3 ❣ Louis on Tour
❣ LOUIS
Die kleinen Schneeflocken die immer mal wieder vom Himmel fielen gingen mir schon nach einer Viertelstunde furchtbar auf die Nerven. Als sie Reece eingeschneit hatten, waren sie mir wirklich sympathisch gewesen. Auch die Tatsache, dass sie in den ersten fünf Minuten meines Spaziergangs nicht auf mich geflogen waren, hatte mich gefreut.
Das sie mir jetzt, wo meine Finger taub, meine Lippen blau und meine Zehen durchnässt und vermutlich schon abgefallen waren, ins Gesicht peitschten ließ sie mich verfluchen. Und diese Strapazen nahm ich einzig und allein für meine Schwester auf mich. Wenn ich nach Hause kam sollten besser ein heißer Kakao und etwas Warmes zu Essen auf mich warten. Sonst würde ich für nichts mehr garantieren können. Zur Not würde ich mich auch an dem Rothaarigen vergreifen. Zumindest dann, wenn durch Zufall die Erde untergehen sollte.
Mein Handy vibrierte und zwang mich somit meine verkrampften Hände aus meiner Jackentasche zu holen. Die Whatsapp-Gruppe zeigte ein paar neue Nachrichten, die ich auf dem gesperrten Bildschirm überflog.
Harry berichtete mir, dass Lottie sich gemeldet hatte. Liam erkundigte sich, ob alles in Ordnung war und Niall hatte ein Bild in die Gruppe gesendet. Vermutlich ging es dabei entweder um Melissa und Essen, nur Melissa oder nur Essen. Die einzige andere – allerdings eher die unwahrscheinlichste - Alternative war Theo. Vermutlich hatten Greg und Denise den Kleinen abgeschoben, damit sie etwas Zeit für sich hatten. Wer konnte es ihm verübeln? Das Mum Doris und Ernie noch nicht zu mir gebracht hatte, war alles. Fizzy hätte sie schließlich bei ihrem Freund parken können (den alle zur Abwechslung mal leiden konnten) und für Phoebs und Daisy hätte ich sicherlich auch noch ein Plätzchen gehabt. Dann wäre ich wenigstens beschäftigt und müsste jetzt nicht durch die Kälte tappen, damit Reece freie Bahn in die Hose meiner kleinen Schwester hatte. Ich konnte absolut nichts dafür, doch egal wer diesen Namen aussprach, es klang immer bissig und eher nach einem Schimpfwort. Tja. Pech gehabt.
Planlos lief ich weiter durch die Wohngegend. Durch den Schnee und die Kälte sah meine Ninja-mäßige Tarnung nicht ungewöhnlich aus. Die einzige, die mich erkannte (streng genommen auch die einzigen denen ich begegnet war), war ein kleines Mädchen. Sie war vielleicht neun Jahre alt und wurde von ihrer gestressten Mutter zum Auto gezerrt. Mit großen Augen sah sie mich an. „Mama, Mama! Das ist Louis Tomlinson!" Die Reaktion der Mutter fiel dagegen weniger euphorisch aus. „Aha." Ihr Handy war eingeklemmt zwischen ihrem Ohr und ihrer Schulter. Das Gespräch hatte mehr von ihrer Aufmerksamkeit bekommen. Ich zwinkerte der Kleinen zu und ging weiter. Mir war zwar bewusst, dass eine sechs- oder sieben- oder achtjährige kein Twitter, Tumblr, Schlagmichtot besaß, doch einen Tumult würden weder Modest!, noch Paul, noch ich befürworten.
Aus purer Langeweile riskierte ich eine Verstümmelung. Nur für den Fall, dass meine Hände abfielen.
„Hazza, mir ist langweilig." Mein Atem verursachte seichten Rauch, als er meinen Mund verließ. Meine Worte hingegen dezente Aggressionen auf der anderen Seite des großen Teichs.
„Welchen Teil von Flugzeug hast du nicht verstanden? Lottie ist doch bei dir oder nicht? Außerdem müssen selbst Leute mit unserem Status Handys eigentlich im Flugmodus haben, wenn sie irgendwo in zehntausend Metern Höhe rumfliegen." Mein Anruf verursachte nicht gerade eine Welle der Freude. Irgendwie konnte ich ihn ja auch verstehen. Wie viel Uhr war es wohl bei ihm? Zwei, drei Uhr morgens? Vielleicht sechs, sieben, acht Uhr? Naja mir eigentlich auch egal.
„Jaja, hattest du aber nicht. Und genau das ist ja mein Problem", grummelte ich und kickte einen kleinen Stein vor mir her, der noch nicht unter einer Schneedecke begraben war. „Hä?" Ich konnte förmlich vor mir sehen, wie er die Stirn runzelte und seine Augenbrauen sich begrüßten.
„Lottie hat den Schmierlappen angeschleppt und ich hatte keinen Bock auf Rumgefummel." Ich machte eine kleine Pause. Am anderen Ende der Leitung war es verdächtig still. Es kam mir vor, als würde Harry den zweiten Teil meines Satzes gerade zu riechen. „—Und ich wollte mir nicht zwei Turteltauben geben, wenn ich sie immer noch nicht vergessen kann. Nach fünf verfluchten Monaten", gab ich schließlich kleinlaut zu. Das Glück meiner Schwester direkt vor der Nase zu haben, tat irgendwo weh. Es lag nicht unbedingt daran, dass ich es ihr nicht gönnte. Vielmehr litt ich an dem Anblick der beiden, beziehungsweise an den Erinnerungen, die die beiden in mir hervorriefen. Mir war durch aus bewusst, was ich für ein Weichei geworden war, seit Leonie sich von mir getrennt hatte. Die Jungs trugen einen großen Teil dazu bei, dass ich es auch ja nicht vergaß. Abstellen war dennoch leichter gesagt, als getan.
„Mensch Louis. Wir mochten sie alle, wirklich. Doch wenn du noch länger in der Vergangenheit lebst, ihre Klamotten in der Schublade lässt und ihr Shampoo im Bad rum stehen lässt, um in verzweifelten Momenten dran zu riechen, wirst du nie von ihr loskommen. Ich habe dir gleich gesagt, komm mit nach L.A. Du hast nach ihr kein Mädchen auch nur mit deinem Hintern angesehen. Außer die zwei blonden Barbies da im Club.—Gut okay, du warst hacke zu dem Zeitpunkt, aber du hattest kein ernsthaftes Date. So wird das nie was. Glaub mir, Bro. Wenn du ein Mädchen finden würdest, und das tust du nicht, wenn du den ganzen Tag zu Hause hockst, mit dem du dir ein zweites Date vorstellen kannst, dann läuft die ganze Sache von alleine.-"
Während Harrys Monolog war ich mit dem Kopf nach unten einfach wahllos abgebogen und schließlich im Park gelandet. Er hatte Recht. Wenn ich weiter so in der Vergangenheit leben würde, würde ich noch ewig an ihrem Shampoo schnüffeln und ihr Kopfkissen an mich kuscheln. Auch mit den zwei Mädels hatte er Recht. Ich wusste inzwischen nicht mal mehr ihre Namen. Und das lag nicht zwanghaft an dem ganzen Alkohol. Schließlich hatte ich die Hälfte schon wieder in die Kanalisation geschickt, bevor ich die beiden angesprochen—oder eher an gelallt hatte.
„- Ich könnte dir anbieten, dass du in den nächsten Tagen zu mir kommst. Wir haben schon ewig nichts mehr zu zweit gemacht. Dann kann dir dein Lieblingsmitglied mal wieder beibringen, wie man Chicks aufreißt...Louis, hörst du mir zu?"
Harrys Gebrabbel nahm ich nur schleierhaft war, bis ich meinen Namen hörte. Vielleicht sollte ich ihm zuhören, wenn ich ihn schon zweimal innerhalb eineinhalb Stunden anrief, obwohl ich keinen lebensbedrohlichen Grund hatte. „Sorry, ich habe mich nur gefragt, wie die Blonden hießen. Weißt du das noch?"
Leises Lachen dröhnte aus dem Hörer. „Ich philosophiere hier vor mich hin und betreibe eine tiefenpsychologische Analyse deiner verkorksten Persönlichkeit und alles was du davon behältst ist ‚Blonde Barbies'?"
Eigentlich hätte ich ihm eine Antwort geschuldet. Doch ein Bellen und ein unterdrückter Schrei zogen meine Aufmerksamkeit auf sich. Ein großer, flauschiger, honigbrauner Hund kam auf mich zu gelaufen, schnüffelte an mir und ließ mich dann links liegen.
Nicht weit vor mir hatte sich ein Mädchen auf einer kleinen, vereisten Pfütze lang gelegt und brummelte etwas vor sich hin.
„Danke, Bruce." Meinte sie sarkastisch. Sie hatte eine warme und sanfte Stimme. Ihre dunkelblaue Mütze war etwas verrutscht, genauso wie ihr teuer aussehender Mantel.
„Ich heiße zwar nicht Bruce, aber ich helfe dir gerne auf, Eisprinzessin."
Eisprinzessin? Ich hatte auch schon mal bessere Sprüche auf Lager. Wenn ich mir eben noch vorgenommen hatte, Harrys Ratschlag zu berücksichtigen, hätte ich mir jetzt schon wieder eine Ohrfeige verpassen können. Das mit dem Mädchen zu meinen Füßen konnte ich mir abschminken. Ganz sicher.
Ich streckte dem Mädchen meine Hand entgegen und half ihr hoch. Obwohl sie erst einen skeptischen Blick auf mich warf, nahm sie meine Hand. Sie hatte wundervolle Augen, egal ob mich ihr Blick skeptisch und leicht von oben herab musterte. Sie gefielen mir.
„Danke." Sie war der einzige Mensch, den ich je in meinem Leben getroffen hatte, bei dem dieses kleine Wort, wie ein rasiermesserscharfes Schimpfwort ausgesprochen wurde.
Grinsend beobachtete ich sie, bis sie mich verwirrt ansah. „Hab ich was im Gesicht?"
„Nein. Um ehrlich zu sein an deinem Hintern.—Also nicht, dass ich drauf gestarrt hätte, aber das Braune da ist doch ziemlich auffällig." Wow Tomlinson. Du bist heute echt in Höchstform. Sie seufzte auf und begann sich, wie ein Hund um die eigene Achse zu drehen, bis sie den Fleck entdeckte und ihn fluchend wegwischte. Das braun, goldene Fellknäuel kam wieder zurück zu uns und schnupperte an meiner Hand. Lächelnd ging ich ihn die Hocke und begann ihn zu kraulen.
Verwundert hörte die Brünette vor mir auf sich den Dreck vom Hinter zu wischen. „Das macht Bruce sonst nie."
„Tja, ich bin halt etwas Besonderes." Vielleicht zog die ‚Cheeky-Harry'-Nummer bei mir ja auch? Bei Niall und Melissa hatte es schließlich auch geklappt.
Die Augen verdrehend nahm sie den Hund an die Leine und zog ihn von mir weg. Okay, sie versuchte es zumindest. So ein zierliches Ding wie sie, konnte ein so stures Ding, wie Bruce keinen Zentimeter bewegen. „Typisch ihr Popsternchen. Ihr meint auch die ganze Welt dreht sich um euch", murmelte sie. Ich schluckte einmal schwer. Oh Shit. ‚Cheeky-Harry' wurde definitiv aus meinem Repertoire gestrichen!
„Jetzt sieh mich nicht so an, ich lebe nicht hinterm Mond. You can't go to bed without a cup of tea—blabliblubb. Ich bin doch nicht von gestern." Meine großen, erschrockenen Augen brachten sie zum Lachen. Einem wirklich ansteckenden Lachen.
„Okay, erwischt. Aber da du jetzt weißt, wie ich heiße, will ich wissen, wie du heißt." Ich war wirklich zuversichtlich, dass ich es auf die Harry-Art-und-Weise schaffen würde. Bis sie den Kopf schüttelte. „Nein."
Beinahe wäre mir die Kinnlade nach unten geklappt. Doch aufgeben kam nicht in die Tüte. „Aber ich kann dich doch nicht einfach weiter Eisprinzessin nennen?" Mit einem verführerischen Blick—hoffte ich zumindest, zwinkerte ich ihr zu. „Stimmt...wie wäre es mit Anna? Elsa ist die Königin, das geht nicht. Also Anna."
Und jetzt klappte mir die Kinnlade doch herunter. Was stimmte mit ihr nicht? „Jetzt sieh mich nicht so an, als hätte ich einen Sprung in der Schüssel. Kennst du Frozen nicht?"
Erst jetzt klingelte es bei mir. Phoebe und Daisy hatten mich an Weihnachten genötigt diesen Film zu sehen. Sechs Mal. „Glaub mir, Süße. Mit fünf Schwestern kannst du jedes verdammte Lied vorwärts und rückwärts mitsingen."
Abwehrend hob sie die Hände. „Oh bitte nicht! Bitte keine Kostprobe! Ihr dudelt schon im Radio rauf und runter. Wobei ich auf das ‚rückwärts mitsingen' eventuell noch mal zurückkommen möchte."
Jetzt war sie es, die mir frech zu zwinkerte. Vielleicht hatte Harry Recht. Vielleicht sollte ich mich nach Alternativen umsehen. Und diese Alternative hier gefiel mir gut. Sehr gut sogar.
♫ Tears - Louisa Johnson ft. Clean Bandit (Acoustic Version)
↬14.02.2017
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