, als er sich langsam zu dem kleinen Tisch beugte und eines der Gläser mit Wasser füllte, um es ihr letztlich zum Mund zu führen.
„Hier, trink das.", bat er sie ruhig und flüsternd, doch sie war nicht dazu imstande, zu trinken, geschweige denn ihren Mund zu öffnen, wodurch dem Blonden zunehmend bange wurde.
„Hermine?"
„Hermine! Bitte, sag doch was."
„Hermine? Mine?"
Egal, was er versuchte, sie wurde nicht aus ihrer Schockstarre gerissen, sondern lag nach wie vor kalkweiß und ohne jegliche Emotion im Gesicht auf seinem Schoß in seinen Armen.
Ihr - wenn auch langsamer - Herzschlag, war das Einzige, das ihn in diesem Moment beruhigen konnte, denn alles andere an ihr wirkte leblos, um nicht zu sagen tot.
Mit dem Zauberstab in der einen Hand und dem Schlüsselanhänger in der anderen, krallte sie sich nach wie vor in sein Hemd und seine Haut, was er alles über sich ergehen ließ. Er war schließlich viel schlimmere Schmerzen gewohnt.
Das immer noch volle Glas stellte er auf dem Tisch ab, um seine kleine Hexe wieder fester zu sich zu ziehen und sie mit beiden Armen zu umschließen, um ihr Zuneigung und Wärme zu schenken. Dabei hauchte er nach wie vor den einen oder anderen Kuss auf ihre Stirn, was sie jedoch in keinster Weise mitbekam.
„Es tut mir leid. So unglaublich leid, Hermine.", flüsterte er ihr erneut zu, doch auch darauf reagierte sie kein bisschen, was Draco zum gefühlt tausendsten Mal an diesem Abend die Tränen aus den Augen trieb.
Dieses Schuldgefühl, das ihn ohnehin schon innerlich zerriss, wurde noch schlimmer, als seine Augen über ihre zierliche Gestalt wanderten und letztlich an dem Verband, der um ihren linken Unterarm geschlungen war, hängenblieben.
Für das, was sich darunter verbarg und was sie zu verstecken versuchte, hasste er sich noch mehr als für dieses eine, kleine Wort, mit dem er damals ihre Erinnerungen an diese schöne Zeit gelöscht hatte. Dieses eine Wort, das ihm alles genommen hatte, was ihm jemals etwas bedeutet hatte und was er hatte zulassen müssen, um sie vor den schrecklichen Menschen in seinem damaligen Umfeld zu schützen.
Doch das, was in ihren Unterarm geritzt worden war und nie wieder verschwinden würde, schürte seinen Selbsthass und den Hass auf diese grässlichen Menschen, aber vor allem auf seinen Vater und Bellatrix Lestrange, ins Unermessliche.
Er knirschte unwillkürlich mit den Zähnen, ballte seine Hände zu Fäusten und musste sich stark zurückhalten, mit diesen nicht irgendwo dagegen zu schlagen. Zumal seine kleine Hexe noch immer in seinen Armen lag und diese während der letzten Jahre genug seines Hasses zu spüren beziehungsweise zu hören bekommen hatte.
Diese Tatsache war für ihn Grund genug, sich wieder zu entspannen und die Wut aus seinem Inneren zu verbannen, denn diese grausamen Zeiten waren vorbei und er wollte sie endlich hinter sich lassen.
Er konzentrierte sich schließlich wieder auf die Brünette, die noch immer keinen Mucks von sich gegeben hatte. Draco war sich ziemlich sicher, dass sie nach der letzten Szene weggerannt und geflüchtet wäre, wenn sie nicht in diese Schockstarre gefallen wäre, und allein die Vorstellung, sie hätte ihn nach all diesen Eindrücken alleine gelassen, versetzte ihm einen schmerzhaften Schlag ihn die Magengrube, denn er brauchte dieses Mädchen.
Das Mädchen, das ihm damals vor Augen geführt hatte, dass sein Vater ein Heuchler und Lügner war. Das Mädchen, durch das er gelernt hatte zu lie-
„Hermine?", schreckte er aus seinen Gedanken auf, als er spürte, wie sie ihren Griff um sein Hemd lockerte und ihren Kopf von seiner Schulter löste.
Er hielt sie nach wie vor fest in seinen Armen, da er noch immer Angst hatte, sie würde sich ganz von ihm lösen und verschwinden, doch daran dachte sie nicht einmal.
„Hermine, ich... ich wollte nicht-"
„Ist ok.", unterbrach sie ihn kleinlaut, worauf er sofort verstummte, denn ihre Stimme wieder zu hören war in diesem Moment das schönste Geschenk, das sie ihm machen konnte.
Und wenn sie ihn beleidigt, angeschrien oder gar geschlagen hätte, hätte er das alles in Kauf genommen, denn er wollte lediglich, dass sie wieder ins Hier und Jetzt zurückkehrte.
„Ich... Ich bin nur ein bisschen... also... ich... ich weiß nicht, was ich sagen soll, w-weil... i-ich..."
„Schhh... ganz ruhig.", hauchte Draco, als sie während ihres Stotterns zu zittern begonnen hatte, und strich ihr beruhigend über ihren Kopf, den er sanft gegen seine Brust drückte.
„Es tut mir so leid. Ich wollte dich nicht so schockieren, aber... das ist nun mal die Wahrheit und... die lässt sich denke ich nicht wirklich schönreden. Deswegen... also, deswegen hab ich dir die Erinnerungen gezeigt, weil du mir vermutlich nicht geglaubt hättest, wenn ich es dir nur erzählt hätte.", gestand er und ging dann dazu über, ihr vorsichtig über die Wange zu streicheln, wodurch sie letztlich die Augen schloss und tief durchatmete.
„Anfangs habe ich dir auch nicht geglaubt, aber... also... du... du würdest mir so etwas doch nicht vorlügen, oder?" „Bei Salazar, nein. Niemals."
„Warum... also, warum haben wir damals nicht einfach nur so getan, als würden wir uns nicht mögen oder kennen? Wir hätten uns doch weiterhin heimlich treffen können und-"
„Das war auch der eigentliche Plan.", warf er dazwischen, was die Brünette kurz aus ihrem Konzept brachte.
„Aber?"
„Als ich damals aus dem Abteil gegangen bin und du mir gesagt hast, dass... dass du mich lieb hast, da... ich weiß nicht, das... war das Schönste, das mir jemals jemand gesagt hat. Wir waren so vertraut miteinander und... auch nach all den Jahren ist es immer wieder schlimm, daran zurückzudenken, weil du mir damals mit dieser Freundschaft alles gegeben hast, was ich jemals wollte. Deswegen wollte ich diesen Abschied zumindest für dich leichter machen und hab deine Erinnerungen an unsere Begegnungen gelöscht. Ich allerdings wollte das nicht vergessen, weil... ich... ich hab dir dieses Versprechen gegeben. Nicht, weil ich dich damals nur aufmuntern wollte, sondern weil ich das selbst wollte. Das war mein einziger Lichtblick damals... Dass ich wieder zu dir zurückkehren kann, wenn diese Zeit vorbei ist. Ich hab zwar nicht damit gerechnet, dass es sieben Jahre dauern und in einem riesigen Krieg enden würde, aber... ich... ich hab nie aufgehört, daran zu glauben."
„Warum hast du nichts gesagt? Du... du hättest mit mir reden können und... und-"
„Hätte ich nicht.", fiel er ihr ruhig ins Wort. „Es wäre zu gefährlich gewesen. Sowohl für dich, als auch für mich. Letzteres hat mir zwar nie was ausgemacht, aber ich konnte nicht zulassen, dass sie dir etwas antun."
„Warum?"
„Weil ich... weil ich dich... sehr, sehr... gern... hatte.", stotterte er vor sich hin, damit ihm nicht doch noch herausrutschte, was er eigentlich sagen wollte.
„Wenn ich mir deine Erinnerungen so ansehe, dann... dann kann ich wohl sagen, dass ich dich auch... sehr, sehr gern hatte.", erwiderte sie ebenso stockend und kuschelte sich wieder vermehrt bei ihm ein, um den Rotschimmer, der sich auf ihre Wangen gezaubert hatte, zu verstecken.
Der Blonde musste daraufhin schmunzeln und schloss mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen die Augen, um diesen Moment mit diesem besonderen Mädchen zu genießen.
Die erste Hürde war somit geschafft, denn dieser erste Einblick in seine Erinnerungen war derjenige, vor dem er die größte Angst gehabt hatte, aber letzten Endes hatte sie es insgesamt dann doch besser weggesteckt und aufgenommen, als er gedacht hatte. Die folgenden, von denen sie jedoch noch keine Ahnung hatte, machten nämlich Sinn und beantworteten einige, offene Fragen, die sich die Brünette mit großer Wahrscheinlichkeit während der letzten Jahre immer wieder gestellt hatte.
„Sollen wir uns die nächsten Erinnerungen lieber morgen ansehen?", hakte Draco vorsichtig nach, da er sie nicht ein weiteres Mal so überrumpeln wollte, sondern ihr die Entscheidung überlassen wollte.
„Warum die nächsten?" „Das war noch lange nicht alles, was ich dir zeigen wollte."
„Es kommt noch mehr?", fragte sie verwundert und löste sich wieder etwas von ihm, um ihm in seine grauen, strahlenden Augen zu sehen.
„Natürlich kommt noch mehr. Es folgen noch sechs weitere Schuljahre.", schmunzelte er, was Hermine jedoch nach wie vor ein Rätsel blieb.
„Aber... ich... ich konnte mich doch nicht mehr erinnern." „Richtig. DU konntest dich nicht mehr erinnern. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich dich in den anderen Jahren im Stich gelassen hab, oder?"
„Ich...ich weiß nicht...", stammelte sie verlegen, da er während der letzten Jahre wirklich alles andere als hilfsbereit gewesen war. Ganz besonders ihr gegenüber. Dachte sie zumindest.
„Ich hab dir doch versprochen, für dich da zu sein, wenn du mich brauchst. Und dich mit meinem Leben zu beschützen, wenn es sein muss." „Jaa...schon, aber... wie... wie sollst du das gemacht haben?"
„Das will ich dir ja zeigen. Aber ich möchte dich entscheiden lassen, ob du es heute noch durchziehen willst oder lieber an einem anderen Tag weitermachen willst.", erklärte er, was sie kurz etwas stutzig werden ließ.
„Also...naja, ich glaub nicht, dass ich beruhigt schlafen könnte, wenn ich weiß, dass das noch nicht alles war und... ich... ich will... das durchziehen."
„Wirklich?" „J-Jaa... Das... bin ich dir schuldig... oder nicht?"
„Du bist mir überhaupt nichts schuldig.", gab er ihr ruhig zu verstehen und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, was sie süßlich lächeln ließ.
„Trotzdem. Ich... ich will die ganze Wahrheit erfahren." „Ich kann die grausamen Szenen auch... also, einfach weglassen, weil-"
„Nein.", unterbrach sie ihn. „Alles oder gar nichts. Ich will die ganze Wahrheit erfahren. Mit allen schrecklichen und unschönen Seiten."
„Okay. Aber du... du kannst jederzeit... abbrechen, wenn-"
„Hör auf, Draco. Ich will nichts schöngeredet bekommen, sondern alles so sehen, wie es wirklich war.", fiel sie ihm erneut beruhigend ins Wort und gab ihm einen Kuss auf die Wange, der ihn komplett aus der Fassung brachte.
Ihre Augen, ihre Berührungen, sein Name aus ihrem Mund; all diese Dinge trieben ihn beinahe in den Wahnsinn. Dieses Mädchen trieb ihn in den Wahnsinn.
„Wird das 'Draco' jetzt eigentlich zur Gewohnheit?", schmunzelte er, um die Stimmung wieder etwas zu lockern, da diese schon die ganze Zeit über so verdammt angespannt gewesen war und er somit versuchen wollte, seine Verwunderung zu überspielen.
„Also, wenn dir 'Frettchen' lieber ist...", ließ sie ihren Satz unvollständig im Raum stehen, was ihn dazu trieb, sie bedrohlich anzufunkeln.
„Hermine!", knurrte er, wodurch sie in schallendes Gelächter ausbrach, das seine innere Anspannung dann doch wieder lockerte.
Wie er dieses Lachen liebte...
„Wird das 'Hermine' jetzt zur Gewohnheit?", feixte sie im Gegenzug amüsiert und zwinkerte ihm frech zu, worauf er die Hexe, die noch immer auf seinem Schoß saß, wieder fester zu sich zog.
Sie wehrte sich nicht dagegen, sondern kuschelte sich ebenfalls wieder verstärkt bei ihm ein und schlang ihre Arme um seinen Hals.
„Das hat mir echt gefehlt... Du hast mir gefehlt, mein kleiner Bücherwurm."
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