94. Wenn der Traum ein Ende findet
Seit ich ein Kind war, oder besser gesagt seit ich mitansehen durfte, wie meine Eltern von mir gingen, sah ich Dinge, die weder Teil der Realität waren, noch waren sie frei erfundene Träume. Oft hatte ich geglaubt wirklich nur traumatisiert gewesen zu sein, als Kind eine zu große Fantasy besitzt zu haben und doch wusste ich es jetzt besser. Ich wusste einfach, dass an dem was ich sah ein Funken Realität dahinter stecken musste. Zu oft waren die Dinge, die ich sah, wahr geworden, offenbarten Warnungen, spendeten mir tröstende Worte von Leuten, die gar nicht mehr ein Teil dieser Welt waren.
Anfangs war es schwer gewesen zu sagen, ob ich am schlafen war oder ob das gerade wirklich passierte, doch nach all diesen Jahren merkte ich immer schneller, wenn ich lediglich träumte. In meinen Träumen wirkte alles eher so, als würde man die Welt durch einen Schleier sehen, alles wirkte manchmal zu hell oder zu unscharf, der Palast kam einem dann meistens eher so vor, als würde er aus Wolken bestehen, der Himmel außen wirkte so rosa, als würde er aus Zuckerwatte sein und meistens war die Welt einfach zu still. Man hörte in diesen Momenten nichts, keine singenden Vögel, keine Stimmen, nicht wie der Wind durch die offenen Gänge des Palasts wehte oder wie die eigenen Schritte widerhallten, genauso war es jetzt auch.
In dem Moment, wo ich meine Augen aufschlug, mich so lebendig wie noch nie fühlte und mich leichtfertig aufsetzen konnte, in diesem Moment wusste ich, dass es nicht real war. Mein Zimmer leuchtete so hell, wirkte so ordentlich und gleichzeitig so leer. Loki war nicht mehr bei mir und genauso war meine Schwangerschaft spurlos verschwunden. Irritiert von dieser Tatsache stand ich auf, stellte erstaunt fest, dass der Boden sich nicht einmal kalt anfühlte, wie er es sonst getan hätte und neugierig davon, was dieser Traum mir zu zeigen hatte, schritt ich zu meiner Zimmertüre und hinaus auf den Gang, wo ich schockiert zu all den Leuten blickte, die sich dort befanden.
In einer Reihe an der Wand aufgestellt standen sie da, sahen mich an, als hätten sie nur auf mich gewartet, wobei mich am allermeisten einfach nur verwirrte, was für eine eigenartige Kombination an Leuten da waren. Ich erkannte meine Eltern wieder, sah Frigga und Odin, wie sie neben Ivanka standen. Ich sah zu Hogun, wie er neben einigen anderen Wachen da stand, und weiter zu einem Haufen Bediensteter, Bewohnern des Dorfes, ehe mein Blick bei dem kleinen Mädchen hängen blieb, das ich nicht zum ersten Mal sah. Ihre pechschwarzen Haare hoben sich stark ab bei ihrer blassen Hautfarbe, das Lächeln, das sie mir schenkte, erinnerte mich sofort an Lokis und ich sah auch das mir altbekannte Armband an ihrem Handgelenk baumeln. Ich wollte schon meinen Mund aufmachen, fragen was all das hier darstellen sollte, doch kein Laut verließ meine Lippen und genauso sagte auch keiner der Anwesenden etwas. Ich hatte ja schon wirklich viel eigenartiges geträumt, doch das hier kam eindeutig unter die Top 10 der merkwürdigsten Träume von allen, denn ich wusste nicht wirklich, was mir das sagen sollte, es machte mir eher Angst vor ihnen allen zu stehen, mich einfach nur anstarren zu lassen, unfähig etwas zu sagen, als ich da einen Windhauch hinter mir spürte. Meine Haare flogen nach vorne und ich zuckte überrascht zusammen, als eine Stimme mir ans Ohr hauchte: „Dein Weg ist noch nicht vorbei."
Überrascht riss ich meine Augen in der Realität auf, merkte sofort, dass ich wieder wach war, als ich meinen eigenen Körper wieder schmerzen fühlte, mein Zimmer nicht mehr am strahlen war und mir die wundervolle Kühle von Lokis Körper entgegenschlug.
„Nur ein Traum", hauchte ich leise und drehte mich ein wenig mehr zu dem schlafenden Prinzen, der meine Hand feste in seiner hielt und selbst in seinen Träumen noch erschöpft und voller Sorgen wirkte, doch wie sollte ich ihm das übel nehmen? Die letzte Nacht war anstrengend für uns alle gewesen und doch hatte ich es überlebt, ich war hier, die Schmerzen waren fast verschwunden und ich kam mir nicht mehr so vor, als würde ich verbrennen.
„Ich habe dir ja gesagt, dass alles gut gehen wird", murmelte ich leise an Loki gerichtet und lächelte bei seinem Anblick. Wenn er am schlafen war, dann sah er fast wieder so aus, wie der kleine Loki von einst und es fiel mir so schwer wegzusehen, zu sehr hatte ich das Gefühl Momente wie diese für immer innerlich bewahren zu müssen, denn irgendwann würde alles enden und doch war der Schatten seines alten Ichs kurz wieder da.
„Du starrst", nuschelte Loki verschlafen und amüsiert lächelte ich nur noch breiter, als er seine Augen blinzelnd öffnete und ich fast sehnsüchtig auf geseufzt hätte, so wunderschön sahen sie aus.
„Wie soll ich auch nicht starren, wenn du so wunderschön bist?", fragte ich leise nach, was ihn zum lächeln brachte und er sogleich meine Stirn fühlte.
„Du hast kein Fieber mehr, also wie erklärst du dir deine verrückten Worte?"
„Sei still", lachte ich erheitert und seufzte glücklich auf, als er mir einen Kuss auf die Stirn drückte.
„Ich weiß wirklich nicht, wie viel Drama ich mit dir noch durchstehen kann", murmelte Loki leise, während er meine Hand los ließ und sie sachte auf meinen Bauch legte.
„Sagst gerade du? Bevor es Drama um mich gab, gab es einen Haufen voll Drama wegen dir!"
„Wir sind echt schlimm."
„Der arme Thor leidet wohl am meisten mit uns", erwiderte ich und konnte es nicht verhindern aufzulachen.
„Wenn wir ihm einen Gefallen erweisen wollen, dann sollten wir uns einen neuen Planeten suchen und ihm Ruhe schenken."
„Wenn er Jane heiraten sollte, dann ist das unser Hochzeitsgeschenk an die beiden", meinte ich zustimmend und schloss zufrieden meine Augen, als er mit seiner freien Hand anfing mir über den Arm zu streichen.
„Wir sollten uns vielleicht wirklich langsam mal Gedanken über Namen machen", murmelte Loki gedankenverloren, brachte mich dazu meine Augen wieder zu öffnen.
„Was schlägst du vor?"
„Du bist ja der festen Überzeugung, dass es ein Mädchen wird, ich dachte da an etwas wie Gyda oder..."
„Gyda? Wie kommst du auf den Namen Gyda?", unterbrach ich ihn, sah wie er schmunzeln musste.
„Der Name hat eine schöne Bedeutung und war früher einmal sehr beliebt."
„Der Name ist auch wirklich schön, aber mit zweitem Namen muss die Kleine dann Frigga heißen", erwiderte ich und sah wie Loki nun etwas irritiert die Augenbrauen hob.
„Du willst ihr lieber den Namen von Frigga geben, als von deiner echten Mutter?", fragte er nach und ich seufzte leise auf.
„Ich liebe sie ja wirklich sehr, doch Frigga war nun einmal mehr Mutter für mich, als sie und daran wird sich nie etwas ändern können."
„Dann haben wir das ja beschlossen", meinte Loki lächelnd, „Gyda Frigga Tochter von Prinzessin Marcy und ihrem treuen, untergebenen Loki."
„Du bist ein Idiot", lachte ich auf, dachte erheitert daran, wie schön es doch war wirklich solche Gespräche mit Loki führen zu können, eine ganze Zukunft planen zu dürfen.
„Ich liebe dich doch auch."
„Es könnte aber immer noch ein Junge werden", meinte ich neckend, während er meinen Hals anfing mit Küssen zu bedecken.
„Da bin ich mit den Name ziemlich offen, so lange du den Kleinen nicht mit Zweitnamen Odin nennen willst oder er wirklich Thor Junior am Ende heißt", bemerkte er.
„Ich hatte gehofft, dass du das sagst, denn ich will, dass wenn es ein Junge wird, er Steve heißt." Die Reaktion, die daraufhin folgte, war vorhersehbar gewesen und dennoch war es zu komisch Lokis geschockten Gesichtsausdruck zu sehen, als er sich von mir löste und mich ansah, als hätte ich ihn geohrfeigt.
„Steve? Unser Sohn soll Steve heißen?"
„Ich finde den Namen wunderschön und würde mir wünschen, dass wir einen Namen aus Midgard wählen."
„Aber warum denn Steve? Hätte es nicht irgendein andere Name sein können?", fragte er angeekelt und fast schon flehend.
„Weil Steve ein Held ist und einer meiner engsten Freunde zugleich."
„Was ist mit Stark? Dessen Name wäre mir sogar lieber", meinte Loki und ich verdrehte schmunzelnd meine Augen.
„Er wird schon der Patenonkel werden."
„WAS?!", schrie Loki fast schon schrill, als die Türe da aufgerissen wurde und Thor besorgt hereinplatzte.
„Alles ok? Was ist los?"
„Alles ist bestens, wir haben uns gerade einen Babynamen ausgesucht", antwortete ich glücklich, als Thor auf mich zu geschritten kam und sich neben mich setzte, wo er auch schon meine Stirn fühlte und erleichtert einen Kuss auf mein Haar drückte.
„Immerhin geht es dir wieder besser, sogar so gut, dass du Lokis Nerven wieder zerstören kannst", meinte er fröhlich.
„Er findet den Namen Gyda einfach nur wunderschön."
„Gyda? Ich hätte eher mit traditionelleren Namen gerechnet, wie Freya oder Helga", bemerkte Thor, was mich dazu brachte den Kopf zu schütteln.
„Dann warte erst ab, bis du den Jungennamen gehört hast."
Ich hasste es über alles ans Bett gefesselt zu sein und doch wusste ich ja, dass es anders nicht gehen würde. Ich war zwar nicht mehr an der Schwelle des Todes und doch war ich komplett geschwächt. Jedes Mal, wenn ich nur ins Bad schreiten musste, glaubte ich ohnmächtig zu werden vor Überanstrengung, doch immerhin leistete man mir so viel Gesellschaft wie es nur ging. Loki wich mir ja kaum mehr von der Seite, so dass Thor ihn jedes mal fast aus dem Zimmer tragen musste, wenn er gebraucht wurde. Steve und Tony hatten sich tatsächlich wieder ziemlich gut vertragen in all der Zeit hier und schafften es sogar mir zusammen Gesellschaft zu leisten, ohne sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Ich war ja sogar dankbar, wenn Ivanka mich besuchen kam, da diese neuerdings sich so an Sif klammerte, dass diese sie immer mit der Ausrede, dass ich nach ihr fragte, Ivanka an mich los wurde. Ich war einfach glücklich sie alle um mich herum zuhaben, zu sehr wusste ich einfach, dass unsere Zeit kostbar war, dass die Wahrscheinlichkeit zu gering wäre, dass alle diesen Krieg überleben würden und so gab es für mich nichts schöneres, als meine Freunde so zu sehen, wie sie immer waren und was ich als zu selbstverständlich nahm.
Ich lächelte glücklich, wenn ich Volstagg jammern hörte, wie hungrig er doch wäre, musste schmunzeln, wenn Fandral vergebens versuchte eine Kuss von Sif zu ergattern oder wenn Tony Steve wegen seines hohen Alters aufzog. Die einzigen beiden, die wohl nicht annähernd so oft hier waren, wie der Rest, waren Natasha und Clint. Ich hatte wirklich keine Ahnung, was zwischen den beiden so genau abgelaufen war, doch so wie es aussah, schienen sie sich wieder bestens zu verstehen und verbrachten ihre Zeit lieber zu zweit, doch ob sie wirklich zusammen waren wusste keiner so wirklich.
„Jetzt sieh ihn nicht so böse an!", mahnte ich Loki, der neben mir auf meinem Bett saß und Steve durchgehend böse an funkelte, der neben Thor stand und sich gerade irgendeine witzige Geschichte von diesem erzählen ließ.
„Ich hasse ihn", murmelte Loki fast schon beleidigt zur Antwort und amüsiert sah ich zu ihm bei diesen Worten.
„Hat bisher auch noch keiner bemerkt oder so."
„Mach dich nicht über mich lustig, ich verzeihe ihm sicher nicht so schnell, dass er dich geküsst hat", warnte er mich.
„Und Cole hast du verziehen?"
„Ihn durfte ich ja auch schon foltern", erwiderte er vergnügt und ich schlug ihm gegen die Schulter, als er das erwähnte.
„Du bist ein Idiot."
„Trotzdem liebst du mich."
„Was für ein Fehler das doch ist", seufzte ich und musste kichern, als er beleidigt in meine Hand biss, die er bis dahin gehalten hatte, doch der ganze Frieden fand ein schnelles Ende, als meine Zimmertüre von einem besorgten Tony aufgerissen wurde.
„Ich habe gerade von einer Wache erfahren dürfen, dass die Chitauri auf dem Weg zur Erde sind!"
„Die Chitauri?", fragte Thor schockiert und besorgt sah ich zu den anderen.
„Wir müssen gehen, wir müssen uns mit den anderen zusammenschließen, sonst sind wir machtlos!", meinte Tony nur, während Steve verwirrt zu wirken schien.
„Aber wie wollen sie auf die Erde? Ohne den Tesserakt..."
„Offensichtlich haben sie einen Weg gefunden und wir sollten wirklich gehen. Die Erde braucht uns, Rogers."
„Also beginnt es", murmelte Loki neben mir angespannt und ich wusste genau wie all die anderen, dass es dann nur noch eine Frage der Zeit wäre, bis der Krieg auch uns erreichen würde.
Mit dem Abschied von meinen Freunden aus Midgard war es so, als würde eine große Einsamkeit zurückkehren. Irgendwie wirkte der ganze Palast stiller, verlassener, so ohne sie und gleichzeitig war es nicht sonderlich hilfreich, dass ich vor Sorge um sie beinahe starb. Zwar hatten die Chitauri noch nicht angegriffen, doch sie würden es und das machte mir Angst. Ich durfte zwar endlich wieder mein Bett verlassen, doch den Palast nicht. Zu sehr machten sich alle Sorgen, dass ich wieder zusammenbrechen könnte und wenn ich dann irgendwo alleine da draußen wäre, würde das sicher nicht gut ausgehen, weswegen ich meine meiste freie Zeit damit verbrachte in die alte Bibliothek zu gehen, neue Bücher zum lesen zu suchen, Sif beim trainieren zuzusehen und wie sie versuchte Ivanka beizubringen, wie man kämpfte, da diese wohl um alles in der Welt Cole beeindrucken, ihn halten wollte. Im Grunde langweilte ich mich wieder fürchterlich, doch das einzige, was mir wirklich Freude und Aufheiterung bereitete, war die Tatsache, dass ich mein Baby spürte. Jedes Mal, wenn die Kleine sich bemerkbar machte, war es das beste, was mir je passieren konnte und meine ganze schlechte Laune war wie weggeblasen. Es machte alles einfach so real.
„Da bist du ja." Überrascht sah ich zu Loki, als ich mein Zimmer mit zwei neuen Büchern in der Hand betrat.
„Hier bin ich. Wieso wirkst du so glücklich, du strahlst ja so sehr, als hättest du gerade gesehen, wie Cole die Treppe heruntergefallen wäre."
„Oh das wäre ein wundervoller Anblick gewesen, aber ich habe eigentlich eine Überraschung für dich", erwidert er gut gelaunt.
„Eine Überraschung? Muss ich Angst haben?", fragte ich amüsiert nach und legte die Bücher auf meinen Nachttisch.
„Nicht doch, komm einfach mit", meinte er erheitert, nahm meine Hand in seine und zog mich aus dem Zimmer heraus auf den kühlen Gang, „Und nun schließe deine Augen."
„Und ich soll wirklich keine Angst haben?", fragte ich lachend nach, tat jedoch was er wollte, als er mich langsam einige Schritte weiter zog und erneut stehen blieb.
„Oh nein", hauchte er fast schon irgendwie aufgeregt und ich hörte, wie er eine Türe öffnete, „Öffne sie wieder." Blinzelnd tat ich, was er wollte und schnappte überwältigt nach Luft, als ich in das Zimmer vor mir sah, das früher eines der Gästezimmer gewesen war, das eigentlich nie genutzt worden war und das nun ein wunderschönes Kinderzimmer war. Die Decke wurde mit dem Weltenbaum bemalt, auf dem Balkon blühten die schönten Blumen, auf den weißen Regalen an den Wänden sammelten sich alle möglichen Plüschtiere und Puppen, auf dem Boden lag ein riesiger, flauschiger Teppich und in der Mitte stand ein liebliches Kinderbett, über dem ein Mobile baumelte.
„Gefällt es dir?", fragte Loki nun deutlich unsicher nach und gerührt von dieser Geste, drehte ich mich mit Tränen in den Augen zu ihm, wo ich ihn zur Antwort einfach nur küsste und er diesen augenblicklich erwiderte. Behutsam lagen seine Hände auf meinem Rücken und er drückte mich an sich, hielt mich fest.
„Es ist perfekt", hauchte ich zwischen zwei Küssen und wusste ja selbst, dass all das hier zu perfekt wäre, um wahr zu sein und dass früher oder später dieser Traum ein Ende finden würde, spätestens wenn der Krieg beginnt.
Aloha :) Tut mir leid für das Warten, dennoch hoffe ich, dass euch das Kapitel gefallen hat. Es wird das letzte fiedliche gewesen sein Kids, also macht euch bereit für den Krieg xx
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