06 |You're not alone...

Dieser OS spielt während „Thor: The Dark Kingdom", genauer gesagt kurz nachdem Loki von Friggas Tod erfährt.
TW:Trauer
Wünsche euch viel Spaß ^•^

Die stille Trauer lag in der Luft, als würden beide Dinge zusammen gehören. Ich saß schweigend an der Tafel im großen Saal von Asgard und konnte nur beobachten, wie Allvater Odin einsam trauerte. Jeder in diesem Raum, auch die Soldaten, war betrübt. Vor uns auf den Tischen dampfte das Festmahl der Trauerfeier, doch ich hatte keinen Appetit. Eigentlich wartete ich nur auf die nächstbeste Gelegenheit, um mich davonzustehlen.

Es war schlimm genug, dass ein Mann seine Frau verloren hatte und ein Volk seine Königin, doch meine Gedanken waren stets bei jemand anderem, den dieser Verlust noch mehr schmerzte. Egal was er getan haben soll, auch Loki Laufeyson verdiente etwas besseres, als alleine im Kerker zu sitzen und ohne Unterstützung dem Verlust und der Einsamkeit ausgesetzt zu sein.

Plötzlich erhob sich Odin von seinem prachtvollem Stuhl am Kopf der langen Tafel und begann, mit schwerer Stimme eine Rede zu halten. Alle Aufmerksamkeit im Raum richtete sich auf ihn und ich wusste, dass jetzt eine gute Gelegenheit wäre, abzuhauen. Ich saß relativ weit am Ende der Tafel, so dass die meisten mir den Rücken zeigten. Mithilfe meines kleinen Funkens erlernter Magie tarnte ich mich, so dass niemand mir Aufmerksamkeit schenken könnte. Ob jemand später mein Verschwinden bemerken sollte, war mir egal, Hauptsache mir wurden keine Fragen gestellt.

Leise stand ich auf und schlich mich an der Wand entlang zur Tür. Als ich im Korridor angekommen war, begann ich, schneller loszulaufen. Zunächst suchte ich mein kleines Zimmer auf, wo ich einige Utensilien für Zaubereien aufbewahrt hatte. Die würde ich brauchen, um unbemerkt im Kerker bei Loki zu landen. Der Zauber erforderte viel Konzentration, dennoch war er nicht zu schwer.

Ich nahm mir ein kleines Säckchen aus meiner Kommode, gefüllt mit unscheinbarem, grauen Pulver, ein Gemisch aus den verschiedensten Dingen, unter anderem die zermalmte Feder eines Pegasus und zerkleinerte Zähne eines Warges.
Mit den Fingern tupfte ich gleich darauf etwas Pulver um meine Handgelenke herum auf, so dezent, dass man es aus weiterer Entfernung nicht einmal bemerken würde. Doch für den kleinen Zauber würde es genügen.

Als ich fertig war, legte ich den Beutel zurück und stellte mich in die Mitte des Zimmers.
Schnell, aber bedacht murmelte ich die alte, mystische Formel und spürte bald knisternde Magie in meinen Adern aufkommen. Ich schloss meine Augen. Mit aller Kraft und Konzentration dachte ich an Loki, seine Zelle und einen bestimmten Punkt neben ihm - ich wollte ihm ja nicht auf den Kopf springen.

Ich spürte, wie sich die Luft um mich herum veränderte. Das magische Kribbeln ging aus mir heraus und verbreitete sich in der Luft. Ich spürte nichts mehr, außer dem Zauber.
Für einen kurzen Moment war ich wie im freien Fall, die Zeit stand still und dann... War der Zauber vollzogen.

Ohne lange zu überlegen öffnete ich die Augen und wurde sogleich vom weißen Licht der Deckenlampen geblendet. Ich blinzelte angestrengt und sah mich um.
Wie erwartet war ich in einer Zelle gelandet, sie roch so steril wie die weißen Wände. Doch irgendetwas mit der Einrichtung stimmte nicht...

Statt der sauberen Möblierung durch Sitzgelegenheiten und kleine Kommoden sah es aus, als wäre Ragnarök eingetroffen: Die noch heilen Möbel waren umgeworfen worden und lagen verstreut, der Rest war in Stücken im ganzen Raum verteilt.
Zunächst einmal legte ich eine Illusion um die Zelle herum, damit mich niemand beobachten konnte.

Schließlich fiel mein Blick an die Wand rechts von mir.
Da war er, Loki.
Er sah furchtbar aus. In meinem Leben hatte ich ihn noch nie so blass und kaputt gesehen. Seine sonst glatten, perfekt gelegten Haare hatten ihren Glanz verloren und standen stumpf in alle Richtungen ab. Am schlimmsten jedoch war sein Ausdruck, sein Blick. Er ließ keine Zweifel auf sich sitzen: Loki war gebrochen.

„Du kommst recht spät"
Seine Worte überraschten mich zwar nicht besonders, doch der Tonfall beunruhigte mich.
Auch wenn er versuchte, es mit seinem Witz zu überspielen, war es für mich unmöglich, das Leid zu überhören. Ich musste mich fest zusammenreißen, um nicht gleich zu ihm zu stürzen.

Stattdessen ignorierte ich die Herausforderung und meinte ehrlich: „Ich bin so schnell gekommen wie ich konnte, Loki"
Zur Antwort lachte er nur ironisch.
„Falsch, Y/N. Odins Angestellter kam auch nicht sofort, um mir von ihrem Tod zu berichten, und doch war er der Erste. Wo warst du? Bei Thor? Oder bei diesem Menschen..."

Loki schüttelte höhnisch lächelnd den Kopf und sah weg.
„Nein. Dort war ich nicht. Ich war zunächst bei der Totenwache eingeteilt, anschließend bei der Bestattung anwesend. Danach habe ich nur noch auf den richtigen Moment gewartet, um zu dir zu kommen"
„Kurz gesagt: Du warst dort, wo ich hätte sein müssen"

Erschrocken stutzte ich, seine plötzliche Betroffenheit kam unerwartet. Dennoch fiel es mir nicht schwer, ihn seine harschen Worte davor zu verzeihen. Ich kannte ihn zu gut, um so etwas persönlich zu nehmen. Zögerlich machte ich einen Schritt auf Loki zu und kniete mich zu ihm auf dem Boden.
„Loki...", fing ich in einem sanfteren Ton an. „Es gibt nichts, wofür du dich jetzt grämen musst. Frigga war deine Mutter, ob du ein Eisriese bist, hin oder her... Sie hat dich geliebt"

Ein müdes Lächeln stahl sich auf Lokis Lippen und er sah mich an. In seinem Blick schimmerte tiefe Hoffnungslosigkeit durch die Trauer. Der Anblick alleine brach mir das Herz, so am Boden hatte ich ihn noch nie gesehen.

„Was macht das schon aus? Sie ist fort... Und mit ihr alles, was ich hatte"
„Ja, sie- sie ist fort. Aber sie war nicht die einzige, der du wichtig bist"
„Nicht?" Loki lachte trocken, doch seine Stimme brach mittendrin. Schließlich schloss er die Augen und lehnte seinen Kopf nach hinten an die Wand.

„Wieso bist du hier, Y/N?", fragte er leise. Ich schluckte kurz.
„Weil ich... Diese Vorstellung nicht ertragen konnte"
„Welche?" Fragend zog Loki die Augenbrauen hoch, dann hob er seine Lider und sah mich prüfend an.
„Dass du hier alleine bist", flüsterte ich und spürte, wie sich ein dicker Kloß in meinem Hals bildete.

„Y/N", sagte Loki und sah mich gequält an. „Ich bin alleine. Das war so und... So ist es auch. So sollte es sein. Ich frage dich noch einmal... Wieso bist du hier?"
„Weil es nicht wahr ist!", beteuerte ich. „Du magst eingesperrt sein, doch du solltest nicht alleine sein"
„Nicht? Dann sag mir, wo sind die anderen? Wo ist meine angebliche Familie?"
„Sind sie denn wirklich das, was du gerade brauchst? Gibt es niemand anderen, der sich um dich kümmern könnte?"

Mit einem bedeutsamen Blick sah ich ihn an, doch Loki schien es schon verstanden zu haben. Unsicherheit mischte sich in das blasse Blau seiner Augen.
„Du hast etwas besseres verdient, Y/N"
Ich lachte kurz ironisch auf, dann schüttelte ich traurig den Kopf.
„Nein Loki... Du bist es, der etwas besseres verdient hat. Und das ist nicht nur auf mich bezogen"

Es schien, als wolle Loki noch etwas erwidern, dann sackte er plötzlich noch mehr in sich zusammen. Sein Körper begann zu beben und ehe ich mir größere Fragen stellen konnte, begriff ich, was gerade vorging: Loki weinte. Bitterlich und von Schluchzern geschüttelt lag er an der Wand und gab ein klägliches Bild ab.

Ich hielt es keine Sekunde länger aus und ehe ich mich versah, hatte ich mich direkt neben ihn an die Wand gekniet. Sanft schlang ich einen Arm um ihn, woraufhin er sich an meine Schulter lehnte. Ich ließ mich weiter zu Boden gleiten, bis ich ebenso wie er an der Wand saß.
Schließlich nahm ich meine freie Hand und verschränkte meine Finger mit seinen. Lokis anderen Arm legte er um meinen Nacken.

So saßen wir dort, fest umschlungen, ohne Gefühl für die Zeit oder die Welt. Irgendwann war Loki mit seiner Kraft am Ende. Er hörte auf zu weinen und schluchzte nur noch stumm.
„Bitte glaub mir, wenn ich sage: Du bist nicht allein", wisperte ich schließlich. Lokis Schultern wurden wieder von einem tiefen Schluchzen geschüttelt, als er antwortete:

„Y/N, ich... Ich bin am Ende. Sieh mich doch an"
Das tat ich. Er hob den Kopf von meiner Schulter und ich sah ihm fest in die verweinten, eisblauen Augen. Ich lächelte müde.
„Weißt du was ich sehe?"
Loki zögerte, doch ich gab ihm keine Möglichkeit, zu antworten.
„Nichts, als einen Mann, der es wert ist, geliebt zu werden. Nichts als dich, Loki"

Er schien kurz zusammenzuzucken, doch er widersprach mir nicht. Nun stahl sich auch ein schwaches Lächeln auf seine Lippen.

„Du hast wirklich besseres verdient, als das hier"
„Das hast du schon gesagt. Es mag so sein, doch bei dir ist es gewiss. Also mach dir bitte keine Sorgen... Ich werde dich nie verlassen"
„Nur ist es leider nicht möglich, dass du hierbleibst"

Ich seufzte und Lokis Lächeln verblasste gleichzeitig mit meinem. In seinem Blick lag so viel Trauer, so viel Gefühl... Mehr als ich je zuvor gesehen hatte.
Und so legte Loki den Kopf wieder an meine Schulter, woraufhin ich meinen auf seinen stützte. Wir verschränkten unsere Hände fester ineinander und schwiegen...
Es wurde ein kurzer Moment der stillen Nähe für die Ewigkeit.

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Ich hoffe, euch hat dieser doch ziemlich gefühlslastige OneShot gefallen. Ich heule immer beinahe, wenn diese Szenen im Film kommen, wo Loki trauert UwU

Dann möchte ich mich nochmal für die Reads bedanken, und vor allem bei allen, die hier Voten. Das ist wirklich sehr motivierend und ich freue mich über jede/n einzelne/n!
Dann bis zum nächsten Mal 💚^•^
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