28 | Itˋs been a long day

Der Blick des Prinzen war auf den Horizont gerichtet. Die Sonne ging nach einem langen Frühlingstag unter, doch er dachte nicht einmal dran, nach Hause zu gehen.

Denn er wartete.

Heute hätte seine Liebe nach Hause kommen sollen - Y/N. Doch noch fehlte jede Spur. Nicht einmal Thor war aufgetaucht. Und obwohl Heimdall ihm mehrfach versichert hatte, dass es den beiden gut ging, litt Loki. Er litt, so wie jeden Tag, seitdem Thor und Y/N Asgard für einen Ort verlassen hatten, an den er ihnen nicht folgen konnte. Und das war schon Monate her. Y/N würde sicher bald zurückkehren, doch er konnte kaum noch warten.

Normalerweise hätte Loki ein paar Tage getrauert, die Sehnsucht nach Y/N ausgehalten und drüber hinweg gekommen. Tatsächlich wurde es mit der Zeit auch besser. Doch oft reichte nur eine Kleinigkeit, wie ein Geräusch, dass ihn an Y/Ns Stimme oder Lieblingsmusik erinnerte, einen Geruch, der Y/N glich oder ein einfacher Gedanke an das, was die beiden hatten.

Nur der Gedanke an den Tag, an dem sie wieder zusammen sein würden, hielt ihn davon ab, nicht durchzudrehen. Tatsächlich hatte Loki auch dran gedacht, selbst nach Midgard zu reisen, doch Heimdall hatte ihn schnell davon abgehalten.

So wartete und wartete er - bis zum heutigen Tag.

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„Heimdall, wir wären so weit!", rief Thor, der neben mir stand. Wir warfen einen letzten Blick auf diese Welt, bevor ein Lichtschwall über uns einbrach und nach oben zog. Das überwältigende Gefühl des Flugs war berauschend, kam jedoch nicht an die Nervosität heran, welche ich in Gedanken auf meine Rückkehr verspürte.

Verdammte elf Monate war ich unterwegs gewesen, ohne auch nur ein Wort von Loki zu hören. Auch wenn ich auf meiner Reise unzählig viele Ablenkungen bekommen hatte, konnte nichts die Sehnsucht in meinem Herzen stillen. Es war bei meinem Aufbruch in zwei gebrochen und taub geworden, doch in den letzten Tagen war es aus dem Trauerschlaf erwacht.

Die Sonne meiner Reise hatte sich in den Westen begeben, der Tag neigte sich dem Ende zu. Ich kniff die Augen zusammen und dachte mit aller Kraft an Loki, dessen Gesicht schon in meiner Erinnerung verschwamm.

Dann endete endlich unsere Reise durchs Portal und ich spürte festen Boden unter meinen Füßen. Meine Augen benötigten einen Moment, bevor sie sich an das schummrige, von Gold getränkte Licht gewöhnten. Ich atmete tief ein und lächelte beglückt, als ich den alten Geruch von Asgard roch.

„Bei Odin - sieh doch, Thor, wir sind wieder da!", schrie ich vor Freude und kniff ihn in den Arm.
„Ja, aua, Y/N. Wir sind zu Hause", erwiderte er lachend. Ich ließ ihn los und stürmte auf Heimdall zu.

„Es ist mir eine Freude, Euch wiederzusehen!", begrüßte ich ihn und nickte respektvoll. Heimdall erwiderte die Geste.
„Ihr werdet bereits erwartet", sagte er mit tiefer Stimme. Meine Augen leuchteten auf, ich schnappte mir Thors Unterarm und trat heraus.

Ich schritt voran über die Regenbogenbrücke und beruhigte mich wieder. Zumindest versuchte ich es. Mein Herz raste wie Mjölnir auf dem Weg zu Thor. Gleichzeitig suchten meine Augen den Horizont nach Loki ab.
Doch bis auf eine kleine Gruppe Personen am Ende der Brücke, konnte ich nichts entdecken - er musste unter ihnen sein.

Während wir die letzten Meter überwanden, spielten sich in meinem Kopf mehrere Szenarien ab, wie schon vor meinem Aufbruch. Wie würde Loki reagieren?
Würde er sich genauso freuen wie ich? Ich hoffte es.
Plötzlich machte ich mir Sorgen. So lange hatten wir nichts voneinander gehört, was, wenn es ihm nicht gut ging? Oder, noch schlimmer...

Was, wenn Loki mich nicht mehr liebte?

Unwillkürlich verlangsamten sich meine Schritte und ich bekam es mit der Angst zu tun.
„Alles in Ordnung, Y/N?", fragte Thor und betrachtete mich besorgt. Ich schüttelte den Kopf.
„Geht schon"
Der Gott runzelte die Stirn. „Machso du dir etwa Gedanken um Loki? Wirklich jetzt noch?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Was, wenn er sich in der Zeit von mir abgewandt hat?", flüsterte ich und wurde sogleich von einem schallenden Lachen Thors erschrocken.
„Das glaubst du doch selber nicht. Nur weil du kurz weg warst, die paar Monate?", meinte er und klopfte mir auf die Schulter.

„Sagt der Richtige. Wie lief das nochmal mit Jane?", brummte ich und sah mit Genugtuung, wie Thors Lächeln verblasste. Er seufzte.
„Wir werden es sehen, gleich sind wir da"

Und das waren wir. Jedoch wurden wir von mehr Leuten erwartet, als ich dachte - der halbe Hofstaat hatte sich dort versammelt. Ich hielt nach Loki Ausschau und erschrak, als man mit auf die Schulter tippte. Es war Frigga.

„Y/N, es freut mich dich wiederzusehen! Du suchst Loki, hab ich recht?"
Etwas überfordert erwiderte ich: „Mich freut es auch, wieder hier zu sein. Wisst Ihr denn, wo er sich aufhält?"
Frigga nickte. „Ich vermute es zumindest. Das letzte Mal sah ich ihn weiter abseits, dort drüben, am kleinen Waldstück"

Sie deutete an der Menschenmenge vorbei auf eine kleine Ansammlung von Bäumen. Ja, das würde Loki ähnlich sehen. Dass er sich andauernd verstecken musste. Ich bedankte mich bei Frigga und kämpfte mich durch die feiernde Menge. Während sich kaum jemand für mich interessierte, waren alle ganz besessen nach Thor.

Es dauerte eine Weile, doch ich fand, wonach ich suchte. Er stand alleine an einen Baum gelehnt und beobachtete die Szene um Thor mit stillem Spott in den Augen. Doch trotz seiner unbekümmerten Position fiel mir einiges an ihm auf, was mir Sorgen bereitete.
Die dunklen Augen beispielsweise, die in seinem viel zu blassen Gesicht lagen.

Ich beobachtete ihn völlig gedankenverloren, als sein Blick den meinen traf.
In seinen Augen schien es zu brodeln. Es war mir ein Rätsel, was in mir vorging, doch ihm schien es ebenfalls so zu gehen. Loki und ich betrachteten uns gegenseitig, ohne ein Wort zu sagen. Dann hielt er es nicht mehr aus.

Wie er es schaffte, so schnell bei mir zu sein, konnte ich mir nicht erklären, doch von einer Sekunde auf die andere befand Loki sich vor mir. Seine Arme umschlossen mich und er umarmte mich.
„Y/N", flüsterte er, so als könnte er es kaum glauben, mich zu sehen. Nun war es an mir zu reagieren. Mit bereits feuchten Augen drückte ich ihn noch näher an mich und vergrub meine Nase an seiner Schulter; atmete seinen herben Geruch ein.

„Du hast mir so gefehlt", nuschelte ich. Loki umfasste mein Gesicht und hob es sanft an. In derselben Bewegung strich er mir über die Wange, bis seine Finger an meinen Lippen lagen.
„Das hoffe ich doch" Er grinste frech, und ohne eine Antwort abzuwarten, küsste er mich.

Und dann löste sich der Rest meiner angestauten Emotionen und kam wie eine Tsunamiwelle über mich. Meine anfänglichen Sorgen waren vergessen. Ich krallte mich an Loki fest, um nicht unter ihr zusammenzubrechen. Mein Herz lief einen Marathon im Sprinttempo, mein Magen schlug voller Reichtum von Glück Saltos.

Jede einzelne Faser meines Körpers hungerte nach ihm.

So versuchte ich, der Sehnsucht gerecht zu werden und suchte seine Nähe wie den kostbarsten Schatz im Universum. Ich umarmte ihn mit all meiner Kraft und noch mehr.

„Wow, Y/N, langsam, sonst erstickst du mich noch", meinte Loki unter leisem Lachen.
„Du und Ersticken, dass ich nicht lache"
Da er sich dennoch etwas heiser angehört hatte, ließ ich etwas lockerer. Loki seufzte.

Die Welt um uns herum wurde leise und ich hätte schwören können, irgendwo zartes Harfenspiel zu hören. Ob tatsächlich irgendwo jemand spielte oder es doch nur meiner eigenen Fantasie entsprang, würde ich wohl nie rausfinden. Wir brachten etwas Abstand zwischen uns, so dass ich sein Gesicht betrachten konnte.

Loki schien älter geworden zu sein, jedoch nicht körperlich, sondern anders. Dennoch wirkte es so, als hätte er nun seinen Frieden gefunden - und zugegeben, alleine diese Vorstellung brachte mich zum lächeln. Wenn er mich auch nur halb so sehr vermisst hatte wie ich ihn, dann war es höchste Zeit, dass wir wieder beisammen waren.

„Warum lächelst du so?", fragte er und meine Mundwinkel hoben sich nur noch mehr an.
„Ich bin froh, wieder bei dir zu sein"
Nun glich sich Lokis Mimik der meinen an. „Du warst auch ganz schön lange weg"
Ich brummte. „Schön, dass es dir genauso geht"

Daraufhin hob er überrascht die Augenbrauen an. „Was willst du damit sagen?", wollte Loki wissen. „Etwa, dass ich dich nicht vermisst habe?"
Sein Entsetzen schien nur halb ernst gemeint zu sein, so dass ich mitspielte.

„So kommt es rüber", sagte ich und beobachtete amüsiert, wie ich Loki damit aufzog. Er schnaubte und schüttelte schmunzelnd den Kopf. Dann wurde sein Blick plötzlich ernst und wir sahen uns tief in die Augen.

„Glaub mir, Y/N, ich habe dich unglaublich vermisst. Ich habe nicht täglich, sondern stündlich an dich gedacht und nie den Horizont aus den Augen gelassen"
„Müssen schwere Nächte gewesen sein", mutmaßte ich schmunzelnd. Lokis Mimik blieb jedoch hart, stattdessen nickte er.

„Weißt du nicht, dass du mir immer fehlen wirst?", fragte er. „Ich liebe dich mit Seele und Körper, von dir getrennt zu sein ist- ist-"
Seine Stimme brach und er verstummte. Fasziniert beobachtete ich, wie seine Augen zu glänzen begannen - trotzdem war keine Träne zu sehen.

„Es tut mir leid, dass ich weg war und du deswegen - möglicherweise traurig warst"
Loki lachte leise. „Möglicherweise"
Bevor ich auf die kleine Provokation reagieren konnte, senkte Loki seinen Kopf wieder und ließ seine Lippen auf meine gleiten.

„Ich liebe dich", murmelte ich in den Kuss und spürte, wie seine Lippen sich zu einem Lächeln verzogen. Seine Hand legte sich an meine Wange und während er sanft über sie strich, küssten wir uns weiter.

•••

Und schon sind wir wieder bei unser'm Loki :)


Ich hoffe, der Oneshot hat euch gefallen ^^
•••

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