15 ❣ Savior
❣ELEANOR
Hundemüde schleppte ich mich die Treppen nach unten, in der Hoffnung, dass die U-Bahn heute einmal nicht vollkommen überfüllt sein würde, wenn ich schon den Luxus genießen durfte, heute später in die Uni zu müssen. Ich war allerdings noch nicht richtig unten angekommen, da stöhnte ich innerlich schon auf. Wie war das noch gleich: Die Hoffnung stirbt zuletzt? Meine Hoffnung stürzte sich in diesem Moment mit einem Messer in der Brust von der nächsten Klippe.
Der Bahnsteig war überfüllt mit hektischen Menschen unterschiedlichen Alters. Entweder waren sie, wie ich, auf dem Weg zur Uni, zur Schule oder auf dem Weg zur Arbeit. Viele hielten Aktentaschen in der einen und Pappbecher in der anderen Hand. Irgendwo zwischen einem älteren Herrn mit einem Kaffeebecher und einem Jungen mit Skateboard und großen Kopfhörern entdeckte ich meine beste Freundin. Sie hatte ihre blonden Haare locker zu einem Zopf gebunden, hielt zwei Kaffeebecher in einer Halterung hoch, als wären sie Trophäen und starrte trotzdem desinteressiert auf ihr Handy.
„Du bist ein Schatz", erleichtert nahm ich ihr einen Becher aus der Hand und reichte ihr im Gegenzug eine Tüte aus Rubys Bäckerei. Lani würde für Rubys Eclairs töten. Und genau deshalb hatte es sich zu einem Ritual entwickelt, dass Lani vor der Uni bei Starbucks vorbei ging und ich ihr ein paar Köstlichkeiten bei Ruby besorgte. Für mich selbst besorgte ich mir immer ein Stückchen des Zitronen-Minze-Blechkuchens, dessen Rezept Ruby ihrer Schwiegermutter vor einer Ewigkeit entlockt hatte. Noch immer könnte ich ihr für diese Tat die Füße küssen. Die alte Dame hatte mir häufig von der „alten Hexe" erzählt, wie sie ihre eigene Schwiegermutter zu Lebzeiten genannt hatte. Sie muss ein furchtbar verbitterter Mensch gewesen sein, dafür seien ihre Mahlzeiten immer süß gewesen, egal, was sie gekocht hatte. Eine Prise Zucker oder ein Klecks Honig, durften nie fehlen. Ob herzhafter Lunch oder gebackenes Dessert, zählten bei ihr wohl nie.
„Erzähl mir was Neues, Herzchen." Mit einem Lächeln auf den Lippen steckte Lani die Tüte mit dem Gebäck in ihre alte Umhängetasche. Ein Wunder, dass Babsi, wie Lani sie im zarten Alter von 14 Jahren getauft hatte, noch lebte. Dieses Ding existierte schließlich schon seit der achten Klasse und hatte sie durch lange Jahre der Schule, über viele Klassenfahrten bis hin zu Sleepovern und nun schließlich durch die Universität begleitet. Babsi war eine treue Begleitung.
Genüsslich schlürfte ich an meinem Karamell Frappuccino und starrte auf die Gleise. Lani hingegen stupste mich in die Seite. Ich wandte meinen Blick fragend zu meiner besten Freundin und zuckte mit den Schultern, als diese eine seltsame Fratze zog, nach dem Motto „Hast du vor heute noch zu reden?" „Was?" fragte ich nach sekundenlangem Anstarre-Wettbewerb, von welchem ich hoffte, dass ihn niemand sonst wirklich zur Kenntnis nahm.
„Ob du mir was Neues zu erzählen hast?"
„Ich dachte, das wäre nur eine Phrase gewesen. Eine Antwort auf mein ‚Du bist ein Schatz'." Lani rollte grinsend mit den Augen und ich fügte noch ein „Sehe ich aus wie Jesus?", hinterher.
Kurz überlegte ich. Wenn sie so direkt fragte, musste sie es von Max wissen. Andererseits; gab es da überhaupt etwas Herausragendes zu wissen? Dank Harry war ich im Besitz von Louis' privatem Instagramprofil. Welches ich strenggenommen doch eher Max zu verdanken hatte, da er meine Unsichtbarkeit im Internet einfach knallhart aufgehoben hatte, indem er sämtliche Social Networks mit meinem Gesicht versorgt hatte.
„Also was ist jetzt?"
Langsam schüttelte ich den Kopf.
„Du wolltest mir also nicht sagen, dass du dir endlich ein Instagramprofil zugelegt hast? Dann können wir endlich mal ein paar Bilder machen, ohne dass du meckerst, du würdest blöd aussehen. Wozu gibt's die Filter?" Lani schlürfte fröhlich grinsend an ihrem Kaffee und stieg vor mir in die Bahn, die eingefahren war, ohne dass ich es bemerkt hatte. Da sie mir somit den Rücken zudrehte bemerkte sie auch nicht, wie meine Mimik entgleiste. Verwirrt folgte ich ihr und quetschte mich an einigen Anzugträgern zu ihr in die Ecke.
Die kurze Fahrt über redeten wir nur wenig und wenn, dann nur belanglose Dinge. Ich kramte irgendwann meine Kopfhörer hervor und hörte mit einem Ohr Fall Out Boy zu, versuchte aber gleichzeitig Alana mit meinem anderen Ohr zuzuhören, wenn sie denn dann mal sprach.
Erst vor unserem Hörsaal kam wieder ein sinnvolleres Gespräch auf. Max, welcher schon früher hatte hier sein müssen, stand vor der Tür und fing uns fröhlich ab. Er hielt drei Cola Light-Flaschen in der Hand. Wenn ich das alles trinken würde, in nur dieser einen Vorlesung, müsste ich sicher zwischendurch mindestens zweimal auf die Toilette. Trotzdem nahm ich dankend die Flasche entgegen.
„Da steht leider nur Eleanor drauf. ‚Louis' oder ‚Traumprinz' hab ich leider nicht gefunden." Ein schadenfrohes Grinsen zierte seine Lippen. Ich quittierte seine Aussage bloß mit einem Stoß mit dem Ellbogen. Lachend reichte er auch Alana eine Flasche. Er hatte ernsthaft das „Friends" durch ein „Lani" ersetzt.
„Eigentlich hast du es nicht verdient, nach deiner dummen Aussage, aber hier." Als Dank für die Cola gab ich ihm die Hälfte meines Kuchens ab.
„Sehr liebenswürdig, Mrs. Tom-" Bevor er den Satz beenden konnte, griff Lani nach dem Stück und steckte es sich komplett in den Mund. Die Tatsache, dass sie es nicht einmal mehr schaffte ihren Mund halbwegs zu schließen, war ihr egal. Es sah furchtbar eklig aber mindestens genau so lustig aus, weshalb ich lautes Lachen leider nicht verhindern konnte. Max' dummes Gesicht, half auch nicht wirklich dabei, dass ich mich wieder beruhigte.
Lachend gab ich ihr ein High Five, als ich mich versichert hatte, dass sie mich nicht mit halbzerkautem Kuchen bespucken würde vor lauter Lachen.
„Es freut mich wirklich außerordentlich, dass sie am frühen Morgen schon so gute Laune haben, Ms. Burton. Aber vielleicht können Sie ihre überschüssige Energie beim Tragen der Arbeitsmaterialien hier verwenden. Ich bin mir sicher Ms. Calder ist Ihnen dabei gerne behilflich." Miss McLoughlin sah uns streng an und legte dieses selbstgefällige Grinsen auf. Ich wusste, dass sie mich nicht mochte.
Lani und ich schwiegen, nickten synchron, sahen betreten auf den Boden und nahmen das Material entgegen. Max versuchte sich ein Grinsen zu verkneifen und folgte uns einfach in den Hörsaal, mit der Begründung er hätte nichts Besseres zu tun.
Es dauerte bis Alana und ich uns zu unseren üblichen Plätzen, relativ weit hinten und nahe am Fenster, durchgekämpft hatten. Max pflanzte sich ungeniert neben Lani und packte sein Frühstück aus, während wir versuchten dem zu folgen, das Miss McLoughlin über die Entwicklungen im 19. Jahrhundert erzählte.
Gedanklich schweifte ich jedoch ab. Wie lange war ich jetzt im Besitz seines Profils? Fünf Tage? Somit schwand die Anzahl der Tage, die Louis noch hier verbrachte auf acht. Für einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich mein Handy herausholen sollte, um ihn anzuschreiben. Ein einfaches ‚Hey' würde schon ausreichen. Aber wer garantierte mir, dass er mich wirklich wiedersehen wollte? Vielleicht hatte Harry sich auch nur einen dummen Scherz erlaubt. Sein Versprechen Claire gegenüber hatte er schließlich auch nicht gehalten. Jetzt wäre es ohnehin zu spät für ihn. Wusste er überhaupt, dass sie vor vier Jahren diesen Autounfall gehabt hatte?
Ich bemerkte nicht, dass ich mein Handy schon längst in der Hand hielt und es immer wieder drehte. Mein Blick klebte draußen an der Eiche vor dem Fenster. Auch Max bemerkte ich erst, als ich seinen Atem an meinem Ohr spürte: „Du weißt, dass du es willst. Und du weißt auch, dass weder Harry noch Louis dich verarscht haben. Überlege mal, was Harry und Liam alles angestellt haben, damit sie dich finden. Wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, was er dir erzählt hat, dann solltest du keine Sekunde zögern. Ich meine, schau mich an. Wie lange habe ich Megan angeschmachtet?" Ich überlegte, denn er hatte Recht. Damals war er über zwei Jahre in meine beste Freundin Megan verliebt gewesen. Stillschweigend hatte er mit ansehen müssen, wie sie ihrer großen Liebe nach Amerika gefolgt war. Die Liebe zu diesem Typ hielt nicht lange, dafür verliebte sie sich umso mehr in Los Angeles, lebte und studierte seitdem dort und ließ sich maximal drei Mal im Jahr bei uns blicken. Es war kein schöner Anblick gewesen, Max so leiden zu sehen.
„Ich habe es damals grandios in den Sand gesetzt. Sei nicht so dumm, wie ich, Ellie. Ich weiß, man kann Megan und mich vielleicht nicht mit dir und Louis vergleichen. Aber wenn du es nicht versuchst, wirst du nicht wissen, was ihr werden könntet."
Schweigend sah ich auf mein Handy. Er hatte Recht.
Lani lehnte sich über meinen besten Freund und flüsterte mehr schlecht als recht: „Mal ehrlich Ellie, nach allem, was Max mir erzählt hast, ist Louis quasi der Zwillingsbruder von Romeo."
Grinsend blickte ich wieder auf mein Handy. „Ihr habt Recht."
Ich öffnete meine Instagramapp und den Chat mit Harry. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen sah ich auf die letzte Nachricht vor fünf Tagen:
»@swagmastalt91 ist dein Profil zum Glück ;)«
Mit leicht zittrigen Fingern ging ich auf das Profil, ignorierte die zahlreichen Bilder, die Louis in unmöglichster Pose zeigten und ging direkt auf die Direkt-Nachrichten.
Sieben Mal änderte ich den Text, bis ich schließlich ein: »@eleanorj92: Hey. Du hast nicht zufällig Lust unsere Quickfire Runde zu wiederholen? Du bist mir noch eine Antwort schuldig. Gez. Anna. ;)« abschicken wollte. Max sah die Sache allerdings etwas anders. Mit einem verurteilenden Blick nahm er mir das Handy aus der Hand. Wenn ich ihm nicht vertrauen würde, wenn ich nicht gelernt hätte ihm in Sachen Louis zu vertrauen, hätte ich auf gequietscht.
Stattdessen nahm ich es hin, ließ ihn machen und tat für einen Moment so, als würde ich Lanis Gekicher nicht hören, als würde ich nicht bemerken, dass sie sich über mich lustig machten und als würde mich die industrielle Revolution aus deutscher Sicht brennend interessieren.
Mit triumphierendem Grinsen bekam ich zwei Minuten später mein Handy zurück. „Achte mal auf die Details, Sweety."
»@swagmastalt91: Hey :)« 11:08 am
»@eleanorj92: Hey :)« 11:08 am
»@swagmastalt91: Ha! Ich war schneller ;)« 11:09 am
»@eleanorj92: Zwei dumme; ein Gedanke ;)« 11:09 am
»@eleanorj92: Hast du Lust und Zeit Ruby heute einen Besuch abzustatten? :)« 11:09am
»@swagmastalt91: Magst du vielleicht einen Tee mit mir trinken gehen? Ruby freut sich bestimmt ihren Lieblings-Tommo wieder zu sehen:)« 11:09 am
»@eleanorj92: Unentschieden, Tommo! :)« 11:10 am
»@swagmastalt91: Das zählt nicht, meine Nachricht war viel länger! D:« 11:10 am
Mit jeder einzelnen Zeile, die ich las, wuchs mein Grinsen an. Mein Leben schien mich also doch nicht zu hassen.
„Herzlichen Glückwunsch, Calder. Du hast nicht nur heute ein Date, was du natürlich noch ausmachen musst, nein, viel besser! Du gehst heute baden, Häschen."
Max grinste. Er grinste widerlich selbstgefällig, nahm einen Schluck von meinem inzwischen kalten Kaffee und biss auch noch von meinem Kuchen ab.
„Scheiße..."
❣ ❣❣❣
So nun kommt nur noch der Epilog und die Valentinstag-Kennen-Lern-Geschichte von Eleanor und Louis ist zu Ende erzählt ❤
Die Widmung geht an die liebe
eleanorsphotos vielen lieben Dank für deine schönen Collagen😘❤
♫ Extraordinary– Lucy Hale
↬16.02.2017
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