79. Damals war alles anders
„Erinnerst du dich noch an den Tag, wo wir uns kennen gelernt haben?" Ein leichtes Lächeln erschien auf meinem Gesicht, als Cole diese Frage stellte und sich dabei auf meinem Bett ausstreckte, „Es hat sich schon verflucht viel geändert seit damals, oder?"
„So unfassbar viel", hauchte ich verbittert und wusste kaum mehr, wie ich meine Nervosität weiter verbergen konnte. Ich war so verzweifelt, dass ich sogar dabei war ein Tuch zu besticken, obwohl ich das nicht einmal konnte, nur was ich sonst machen sollte, war mir ein Rätsel.
„Du warst noch ein Kind gewesen, so lieb und nett und brav... sieh was aus dir geworden ist", lachte er auf und ich legte das Tuch weg, um ihn amüsiert anzusehen.
„Sagst gerade du? Du hast mir damals schon schöne Augen gemacht, Cole, ganz schön krank von dir."
„Ich wusste nur wie hübsch du in ein paar Jahren aussehen würdest. Ich habe angefangen in dich zu investieren", verteidigte er sich und ich schüttelte lächelnd den Kopf, „Aber das mit uns beiden hätte nie eine Zukunft gehabt, oder?"
„Nein. Dafür bist du nun mein engster Freund, also hatte all dieses Drama wohl seinen Sinn gehabt", seufzte ich auf und legte mich neben ihn hin, wo er meine Hand in seine nahm und sie besänftigend drückte.
„Odin wird das schaffen, er ist stark."
„Und wenn nicht? Thor ist nicht hier und will gar kein König sein müssen, Asgard wäre verloren", hauchte ich und schon kamen alle Ängste wieder hoch. All diese furchtbaren Sorgen und Ängste, die mich seit Stunden plagten und die nicht vergingen, egal was ich auch tat, um mich abzulenken.
Nachdem die Lage sich beruhigt hatte und Loki mich aus seiner Umklammerung frei gelassen hatte, erfuhr ich was geschehen war. Odin war auf dem Weg zu mir oder zu Loki zusammengebrochen, Blut war ihm hochgekommen und er hatte eine Art epileptischen Schock. Offensichtlich wurde er vergiftet und seit dem wurde jede Stunde chaotischer hier. Odin wurde so weit es ging gerettet, doch sein Zustand war einfach beschissen. Loki kümmert sich doch tatsächlich um die Wachen, um einen Schuldigen zu suchen und so lange dieser nicht geschnappt wurde, wurde ich in mein Zimmer gesperrt, mit Cole zu meinem Schutz. Mir gefielen viele Dinge an dieser Lage nicht. Zum einen diese Ahnungslosigkeit, die Tatsache, dass ich hier sein musste und nichts machen durfte und dann noch diese schrecklichen Parallelen zu damals. Odin war krank und Loki gelangte an Macht. Noch einmal würde ich das alles nicht durchstehen können!
„Loki darf auf gar keinen Fall mehr auf den Thron", bemerkte Cole, „Nicht nur weil die Macht ihm zu Kopf steigen würde, einfach auch weil das Volk zum Großteil weiß, was er ist und was er getan hatte, es würde Aufstände geben."
„Also sind wir verloren, wenn Thor nicht über seinen Schatten springt und hoffentlich bald wiederkehrt."
„Oder du wirst Königin", schlug er mit einem amüsierten Gesichtsausdruck vor und ich lachte auf.
„Königin Marcy, die erste weibliche Herrscherin Asgards seit wie vielen Jahren?"
„Gab es jemals eine weibliche Herrscherin?", fragte Cole nach und ich fand diesen Gedanken absurd. Ich gehörte ja nicht einmal zur Familie. Nein, den Spaß überließ ich voll und ganz Thor!
„Hoffen wir einfach, dass Odin das schafft", sagte ich leise nach, denn auch wenn ich ihm niemals verzeihen könnte, für das was er mir zumuten wollte, dafür wie sehr er versagt hatte als Vater, so war er eben Familie. Mit ihm würde ich mein letztes Elternteil verlieren und endgültig eine Waise sein.
„Er wird das schaffen, er würde sich doch nicht die Möglichkeit auf einen guten Kampf entgehen lassen", scherzte Cole und schien schon vorauszusehen, dass es einen Kampf geben würde. Die Anzeichen dafür standen gut. Odin wurde keine zwei Tage nach der Auflösung Aras' und meiner Verlobung vergiftet, wenn das kein Zeichen war. Wie das passieren konnte blieb jedoch die Frage. Als König wurde Odins Essen mit der größten Vorsicht zubereitet und er besaß Vorkoster.
„Ich hoffe es wirklich sehr, erzähl mir etwas und lenk' mich ab, bevor ich vor Sorge noch einen Anfall kriegen werde."
„Wäre sicher nett anzusehen", lachte er auf.
„Willst du dich um ein Mädchen mit Fieber kümmern müssen?", fragte ich nach und schon war seine Belustigung verschwunden.
„Na gut, na gut du hast gewonnen, Kleine. Wann hast du eigentlich bemerkt, dass du Loki liebst?"
„Du fragst mich ernsthaft über Loki aus?", fragte ich schrill nach und drehte mich zu ihm, wo er meine Hand fester umklammerte, da ich sie schon von ihm ziehen wollte.
„Es interessiert mich eben, ich will wissen, ob du mich in unserer netten Beziehung je geliebt hast eigentlich."
„Cole", sagte ich empört und obwohl die Frage etwas verbittertes an sich hatte, schien er fröhlich zu sein.
„Ich will es nur wissen."
„Ich habe dich geliebt, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen", versicherte ich ihm und er drehte sich mehr zu mir.
„Aber ihn auch, nicht wahr?"
„Es ist schon so lange her, dass ich keine Ahnung mehr habe, wann das anfing, aber es war schon immer alles andere als einfach gewesen", seufzte ich ergeben, auch wenn es gelogen war. Ich würde niemals vergessen, wann sich alles geändert hatte. So viele Jahrhunderte war es her und doch würde ich niemals den Augenblick vergessen, wo sich schlagartig alles für mich geändert hatte, als ich Loki damals eines Morgens wecken wollte und er mich für eine Bedrohung gehalten hatte. Ich lächelt ungewollt als ich an diesen Moment zurück dachte, wie nahe wir uns waren, wie verwirrt ich gewesen war und wie Thor es geschafft hatte alles zu ruinieren. Es war so typisch für ihn.
„Dein Lächeln sagte genauestens aus, worüber du nachdenkst", sagte Cole amüsiert und ich schlug ihm gegen die Schulter, was ihn auflachen ließ.
„Tut mir leid, tut mir leid. Ich will einfach nur, dass du weißt, dass trotz der Tatsache, dass der Bastard mich gefoltert hatte und nicht unbedingt nett behandelte, ich euch das Beste wünsche und da du immer noch wie ein verliebter Idiot grinsen kannst, wenn du an ihn denkst, heißt es wohl, dass du ihm immer alles verzeihen wirst."
„Alles nun auch wieder nicht", sagte ich beleidigt davon, dass er mir unterstellte blind vor Liebe zu sein und er lachte erneut auf.
„Hmm lass mich überlegen... Loki hat Thor verbannt, seinen Tod vorgetäuscht, Midgard angegriffen, ganz schön viele Leute umgebracht, sich oft wie ein Arsch benommen, dir das Herz gebrochen und nun auch noch einfach geküsst, als wäre nie etwas gewesen und du verzeihst ihm alles", bemerkte er und so wie er das sagte klang es wirklich als wäre ich naiv, doch obwohl alles scheiße gewesen war, konnte ich vieles mittlerweile verstehen und nachvollziehen, auch wenn Lokis Art zu Handeln immer dezent extrem gewesen war.
„Du bist ein Idiot", sagte ich beleidigt und stand auf.
„Du magst mich trotzdem, aber was hast du bitte vor?", fragte er und folgte mir, als ich das Zimmer verließ, denn hier drinnen drehte ich bald noch durch.
„Nach draußen gehen. Mich wird schon keiner einfach angreifen und wenn dann habe ich ja dich und das Messer", sagte ich so lieblich ich konnte und zeigte dabei auf mein Bein, wo ich nach wie vor ein Messer versteckt hielt unter meinem Kleid, das einer der liebsten von Frigga gewesen war und das sie oft genug mir aufgezwungen hatte. Seltsam, dass ich nun wo sie fort war ganz ohne Nötigung Kleider trug, ich tat es als Ehre für sie und weil es sie sicher glücklich gemacht hätte.
„Und was willst du draußen machen?", frage er nach, als wäre ich übergeschnappt und ich zuckte die Schultern, doch drinnen würde ich nur an Loki oder Odin denken und auf beides konnte ich verzichten.
So verließ ich dank des ganzen Trubels um uns herum recht unauffällig sogar den Palast und war einfach froh kurz draußen sein zu dürfen, wo es zwar nach wie vor kalt war und der Winter sich bemerkbar machte, doch es regnete nicht und der Wind wehte nicht so stark, dass man drohte zu erfrieren.
„Marcy, was willst du bei diesen Temperaturen hier draußen?", fragte Cole jammernd nach, doch bevor ich antworten konnte, rief eine recht hohe, weibliche Stimme meinen Namen und verwirrt drehten Cole und ich mich zu dem Ursprung um, wo Ivanka, gehüllt in einen weißen Mantel, auf uns zu eilte. Was wollte die denn jetzt bitte?
„Oh bin ich froh dich zu sehen", sagte sie atemlos, als sie mich erblickte, „Ich wollte schon die ganze Zeit über mit dir reden."
„Ich bin nicht wirklich interessiert daran zu reden", wandte ich nicht gerade freundlich ab. Zwar wusste ich ja, dass sie und Loki nichts gehabt hatten, dass sie da mitgespielt hatte, doch sie zu sehen machte mich immer noch wütend und ich wurde eifersüchtig, auch wenn es idiotisch war, doch sie war so wunderschön, dass es mir manchmal so schwer fiel zu glauben, dass da nichts gewesen war und trotz allem hatten sie sich geküsst, ich hatte es ja selbst gesehen gehabt.
„Es ist dringend, ich will mich entschuldigen", meinte sie flehend und ich sah sie irritiert an, ebenso Cole.
„Wofür genau?"
„Für die Sache mit Loki. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass DU das Mädchen bist, das er versuchte zu schützen und weswegen ich mit ihm zusammen war", erklärte sie, „Hätte ich es gewusst, dann hätte ich da niemals mitgemacht, ich meine die Prinzessin... Du bist... ich dachte es wäre ein einfaches Mädchen, aber Du..."
„Ist schon ok", unterbrach ich sie, bevor sie weiter wirres Zeug reden könnte, doch so schnell gab sie nicht nach.
„Nein ist es nicht! Als ich von Lokis Aktion hörte, wie er dich küsste, ich war entsetzt, bis ich begriff, dass das Getuschel wahr ist und er ein Riese sei, ich finde es nicht schlimm, ich habe Zeit mit ihm verbracht und obwohl er anstrengend und echt ein Arsch manchmal ist, schien er normal zu sein und ich wollte sagen, dass ich euch alles Glück wünsche." Verblüfft sah ich sie an und wusste nicht wirklich, was ich sagen sollte. So eine nette Geste hätte ich niemals von ihr erwartet, weswegen ich froh war Cole zu haben, der das Antworten für mich übernahm.
„Das ist wirklich freundlich von dir und wenn Marcy nicht so überrascht wäre, würde sie das mit Sicherheit auch sagen." Ivanka wurde rot bei seinen Worten und ich glaubte zu träumen, als ich sah, wie schwärmerisch sie ihn dabei ansah. Oh bei allen Göttern. Kaum ging Ivankas Aufmerksamkeit zu Cole über, war ich schnell für beide vergessen und nachdem ich mein Verblüffen überwunden hatte, nutzte ich das aus, um alleine meinen Weg fortzusetzen, wobei ich nicht einmal so wirklich eine Ahnung hatte, wohin ich eigentlich lief. Wenn ich stehen bleiben würde, würde Cole mich jedoch schnell finden und einholen und zurück bringen.
Ins Waisenhaus, wo sicher mittlerweile neue Kinder auf ein zu Hause warteten, wollte ich nicht gehen müssen, zu sehr waren meine Erinnerungen noch auf meine alten Schützlinge fixiert. Bevor ich wirklich wusste, was ich tat, schlug ich den Weg zum Friedhof ein. Ein Friedhof auf Asgard war anders als auf Midgard. Da wir unsere geliebten übers Wasser bestatten, gab es keine Körper mehr zu begraben, dennoch existierten Gräber, wo letzte Erinnerungen begraben wurden, wie Kleidung, Bilder, Schmuck und an denen konnte man trauern.
Das Grab meiner Eltern hatte ich nach all diesen Jahrhunderten nie aufgesucht. Nicht ein einziges mal. Es schmerzte zu wissen, wie mitgenommen es wohl aussehen müsste, keine einzige Blume würde auf ihrem Grab sein, keine Kerzen würden da stehen, nichts, doch ich hatte nicht die Kraft dorthin zu gehen und andere Verwandte gab es nicht, die das machen könnten. Ich war auch nicht hier um ihr Grab zu suchen, sondern um das von Frigga aufzusuchen. Bei ihrem Grab würde ich sicher nicht komplett zusammenbrechen und im Anbetracht der Situation war es am besten zu ihr zu gehen, jetzt wo die Gefahr da war, dass Odin bald bei ihr sein würde.
Es zu finden war einfach. Die königlichen Gräber hatten einen eigenen Teil auf dem Friedhof und so musste ich nicht lange suchen, ehe ich ihres fand. Es war voller Blumen, einige Kerzen leuchteten und auf dem Grabstein war neben ihrem Namen und der Zeitspanne ihres Lebens noch eingraviert, dass sie einen Ehemann und drei Kinder zurück ließ. Ich lächelte schmerzvoll bei dieser Aufschrift und setzte mich auf den kalten Boden hin. Wenn sie schon nicht mehr wirklich hier sein konnte, dann versuchte ich irgendwie bei ihr zu sein. Ich brauchte sie einfach noch immer zu sehr.
Heyho :) Tut mir leid dafür, dass es hier kein Loki gab, aber im nächsten dafür dann, versprochen. Leider beginnt ab Montag die Schule oder besser gesagt mein Praktikum wieder, was heißt es dauert dann wieder bis es bei allen Geschichten von mir weiter geht, aber ich gebe mein bestes xD Ich bringe im nächsten Kapitel mal wieder ein Video raus, ob ihr wollt oder nicht :p xx
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top