82. Ein Teil von mir
Wenn ich eines sicher nicht war, dann in der Stimmung auf einen verfluchten Ball zu gehen, erst recht nicht auf einen, der für mich stattfand, für meine mittlerweile nicht mehr vorhandene Verlobung. Cole hatte zwar Scherze gemacht ich solle mich spontan mit Loki verloben, dann würde der Ball nicht ganz an Bedeutung verlieren, doch jetzt war alles andere als der geeignete Augenblick, um über solche Dinge nachzudenken, vor allem da es zwischen Loki und mir nach wie vor kompliziert war. Seit wir uns küssten, war alles anders und doch auch nicht. Ich mied ihn nicht länger und unser Verhältnis war wieder fast so wie früher und doch hatten wir seit dem keinen Augenblick mehr alleine verbracht, ich hatte ihn weder geküsst, noch ist was anderes gewesen. Es brauchte eben alles seine Zeit.
„Du siehst umwerfend aus", sagte ich an Sif gewandt, die sich gerade eine Halskette anlegte.
„Sagst du zu mir?", lachte sie auf und drehte sich zu mir um, doch egal was sie auch behauptete, neben ihr würde jeder untergehen. Sie sah einfach traumhaft schön in dem dunkelblauen Kleid aus mit den hochgesteckten Haaren. Sie war schon immer eine Schönheit gewesen und seit ich nur denken konnte hatte ich sie in allem was sie tat beneidet. Damals wollte ich so kämpfen können wie sie, dann so mutig oder schön sein.
„Fandral wird dich kaum in Ruhe lassen können heute", lachte ich leise und sie verdrehte die Augen.
„Ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich den Idioten immer noch nicht satt habe."
„Das nennt man Liebe."
„Oh ich bitte dich Marcy", schnaubte sie auf und ich schüttelte schmunzelnd den Kopf von ihrer blinden Liebe und setzte mich auf mein Bett. Das alles erinnerte mich an meinen aller ersten Ball hier, der war auch nur mir zu Ehren gewesen und ich dachte lächelnd daran, wie aufgeregt ich gewesen war, wie ich neben Thor die Halle hatte betreten müssen und wie ein neues Leben damit begann.
„Gehen wir?" Sifs Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich wusste ja, dass ich dahin musste, doch irgendwie ging mir das dann doch zu schnell, weswegen ich hastig den Kopf schüttelte.
„Geh vor, ich brauche noch etwas."
„Es wird schon gut gehen", versicherte sie mir mit einem Lächeln und lief dann aus meinem Zimmer, während ich mich zurück fallen ließ und meine Zimmerdecke anstarrte. Hätte so ein Tag nicht in die Top 10 der besten Tage eines Lebens gehören müssen? Der eigene Verlobungsball? Irgendwie war ich jedoch nicht glücklich. Ich wusste nicht wirklich woran es lag, zum einen natürlich, dass es keine Verlobung gab, doch da war noch so viel mehr. Müde setzte ich mich wieder aufrecht hin und blickte zu meinem liebsten Buch auf meinem Nachttisch, was mir ein Lächeln abgewinnen konnte. Mein Leben lang hatte ich befürchtet mein Schicksal wäre das selbe wie das der Hauptfigur, Kyla, einer Kriegerin, die trotz allen Regeln und Gesetzen eine werden konnte. Immerzu hatte ich geglaubt Loki und mein Leben müsste wie Kylas und das ihres Geliebten Pius enden, der eine dem Tode verurteilt wegen des anderen, doch nun gab es Hoffnung. Wir waren zusammen, Loki würde mich niemals mehr hintergehen. Wenn wir den Krieg überleben sollten, dann würde endlich alles gut werden.
„Du wirst dieses Buch auch niemals leid, oder?" Ich hätte vor Schreck fast aufgeschrien, als Loki wie aus dem Nichts heraus in meinem Zimmer stand und mich schmunzelnd musterte. Bei allen Göttern, er sah so unfassbar gut aus.
„Erschreck' mich doch nicht so!", jammerte ich und beobachtete ihn, wie er auf mich zu schritt.
„Solltest du nicht daran gewöhnt sein?" Ich lächelte leicht, als ich daran dachte, wie oft er mich in unserer Kindheit so erschrecken konnte, wie oft er einfach in meinem Zimmer stand und ich es nicht bemerkt hatte.
„Bin wohl aus der Übung gekommen dich zu bemerken", erwiderte ich schmerzvoll und er setzte sich neben mich, wo er das Buch aus meinen Händen nahm.
„Verzeih mir, ich werde versuchen ab jetzt lauter zu sein", antwortete er spöttisch und ich verdrehte die Augen, „Aber nun sag, wieso liest du, anstatt zum Ball zu gehen?"
„Ich lese nicht, ich habe es nur gesehen und... musste nachdenken."
„Über?", fragte er interessiert nach und ich seufzte schwer auf, während er das Buch weg legte.
„Die Vergangenheit, die Zukunft..."
„Und mal wieder zerbrichst du dir zu sehr den Kopf", murmelte er und drückte einen Kuss auf meine nackte Schulter, was mich erschaudern ließ.
„Wie soll ich auch nicht über alles grübeln? Jetzt wo sich so vieles ändert, wo wir alle sterben..."
„Sag das bloß nicht!", sagte er gereizt und ich biss mir auf meine Unterlippe bei seinem intensiven Blick, „Wir werden siegen, wir werden leben und es wird ein verflucht gutes Leben werden, ich werde dir jeden noch so bescheuerten Wunsch erfüllen und unter Thors glorreicher Herrschaft werden wir aufblühen." Ich hörte zwar bei dem Thor Part seinen Spott heraus und doch musste ich gerührt lächeln von seinen Worten, denn sein Mut machte mir selbst welchen und das brauchte ich gerade mehr als alles andere.
„Na dann sollten wir zu diesem Ball gehen", seufzte ich und wollte aufstehen, doch er hielt mich zurück.
„Erst muss ich dir sagen, dass du wunderschön ausschaust", sagte Loki lächelnd und ich schüttelte amüsiert den Kopf.
„Du bist ein Idiot."
„Mag sein, aber du würdest sogar noch schöner aussehen, wenn du vielleicht... naja... das hier wieder tragen möchtest." Ich sah wie er unsicher aus seiner Hosentasche mein funkelndes Armband herausholte, das ich vor so langer Zeit an Thor übergeben hatte, nachdem der Gedanke mich beinahe umgebracht hätte ein Teil von ihm weiter bei mir zu tragen, das war damals auf Midgard gewesen, als ich das erste mal bemerkt hatte, wie wenig Loki mir gut tat, nachdem ich von einem Pfeil getroffen worden war
„Ich dachte Thor..."
„Er gab es mir, als du von Malekith entführt wurdest", erklärte er und ich zuckte bei dem Namen zusammen, was er bemerkte, „Es gibt so viele Dinge, die ich dir angetan habe, die unverzeihlich sind, wobei die Malekith Sache eine ist, ich war nie für dich da danach und..."
„Ist schon ok", sage ich hastig, denn ich wollte nicht an meine Zeit als Gefangene denken müssen, „Vergangenes ist vergangen, schon vergessen?"
„Darüber reden wir noch", bemerkte er, „Aber nimmst du das Armband an? Als ein Teil von mir?"
„Klingt fast wie ein Heiratsantrag", bemerkte ich schmunzelnd.
„Es kann gerne einer sein, wenn du magst", meinte er und ich schüttelte hastig den Kopf.
„Oh nein, so leicht mache ich es dir nicht. Ich werde so etwas nur annehmen, wenn der Krieg vorbei ist. Frag mich nicht aus Angst, dass es vorbei sein könnte, frag mich, weil du weißt, dass wir auf ewig zusammen sein werden", sagte ich und streckte ihm dennoch meinen linken Arm entgegen, dort wo dieses Armband Jahrhunderte dran gewesen war, bis es das nicht mehr war.
„Versprochen, Liebste", sagte er lächelnd und sah bedauernd auf die dunkle Narbe an meinem Handgelenk, die er kurz küsste, ehe er mir das Armband umlegte, „Darüber reden wir auch noch, aber erst besuchen wir deinen Verlobungsball."
„Du weißt wie schräg das klingt?", fragte ich nach und ließ mich von ihm hochziehen, wo er meine Hand in seine nahm, als würde er sie niemals mehr los lassen.
„Natürlich."
Der Ball war auf alle Fälle ein Anblick, den man nicht so schnell vergessen könnte. Es war so edel und so königlich veranstaltet worden, dass er ganz anders wirkte, als jeder bisherige Ball und doch lächelte ich erheitert, als ich von Loki weiter in den Raum gezogen wurde. Mit ihm zusammen würde dieser ganze Abend um einiges erträglicher werden und ich konnte sogar lachen, wenn ich daran dachte, wie diese Tag eigentlich hätte sein können. Aras an meiner Seite, verdammt dazu schon morgen Asgard für immer hinter mich zu lassen. Ich sollte feiern hier zu sein, feiern mit allen die ich liebe in solch schweren Stunden einen so friedlichen Abend haben zu können.
„Du hast doch sicher nicht vor mit irgendwem außer mir heute zu tanzen, oder?" Ich lächelte Loki bei diesen Worten an und hob meine Augenbrauen.
„Ah, will ich das?"
„Natürlich", meinte er und zog mich schon zur Tanzfläche, wo ich nicht anders konnte, als vor Glück fast zu heulen. Das war unser erster gemeinsamer Tanz als Paar. Das war das erste Mal in all der Zeit, wo wir nicht als Freunde tanzten, oder als irgendwas anderes, es war unser erster Tanz als Paar und ich würde diesen Augenblick vermutlich niemals vergessen, ich wollte ihn niemals vergessen. Nicht wie leise die Musik spielte, wie Lokis blasse Haut im Licht all der unzähligen Kerzen und Fackeln strahlte oder wie sanft er mich an sich gedrückt hielt und dabei immer wieder meine Seiten leicht entlang strich.
„Ich liebe dich", hauchte er leise und legte seine Stirn an meine, „Mehr als mein ganzes Leben."
Loki und ich tanzten zusammen fast den ganzen Abend über, irgendwann zwang Thor ihn dazu mich kurz an diesen auszuleihen und ich versuchte vergebens Loki dazu zu bewegen mit zu meinen Freunden zu gehen. Er wollte jedoch lieber diese Zeit nutzen kurz nach draußen zu gehen und so versuchte ich nicht ganz zu lange bei Sif und den anderen zu bleiben, wobei das einfacher war als gedacht, da Sif und Fandral aneinander klebten wie Magneten, Volstagg viel zu begeistert von dem Essen war und Cole anscheinend mit Ivanka irgendwohin abgehauen war. Ich fand die Tatsache, dass zwischen den beiden jetzt tatsächlich etwas irgendwie lief, mehr als nur schräg, aber gut.
„Du siehst glücklich aus", bemerkte Hogun, als ich mir etwas von ihm zum Trinken reichte und meinen Blick von Sif abwandte, die doch ernsthaft gerade wie ein Mädchen kicherte, als Fandral ihr ein Kompliment machte. Bei allen Göttern, die Liebe machte einen echt zu einer anderen Person.
„Ich bin auch glücklich."
„Wegen Loki? Wir sind ja nicht blind und sehen, dass ihr zwei euch wieder sehr gut versteht", bemerkte er und ich leerte mein Glas.
„Ja auch, aber nicht nur, es ist einfach all das. Wir leben, wir sind glücklich, alles ist kurz so perfekt", antwortete ich und wusste, dass es einer der letzten ruhigen Augenblicke sein könnte.
„Genieße es, Kleine", warf Volstagg mit einem Stück Kuchen im Mund ein, „Ich kann den Krieg schon förmlich riechen."
„Ich glaube das ist nicht der Krieg, sondern der Stinkekäse da hinten", bemerkte Fandral da und ich lachte auf.
„Denken wir nicht an das was noch kommen wird", sagte ich dazu nur und lief an ihnen vorbei, um nach außen zu gelangen. Mir gefiel es nach wie vor nicht um so eine Uhrzeit alleine nach draußen zu gehen, vor allem nicht während eines Balls, das weckte einfach zu viele Erinnerungen, doch als ich Loki erblickte, verflog meine Sorge sofort und lächelnd lief ich auf ihn zu, stellte mich neben ihn und folgte seinem Blick zu dem mit Sternen überfüllten Himmel.
„An was denkst du?", fragte ich ihn leise und lächelte, als er meine Hand in seine nahm.
„Belangloses", antwortete er und ich verdrehte amüsiert meine Augen.
„Wollen wir rein?", fragte ich ihn und war überrascht, als er mich einfach in eine Umarmung zog, wo ich irritiert meine Arme um ihn schlang.
„Wie kannst du mir das alles eigentlich immer und immer wieder verzeihen?", murmelte er leise und ich blinzelte verdattert von dieser Frage.
„Wieso fragst du das?"
„Ich habe dein Herz gebrochen und so viel Schreckliches getan und doch bist du hier und siehst mich an, als wäre ich das beste was dir je hätte passieren können."
„Weil es so ist", antwortete ich, „Ich liebe dich eben und du hast dich geändert. Natürlich waren deine Taten alles andere als ok, aber jeder hat eine zweite Chance verdient."
„Das ist schon mehr als meine zweite Chance", bemerkte er und ich löste mich von ihm und musste schmunzeln.
„Willst du unbedingt, dass ich Schluss mache?"
„Nein!", sagte er sofort panisch und drückte einen Kuss auf meine Stirn, „Ich frage mich nur, womit ich dich verdiene."
„Hör auf so melodramatisch zu werden, Loki", lachte ich auf und zog ihn mit mir zurück nach Innen, wo ein Großteil der Gäste schon fort waren und nur noch wenige zu der leisen Musik eng umschlungen tanzten, so auch Sif und Fandral. Sif so zu sehen war wirklich ein gewöhnungsbedürftiger Anblick, doch wenn sie glücklich war, war ich es auch.
„Ich bin nicht melodramatisch", jammerte er und ich lachte leise auf.
„Ein wenig schon."
„Kleine Hexe", murmelte er und biss in meine Hand, was mich noch mehr zum lachen brachte, „Willst du gehen?"
„Eigentlich schon, ich bin müde und die Musik hier würde mich nur noch müder machen", antwortet ich und konnte es außerdem kaum erwarten dieses Kleid wieder auszuziehen, das nach all den Stunden sich anfühlte, als würde es hunderte von Kilos wiegen.
„Na dann", sagte er und zog mich aus der Halle und weiter in Richtung unserer Zimmer, wo er vor meiner Türe anhielt und lächelnd nun auch meine andere Hand in seine nahm.
„Der Abend war besser als gedacht", seufzte ich leise und frustriert ihn gehen zu lassen, aber jeder Tag musste mal ein Ende finden.
„Der beste Abend seit langem", lachte Loki und zog mich enger an sich, „Schlaf gut, Prinzessin."
„Du auch", hauchte ich und lächelte als er meine Stirn mal wieder küsste, ehe er sich von mir löste und ich schweren Herzens in mein Zimmer schritt, wo ich mich an die geschlossene Türe lehnte und auf mein Bett sah. Ich wollte nicht alleine schlafen müssen. Ich wollte bei ihm sein und doch wollte ich unsere Beziehung nicht gleich wieder so überstürzen. Wieso aber? Wir waren im Krieg, jeder Tag könnte unser letzter sein und ich sollte aufhören mich so anzustellen. Ich wollte ihn und er mich, alles andere war doch scheiß egal!
„Loki", rief ich deswegen aus und öffnete hastig meine Zimmertüre, eilte auf die andere Seite des Ganges und rief erneut nach ihm, als ich seine Türe aufriss und bevor Loki, der sich gerade das Oberteil ausgezogen hatte, wirklich verstand, was abging, hatte ich mich ihm an den Hals geworfen und küsste ihn.
Heyho :) Ich hoffe euch hat dieses schnulzige Kapitel gefallen, eines der letzten womöglich und ja, ich versuche bald was neues von mir hören zu lassen :D xx
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