80. Versöhnung

Ich saß vermutlich seit einer kleinen Ewigkeit hier draußen, tat nichts anderes als Friggas Grab anzusehen und mir vorzustellen, was sie getan hätte, wenn sie nun hier wäre, wie anders vielleicht alles gekommen wäre und auch wenn sie nicht wirklich bei mir war, so war es tröstend hier zu sitzen.

„Willst du nicht langsam rein gehen?" Ich zuckte zusammen, als Cole mir seinen Umhang umlegte und ich erst da wirklich bemerkte, wie sehr ich gefroren hatte, „Du erfrierst ja sonst noch."
„Wie hast du mich gefunden?"
„Eine Wache hat dich hier her laufen gesehen", antwortete er schlicht und half mir aufzustehen, da meine Beine sich schon betäubt anfühlten.

„Wo ist Ivanka hin?"
„Ihr wurde kalt, sie ist netter als ich es gedacht hätte", antwortete er und ich lächelte amüsiert. Wenn aus meinem Exfreund und Lokis Exfreundin was werden würde, wäre das eindeutig verrückt.

„Stehst du nun auf Blondinen?", neckte ich ihn und er verdrehte die Augen.

„Treib es nicht zu weit, Marcy", warnte er mich lachend und zusammen erreichten wir recht schnell wieder den Palast, wo schon eine Wache auf uns zu eilte. Irgendwas musste geschehen sein, so besorgt wie diese wirkte.

„Prinzessin, es geht um den König..."
„Was ist los? Geht es ihm schlechter?", fragte ich panisch nach und schon war meine kurze gute Laune wie weg geblasen und die Sorge um Odin und der Schmerz der Realität traf mich mit voller Wucht. Es würde vermutlich immer so sein. Die Realität war einfach nur bitter und schmerzvoll.

„Deutlich schlechter, er möchte Euch sehen", erklärte er bestürzt und ich atmete zittrig durch. Eigentlich wollte ich ihn nicht sehen müssen. Es klang unfair und ebenso unlogisch, doch egal wie sehr ich auch wusste, dass er bald weg sein könnte, so war sein Anblick nach wie vor schmerzvoll. Es war einfach so viel geschehen. Ich wollte am liebsten nie wieder mit ihm reden wollen und doch würde ich mich mit Sicherheit hassen es nicht getan zu haben

„Willst du nicht zu ihm?", fragte Cole verwirrt nach und ich haderte deutlich mit mir selbst. Nun nett zu ihm sein zu müssen, weil er sterben könnte, erschien mir falsch, aber vielleicht sollte ich einfach mehr an das Schöne denken. An alles was gewesen war. Er hatte mich aufgenommen, ohne ihn wäre ich in einem Heim gelandet, hätte Loki nie gehabt oder Thor. Vermutlich wäre ich an meiner Narbe und dem Gift der Riesen gestorben und vielleicht hätte ich niemals eine so liebende Familie gefunden, auch wenn sie irgendwann zerbrach. Wenn ich es schon nicht für Odin wollte, dann sollte ich es für Frigga machen. Bei ihr hatte ich mich nie verabschieden können und egal wie scheiße Odin gewesen sein konnte, ich würde es vermutlich wirklich nur bereuen nicht zu ihm gegangen zu sein.

„Doch, ich gehe zu ihm", hauchte ich leise und zog den Umhang aus, ehe ich ihn Cole reichte, „Danke dafür."

„Immer wieder gerne", meinte er noch, ehe ich alleine weiter lief und nervös meine Hände verschränkte. Es war schrecklich so voller Abneigung, Sorge und Kummer zugleich wegen einer Person zu sein, doch wenn ich Loki alles verzeihen konnte, müsste ich Odin auch verzeihen. Leise klopfte ich vor seiner Türe angekommen an und dachte daran wie oft ich damals hier war, um Frigga zu sehen. Seit sie weg war, war es das erste Mal, dass ich wieder hier her kam. Eine Wache öffnete mir die Türe und trat aus, während ich in das Zimmer trat und durch das wohnliche Zimmer zum nächsten lief, dort wo das Schlafgemach wäre und wo Odin wie damals auch kränklich in seinem Bett lag, nur dass er jetzt bei Bewusstsein war.

„Marcy...", sagte er schwach und streckte seine Hand nach mir aus, was mich dazu brachte unsicher zu ihm zu gehen und mich auf die Bettkante zu setzen, „Du bist hier."
„Du wolltest mich sehen", bemerkte ich und nahm seine Hand in meine. Ich konnte es nicht leugnen, dass es schmerzte ihn so kaputt zu sehen. Ich dachte daran wie ich ihn das aller erste Mal gesehen hatte. Er war so viel jünger gewesen, eine einschüchternde Perosn, stark, liebte seine kleine, glückliche Familie. Nun war er nichts als ein geschwächter Mann, ohne Frau, mit Kindern, die ihm zum Großteil hassten.

„Frigga meinte ich solle mit euch reden, euch allen, doch Loki meidet mich und Thor ist fort", sagte er schwach und irritiert zog ich meine Augenbrauen hoch.

„Frigga?"
„Ja, sie erscheint mir in meinen Träumen, meine wunderschöne Frigga", hauchte er mit einem leichten Lächeln und ich drückte seine Hand fester. Er war geistig schon gar nicht mehr wirklich hier.

„Geht es ihr gut, wo sie ist?"
„Sehr gut", lachte er auf und schloss kurz mit einem schmerzvollen Ausdruck die Augen, ehe er sie wieder öffnete, „Ich war ein schrecklicher Vater, nicht wahr?"
„Der beste warst du vermutlich nicht, aber es gibt sicher schlimmere", besänftigte ich ihn, „Du hast mich aufgenommen, du hast Loki aufgenommen und ihm verziehen."
„Aber er hatte Recht, ich habe Ziele damit verfolgt gehabt."
„Und sie verworfen", meinte ich lächelnd, denn alle Pläne Welten zu vereinigen waren dahin.

„Ich hätte es mir nie verziehen dich unglücklich jemanden heiraten zu lassen, nach wie vor bist du eines meiner Kinder und du erinnerst mich so sehr an deine Mutter", lachte er und ich lächelte leicht.

„Ich fand ja nie, dass ich und Frigga uns ähnlich waren."
„Nicht Frgga, deine wahre Mutter", sagte er und fing zu husten an, während ich glaubte mich verhört zu haben.

„Du kanntest meine Mutter?", fragte ich schrill und glaubte zu träumen. Wieso hatte er in all diesen Jahren nie etwas gesagt? All diese Jahre dachte ich meine Familie wäre eine von vielen gewesen und nun, wo er starb, rückte er mal mit der Sprache raus, dass er sie kannte?

„Sie und deinen Vater. Dein Vater hat viel Geld in die königliche Armee investiert. Mit seinen finanziellen Mitteln hatten wir den Krieg damals gegen die Eisriesen gewinnen können und deine Mutter verbrachte zu Zeiten des Krieges viel Zeit im Palast. Sie war genauso wie du es jetzt bist."

„Wieso hast du nie was gesagt, oder Frigga?", fragte ich geschockt nach und wusste kaum was ich denken sollte. Es erklärte, wieso sie mich vermutlich auch aufgenommen hatten. Sie wussten, dass ich kein wahlloses Kind war.

„Am Anfang hatten wir gehofft, du würdest sie vergessen und somit das was du sehen musstest, was du erlebt hast. Kinder können so gut Dinge vergessen, aber du hast dich dein ganzes Leben an die Vergangenheit geklammert und irgendwann war es einfach zu spät", meinte er bedauernd und obwohl ich jedes Recht hatte sauer zu sein, war ich es nicht. Es war irgendwie schön etwas über meine Eltern zu erfahren, denn egal wie wenig ich es wahrhaben wollte, ich kannte die beiden nicht, nicht wirklich. All meine Erinnerungen beschränkten sich mittlerweile fast nur noch auf ihren Todestag. Was davor gewesen war ist fast alles fort aus meinen Erinnerungen. Ich weiß ja kaum mehr, wie mein Vater aussah.

„Weißt du, wieso sie sterben mussten? Sie und all die anderen?", fragte ich leise nach und hatte gar nicht gemerkt, wie ich zu weinen angefangen hatte, ebenso er. Er war so surreal und doch war es wahr. Wer hätte gedacht, dass der wahrscheinlich bedeutendste familiäre Moment zwischen uns entsteht an seinem Sterbebett?

„Als der Krieg vor der Türe stand, hatte ich die größten Adelsfamilien eingeladen, wir sprachen darüber, wie es weiter gehen würde und sie alle stimmten diesem Krieg zu. Die Riesen wussten davon, dass der Krieg durch sie beschlossen wurden und wollten Rache nehmen."
„Und du hast nie zurück geschlagen weil...?"

„Der Krieg war gerade vorüber, viele waren tot, das Land war geschwächt und mit dem Fund Lokis dachte ich den Frieden wahren zu können, das wollte ich nicht zerstören und ich wollte nicht meiner neu adoptierten Tochter zeigen, dass Rache das einzige ist, was Sinn macht", erkläre er lächelnd und ich nickte verstehend. Es war seltsam nach der ganzen Zeit zu wissen, was damals gewesen war. So oft hatte ich mich das gefragt und nun hatte ich eine Antwort. Eine so simple Antwort.

„Ich verzeihe dir", sagte ich leise und versuchte meine Tränen zu stoppen, „Alles was gewesen war, wir alle begehen Fehler und du hast deine eingesehen, also verzeihe ich dir alles."



Tränen liefen mir unkontrolliert übers Gesicht, als ich hastig in mein Zimmer gehen wollte. Dass dieses Gespräch mich so emotional mitnehmen würde, hätte ich nicht geglaubt und doch war ich nun nichts als ein zitterndes Wrack, das einsehen musste, dass ihr letztes Elternteil sterben würde und dass es niemanden gerade gab, mit dem ich darüber reden könnte. Sif war bei der Suche nach dem Verräter, mit Cole wollte ich nicht reden und Thor war weg.

„Marcy." Natürlich musste genau jetzt Loki auftauchen. Hastig versuchte ich mir die Tränen weg zu wischen, doch es kamen immer nur Neue dazu.

„Ist schon gut", schniefte ich und wollte an ihm vorbei, doch das ließ er nicht zu.

„Nichts ist gut, was ist passiert, wen soll ich..."

„Ich war bei Odin", unterbrach ich ihn hastig und sein Blick wurde weicher.

„Wie geht es ihm?", fragte er ruhig nach und schien doch tatsächlich besorgt zu sein oder er spielte nur wieder einmal eine Rolle.

„Er wird sterben, Loki und... und ich wollte einfach nur alles was war regeln, damit er friedlich gehen und ich friedlich weiter leben kann", erklärte ich leicht hysterisch und neue Tränen kamen mir hoch, was ihn dazu veranlasste mich in die Arme nehmen zu wollen, doch ich wich ihm aus, „Ich bin sauer auf dich, also lass das!"

„Und ich habe einen Fehler begangen. Ich war nur wütend und ich sehnte mich nach dir, tue ich immer noch", erwiderte er fast schon flehentlich, doch ich schüttelte nur den Kopf.

„Es ist so viel geschehen und du meintest selbst, du willst die Rolle beibehalten, also tu das auch, denn ich brauche einfach nur Abstand von all diesem Drama", hauchte ich schmerzvoll und wich weiter zurück, als er erneut meine Hand ergreifen wollte.

„Wirst du mir wenigstens verzeihen?"
„Ich überlege es mir, wenn du zu Odin gehst", antwortete ich, „Er sagte du willst nicht zu ihm."
„Natürlich nicht, er ist nicht mein Vater!", lachte er nun um einiges kälter auf, „Er hat mich angelogen!"
„Und er hat dir verziehen, dass du so vieles zerstört hast", erwiderte ich und ließ ihn mit den Worten stehen, drehte mich um und eilte weiter in mein Zimmer, wo ich die Türe schloss und mich schon weinend auf meinem Bett zusammen kugelte. Konnte ich nicht einfach einschlafen und dann wieder aufwachen, wenn die besseren Zeiten anfangen würden? Wenn es kein Tod, Krieg und Leid mehr geben würde?



Loki

Mir missfiel es das hier zu machen, doch Marcy bedeutete es viel und aus diesem Grund, keinem anderen sonst, stand ich nun vor Odins Bett.

„Dass du kommend würdest..."
„Dank nicht mir sondern Marcy. Es scheint als wäre dein Tod zu emotional für sie und sie verzeiht dir deine Gleichgültigkeit uns allen gegenüber", spottete ich und versuchte meinen Hass herunter zu würgen.

„Wir beide werden uns wohl niemals gegenseitig verzeihen, das habe ich kapiert, aber glaub nicht, dass ihr mir je gleichgültig wart, nicht einmal du, Loki", bemerkte er schwach und ich ballte meine Hände zu Fäusten.

„Habe ich gemerkt, klar und deutlich."
„Wärst du mir egal gewesen, hätte ich dich hinrichten gelassen, nachdem was du getan hast, ich hätte dich auf ewig in der Zelle verrotten gelassen, dich nicht am Ende freigesprochen."
„Das hast du alles zum Großteil nur getan, weil andere dich darum gebeten hatten, weil dein guter Ruf sonst zerstört gewesen wäre", zischte ich abfällig und wusste, dass Marcy so eine Art Gespräch nicht gefallen hätte, doch es fiel mir schwer an die Guten Dinge zu denken, von denen gab es so wenige.

„Ich tat es auch, weil du mein Sohn bist, Loki. Egal wie wenig du das akzeptieren möchtest, so war es und so wird es immer sein."
„Seltsam was man alles so sagt, wenn man kurz davor ist zu sterben", murmelte ich mit einem schwachen Lächeln und wollte nicht akzeptieren, dass seine Worte mir mehr bedeuteten.

„Wenn du jemals am Rande des Todes stehst, dann siehst du das einzieg was zählt, Loki, und für mich ist das meine Familie, du und Marcy gehört dazu, ob ihr mein Blut seid oder nicht."



Versöhnen konnten wir uns nicht, doch ich hatte ihm seinen Willen erfüllt, war da gewesen und wir hatten geredet. Er könnte von uns gehen, ohne dass eine Feindschaft zwischen uns existieren würde. Mehr konnte ich von meiner Seite aus nicht ermöglichen und er vermutlich auch nicht. Es war ein großer Schritt in meinen Augen gewesen und nun wo ich meinen inneren Frieden hatte, würde ich genau das Marcy sagen, hoffen, dass sie mir diesen verfluchten Kuss verzeihen würde und... Ich war schon dabei meine Ansprache zu führen, als ich ohne zu klopfen in ihr Zimmer lief, doch ich stockte, als ich sie weinend auf dem Bett liegen sah. Odin hatte sie als Tochter nie verdient gehabt. Dass sie um ihn weinte, nach allem was war, war einfach nur grauenvoll, doch sagen würde ich das nicht.

„Ich habe mit ihm geredet", machte ich mich bemerkbar und verweint sah sie zu mir, versuchte ihre Tränen zu verbergen, woran sie scheiterte.

„L-Loki..."
„Wir haben uns ausgesprochen und nun werde ich hier sein, so lange mein Oberteil von dir voll heulen lassen, bis keine Träne mehr dein Auge verlässt", meinte ich weiter und setzte mich zu ihr, wo sie ohne weitere Widerworte ihr Gesicht an meiner Brust vergrub und weiter schluchzte. Gerade war es mir egal, was zwischen uns war und werden würde, gerade wollte ich einfach nur für sie da sein. Nicht als fester Freund, Liebhaber oder was auch immer, eher als der beste Freund, der ich einst für sie gewesen war.


Aloha :) Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und jaa jetzt haben sich ja alle mehr oder weniger mit Odin ausgesprochen, damit der Gute seinen Frieden finden kann, auch wenn er den nicht verdient hätte xD

Ich hoffe euch gefällt das Video, es ist einfach ein Mischmasch aus allem was so bis jetzt gewesen ist und ich fand das Lied irgendwie passend xD xx

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