11 ❣ A Million Eleanor's




LOUIS


Himmelherrgott! Das konnte doch nun wirklich nicht so verflixt schwer sein, einen Menschen im Internet zu finden! Wie viele Eleanors gab es denn bitte?

Eleanor Rigby

Eleanor Roosevelt

Sogar eine gewisse Eleanor Tomlinson

In der Berühmten-Sparte wäre ich ganz einfach fündig geworden. Doch »meine« Eleanor wollte sich einfach ums Verrecken nicht finden lassen. Schnaubend warf ich meinen Laptop neben mich aufs Bett und zückte mein Handy. Als ich mich von meinem Lachflash, der kurze Zeit später aufkam, erholt hatte, ließ ich mich rücklinks aufs Bett fallen. Das es tatsächlich eine »Eleanor Tomlinson «  gab, hatte mich ein bisschen aus dem Konzept gebracht. Zunächst hatte ich überlebt mir einen Film mit ihr anzusehen, als eine Art Pause, doch für Pausen dieser Art hatte ich keine Zeit.

Das änderte aber trotzdem nichts an der Tatsache, dass ich seit fünf Tagen das Internet durch forstete und absolut nichts fand. Das Problem an der Sache war, dass ich nicht einen Account auf Twitter oder Instagram fand, der auch nur ansatzweise nach ihr aussah. Kein Disney-Post, kein brauner Wuschelhund, kein Tee. Nichts. Nicht einmal irgendetwas zum Thema Soziologie oder Politik.






Fünf Tage hatte ich von meinen zwei freien Wochen nun schon sinnlos verplempert. Mir blieben gerade einmal acht Tage übrig, um sie zu finden und sie davon zu überzeugen, noch einmal wirklich und ernsthaft mit mir auszugehen.

Bei meinem grandiosen Plan gab es allerdings ein winziges Problem: Ich hatte nicht einmal einen klitzekleinen Anhaltspunkt, abgesehen von ihrem Vornamen.

Das einzige positive an dieser Zeitverschwendung war meine schlechte Laune. Denn die hatte dazu geführt, dass Lottie und Reece frühzeitig ihre Liebeszelte abgebrochen hatten. Gott sei Dank. Noch länger hätte ich zu diesem Schmierbeutel nicht nett sein können. Ich war froh, dass Fizzy, Daise und Phoebs sich mit solchen Schleimscheißern noch Zeit ließen. Oder zumindest hoffte ich es.


Während ich so an die Decke starrte kreiste mir so einiges im Kopf herum. Vor allem aber war mir eingefallen, dass ich von Fiz kein Wort mehr gehört hatte, nachdem sie mich am Telefon so angepflaumt hatte. Mit einem prüfenden Blick zum Wecker links neben mir sah ich, dass ich langsam mal aufstehen sollte.


Um 14 Uhr nachmittags lohnte sich ein Frühstück doch erst richtig. Aber nur zu meiner Verteidigung: Ich hatte erst um halb 7 irgendwie meine Ruhe gefunden und konnte erst dann schlafen gehen.

Mein Bett knarrte, als ich aufstand. Der Teppich unter meinen Füßen war warm und kuschelig. Als ich runter lief in die Küche, sah ich einen fertig gedeckten Tisch vor mir. Statt mich zu fragen, was genau das hier sollte, nahm ich mir zunächst meinen Kaffee. „Schön, dass du auch mal aufstehst", klang Nialls Stimme aus dem Wohnzimmer. Ich schlurfte in Boxershorts und Wollsocken zu ihm rüber und sah, wie er auf der Couch lümmelte und Playstation spielte.

Stumm setzte ich mich neben ihn und ließ das Koffein durch meinen Körper fahren. Meine Hände hielten das Porzellan so fest, als müsste ich der blauen, bildlosen Tasse das Leben retten.

Niall hämmerte auf den Controller ein, fluchte hier und da, ließ sich im Großen und Ganzen aber nicht stören. Also schlurfte ich mit der leeren Tasse zurück in die Küche und nahm mir ein belegtes Brötchen. Auf dem Weg ins Badezimmer biss ich immer mal wieder in das mit Käse belegte Brötchen und überlegte.

Einerseits, wie ich Fizzy hier her locken könnte, um mal wieder einen Tag mit meiner kleinen Schwester zu verbringen, andererseits, wann, wo, vor allem aber, wie ich Eleanor wieder sehen konnte. Dieses Mädchen ließ mich seit fünf Tagen einfach nicht los. Seit Leo war mir das nicht mehr passiert. Doch irgendetwas hatte sie an sich gehabt.






Als das Wasser auf mich nieder prasselte hoffte ich, dass auch meine sinnlosen Gedanken weggespült wurden. Vielleicht bildete ich mir zu viel ein. Vielleicht wollte Eleanor mich gar nicht wieder treffen. Bei einem Blick in den Spiegel, der mir mein ausgelaugtes Ich offenbarte beschloss ich damit aufzuhören. Ich durfte nicht immer alles überstürzen. Vor allem aber durfte ich ihr keine Angst machen und sie erschrecken, indem ich alles überstürzte und alle möglichen Hebel in Bewegung setzte, um sie zu finden. Der Grad zwischen Romantik und Wahnsinn lag in diesem Falle gefährlich beieinander.

In meinem Zimmer zog ich mich um, trocknete mich vorher ab und ging in meiner guten Sonntagsjogginghose und einem schlabberigen The Killers-Shirt barfuß ins Wohnzimmer. Niall spielte immer noch. Es hatte sich nichts verändert. Außer, dass ich nun nicht mehr stank, sondern angenehm nach Limette und Minze roch. Das war zwar nicht unbedingt der maskulinste Geruch unter der Sonne, doch ich mochte diese sommerliche Frische.

„Verdammt!" fluchte Niall auf und ließ den Controller ins Sofa fallen. Ich zuckte zusammen und drehte mich zur Seite, damit er mich mit dem Plastik nicht abwarf.

„Warum bist du eigentlich hier?" Ich durchbrach die Stille und sah Niall an. Er schaute kurz zu Boden, strich sich eine Strähne des blonden Haares nach hinten und sah mich dann an. „Das frage ich dich?"

„Das macht keinen Sinn", kommentierte ich seine Aussage und ging in die Küche. Diese eine labbrige Brötchenhälfte hatte mich nicht wirklich satt gemacht. Im Gegenteil. Niall wurde mal wieder all seinen Klischees gerecht und folgte mir. Kommentarlos setzte er sich mir gegenüber an dem Tisch und bediente sich. „Das steht alles schon etwas länger draußen, nur so nebenbei. Ich wusste ja nicht, dass du so lange pennst." Immer wieder biss Niall von dem Brötchen ab, dass er in der Hand hielt, anstatt einfach seinen Satz konkret raus zu posaunen.

Unruhig spielte Niall mit seiner Kaffeetasse, nachdem eine unangenehme Stille aufgekommen war. Ich wusste nicht, wo sein Problem lag, doch ich konnte es mir denken.

„Mensch, jetzt rück' doch mal mit der Sprache raus!"

Ich pflaumte Niall an und ließ mein Essen sinken. Diese Stimmung machte mich fertig. Als wäre jemand vergewaltigt worden. Grundlos war diese seltsame Stimmung aufgekommen. Anfangs hatte ich geglaubt, Niall wäre ebenfalls grundlos hier, doch allein an seiner Körpersprache war sichtbar, dass ihm irgendwas auf der Seele lag. Auch Niall ließ sein Brötchen sinken. „Wir...also die Jungs und ich haben etwas mitbekommen, und wir dachten du solltest es wissen..." Seine Stimme klang geknickt und  irgendwie besorgt. Wenn er nicht bald mit der Sprache raus rücken würde, würde ich noch verrückt werden.

„Niall, verdammt!" Schnell senkte ich meine Stimme. „Du kannst mir alles sagen, also los raus damit."

„Le-Lottie war doch mit Harry essen. Und die Presse dachte-" Mein Herz rutschte in die Hose. Mein Puls blieb stehen. Ich wusste ganz genau, was Niall hatte sagen wollen. Zumindest war ich mir tausendprozentig, dass es nichts war, das meine Schwester betraf. „Niall." Er stopfte und ließ die Tischdecke einfach Tischdecke sein, ohne nervös an ihr herum zu pfriemeln. „Verarsch mich nicht."

Mein Blick durchbohrte ihn.

„Aber.."

„Nichts aber. Was ist passiert!" Und wieder sah er nur die blaue Tischdecke an, spielte mit der Spitze in seinen Finger. Wenn ich kein Mitleid mit den Tellern hätte, würde ich ihm das Porzellan auf der Stelle über den Schädel ziehen.

„Leonie hat einen neuen Freund. Die Jungs und ich haben gesehen, wie er Kisten in eine neue Wohnung geschleppt hat. Sie sind wahrscheinlich zusammen gezogen. Auf ihrem Twitterprofil war ein Bild. Wir haben gemeinsam beschlossen, dass wir es dir sagen sollten, bevor du es alleine rausfindest. Harry hat gesagt, du hast jemanden Neues-"

Ab da schaltete mein Hirn vollkommen ab. Nialls Stimme war wie ein Rauschen. Nur weit, weit entfernt, nahm ich Wortfetzen wahr. Sie hatte mich also ersetzt. Etwas stach in meine Brust. Warum? Wieso? Womit hatte ich das verdient? Was war besonderer an ihm? Fragen über Fragen. Und kurioser Weise schrie etwas in meinem Inneren. Wobei, schreien, war vielleicht zu hoch gegriffen. Es war mehr ein Flüstern. Ein Flüstern, dass mir immer wieder „Anna" zu hauchte und etwas, dass Eleanors Bild vor mein Inneres Auge schob. Auch, wenn es sich anfühlte, als wären diese Dinge ganz furchtbar weit weg, fasste ich einen Entschluss. Mein Bauch schrie „Ja!" und das verdammt laut. Doch mein Kopf war sich sicher: „Das wirst du bereuen, man. Du überstürzt das, Bruder."


„-bist du okay?" Nialls Hand tauchte an meiner Schulter auf. Ich hatte nicht mitgeschnitten, dass er aufgestanden war und auch nicht, dass er sich neben mich gesetzt hatte. Doch jetzt saß er neben mir und hatte seine Hand auf meiner Schulter abgelegt. Durch seine eisblauen Augen sah er mich bemitleidend an.

Ich schluckte einmal und sagte dann genau das, was mir zwei Sekunden vorher durch den Kopf gegangen war. Vielleicht würde ich es mir ja selbst glauben: „Es ist ihr Leben. Solange sie glücklich ist, kann ich damit leben."

Mit großen Augen sah Niall mich an. Ich musterte ihn und erschrak, als er mir in die Arme fiel. „Da bist du ja wieder, Tommo!" Ich brauchte einige Momente, bis ich ihn verstand. Niall setzte sich wieder aufrecht hin. „Ich bin echt froh, Tommo. Du hast uns gefehlt!" Aufrecht lächelnd klopft er mir auf die Schulter. Und er hat Recht!











„Und du bist dir ganz sicher?" Skeptisch richtete Niall sich seine Mütze. Der graue Stoff saß tief in seiner Stirn und sein Schal weit über dem Kinn. Er musterte den kleinen Teeladen, den ich vor einiger Zeit mit Eleanor besucht hatte. Dank Harry wussten die Jungs so oder so, von meiner Eisprinzessin. Deshalb hatte ich Niall auf den Stand der Dinge gebracht. Inzwischen saß Liam bei mir zuhause und durchforstete das Internet nach allem, was Eleanor hieß und Disney liebte.

Niall und ich standen vor dem Laden und bereiteten uns seelisch auf Rubys Fangirl-Tod vor.

Ich sah noch einmal auf die Uhr. 17:03 Uhr. Die Wenigsten dürften eine knappe Stunde vor Ladenschluss noch aufkreuzen.  „Packen wir's an!" Mutig stemmte ich die Tür auf.


























Bauch und Kopf  - Mark Forster

15.02.2017

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