17. | Look closer - Verschollene Erinnerungen (2/3)
Erzähler POV
Immer noch total überrumpelt, sah die Brünette ihrem Gegenüber in die Augen und musste feststellen, dass diese genauso verdächtig schimmerten wie ihre eigenen.
Sie vergaß für einen Moment, dass Draco ihre Hand hielt und etwas hineingelegt hatte, denn sie versank in dem glänzenden Silber und fragte sich, was diese Erinnerungen zu bedeuten hatten.
Der Blondschopf schenkte ihr ein verlegenes Lächeln, das sie zaghaft erwiderte, ehe sie nun doch ihre Augen von seinen abwandte, um sie auf ihre Hände zu richten. In diesem Moment zog Draco seine eigene Hand zurück und gewährte ihr somit einen Blick auf den kleinen Gegenstand in ihrer Handfläche.
Ihre Augen weiteten sich schlagartig, als sie den Schlüsselanhänger genauer betrachtete und das kleine Foto daran entdeckte, das sie zuvor in seinen Erinnerungen schon so liebevoll begutachtet hatte, was wohl Beweis genug war, dass diese ganzen Begegnungen tatsächlich einmal stattgefunden hatten.
„Du...Du hast ihn? Also...n-noch?", kam es ihr lediglich flüsternd und stotternd über die Lippen, da sie einmal mehr nicht glauben konnte, was sie zu sehen bekam.
„Natürlich hab ich ihn noch.", antwortete er ebenso ergriffen und streichelte vorsichtig über ihre Wange. „Er hat mir all die Jahre so viel Kraft und Hoffnung gegeben..."
„Warum kann ich mich nicht erinnern, Draco?", fragte Hermine verzweifelt und bemerkte dabei gar nicht, dass sie ihn soeben beim Vornamen genannt hatte. Anders als er, dem es nach ihrem Satz die Tränen in die Augen trieb, denn sie hatte ihn schon lange nicht mehr so genannt und seinen Namen aus ihrem Mund zu hören katapultierte seinen Puls ins Unermessliche.
„Wenn du das wirklich wissen willst, dann... also, ich will dich nicht dazu zwingen, aber... ich...ich dachte mir, dass-"
„Natürlich will ich es wissen.", fiel sie ihm beruhigend ins Wort und kuschelte sich bei ihm ein, als sie seinen Gefühlsausbruch bemerkte.
Keine Sekunde später legte er vorsichtig seine Arme um die Hexe und vergrub sein Gesicht in ihren Locken, um ihren einzigartigen Duft stärker in sich aufzunehmen. Er war in diesem Moment unglaublich erleichtert, dass sie noch immer bei ihm war und nicht - wie er vermutet hatte - davongerannt war.
„Wir waren früher befreundet?", murmelte sie bedrückt gegen seine Brust und schloss ergeben die Augen, als er ihr behutsam über den Kopf streichelte.
„Ja...", hauchte er leise und schniefte kaum hörbar. „Nach dem kurzen Gespräch auf der Wiese haben wir uns fast täglich getroffen und uns immer mehr angefreundet. Allerdings heimlich, weil weder mein Vater noch deine Freunde davon Wind bekommen durften. Ich hab dir bewusst nicht jede einzelne Begegnung gezeigt, weil die meisten ohnehin unklar und verschwommen sind, aber die, die für mich ausschlaggebend und wichtig waren, hab ich dir gerade gezeigt."
„Warum und wann hat sich das geändert?", hakte Hermine kleinlaut nach und hob ihren Kopf, um dem Blondschopf in die Augen zu sehen.
„Mein Vater. In den Weihnachtsferien.", gestand er und kämpfte erneut mit den Tränen, was auch der Brünetten nicht entging, die ihm daraufhin beruhigend über die Wange streichelte.
„Du wolltest ihm von uns erzählen, richtig?" „Ja. Das hab ich auch. Und es war vermutlich der größte Fehler meines Lebens...", murmelte er gequält und sah die Hexe reuevoll an, die noch immer sichtlich mitgenommen war von den ganzen Eindrücken.
„Was ist passiert?", wollte Hermine dennoch wissen, worauf sich in den Gesichtszügen des Blonden zunehmend Schmerz und Verzweiflung breitmachte.
„Ich zeig es dir.", flüsterte er und ließ von der Hexe ab, damit sie sich wieder aufrecht hinsetzen und sich die nächsten Erinnerungen ansehen konnte.
Sie wischte sich die restlichen Tränen von den Wangen und sah ihrem Gegenüber tief in die Augen. Während sie den Schlüsselanhänger noch immer fest umschlossen hielt, umklammerte sie mit der anderen Hand ihren Zauberstab und flüsterte „Legilimens".
Anders als die letzten Szenen war diese hier vor allem eines: dunkel.
Sie erkannte den kleinen Draco, der auf einem Sofa saß und nervös seine Hände knetete. Der Raum, in dem sie sich befanden, war sehr lieblos eingerichtet und einzig und allein eine Farbe war darin zu finden: schwarz.
Nur wenige Sekunden später betraten Lucius und Narzissa Malfoy den Raum, weshalb der kleine Blonde sofort aufsprang und auf seine Eltern zulief. Er fiel seiner Mutter in die Arme, die sich leicht zu ihm herunterbückte und ihm einen Kuss auf den Schopf hauchte.
Ihr Mann beobachtete es mit finsterer Miene und drängte sich schließlich zwischen Mutter und Sohn, um sie voneinander zu lösen.
„Du verweichlichst ihn, Zissy!", schimpfte der blonde Hausherr und warf dabei einen verächtlichen Blick auf seinen Sprössling.
„Hallo Sohn!", begrüßte er diesen kaltherzig und streckte ihm die Hand entgegen, nach welcher der kleine Draco ohne zu zögern griff.
„Hallo Vater."
„Draco Liebling, wie wäre es, wenn wir uns alle setzen und du uns von deinen ganzen Erlebnissen berichtest?", wandte sich nun erneut Narzissa an ihren Sohn, der ihr mit einem zaghaften Nicken zustimmte.
„Gute Idee. Ich würde zu gerne wissen, wie sich mein Sohn in Hogwarts macht.", meldete sich Lucius mit einem äußerst arroganten Grinsen im Gesicht zu Wort, als er sich neben seiner Frau und gegenüber von Draco niederließ.
„Meine Noten sind einwandfrei und ich habe mich gut eingelebt.", war das Einzige, das der Blonde von sich gab und schielte dabei verlegen zu Boden, was seinen Eltern und allen voran seinem Vater natürlich nicht entging.
„Und was macht unser Plan, sich mit Potter anzufreunden?", hakte Lucius nach, wodurch Dracos Gesicht noch blasser wurde als es ohnehin schon war.
„Hat...hat irgendwie nicht so ganz geklappt... Er wollte nicht mit mir befreundet sein, weil...ich weiß auch nicht... er ist mit diesem Weasley befreundet und-"
„Du bist erbärmlich, mein Sohn!", unterbrach ihn sein Vater zynisch, was ihn und auch die echte Hermine erschrocken zusammenzucken ließ.
„Nicht einmal die einfachsten Aufgaben kannst du erledigen! Sag mir nicht, dass du deine Freizeit in Hogwarts mit diesen Schwachmaten Crabbe und Goyle verbringst!"
„Nur ab und zu, aber...ich... ich hab ein... ein Mädchen kennengelernt.", murmelte der junge Draco, was ihm nun einen leichten Rotschimmer auf die Wangen zauberte.
„Ein Mädchen? Sie ist doch hoffentlich auch eine Slytherin, oder?", wollte sein Vater wissen und durchbohrte den Kleinen dabei beinahe mit seinem verhassten Blick.
„N-Nein... Sie... sie ist eine Gryffindor." „Eine Gryffindor? Wie heißt sie?"
„Hermine...Hermine Granger.", gestand der Blonde und während sich auf Narzissas Gesicht ein freudiges Lächeln breitmachte, entsprach Lucius' Reaktion dem genauen Gegenteil.
„Granger? Noch nie gehört. Ich nehme demnach an, dass ihre Familie nicht zu den Unantastbaren 28 gehört, richtig?"
„Nein...sie...also, sie ist... eine... eine... Muggelgeborene."
„EINE WAS?", fauchte der Hausherr und schoss erzürnt in die Höhe, wodurch der kleine Draco erschrocken die Augen weitete.
„Eine... Eine-" „Ein Schlammblut, mein Sohn! Deine kleine Freundin ist nichts weiter als ein wertloses und dreckiges Schlammblut!"
„Lucius!", mischte sich seine Frau geschockt ein und wollte ihm an die Schulter fassen, doch er riss sich sofort wieder los.
„Schweig, Zissy! Du kennst unsere Vorschriften!", fauchte er, ehe er sich wieder an seinen Sohn wandte, dem inzwischen jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war.
„Was für ein jämmerlicher Verräter du doch bist! Verbringst deine Zeit mit Schlammblütern!"
„Sie... sie ist gar nicht so übel. Sie ist Jahrgangsbeste und-" „Jahrgangsbeste?! Mein eigener Sohn ist dümmer als ein Schlammblut?!"
„Lucius, bitte! Findest du nicht, dass diese Ansichten etwas veral-"
„Ich sagte schweig!", fiel er seiner Frau wutentbrannt ins Wort und warf ihr einen verhassten Blick zu, ehe er herabschauend auf den kleinen Blonden zuging und dicht vor ihm stehen blieb.
Dieser schielte benommen und traurig zu Boden, weshalb Lucius ihn unsanft am Kinn packte und seinen Kopf gewaltsam nach oben drückte, um ihm in die Augen zu sehen.
„V-Vater, wenn... wenn du sie kennenlernen würdest, dann... dann würdest du es bestimmt verstehen... Sie...sie ist wirklich schlau und... und unglaublich lie-"
Ein lautes 'Klatsch' ertönte im Wohnzimmer des Malfoy Manors und hallte durch den steinernen Raum, als Lucius dem kleinen Draco mit voller Wucht eine Ohrfeige verpasste, was die echte Hermine ein weiteres Mal erschrocken zusammenzucken ließ.
Geschockt beobachtete sie, wie auf der Wange des Kleinen ein tiefroter Handabdruck erschien, den sein Vater durch den festen Schlag hinterlassen hatte.
„LUCIUS!", schrie erneut die vor Schreck erbleichte Narzissa und stand hastig auf, um ihren Mann von ihrem gemeinsamen Sohn wegzuzerren, doch er stieß sie gewaltsam mit dem Ellbogen nach hinten, was sie letztlich zu Boden krachen ließ.
„Mum!", stieß der Kleine erschrocken aus und wollte zu ihr rennen, doch sein Vater hielt ihn sofort zurück.
„Das passiert, wenn man mir in die Quere kommt!"
„Sie... sie wollte mir doch nur helfen.", nahm er seine Mutter in Schutz, die sich inzwischen wieder aufgesetzt hatte und sich langsam und mit kalkweißem Gesicht erhob.
„Ein Malfoy braucht keine Hilfe! Und ein Malfoy duldet erst recht keine Freundschaften zu irgendwelchen Schlammblütern in seiner Familie!"
„A-Aber... aber du... du... kennst sie doch gar nicht und kannst gar nicht wissen, wie-"
„Sei endlich still! Du kennst unsere Pflichten und Vorschriften! Und das wird dein kleiner Abschaum auch noch zu spüren bekommen, das darfst du mir glauben!"
„Tu ihr nichts! Bitte!", flehte der Kleine mit winzigen Tränen in den Augen, was Hermine einen Stich ins Herz versetzte, die daraufhin selbst mit den Tränen zu kämpfen hatte. Anders als Lucius, in dessen Gesicht sich ein diabolisches Grinsen breitmachte.
„Wie überaus rührend.", lachte dieser sarkastisch auf und zog seinen Sprössling an seinem Hemdkragen nach oben, sodass dieser hilflos in der Luft baumelte.
„Sag mir nicht, dass du dieses Schlammblut gern hast oder gar liebst!"
„I-Ich-", stammelte der Kleine, doch er bekam auch dieses Mal nicht die Chance, seinen Satz zu vollenden, denn sein Vater ließ von ihm ab und verpasste ihm stattdessen einen Stoß, der ihn, wie seine Mutter zuvor, zu Boden krachen ließ.
„Du bist erbärmlich! Ich habe dich anders erzogen und diesen Verrat lasse ich nicht auf mir sitzen! Beende die Freundschaft zu diesem grässlichen Schlammblut oder ich werde selbst dagegen vorgehen!"
„Vater, b-bitte...ich...sie...sie ist-"
„Wage es nicht, mir noch einmal zu widersprechen! Hast du mich verstanden?!"
Der kleine Draco brach in Tränen aus, was die echte Hermine ihm gleichtat, denn sie konnte nicht fassen, wie kaltherzig ein Mensch sein konnte. Sie hatte noch nie viel von Lucius Malfoy gehalten, doch dass er so grausam sein konnte – ganz besonders seiner eigenen Frau und seinem eigenen Sohn gegenüber – schockierte sie in höchstem Maße.
„Hör auf zu heulen wie ein kleines Kind! Dieses eine Mal werde ich ein Auge zudrücken und deine kleine Missgeburt in Ruhe lassen! Stattdessen wirst DU ihr klarmachen, dass sie nichts in unserer Familie und unseren Kreisen zu suchen hat! Und damit du nicht noch einmal auf die Idee kommst, meinen Forderungen zu widersprechen..." Er brach ab und zückte stattdessen mit einem listigen Grinsen auf dem Gesicht seinen Zauberstab, den er auf seinen immer noch schluchzenden Sohn richtete.
„CRUCIO!"
Kaum hatte der Zauberspruch Lucius' Lippen verlassen, wurde das Bild schlagartig schwarz, was Hermine geschockt zurückschrecken ließ und ihren Puls in unmessbare Höhen katapultierte.
Die Schreie, die daraufhin zu hören waren und die sie eindeutig dem kleinen Draco zuordnete, waren unerträglich und einfach nur schrecklich. Sie war zutiefst schockiert und konnte nichts weiter tun, als diese Schmerzensschreie zu ertragen, was ihr Herz gänzlich zerriss.
„Hör auf! Lucius, hör auf! Du bringst ihn noch um!", vernahm sie nach einiger Zeit zusätzlich die aufgebrachte Stimme von Narzissa Malfoy, wobei diese lediglich dumpf in Hermines Ohren widerhallte und immer leiser wurde, was bedeutete, dass Draco damals geistig weggetreten war und letztlich ganz das Bewusstsein verloren hatte, denn mittlerweile war die Szene nicht mehr nur komplett schwarz, sondern auch totenstill.
Nur wenige Sekunden später tauchte Hermine wieder im Raum der Wünsche auf, in dem sie den echten Draco vorfand, der wie verrückt zitterte und sein Gesicht in den Händen vergrub.
Dieses Szenario ein weiteres Mal vor Augen geführt zu bekommen, hatte offensichtlich auch ihm gehörig zugesetzt, was auch verständlich war, denn diese Bilder waren furchtbar und unbeschreiblich grausam gewesen.
Hermine war leichenblass im Gesicht und atmete schwer, da sich ein riesiger Kloß in ihrem Hals gebildet hatte, der ihr die Luft zum Atmen nahm. Ihre Hände begannen zu zittern und umklammerten krampfhaft den kleinen Schlüsselanhänger und ihren Zauberstab.
Sie ließ sich erneut gegen seine Schulter sinken und kuschelte sich bei ihm ein, woraufhin er sie sofort in die Arme schloss und ihr einen Kuss auf die Stirn gab, da er sie bei sich behalten wollte und ihre Nähe brauchte. So, wie sie seine brauchte.
„Was...was hat er... was hat er getan? Wieso...wieso hat er dich... also... warum ist er so... so grausam und... und...", stotterte sie hilflos und geschockt vor sich hin, als sie die letzten Bilder noch einmal Revue passieren ließ.
„Er wollte mir nicht zuhören und hat es nicht wahrhaben oder akzeptieren, geschweige denn überhaupt verstehen wollen. Er hat mich bestraft und gefoltert, weil...weil ich...dich..."
Der Rest seines Satzes erstickte in einem leisen Schluchzen, was Hermine sofort zu besänftigen wusste, denn sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und streichelte dabei erneut beruhigend über die andere, sodass er letztlich die Augen schloss.
„Er kann dir nichts mehr antun, Draco... Er ist in Askaban und kann dir nicht mehr wehtun, hörst du?", redete sie ihm gut zu und gab ihm einen weiteren Kuss auf die Wange, woraufhin er sie noch fester zu sich zog.
Sie wollte ihm diese Zuneigung selbstverständlich gewähren und schmiegte sich ergeben an seine Brust, an der sie sein schnell klopfendes Herz spüren konnte, das sie allmählich beruhigte.
Sie konnte nur ahnen, wie Draco sich damals gefühlt hatte und welche Höllenqualen er hatte aushalten müssen. Ihretwegen wohlgemerkt. Und diese Tatsache versetzte ihr einen äußerst schmerzhaften Stich ins Herz, denn sie wollte beim besten Willen nicht für das Leid Anderer verantwortlich sein.
Auch wenn Hermine sich sicher war, dass nach dieser Szene noch lange nicht alles gesagt oder gesehen war, wollte sie ihm jetzt einfach nur Kraft und Zuneigung schenken.
Sie wollte ihm zeigen, dass sie für ihn da war und er nicht alleine war. Dass diese Qualen ein Ende hatten und er in Sicherheit war. Dass sie ihn schätzte, mochte und gern hatte.
Und vielleicht auch ein wenig mehr als das...
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