118. Der Anker



Ich glaubte in irgendeinem seltsamen Traum festzustecken, glaubte kaum daran, dass das alles hier echt war, dass das wirklich geschehen konnte und doch war es offensichtlich so. Völlig entgeistert kniete ich neben Loki, hatte seinen Kopf auf meinen Schoß gezogen, strich ihm behutsam über sein weiches Haar, während ich zu Frigga sah. Wie Aras auch, sah sie genauso aus wie in dem Moment, in dem sie gestorben war, trug das selbe Kleid, die selbe Frisur, nur war ein riesiger, blutiger Fleck an der Stelle zu sehen, wo der Dunkelelf sie erstochen hatten und der Anblick riss viele alte Wunden auf, viele fürchterliche, traumatische Momente.

„Du brauchst dich nicht zu fürchten, ich bin hier, um zu helfen", besänftigte Frigga mich sachte, sah besorgt von mir zu dem nach wie vor ohnmächtigen Loki.

„Ich verstehe nicht... du bist wirklich hier?", fragte ich leise, denn hieß das, dass jeder Tote, wirklich jeder Tote hier war? Auch Odin? Meine Eltern? Meine Tochter?

„Ja, jeder der verstorben ist und zurück will, kann es nun, zumindest so lange man sie nicht aufhält", erklärte Frigga mir, meinte wohl die Göttin des Todes damit.

„Und Aras?"

„Er wird wieder kommen, aber ich habe ihn fürs erste verjagen können", beruhigte sie mich und ich nickte leicht, wusste gar nicht, was ich sagen sollte, doch wie reagierte man in einer solchen Situation auch schon? Das alles hier war doch verrückt. Vor wenigen Stunden hatten Loki und ich uns verlobt, alles schien gut zu sein und nun? Nun waren die Toten zurück und was war das Ziel von alledem?

„Marcy?" Verschreckt sah ich hinab, als Loki besorgt meinen Namen aussprach und ich lächelte sofort erleichtert, denn es ging ihm gut.

„Du bist wach", sprach ich das Offensichtlich aus, half ihm sich wieder aufzusetzen, wo er sich kurz etwas benommen über die Stirn strich, ehe ihm wieder einzufallen schien, was gewesen war, er besorgt wirkte.

„Aras...", hauchte er angriffsbereit, drehte sich zur Seite und erstarrte auch schon, als er dort nur Frigga vorfand, die ihren Sohn mütterlich anlächelte und mein Herz schmerzte bei diesem Lächeln, denn es war das, was sie nur uns, nur ihren Kindern geschenkt hatte, das immerzu gezeigt hatte, wie sehr sie uns liebte und es tat weh zu wissen, dass sie fort war, dass das hier nicht auf Dauer sein würde, wir konnten es schließlich nicht zulassen.

„Was geht hier vor sich", hauchte Loki erschüttert, sah fassungslos von Frigga zu mir und wieder zurück.

„Ich gratuliere zur Verlobung, ich habe ja gesagt, dass ihr zwei das schon noch hinkriegen werdet", sagte Frigga und ich lächelte traurig von ihren Worten, stand auf und half Loki ebenfalls wieder auf zwei Beinen zu stehen.

„I-ich verstehe nicht..."
„Die Toten sind wieder da und sie hat Aras verscheucht, uns gerettet", erklärte ich meinem Verlobten, der wie benommen den Kopf schüttelte und Frigga schon in die Arme schloss, dabei nicht mehr wie ein erwachsener Mann wirkte, viel mehr wie ein verletzter, kleiner Junge, der seine Mutter vermisst hatte, mich mit dem Anblick an vergangene Zeiten erinnern ließ, an Zeiten in denen alles noch so anders gewesen war als jetzt und mit Tränen in den Augen wurde ich auch von Frigga in die Arme gezogen, hätte nie gedacht noch einmal die Gelegenheit dazu kriegen zu können.




Egal wie gerne wir es auch getan hätten, so konnten wir nicht eine Ewigkeit zusammen umschlungen im Zimmer bleiben, wir mussten weiter, den anderen helfen, die Göttin des Todes irgendwie aufhalten, auch wenn ich den vermutlich einzigen Weg dafür bereits kannte, er mir eine unglaubliche Angst einjagte jedoch und gleichzeitig wusste ich auch nicht wirklich, wie ich Loki klarmachen sollte, dass ich sterben musste, dass ich ihn verlassen musste? Er würde es niemals zulassen, ich wollte ihm das nicht erneut antun müssen, wollte ja selbst nicht gehen müssen, doch welche Wahl hatte ich schon?

„Wohin gehen wir? Wo werden die anderen sein?", fragte ich besorgt und wackelig auf den Beinen nach, hatte Lokis Hand dabei in meiner, der nach wie vor völlig verwirrt von der ganzen Lage wirkte, Frigga immer wieder Seitenblicke zuwarf, sich vergewissern wollte, dass sie wohl noch da war.

„Vermutlich im Thronsaal oder draußen, finden dort nicht immer die größten Schlachten in Geschichten statt?", fragte Loki, lächelte flüchtig dabei.

„Dann versuchen wir dort unser Glück, auch wenn es vermutlich unschön werden wird. Ihr seid machtlos gegen die Toten", erwiderte Frigga mit einem besorgten Unterton und ich fragte mich innerlich, wem wir wohl noch alles begegnen würden? Loki hatte sich vor allem viele Feinde über die Jahrhunderte gemacht, viele die eben auch tot waren mittlerweile und wieso sollten sie diesen Moment nicht nutzen, um Rache auszuüben?

„Loki, wir sollten vielleicht darüber reden, wie das hier ausgehen könnte", sagte ich unsicher, während wir durch die merkwürdig stillen und verlassenen Gänge eilten, in denen ab und zu nur ein verwahrlostes Schwert lag, ein fallen gelassenes Messer, doch ansonsten war nichts und niemand zu sehen, keine Kämpfenden und vor allem keine Toten.

„Oh nein, wir werden nicht irgendwelche letzten Worte austauschen und über ein Ende reden, verstanden?", fragte Loki eindringlich, blieb stehen, wo er mich an den Schultern packte, durchdringend ansah, „Wir werden uns dieses Mal nicht trennen, ich werde dich nicht alleine lassen und ich werde dich nicht sterben lassen."
„Ich werde dich auch nicht sterben lassen, doch wenn das heißt, dass ich dafür mein Leben opfern muss, dann..."
„Wir gehen in diesen Kampf zusammen, gewinnen zusammen und falls wir verlieren... dann sterben wir eben zusammen, aber wir werden uns nie wieder trennen, wir gehören zusammen, in diesem und in jedem weiteren Leben, verstanden?"

„Ja", hauchte ich bekümmert von seinen Worten, legte sachte meine Hand an sein Gesicht, strich über seine Wange.

„Sehr gut und nun komm", meinte er lächelnd, drückte einen Kuss auf meine Hand, ehe wir weiter liefen, ich sah, wie Frigga stolz über unser Benehmen wirkte, erleichtert darüber, dass wir beide unsere ganzen Probleme wohl endlich beseitigen konnten, zueinander gefunden hatten.

Während des weiteren Weges sahen wir nichts merkwürdiges, was wohl merkwürdig an sich genug war. Mir ging es von Schritt zu Schritt grauenvoller, ich fühlte mich ausgezehrter, fast als würde jede weitere Minute mich mehr schwächen, mich meinen Kräften berauben und es erinnerte mich in gewisser Weise an New York zurück, als ich meine göttliche Seite für die anderen aufgegeben hatte, mich verwundbarer und schwächer als je zuvor gefühlt hatte dadurch, doch dieses Mal hatte Tony mir nicht die Kräfte genommen, glaubte ich zumindest, aber nein, das hier war was anderes und es machte mir Angst. Ich wollte nichts weiter als eine Zukunft mit Loki haben, eine friedliche Zukunft, ihn heiraten, vielleicht irgendwann Kinder kriegen, doch daraus würde nichts werden, das Schicksal hatte einfach kein Happy End für uns vorhergesehen, so wie es aussah.

Je näher wir dem Thronsaal jedoch kamen, desto mehr fing ich Stück für Stück an den Lärm zu hören, auf den ich irgendwie gewartet hatte, mit dem ich gerechnet hatte und bald schon hallten nur noch Schreie, das Geräusch von Schwertern, die auf Schwerter trafen, das Schnaufen von den Kriegern durch die Gegend und obwohl der Boden blutig wirkte, überall fallen gelassene Waffen lagen, so gab es keine Toten, es scheint als würde hier niemand sterben können oder zumindest als würden sie gar nicht merken tot zu sein, schließlich gab es keine Grenzen derzeit mehr, der Tod wandelte unter uns.

„Lasst mich in Ruhe!", schrie ein Mann, der panisch an mir vorbei rannte, dabei von zwei Kriegern verfolgt wurde, die beide so wirkten, als hätte man sie bei lebendigem Leibe verbrannt, doch ich wollte die Hintergrundgeschichte dazu eigentlich gar nicht wissen.

„Das ist das Verrückteste, was ich je gesehen habe", murmelte Loki neben mir, hatte sein Schwert gezogen, meine Hand los gelassen, während ich selbst ein Schwert nun zog, es jedoch nicht benutzen musste. Wir schafften es ohne Probleme weiter zum Thronsaal vorzudringen, wo das eigentliche Chaos erst herrschte. Es war wie Loki es vorhersagte so, als würde wirklich die größte Schlacht hier stattfinden, wieso auch immer.

„Pass ja auf dich auf und halte dich immer an mich", rief Loki mir zu, als der erste Tote sich schon auf diesen stürzte und ich kurz vor Angst wie gelähmt zu sein schien, mit geweiteten Augen nur zu dem Chaos, dem Verderben hier sah, kurz wieder die Kerker vor mir auf flimmern sah, die gleiche Angst verspürte, die Kälte des Gifts fühlte, doch ich konnte jetzt nicht eine Panikattacke kriegen, wenn das vorbei wäre, dann ja, aber nicht jetzt. Ich atmete deswegen tief durch, sah zu Frigga, die ebenfalls ein Schwert in der Hand hielt und sich mit mir ins Gefecht stürzte. Ich war untrainiert, völlig verstört von den verwesenden und verzehrten Fratzen der Toten, gegen die ich kämpfte, dennoch gab ich mein Bestes, entwaffnete so viele von ihnen, wie es nur ging, schnitt ihnen die Arme oder den Kopf ab, was sie wenigstens halbwegs zu stoppen schien und sah wie Tony in seiner grauenvollen Rüstung über unseren Köpfern hinwegflog, sah ab und an Thors Hammer durch die Gegend fliegen oder hörte Bruce als den Hulk schreien. Ich blieb die ganze Zeit über an Friggas Seite, verlor zu meinem Bedauern Loki dabei jedoch aus den Augen, nur damit schließlich anstatt seiner Thor zu uns stieß, wie erstarrt kurz an Ort und Stelle stehen blieb, kaum erblickte er seine Mutter. Ich versuchte während seines Schockzustandes ihn so gut es ging zu verteidigen, war jedoch mittlerweile schon völlig atemlos, fühlte mich immer schwächer und befürchtete bald umzukippen, doch davor würde ich bis zum bitteren Ende weiter kämpfen. Ich konnte nicht wieder einen Kampf ausfallen lassen, weil mein Körper meinte kraftlos zu sein, ich hatte schon genügend andere für mich sterben gelassen, doch nicht mehr.

„Mutter?", hauchte Thor erschüttert, als ich gerade einem Toten den Kopf abtrennte, angewidert zu diesem auf dem Boden liegend sah, der nach wie vor lebte. Wenn ich hier lebend herauskommen sollte, wäre ich bis ans Ende aller Tage endgültig traumatisiert, so viel stand fest.

Ich bekam nicht viel mit, was zwischen Frigga und Thor noch weiter verlief, doch irgendwann gab es eine Umarmung, ein paar Tränen wurden vergossen, ehe wir zu dritt weiter kämpften, schließlich war nun nicht die Zeit für herzzerreißende Wiedervereinigungen, egal wie gerne wir es uns alle auch wünschten.

„Hat irgendwer eine Idee, wie wir das hier stoppen können? Oder wie das alles überhaupt möglich ist?", schrie Volstagg, der blutverschmiert sich zu uns gesellte, nicht einmal überrascht wirkte die ehemalige Königin bei uns vorzufinden, wobei ich die Ursache dafür schnell ausfindig machen konnte, kaum tauchte Hogun neben ihm auf. Dieser schien von Kratzern nur so übersät zu sein, grinste dennoch breit bei unseren verdutzten Gesichtern.

„Lange nicht gesehen", begrüßte er uns und ich lächelte überglücklich ihn wirklich nochmal sehen zu können.

„Hogun."
„Bin wirklich froh zu sehen, dass du es noch in die richtige Welt geschafft hast, Marcy", meinte dieser an mich gerichtet, spielte wohl auf unsere letzte Begegnung an in der Zwischenwelt und ich lächelte traurig bei der Erinnerung daran, war froh ihn hier zu haben, wo es Volstagg nicht anders erging seinen besten Freund noch einmal bei einem Kampf zur Seite stehen zu haben.

„Ich habe leider keinerlei Ahnung, wie wir sie aufhalten könne, sie sind schließlich bereits tot", antwortete Thor auf Volstaggs Frage hin und mit einem mulmigen Gefühl sah ich in die Runde, denn ich kannte einen Weg, doch bevor ich die Möglichkeit hatte diesen zu äußern, sah ich recht überrascht zu Loki, der mit Steve zusammen sich zu uns gesellte, erschöpft wirkte, genauso wie Steve auch. Hatten die beiden etwa Seite an Seite gekämpft gehabt? Gab es wirklich noch Wunder?

„Schätze ich habe mehr Feinde als gedacht", lachte Loki und rieb sich schmerzvoll den Arm, lief dabei auf mich zu und musterte hastig meinen ganzen Körper, schien sicherzugehen, dass ich unversehrt war, was der Fall war.

„Was ist geschehen?", fragte ich ihn jedoch besorgt, da er eben fertig wirkte, sein Arm am bluten war.

„Ich habe wohl etwas viele Leute umgebracht in meinem Leben und manche haben das weitaus schlechter weggesteckt, als andere", erklärte er mir knapp, während Thor ein paar Tote enthauptete, die uns allen zu nahe gekommen waren. Der Krieg herrschte nach wie vor, doch wir standen nun alle recht Abseits vom Geschehen, konnte jedoch nicht ewig dem hier entkommen.

„Ohne mich wäre er tot", warf Steve ein, bekam einen vernichtenden Blick von Loki dafür ab, was mich schmunzeln ließ.

„Oh bitte", schnaubte dieser und ich schüttelte belustigt den Kopf, wurde jedoch recht schnell wieder ernst Anbetracht der Lage.

„Laut Aras dürfen die Toten mich nicht töten, oder sollten es besser gesagt nicht", richtete ich mein Wort nun an die ganze Runde, wollte ihnen endlich von meinem Plan mitteilen, der einzigen Lösung hierbei, „Sie sind nur am 'Leben' weil die Göttin des Todes ihre Kraft durch mich zieht, doch sollte ich sterben, dann..."
„Oh das kommt ja gar nicht in Frage, bist du völlig verrückt geworden?", rief Loki harsch aus, unterbrach mich bei meiner Rede.

„Ich stimme Loki zu, wir werden hier niemanden für irgendwas opfern!", mischte sich nun auch Steve ein und Thor nickte bekräftigend. Was hatte ich anderes auch bitte erwartet? Doch sie mussten doch sehen, dass es derzeit unsere einzige Möglichkeit war. Ich befürchtete nämlich, dass wenn die Göttin des Todes meine ganze Kraft beraubt hatte, ich sowieso nicht mehr leben würde.

„Was auch immer der Weg ist, kriegt es schnell heraus", meinte Volstagg nur zu der Sache, schnappte sich Hogun und stürzte sich wieder zurück in die Schlacht, da wir von Toten regelrecht überrannt wurden, nicht jeden aufhalten konnten. Es gab eben einfach zu viele Leute, die gestorben waren, jedoch liebend gerne zurück wollten, während andere dieser Armee einfach nur so abscheuliche Personen zu ihren Lebzeiten gewesen waren, dass sie jede Möglichkeit auf einen Krieg, auf das Morden nutzten.

„Wo ist Odin, Mutter? Er muss doch sicher irgendwas hierzu wissen", fragte Thor nun Frigga, während auch Steve sich wieder ins Gefecht stürzte, uns Rückendeckung hier gab.

„Ich glaube nicht, dass er kommen wird. Nur weil wir hier sein können, heißt es nicht, dass wir auch kommen werden. Es ist schmerzvoll zu wissen, dass es nur für kurze Dauer sein wird und außerdem ist die Welt der Lebenden nichts im Vergleich zu der Welt der Toten", antwortete sie bedauernd und ich war zwar versucht zu fragen, wieso sie dann gekommen war, wieso sie nicht auch dort geblieben war, doch es gab wichtigeres zu bereden derzeit.

„Ich...", wollte Thor schon ansetzen, als eine ganze Gruppe an Toten gezielt auf uns zugerannt kam, wir uns so trennten, wieder kämpfen mussten. Wackelig auf den Beinen fiel es mir schwer den Mann vor mir zu besiegen, er war viel größer und viel breiter als ich, schien vor Hass nur so geblendet zu sein und das obwohl ich nicht einmal wusste, wer er überhaupt war, obwohl er mich nicht einmal kennen konnte. Ich schnaufte überanstrengt auf, spürte wie sein nächster Schlag mich gegen die Wand drückte, mir das Schwert aus der Hand schlug und mit geweiteten Augen sah ich zu ihm auf, wusste nicht, wie das nun enden würde, ob er mich töten würde, somit das ganze Chaos hier enden lassen würde, oder ob er mir einfach auch anfangen würde Gliedmaßen abzuschneiden, doch so weit kam es gar nicht, als irgendwer anderes ihn für mich tötete und er anders als bei meinen Schlägen sich davon in Luft auflöste, so wie sich Aras durch Frigga auflösen konnte.

„Du bist wirklich aus der Übung", tadelte mich niemand anderes als Ivanka, die mir ein bezauberndes Lächeln schenkte und die ich fassungslos ansah.

„Du bist hier", hauchte ich überwältigt sie zu sehen, die kleine Schönheit wieder zu sehen, die wie alle anderen Toten auch die Wunden ihrer Todesursache mit sich trug und so sah ich auch den tiefen Schnitt an ihrer Kehle, der so grotesk auf ihren sonst so perfekten Haut wirkte.

„Ja und du solltest besser aufpassen, denn egal wie gerne ich auch mit dir weiter reden würde, ich muss Cole finden, so lange ich Zeit habe", antwortete sie mir lächelnd, drehte sich auch schon um und stürzte sich weiter ins Gefecht, wo ich ihr nur verdattert nachsehen konnte, ehe sich auch schon Clint atemlos neben mich an die Wand lehnte, einen blutigen Pfeil spannte.

„Mir gehen die Pfeile aus, bin schon am Einsammeln", erklärte er mir und ich lächelte leicht, hob mein Schwert wieder auf.

„Ich muss das hier beenden, Clint", sagte ich und sah von meiner Position zu dem ganzen Schrecken vor mir, fühlte mich kurz vor einer Ohnmacht stehend, spürte das Ende kommen, doch zulassen durfte ich es nicht, ich konnte es nicht.

„Wie? Versuchen wir das nicht gerade alle?", fragte er und ich sah wie der Hulk an uns vorbei stürmte und doch schienen es immer mehr von denen zu werden.

„Sie sind nur hier, weil ich mit der Göttin des Todes verbunden bin. Sterbe ich, ist die Verbindung weg und die Toten auch", erklärte ich ihm mein Vorhaben, hoffte er würde es mehr verstehen als die Anderen.

„Marcy, es gibt sicher einen anderen Weg dafür", sagte er besorgt von meinen Worten, doch ich hatte meinen Entschluss gefasst. Hier ging es um mehr als nur um mich. Ivanka gesehen zu haben oder Hogun, sie hatten mir gezeigt, dass genug Leute wegen mir gestorben sind und genau deswegen steckte ich mein Schwert weg, zog ein Messer hervor, hielt es mir an die Kehle.

„Keinen der das hier schneller beenden würde", hauchte ich verängstigt, wusste nicht, ob ich den Mut dafür finden würde das zu tun, suchte die Massen nach vertrauten Gesichtern ab, sah Thor Seite an Seite mit Steve kämpfen, erkannte Natasha kurz, ehe sie wieder verschwand, bis mein Blick bei Loki hängen blieb, der gegen niemand anderen kämpfte als den Kerl, der vor so vielen Jahrhunderten versucht hatte mich zu vergewaltigen und den Loki dafür hatte töten dürfen. Der Anblick davon erschütterte mich kurz völlig, brachte so viele Schmerzen zurück, riss alte Wunden auf und die Sorge um Loki wuchs ins unermessliche. Mit Tränen in den Augen sah ich wieder zu Clint, sah die Hilflosigkeit in seinen Augen, dass er nicht wusste, was er sagen oder machen sollte.

„Sag ihnen, dass es mir leid tut", meinte ich, zwang mich zu lächeln, auch wenn es mir sicher nicht überzeugend gelang und ich war schon dabei mir die Kehle aufzuschneiden, kniff die Augen zusammen, war bereit dazu die nötige Kraft, die nötige Gewalt auszuüben, um mir das selbst anzutun, als das Messer in meiner Hand da jedoch wie aus dem Nichts verbrennend heiß wurde, ich es somit schreiend fallen ließ, als mit einem Schlag auch der Lärm im Thronsaal verstummte. Ich öffnete meine Augen, sah verwundert mit an, wie die Toten sich aus dem Kampf zurück zogen, wie sie wie von etwas geleitete alle zur Seite traten, die verwirrten Kämpfenden nun zurück ließen.

„Das kann nichts Gutes bedeuten", bemerkte Clint neben mir besorgt und ich sah das nicht anders, als die Türen zum Saal lautstark auf krachten und ich plötzlich spürte, wie mein Körper sich anfühlte, als würden mich tausende Messer durchbohren. Schreiend sank ich auf die Knie, hielt mir den Kopf, glaubte von Innen heraus zerrissen zu werden, als ich zu der Göttin des Todes persönlich sah, die komplett in Schwarz gehüllt war, deren Gesicht hinter einem dunklen Schleier verborgen lag, als sie langsam immer weiter in den Saal lief, direkt auf mich zu.

„MARCY!", rief Loki von irgendwoher, ich merkte, wie auch die Anderen teilweise neben mir knieten, wohl irgendwas sagten, doch das Einzige, was ich wirklich mitbekam, war nur der Tod. Ich sah nur sie, merkte nur den Schmerz und ich wusste, dass sie mich nicht erreichen durfte, dass ich es zuvor enden lassen musste, doch das würde sie nicht zulassen, sonst wäre das Messer in meiner Hand nicht auch plötzlich so heiß geworden.

„Marcy", sprach sie sanft meinen Namen aus, klang kein Stück so, wie ich es erwartet hätte, wirkte nicht böse, spöttisch, kalt. Nein, ihre Stimme war hell, klang fast wie die eines Kindes, wie eine schöne Melodie und mit ihrem Erklingen nahm der Schmerz ein Ende und wie in Trance konnte ich nur zu ihr sehen, blendete alles andere aus, spürte die Bindung zu ihr das erste Mal wirklich klar und deutlich, spürte unser inniges Band zueinander, fast als wäre sie die zweite Hälfte um mich ganz zu machen, nur auf keine schöne Art.

„Ich lasse nicht zu, dass du den Tod über die Lebenden bringst, du gehörst hier nicht her", brachte ich völlig entkräftet hervor, merkte wie meine Sicht unklarer wurde, wie das Leben immer weiter von mir wich. Von der Seite versuchte Tony sie anzugreifen, wurde mit einer einfachen Handbewegung jedoch weggeschleudert in seinem Anzug, so dass keiner sonst es mehr versuchte, alle nur da standen, dem Schauspiel zusahen.

„Du kannst es nicht verhindern. Ich habe bald alle Kraft, die ich brauche, die Kraft, die ich nur von jemanden nehmen konnte, der es schaffte aus eigenen Stücken aus dem Reich der Toten zu entkommen und auch nie dorthin gehört hatte. Wir haben eine Bindung zueinander gehabt von Anfang an und durch dich werde ich stärker", erwiderte sie lieblich, lief immer weiter auf mich zu, wo ich zitternd vor Schwäche zu ihr sah, versuchte hinter dem Schleier etwas zu erkennen, mich wirklich fragte, wie sie darunter aussah, ob ihr Gesicht hübsch wäre, passend zu ihrer Stimme oder ob sie das Gesicht einer verwesende Leiche besaß, „Du hast keinen Anker zur Welt der Toten, der dich schützen kann hiervor, kannst mich nicht aufhalten." Einen Anker? Was für einen Anker, was meinte sie? Wenn ich eine Verbindung zur Welt der Toten hätte, würde ich sie aufhalten können? Dafür war es wohl nur leider irgendwie zu spät, ich wüsste nicht einmal, was dafür in Frage kommen sollte. Es gab keinen Teil von mir, der in der anderen Welt zurück geblieben war, ich besaß somit keine Verbindung, so wie sie es sagte. Wir waren also alle verloren, endgültig verdammt.

„Du wirst ihr nicht zu Nahe kommen!", warnte Loki sie nun, stellte sich schützend vor mich hin, doch sofort zog ich ihn da weg, wollte nicht riskieren, dass ihm was geschah bei der Sache.

„Du solltest froh sein, Loki", sprach die Göttin ihn nun direkt an, blieb sogar stehen, „Bin ich an der Macht und stirbt sie, kann sie trotzdem hier bleiben. Unter meiner Herrschaft würde der Tod niemals wieder irgendwen trennen, sie würde nach wie vor da sein, jede Person, die du je verloren hast, könnte wieder da sein."

„Es ist nicht richtig", meinte nun Frigga, die sich nun anstatt Clint an meine andere Seite stellte, „Jedes Leben sollte ein Ende finden, ein endgültiges Ende und Asgard wird niemals von jemanden wie dir beherrscht werden."

„Dafür ist es zu spät", erwiderte sie amüsiert, lachte melodisch auf und mit einer einfachen Handbewegung, löste Frigga neben mir sich in Luft aus und Loki wurde wie die anderen auch gegen die Wand gedrückt, weg von mir gehalten.

„KOMM IHR NICHT ZU NAHE!", schrie Loki hysterisch und mit geweiteten Augen sah ich von ihm zu ihr, wie sie auf mich zu kam, ihre dürren, blassen Hände nach mir ausstreckte, die eher wie Krallen wirkten.

„MARCY!"

„Loki, ich...", brachte ich schwach hervor, sah panisch zu der Göttin und wie sie sich vor mich kniete und schon mein Gesicht in ihre Hände nahm. Diese einfach Berührung fühlte sich an, als würde meine Haut verbrennen, als wären ihre Hände Säure, die mir das Fleisch von den Knochen brennen würden und laut schrie ich durch die Halle, glaubte angezündet worden zu sein, schaffte es nicht meine Augen zu schließen, konnte nur in das von dem Schleier verdeckte Gesicht von ihr sehen, bildete mir ein dahinter eine nie endende Dunkelheit zu sehen. Ich würde sterben. Ich würde wirklich einfach wieder sterben, könnte dann als Tote auf Asgard unter der Herrschaft von ihr weiterleben, unter einer grauenvollen, düsteren Herrschaft weiter leben, würde mit dem Wissen leben müssen, dass Asgard nur meinetwegen zerstört wurde, dass das nur meinetwegen hatte geschehen können und von Innen heraus zerrissen sah ich nach vorne in mein Verderben, sah mein Ende, bis der Schmerz plötzlich einfach ein Ende fand, ich merkte, wie jemand zu meiner Rechten meine Hand ergriff, der Schmerz somit einfach aufhörte.

„Das ist unmöglich", hauchte die Göttin des Todes vor mir erschüttert, ließ mein Gesicht los, hatte den Kopf zu der Person neben mir gedreht, „Das kann nicht sein!"

„Ich bin ihr Anker", sprach das kleine Mädchen an meiner Seite und atemlos, völlig fertig von dem, was gerade geschehen war, drehte ich meinen Kopf zu ihr, sah zu der Gestalt meiner toten Tochter, die meine Hand in ihrer hielt, geradewegs nach vorne sah, „Du hast keine Macht hier, also geh!"

„Das kann nicht sein!", schrie sie nun aufgelöst, wich immer weiter weg von mir, sah ihre Hände dabei an, als würde sie etwas sehen, was für unsere Augen verborgen war und tatsächlich merktee ich erst da, wie sie anfing sich aufzulösen, wie sie zu zerfallen schien, sich schließlich in dunklen Rauch einfach schreiend auflöste, verschwand.

„Ist es vorbei?", fragte ich verwirrt, konnte das alles kaum glauben, sah dabei zu, wie sich die Toten anfingen langsam ebenfalls einfach in Rauch aufzulösen, wie ein Großteil unserer Krieger, die eigentlich an ihren Wunden hätte sterben müssen, nun tot umkippten und erschüttert drehte ich mich zu Gyda, meinem Mädchen, meiner Tochter, die genauso aussah, wie in all meinen Träumen, wie in der Zwischenwelt, als ich sie kurz wenigstens hatte sehen dürfen.

„Wie ist das alles möglich? Wie kannst du mein Anker sein?", fragte ich verwirrt nach, hielt ihre Hand auch weiter fest in meiner, legte meine andere behutsam an ihr Gesicht, strich ihr über dieses und sah in ihre bildschönen grünen Augen, die Lokis so ähnlich sahen. Lächelnd hob sie zur Antwort lediglich ihre linke Hand hoch, wo das Armband baumelte, das ich selbst nun gerade an meinem Handgelenk trug.

„Aber..."
„Du hast es mir gegeben, hast ein Teil davon in der Welt der Toten somit zurück gelassen, einen Anker erschaffen", erklärte sie mir und ich dachte an den Moment zurück, wo ich ihr in der anderen Welt mein Armband gegeben hatte, wohl die Verankerung erschaffen hatte.

„Du hast uns alle gerettet", meinte ich stolz, sah sie mit Tränen in den Augen an, wollte sie nicht gehen lassen müssen, doch was hatte ich schon für eine Wahl? Sie war fort, war nicht mehr ein Teil dieser Welt und ich würde niemals mehr etwas daran ändern können.

„Marcy?" Verschreckt drehte ich meinen Kopf zur Seite, sah zu Loki, der fassungslos da stand, wie Thor und die anderen auch von mir zu Gyda sah, nicht zu verstehen schien, wer sie war, wa das alles bedeutete.

„Loki, darf ich dir unsere Tochter vorstellen?", fragte ich mit einer brüchigen Stimme, nahm die Kleine in die Arme, hob sie hoch, als ich aufstand, sie mit auf Lokis Augenhöhe somit brachte, der langsam den Kopf schüttelte, die Kleine ansah, als wäre sie ein Geist, was sie vermutlich irgendwie auch war.

„Das ist... sie sieht aus wie du, wie du als du ein Kind warst", brachte er erschüttert hervor, streckte vorsichtig seine Hand nach ihr aus und strich ihr wie ich zuvor übers Gesicht, lächelte traurig, während die Kleine sich in meinen Armen anfing immer leichter anzufühlen, ich wusste, dass sie gleich genauso fort sein würde, wie all die anderen Toten auch.

„Ihr müsst sie gehen lassen", meinte Thor, der sich neben uns stellte, verbittert wirkte und auch wenn ich wusste, dass er Recht hatte, so viel es mir schwer. Das hier wäre der einzige Moment, den wir drei so jemals zusammen haben würden und es war nicht fair, doch irgendwann würden wir alle wieder vereint werden und so war das hier kein Abschied auf ewig, als sie sich in meinen Armen auflöste, alles vorbei war.

„Jetzt habe ich wirklich alles gesehen und erlebt", hauchte Loki, der mich in die Arme nahm, mir behutsam über den Kopf strich, wo ich spürte, wie seine Tränen auf mein Gesicht vielen, während meine eigenen nur so über mein Gesicht liefen.

„Ich hoffe, dass von nun an alles besser werden wird", meinte ich leise, drückte mich an ihn und sah zu unseren Freunden, sah zu einem erschöpften Thor, zu Clint, der Natashas Wunden versorgte, zu Sif und Fandral, die Volstagg trösteten. Ich sah wie Bruce sich zurück verwandelte und Tony und Steve sich um diesen kümmerten, wie Cole von seinen anderen Freunden in die Arme genommen wurde. Wir hatten viele Freunde, viel Familie verloren in all unserer Zeit, doch wir hatten auch eine Menge neuer Freunde dazu gewinnen können und wir würden immer zueinander halten. Wir hatten so vieles nun schon überstanden, wir würden jede Hürde irgendwie meistern.


Aloha :) Tut mir leid, dass es eine Ewigkeit gedauert hat mit dem Kapitel, aber es ist um einiges länger geworden, als erwartet xD Ich hoffe dennoch, dass es euch gefallen hat, denn das hier war das letzte richtige Kapitel dieser Geschichte. Das Nächste wird dann ein Epilog sein den ich versuche die nächsten Tage mal zu posten. Schaut doch bei meiner neuen Loki Geschichte 'Grace' vorbei, wenn ihr interessiert seid eine neue Loki Geschichte von mir zu lesen, in der es auch um die Liebe geht, jedoch Loki mehr der Loki bleibt, wie er in den Filmen gezeigt wurde xD xx

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