26 | Vegas, Baby!
TW: Alkoholkonsum
Das erste, was ich von diesem Morgen mitbekam, waren Schmerzen. Mein Kopf brummte und summte, er fühlte sich so schwer an wie einhundert Stahlplatten. Und zwar gestapelt. In mein Gehirn gepresst.
Ich öffnete meine Augen und brauchte eine geschlagene Minute, bis sich meine verschwommene Sicht klärte. Das Tageslicht der strahlenden Mittagssonne schoss wie eine Kanonenkugel in meine Augen. Stöhnend schlug ich mir die Hand an die Stirn, als mein Blick auf das fiel, was vor mir lag:
Hinter verwühlten, weißen Bettlaken bot sich mir ein luxuriöser Anblick. Es schien sich um ein Hotelzimmer zu handeln, denn die teuren, weißen Möbel schienen beinahe zu sauber und die Dekoration zu ästhetisch und unpersönlich, als dass es sich um eine einfache Wohnung handeln konnte.
Mir fielen viele weitere Details ins Auge, doch all die Be- und Verwunderung löste sich in Luft aus, als ich einen riesigen Schrecken bekam. Etwas neben mir rührte sich und gab ein - wohliges Geräusch von sich.
Wie vom Blitz getroffen drehte ich mich um und erblickte einen Mann neben mir. Ich erkannte markante Gesichtszüge zwischen schwarzen Locken auf weißem Laken und konnte nicht anders, als an Schneewittchen zu denken. Doch auf den zweiten Blick erkannte ich ihn.
Dann fiel mein Blick auf einen freien Hals, ein freies Schlüsselbein. Er war... Nackt.
Das passiert nicht wirklich, oder? Himmel, sag, dass es nicht das ist, wonach es aussieht!
Panisch fuhr ich mir durch die Haare - hatten wir etwa miteinander geschlafen? Und, noch schlimmer - nicht verhütet?!
Ich wurde immer nervöser und kramte in meinem Gedächtnis. Und auf einmal kamen alle Erinnerungen an den letzten Abend zurück.
ꎋꎋꎋ
Aufgeregt lehnte ich mich von dem einen Bein aufs andere. Das lange Stehen löste langsam Spannungen in meiner Hüfte aus. Neben mir hingegen stand die Motivation in Person: Eine meiner Freundinnen.
Heute würden wir richtig feiern gehen, und sie als zukünftig verheiratete Frau wollte da ihre Freiheit noch einmal richtig auskosten - in einem riesigen Casino in Las Vegas. Auch wenn Partys nicht immer mein Fall waren, hatte ich keine Sekunde gezögert, sie zu begleiten.
Die erste Flasche Schampus hatten wir schon in der Limousine aufgemacht, so dass wir jetzt eine gesunde Angetrunkenheit spürten. Irgendetwas sagte mir schon jetzt, dass diese Nacht ganz besonders werden würde.
Dann waren wir endlich dran. Nachdem unsere Taschen nach gefährlichen Dingen durchsucht wurden und ich mein Pfefferspray an die Seite packen musste, durften wir das Casino betreten.
Das erste, was mir auffiel, war der große Druck auf den Ohren, der mit der Musik entstand. Meine Augen wurden von Eindrücken überschüttet, neben der Massenzahl von Menschen gab es etliche Spielautomaten, kleine Bars, Springbrunnen, ausgestellte Autos, Aquarien, unzählige Scheinwerfer und an jeder Ecke tanzende und feiernde Leute.
Es war unglaublich stickig, doch ich wusste, dass ich mich schnell an die Hitze gewöhnen würde. Dafür gab es schließlich Drinks.
Meine Freundin schien dasselbe zu denken, denn wir bestellten direkt einen Cocktail.
Anschließend gesellten wir uns an einen der Spieltische. Während ich kaum Ahnung von Glücksspiel hatte, war sie praktisch Expertin. Black Jack, Poker, Roulette oder gewöhnliche Automaten - alles schön ihr zu liegen. Da fühlte ich mich mit meinen kleinen Kartenspielen etwas fehl am Platz. Doch das machte nichts - witzigen Unterhaltungen konnte ich dennoch folgen, so dass ich mich ebenfalls amüsierte. Die Leute hier waren nett, auch wenn einige anscheinend nur daneben saßen, um das Spiel reglos zu beobachten.
Doch meine Freundin spielte eine Runde nach der anderen; sie verlor einige Male, ließ sich davon aber nicht unterkriegen, bis sie hin und wieder gewann. Zwischendurch spielte ich auch mit, nachdem ich aber die erste Runde Roulette haushoch verlor, setzte ich mir vorzeitig zur Ruh.
Stattdessen beschäftigte ich mich mit etwas anderem, beziehungsweise jemandem.
Gleich gegenüber von mir befand sich ein Mann, einer der Stillen, der mir irgendwie besonders vorkam. Er war in einen edlen Anzug gekleidet, trug offenes, rabenschwarzes Haar und spielte auffällig ruhig. Doch am auffälligsten waren seine Augen - glasklar und verschleiert zugleich, blaugrün, funkelnd und durchbohrend, wenn sich unsere Blicke streiften. Und Mann, das taten sie oft.
Zugegeben, ich hätte mich unwohl fühlen können, doch das tat ich nicht. Er schien nicht der Typ zu sein, den man oft sah, doch das machte ihn um kein Stück weniger attraktiv. Diese markanten Gesichtszüge, das kleine Schmunzeln auf den Lippen - so etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich konnte nicht anders, als bei gewissen Gedanken an ihn zu grinsen.
„Yeah! Gewonnen! Dir nächste Runde geht auf mich!", rief meine Freundin. Staunend bemerkte ich, dass sie es tatsächlich geschafft hatte, eine höhere Summe zu gewinnen.
Die Menge grölte und alle feierten wie wild. Als Leute teilweise anfingen zu tanzen, wurde s mir dann doch etwas zu viel des Guten. Lachend entfernte ich mich von dem Tisch, als ich durch ein Anrempeln meinen halben Martini verschüttete. Ich wischte mir mit einer Serviette die Flüssigkeit von den Arm, da wurde ich auf einmal angesprochen.
„Wollen Sie denn jetzt schon gehen? Jetzt da die Runde vorbei ist, können Sie doch bei der nächsten mitspielen"
Ich verschluckte mich beinahe an meinem Drink und drehte mich um. Wunderlicherweise entdeckte ich dieselben grünblauen, verschmitzten Augen, die mich vorhin bei einem der Spieltische entdeckt hatten.
„Oh nein, ich- also, Spielen ist nicht so meins", sagte ich und biss mir auf die Lippe. Mit dem Alkohol, den ich intus hatte, sollte mir doch eigentlich ein besserer Spruch einfallen.
Doch zu aller Überraschung schmunzelte der große Mann - und fuhr gleich mit dem Gespräch fort.
„Wie gedenken Sie dann, zu feiern?", fragte er. Diesmal fiel mir die Antwort einfacher.
„Ganz viel Trinken, vielleicht Tanzen und mich ohne kniffliges Glücksspiel amüsieren"
„Ihr erstes Mal in Vegas?", fragte er und grinste wissend. Ich erwiderte seinen Blick gelassen.
„Jap. Wie sieht's bei Ihnen aus?"
„Dasselbe. Ich wurde von - Bekannten mitgeschleppt"
„Wirklich? Bei mir war's meine Freundin", erwähnte ich.
„Ihre... Freundin?"
„Ist quasi ihr Junggesellinnenabschied. Sie heiratet bald, so einen Kerl den sie vor drei Jahren kennengelernt hat"
„Interessant"
Der Mann wirkte irgendwie erleichtert, doch ich verspürte nicht den Wunsch, der Sache auf den Grund zu gehen.
„Ich bin übrigens Y/N", sagte ich, nachdem einen Moment niemand etwas gesagt hatte.
„Loki Laufeyson", stellte er sich vor. Ich nickte - irgendwie kam es mir so vor, als hätte ich den Namen schonmal gehört. Könnte aber auch der Cocktail sein, der mir das sagte, also hakte ich lieber nicht nach.
„Sind Sie sonst in Begleitung hier?", fragte er plötzlich.
Ich schmunzelte. Langsam ahnte ich, wohin dieser Loki das Gespräch lenkte.
„Nein, wir sind alleine. Wir teilen uns ein Hotelzimmer, gleich am nächsten Block", sagte ich.
„Verstehe. Und Sie bleiben bis wann?"
„Übermorgen Abend, aber ich bezweifle, dass wir bei dem Kater, der uns droht, die ganze Nacht feiern werden. Gibt schließlich noch anderes in dieser Stadt", meinte ich lachend. Loki stimmte mit ein. Ich wusste nicht genau, woran es lag, aber irgendwie wurde mir der Kerl immer sympathischer. Ob es daran lag, dass er so gut duftete?
„Zu schade", sagte er mit einem Schmunzeln. „Aber das muss ja nicht heißen, dass Sie keinen Spaß haben werden"
Gerade als ich zustimmen wollte, irritierten mich seine Worte.
„Was meinen Sie mit Spaß?"
Aus seinem Lächeln wurde ein gefährliches Grinsen, welches mein Herz vor Aufregung flattern ließ.
„Eine Art von Spaß, wie Sie in nur in Vegas, nur heute Nacht und nur mit mir erleben können"
Und das war der Punkt, an dem der Alkohol seine volle Wirkung entfaltete und mir ein völliges Blackout bescherte.
ꎋꎋꎋ
„Oh Gott. Oh Gott. Oh mein-"
„Guten Morgen, Y/N"
Ich zuckte zusammen, sah mich um und erblickte Loki, der mich etwas verschlafen anblinzelte. Er hatte sich aufgesetzt so dass die Decke nun seinen Oberkörper freigab - seinen nackten Oberkörper.
„Oh F*ck", rutschte es mir wieder heraus.
„Gut geschlafen?", fragte er. Schlagartig fingen meine Wangen an zu glühen - und aus einem unerklärlichen Grund fing Loki an zu schmunzeln.
„Du kannst dich an nichts erinnern, hab ich recht?", fragte er. Wie hat er das denn erraten können?!
„Nichts von dem, was geschah, nachdem wir das Casino verlassen haben", gab ich zu.
„Verstehe. Darf ich fragen, weswegen du dich so - ärgerst?"
Verzweifelt suchte ich nach den richtigen Worten, gab aber auf und deutete auf uns beide und das Bett. Seine Miene blieb unbewegt, so dass ich ihn schließlich mit einer eindeutigen Handbewegung auf Sex hinwies. Und in dem Moment - brach er in glockenhelles Lachen aus.
Ich war verwirrt. „Was ist denn jetzt los?", fragte ich und ärgerte mich etwas.
„Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Y/N, du hast ein falsches Bild von der Situation", sagte Loki mit einem Zwinkern, als er sich wieder beruhigt hatte.
„Das heißt... Wir haben gar nicht miteinander geschlafen?"
„Nein. Du warst - Verzeihung - stockbesoffen. Nicht einmal aus dem Casino hast du es geschafft, deine Freundin und ich mussten dich zu zweit tragen. Außerdem hättest du es sicher bereut"
„Wirklich?" Ich konnte es kaum glauben.
„Wenn du mir nicht glaubst, dann sieh doch einfach nach - bist du nackt?"
Die Decke zu heben, war nicht nötig - ich trug immer noch dasselbe Shirt wie heute Nacht und meine Unterwäsche hatte sich nicht vom Fleck bewegt. Ein weiterer Beweis war, dass das Laken unbefleckt war und ich kein Anzeichen von Muskelkater spürte.
Ich atmete erleichtert auf und konnte mich nicht zurückhalten, Loki dankbar um den Hals zu fallen. Dann lehnte ich mich wieder zurück - mit glühenden Ohren.
„Wieso bin ich denn dann mit dir in einem Bett in - ich meine, wo eigentlich?!"
„Wir sind gleich über dem Casino, in dem wir gestern Abend waren. Deine Freundin weiß übrigens Bescheid", erklärte Loki. Irgendwie beruhigte mich der Klang seiner Stimme.
„Ich möchte mich ja nicht beschweren, aber... Wieso hast du die Gelegenheit nicht ergriffen?"
Nun lächelte er. „Ganz einfach, also", er biss sich kurz auf die Unterlippe, bevor er fortfuhr, „So einen interessanten Charakter konnte ich doch nicht auf die Weise verschwenden"
„Verschwenden?" Ich schnaubte belustigt. „Du kennst mich doch kaum"
„Noch nicht", antwortete er grinsend.
„Verstehe. Aber, rein aus Neugier... Was hast du denn vor?"
Loki legte den Kopf schief und schien zu überlegen.
„Nun ja. Ich habe mich nur gefragt, ob du vielleicht lieber... So mit mir ausgehen würdest?"
Es war, als hätte man all meinen Wortschatz genommen und aus meinem Mund entfernt. Ungläubig starrte ich ihn an - meinte er das ernst?
„Du willst ein Date mit mir?"
„Wenn du es genauso möchtest", sagte Loki. Lachend fuhr ich mir durch die Haare.
„Ja, Loki", sagte ich und konnte es selbst kaum glauben. „Lass uns auf ein Date gehen"
•••
Ich hoffe, euch hat der Oneshot gefallen ^-^
Ein großen Danke an euch alle, dass wir die 3k Reads geknackt haben!
•••
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top