4 ❣ Fangirling and Raspberry Tea




ELEANOR


Innerlich zitterte ich immer noch. Louis Tomlinson hatte mich berührt. Er hatte mir aufgeholfen und redete mit mir. Spontan fielen mir fünf meiner Bekannten ein, die für diese Gelegenheit töten würden, die ihre Musik rauf und runter hörten, jedes einzelne Wort mitsingen konnten und die Jungs wirklich mochten. Mich eingeschlossen. Selbstverständlich. Schon bei X-Factor hatte ich sie unterstützt und ihre Art zu performen gemocht. Die Leichtigkeit, diese kindische Ader und der Spaß an ihrer Arbeit hatten mich sofort gefesselt.

Aber mir fiel nicht im Traum ein, Louis genau das unter die Nase zu reiben. Dieses Spielchen, wenn man es so nennen mochte, was wir hier aufgebaut hatten, gefiel mir viel zu sehr. Es machte die Sache spannend, prickelnd und zog es vor allem in die Länge. Denn er schien nicht daran interessiert zu sein, frühzeitig abzudampfen. Zu meinem Glück. Wer konnte schon behaupten, einen Weltstar aus nächster Nähe kennen gelernt zu haben. Ganz ohne Fotografen, Geschreie, Gequietsche, in Ohnmachtgefalle und das ganze nervenzerreißende Brimborium.

Abwehrend hob ich die Hände, nachdem er von seinen Künsten im Disney-Songs-grölen erzählt hatte. „Oh bitte nicht! Bitte keine Kostprobe! Ihr dudelt schon im Radio rauf und runter. Wobei ich auf das ‚rückwärts mitsingen' eventuell noch mal zurückkommen möchte."

Sicherlich wäre ein kleines Privatkonzert wundervoll gewesen. Doch das wollte ich seinem Ego nicht antuen. Abgesehen davon bekam das Bild nicht mehr aus meinem Kopf, wie Louis für seine kleinen Geschwister den Olaf mimte.

Es dauerte ein bisschen, bis er dieses dämlich-süße Grinsen abstellte. Irgendetwas sagte mir daher, dass es Zeit wurde zu gehen. Bruce hatte sein Geschäft noch nicht erledigt und meine Finger waren langsam aber sicher taub. Außerdem wollte ich nicht, dass meine Granny sich zu große Sorgen um mich machte. Ich zog ein bisschen an Bruce' Leine und er setzte sich tatsächlich in Bewegung.

Louis allerdings auch.

Er schien sich gefangen zu haben und war mit zwei schnellen Schritten auf meiner Höhe angelangt. „Gehen wir ein Stück?"  Diese funkelnden, blauen Augen brachten meine Knie beinahe zum Schmelzen. Doch seit Matt hatte ich eine Mission: Rarmachen. Und mal ganz ehrlich: Louis Tomlinson? Ich hatte mir auf der Pfütze vermutlich den Kopf angeschlagen und halluzinierte vor mich hin.

„Du bist Louis Tomlinson?" Meine Diskussionen und Argumente waren auch schon mal besser. Als wenn er nicht wüsste, wer er ist. Innerlich ohrfeigte ich mich, doch er sprang drauf an. War er betrunken? Bekifft? Zu hart auf den Kopf gefallen?

„Na und? Hab ich deshalb keine Beine?"  Und schon waren meine Zweifel wie weggeblasen. Louis Tomlinson fand nämlich auch keine besseren beziehungsweise schlagkräftigeren Argumente. Warum regten sich alle immer so auf, wenn es um den Umgang mit einem Star ging? Das war doch kinderleicht.

„Nein, Danke. Ich will nicht morgen Staatsfeind Nr. 1 im Directioner-Wunderland sein." Mit dem ‚Fachausdruck' hatte mich wohl verraten. Das sagte mir zumindest sein Grinsen. Irgendwann würde ich wohl die Prügelstrafe gegen mich selbst einführen müssen.

„Ich wollte mit dir spazieren gehen. Nicht dich nach Vegas entführen um dich zu heiraten und auch nicht vor jedem Klatschblatt in ganz London eine Nummer schieben."  -Eine Steilvorlage, Mister Tomlinson.

„Das hättest du so wieso nicht geschafft."

Louis' Mund klappte auf. Siegessicher ging ich ein Stückchen weiter und grinste in meinen nicht vorhandenen Bart, als Louis' Jacke ebenfalls zu Lachen begann. Wenigstens war ich witzig...Moment?

„Hat-hat deine Jacke gerade gelacht?" Völlig verwirrt zeigte ich mit meinem Finger auf seine Jacke. Wenn es überhaupt möglich war, wurden seine Augen noch größer. „Oh Shit...", murmelte er verhalten, nahm sein Handy heraus und starrte es kurz an. Neugierig, wie ich war, spähte ich kurz zu ihm rüber. Ich sah allerdings nur einen laufenden Anruf. Nicht, an wen er gerichtet war. Louis hielt den Hörer an sein Ohr und fragte: „Bist du noch da?" Ich vernahm nur ein paar Brocken, unteranderem „Gefällt mir" oder „Versaue es bloß nicht". Mehr nicht. Louis entgegnete alles abwechselnd mit „Halt die Klappe", „Alter?!" oder „Laber nicht." Grinsend ging ich wieder ein paar Schritte voraus. Ich musste mich sammeln. Wenn mich nicht alles täuschte klang der Akzent schwer nach einem gewissen Lockenkopf.

Und schon fühlte ich mich wieder, wie ein 13 –jähriger Freak.

Dieser Spaziergang war vollkommen verrückt. Ich war vollkommen irre. Ob ich von der ganzen Schokolade einen Zuckerschock bekommen hatte? Dies würde zumindest diese völlig irre Halluzination direkt vor meiner Nase erklären. Prüfend legte ich meine Finger und suchte nach meinem Puls. Schnell rauschte das Blut durch meine Adern. Ein eindeutiges Zeichen, dass ich mir auf der Eisfläche nicht das Genick gebrochen hatte und nun tot darum lag.

„Hey, Anna. Warte!" Der Schnee knirschte laut unter Louis' Füßen, als er den Abstand zwischen uns wieder vernichtete. „Du lässt wohl nicht locker, huh?"

Grinsend schüttelte er den Kopf. „Ist doch nur fair, wenn ich hin und wieder die Seiten wechsle oder?" „Natürlich", grinste ich. Wenn ich mir vorstellte, dass er dieses Hinterhergelaufe quasi vierundzwanzig Stunden, sieben Tage die Woche lang ertragen musste, wurde mir schlecht.

Schweigend gingen wir einfach neben einander her. Der Schnee fiel weiter hin auf den Boden und auch die Kälte war immer noch furchtbar. Und trotzdem fühlte ich mich wohl. Wer würde das auch nicht in meiner Situation? So bescheuert es auch klang, ich hatte beschlossen Louis, als Louis zu sehen, so lange er noch nicht genug von mir hatte. Was brächte es mir, wenn ich Louis Tomlinson anschmachtete, wie jede andere es tat? Jeder Fan wollte in besonderer Erinnerung bleiben. Wenn ich ihn also völlig normal behandelte, vielleicht würde er mich nicht gleich morgen schon vergessen, sondern erst übermorgen?

Nach ein paar Minuten fiel mir Louis' Nervosität auf. Es war, als würde er auf Teufel komm raus ein Gespräch beginnen wollen. „Wenn du mir schon nicht deinen Namen verrätst, magst du wenigstens einen Kakao trinken gehen? Es ist furchtbar kalt."

Ich widmete mich erst Bruce und seinem Geschäft, bevor ich Louis auf seine Frage antwortete. Es war schon oft genug vorgekommen, dass die seltsame Frau von nebenan zu meiner Granny gestapft war, um ihr empört zu berichten, dass ich mit Bruce am Donnerstag um 17:38 Uhr spazieren war und sein 17:41 Uhr-Häufchen vergessen hatte.

„Glaub mir, mein Bedarf an Schokolade ist gedeckt." Demonstrativ rieb ich über meinen Bauch. Nach den Filmen und den geschätzten 6.000 Kalorien war mir definitiv nicht nach Schokolade zu mute. Louis senkte nach meiner Antwort seinen Kopf und schien zu überlegen.

„Kaffee?" Wieder musste ich ihn enttäuschen. In der letzten Woche an der Uni hatte ich nichts anderes gemacht, als Kaffee zu trinken, um die ellenlangen Vorlesungen und die Soziologie - Hausarbeit zu überleben. Viele meiner Kurse hatten nicht stattgefunden, die ich dann in Rubys Café verbracht hatte. Doch dieser enttäuschte Ausdruck auf seinem Gesicht, gefiel mir noch weniger, als der Gedanke noch mehr Kaffee und oder Kakao zu schlürfen.

„Tee?" fragte ich in dem Moment, als Louis einen Satz mit: „Was wäre mit-" begann.

Lachend nickten wir. „Ich kenne einen tollen, kleinen Laden. Da dürfte eigentlich auch nicht ganz so viel los sein."

Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen folgte er mir. Als wir den Park verließen fiel mir eine Kleinigkeit auf. Diese Kleinigkeit war etwa einen halben Meter groß und hatte honigbraunes Fell.

„Was hältst du davon, wenn wir uns in zwanzig Minuten genau hier treffen?" Louis runzelte die Stirn. „Ich muss Bruce noch nach Hause bringen."

Seine Miene erhellte sich wieder. „Ich kann dich doch auch schnell begleiten. Nach Hause zu gehen lohnt sich für mich nicht. Außerdem blockieren meine Schwester und ihr komischer Freund immer noch mein Haus. Wer weiß, was die beiden Am Tag der Liebe so alles anstellen..." Die Offenheit mit der Louis mir begegnete verwirrte mich, machte ihn mir aber gleichzeitig umso sympathischer. Schließlich könnte ich auch irgendeine schlüpfrige Reporterin sein, die aus seinem Dilemma Profit schlug. Es ehrte mich, dass er mir so zu vertrauen schien.

„Vergiss es. Am Ende stalkst du mich noch." Frech grinsend ließ ich ihn einfach stehen. Als ich hinter die nächste Straßenecke lief und mir sicher war, dass er mir nicht gefolgt war, blieb ich stehen und atmete einmal tief durch.

Alles wird gut, Eleanor. Tief ein und- ach scheiß drauf.

Ich begann los zu quietschen und wild mit den Armen zu fuchteln. Das konnte doch nicht wirklich wahr sein! Bruce bellte auf und sprang ebenso herum. Wahrscheinlich hatte meine kleine Fangirl – Attacke ihn erschreckt, aber wenn ich wollte, konnte ich es auch als Freude deuten.

„Ach du scheiße! Oh mein—Oh mein Gott!!"

„Ach und, Prinzessin? Du bist zu groß, um dich hinter einer Hüfthohen Mauer zu verstecken!" Louis Lachen ließ mich vollkommen rot anlaufen. Scheiße. So viel zum Thema: Rarmachen; nicht das Ego puschen und cool sein. Scheiße.

„Ich hab eine Bestätigungsnachricht von Zalando bekommen. Meine Schuhe kommen morgen. Alles gut." Das wäre dann Ohrfeige Nr. 353 für heute. Meine wundervollen Reaktionen, Aktionen, Argumente und Dinge, die ich von mir gab, schob ich nun endgültig auf den Zucker. Meinen Himbeertee würde ich wohl heute mit Zitrone, statt Zucker bestellen. Sonst bestünde noch die Gefahr, dass ich Louis an den Hals sprang.

Eine Stunde später betrat ich den kleinen Laden. Die Atmosphäre fesselte mich immer wieder. Es war einfach warm, heimelig und kuschelig. Die alte Dame, die den Laden betrieb kam hinter der Theke vor und lächelte mich an. Ich kam immer wieder gerne hier her. Nicht nur, weil die Eigentümerin eine gute Bekannte meiner Granny war. Dieser Laden hatte einfach Charme. Außerdem gab es hier nicht nur den besten Tee, den frischesten Kaffee und den tollsten Kakao sondern auch fantastisches Gebäck. Die fünf Pfund, die ich zugelegt hatte, seit ich bei Ruby begonnen hatte zu arbeiten, kamen nicht von ungefähr. Die alte, quirlige Dame schien es zu lieben mich in den Pausen, in Klausurphasen oder einfach nur aus reiner Nächstenliebe zu mästen.

Louis folgte mir und schaute sich skeptisch um. Außer einem alten Ehepaar befand sich niemand hier, der ihn erkennen könnte. Doch seine Anspannung löste sich nicht vollständig. Reine Gewohnheitssache schätzte ich. Ganz Gentlemen, wie ihn viele einschätzten, nahm er mir die Jacke ab. Ich bedankte mich mit einem kurzen Lächeln, sah aber nicht ein, dass er auch noch die Getränke holte. Am Ende wollte er auch noch zahlen. Soweit würde es noch kommen.

„Was möchtest du trinken? Ich lade dich ein." „Meinen Himbeertee kann ich mir schon noch leisten, Anna. Keine Sorge, so schlecht steht es um uns nicht." Kurz schmunzelte ich. Er wurde mir immer sympathischer.

Ich seufzte zufrieden auf, als der erste Schluck Tee meinen Rachen hinab ran und mich von innen aufwärmte. Auch Louis freute sich, dass er etwas gefunden hatte, womit er seine Finger auftauen konnte. Jetzt mussten wir bloß noch eine Lösung für unsere durchnässten Füße finden.

„Also, erzähle mir was von dir." Louis stellte die Tasse auf dem Tisch ab und lehnte sich im Stuhl zurück. Meine Finger spielten mit dem Griff des alten Porzellans. „Was willst du hören?"

„Du könntest mit deinem Namen anfangen." Als hätte ich es geahnt. Mit einem neuen Schluck Tee im Mund schüttelte ich den Kopf. „Mir gefällt dieses Spitznamen-Ding ganz gut. Und wie gesagt, am Ende kommst du noch auf die Idee mich zu stalken. Was wenn meine Geheimidentität als Spionin der Königin auffliegt."

„Das kann ich ausschließen."

„Was macht dich da so sicher?"

„Eine geheime Spionin sagt niemals, dass sie eine geheime Spionin ist."

„Okay, der Punkt geht an dich, Tom-" Hektisch schüttelte er den Kopf. Ohrfeige Nr. 354 an mich. Dann könnte ich ja gleich seinen Standort twittern. „Sorry", murmelte ich Schuld bewusst.

„Nicht so schlimm. Es gab ja noch kein...Gewitter." Ich brauchte einen kurzen Moment, bis ich verstand, was er mit Gewitter meinte. Heute war ich definitiv nicht die Intelligenz in Person. „Also, Prinzessin. Erzählt mir etwas über Euer spannendes Leben als Thronanwärterin."

Die alte Dame drehte sich mit großen Augen zu uns um. „Oh nein, Madame. Meinem Freund hier bekommt die Kälte nicht so gut, kein Grund zur Aufregung."

Als ich mich zu Louis umdrehte begrüßte mich ein dämliches Grinsen. „Was?" fragte ich und nippte erneut an meinem Tee. „Ach nichts." War seine beiläufige Antwort. Das triumphierende Grinsen schraubte er dennoch nicht ab.

















So good - Louisa Johnson

14.02.2017

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