Kapitel VII - Freunde und ein Rückfall

Einige Wochen später wachte ich morgens auf. Neben mir kuschelte sich Aisa so eng wie möglich an mich. Ich legte einen Arm um sie. Sie war anscheinend ebenfalls gerade am Aufwachen und begann zu lächeln. „Guten Morgen, Schatz", flüsterte ich. „Guten Morgen, Süßer", kam es zurück. „Ich mag den Namen", murmelte ich in ihr Ohr. Es war das erste Mal, an das ich mich erinnern würde, dass sie mich so nannte. Sie lächelte. Nach ein paar Minuten war Aisa offenbar wach, denn sie öffnete ihr Augen und ließ sie offen. „Was machen wir nach dem Frühstück?", fragte sie mich kurz darauf. „Weiß nicht. Ich könnte dich endlich mal meinen Freunden vorstellen." „Wenn du dich nicht wieder erkältest?" „Keine Sorge." Ich musste kurz lachen. „Dann gerne. Aber warum du mir die noch nicht vorgestellt hast, musst du mir mal erklären. Du hattest immerhin ein halbes Jahr Zeit." "In der ich sehr viel trainiert hab." „Ja, ja." Sie boxte mich leicht und wand sich aus meinen Armen. „Was willst du denn um diese Uhrzeit? Bis zum Frühstück dauert es doch noch?" „Das weiß ich doch, Dummkopf", meinte sie neckend. „Ich würd mich nur gern noch duschen, bevor es Frühstück gibt. Und ich halte es für eine gute Idee, wenn du das auch tust." „Willst du mir sagen, dass ich stinke?", neckte ich zurück. „Nein, natürlich nicht. Aber es muss ja nicht jeder umbedingt gleich wissen, was wir gestern Abend gemacht haben." Sie schaute mich mit belustigtem Blick an. Ich setzte meinen Schmollblick auf, woraufhin wir beide lachen mussten. Sie schnappte sich ihre Sachen und ging in ihr Zimmer, aus dem ich gleich darauf Wasser fließen hörte. Und wieder einmal wunderte ich mich, warum alle Schlafzimmer schallisoliert waren, aber diese Wand scheinbar vergessen worden war.

Nach dem Frühstück machten wir uns also wie besprochen auf den Weg in die Stadt. Ich hatte meinen Freunden noch eine Nachricht geschickt, dass ich Zeit hätte. Sie alle hatten zugestimmt. Dank meiner Magie ging das deutlich schneller als mit den normalen Boten, die man abfangen konnte. Wir trafen uns in einem kleinen Park, ziemlich am äußersten Rand der Stadt. Aisa und ich hätten uns mit unserer Magie einfach hinteleportieren können, jedoch entschieden wir uns für einen kleinen, gemütlichen Spaziergang durch die Stadt. Sie trug eine schöne, grüne Jacke. Mir hatte sie ebenfalls eine aufgedrückt.

Wir liefen also zwischen den Häusern hindurch, als Aisa mir die eine Frage stellte, die ich nicht beantworten konnte. „Sag mal, Loki...", fragte sie. „Warum hängst du eigentlich immer so an der Kontrolle der Gefühle?" Ich blieb abrupt stehen. Wir standen mitten auf einem kleinen Platz, auf dem ein weißer Springbrunnen stand und fröhlich vor sich hin sprudelte, während um uns herum leichter Schnee fiel. Ich zögerte. „Weißt du", versuchte ich auszuweichen, „manche Dinge liegen einfach zu tief unten, als dass man sie wieder ausgraben sollte." Aisa musterte mich. Ich versuchte es mich einem schiefen Lächeln. „Weich mir nicht aus." Sie schüttelte den Kopf. „Mist." Ich seufzte. Aisa kannte mich wirklich zu gut, sie musste mir nur in die Augen schauen, um zu wissen, dass ich verzweifelt eine Ausrede suchte. „Lass mich raten, du weißt es selbst nicht so genau." Ich nickte beschämt. Sie überlegte einen Augenblick. „Was hältst du davon, wenn wir versuchen, dieses Geheimnis zu ergründen?" „Aber, was wenn..." „Wenn etwas schlimmes ans Licht kommt?" „Dafür bin ich ja da. Ich bin immer für dich da, das weißt du doch." Ich nickte beschämt. Sie hatte ja recht. „Danke", meinte ich. „Kein Problem." Dann lösten wir uns von dem kleinen Platz und gingen weiter.

Nach einer Weile erreichten wir dann den Park, wo sich meine Freunde schon um eine Bank herum versammelt hatten. Aisa balancierte auf einer Mauer, als sie sie entdeckte. „Sind das deine Freunde?" Ich nickte. „Auch wenn einige von ihnen wahrscheinlich mehr Clique sind." Sie musste lächeln. „Dann los gehts. Du hast dich?" Sie verstand mich wirklich besser als jeder andere und akzeptierte mich so wie ich war. Dafür war ich ihr immer wieder dankbar. Als wir näher kamen, hob ich meine Hand. „Hi Jungs. Was geht?"„Gut", meinte Borzo, ein kräftiger Typ, vielleicht drei oder vier Jahre älter als ich. Seine roten Haare stachen überall heraus. „Hast ja ganz schön lange gebraucht", ignorierte Rosh, ein kleingewachsener Junge von 19 Jahren meine Frage. „Wen hast'n denn da mitgebracht?", fragte Zorro, ein hochgewachsener, eher magisch veranlagter Typ. Er war einer der ersten Leute gewesen, mit denen ich Bekanntschaft geschlossen hatte. Ich wage zu behaupten, dass wir inzwischen ziemlich dicke Freunde waren. „Aisa. Schön, euch endlich kennenzulernen", antwortete sie und warf mir dabei einen bösen Blick zu. Da mussten alle grinsen. „Woher kennt ihr euch?", fragte Dou, ein etwas pummeliger, aber sehr netter Typ. Aisa schaute mich an. „Wir... also..." Schnell übernahm ich und erzählte ihnen so ziemlich die Wahrheit. „Ich hab sie zufällig auf einer meiner Reisen aufgegabelt und jetzt wohnt sie bei uns im Schloss." „Wieso darf sie im Schloss wohnen und wir nicht?", empörte sich Death, der dieses Wort einmal aufgeschnappt hatte und es so passend gefunden hatte, dass es kurzerhand sein Spitzname geworden war. „Na ja, weil...", ich zögerte. Ich blickte Aisa an und sie nickte. „Weil wir zusammen sind." Arin sprang auf. „Was, echt jetz?" Ich nickte. „Wär hätte gedacht, dass aus dir noch mal was wird", meinte Zorro frech und klopfte mir auf die Schulter. Ich schaute beleidigt drein. Daraufhin musste Aisa aber lachen und alle fielen ein. Mich eingeschlossen. „Scheinst eine gute Wirkung auf ihn zu haben", hörte ich Dou Aisa zuflüstern, sie grinste ihn nur an. „Behalt dir das bei." „Mach ich, mach ich."

Da fiel mir etwas ein. „Was haltet ihr von einer kleinen Vorstellungsrunde?", fragte ich also in die Runde. „Joa, warum nicht", kam es entgegen. Aisa fing kurzerhand an. „Also, ich bin Aisa, die Freundin von Loki und leb jetzt seit etwa", sie rechnete kurz nach, „einem Dreiviertel Jahr im Königshaus. „Wow." Borzo schien wirklich beeindruckt. „Und du hast nichts gesagt", wandte sich Arin an mich. „Ja, tut mir leid. Ich war halt eben immer sehr beschäftigt." „Ja, stimmt auch wieder", meinte er und seufzte. Als nächstes stellte sich Death vor. „Gut, dann beginnen wir einfach mal mit mir. Ich bin Death. Is zwar nicht mein richtiger Name, aber ich finde den cooler. Joa. Wars eigentlich." Aisa nickte. Sie hatte bei dem Namen schmunzeln müssen, aber gleichzeitig war ein leichter Schmerz in ihre Augen getreten, aber das konnte ich mir auch nur eingebildet haben, denn einen Moment später war der Ausdruck wieder verschwunden. „Ich bin Dou. Hab ne Verwandschaft mit Zwergen, frag mich nich. Kein Plan." Selbst Borzo erhob das Wort und sagte mehr als zwei Worte. „Bin Borzo. Red nich sehr viel. Weicher Kern hinter mein'n Muskeln." Zorro meldete sich als nächster. „Hi, bin Zorro. Joa, viel gib's über mich eigentlich nicht zu sagen, höchstens, dass ich einer der ersten Freunde von Loki war." „Was für eine Ehre", witzelte Aisa. „Sie sei gegönnt." Beide mussten lachen.

Auch mein Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. Es war jedoch kein echtes, normales, es war eher das böse Grinsen, dass dem Gott des Schabernacks gehörte, von dem ich gehofft hatte, ihn nie wiedersehen zu müssen. Hätte man mich jetzt beobachtet, hätte man beobachten können, dass mein Aussehen sich ständig zwischen meinem aktuellen Outfit und einem eher bläulichen Outfit wechselte.

Übergib mir die Hand. Ich kann dir all das Geben, dass du so sehr begehrst.

Ich versuchte, das Flüstern zu ignorieren, doch es gelang mir nicht.

Kannst du nicht einfach aus meinem Körper verschwinden?

Ach, Loki, Loki. Wann verstehst du endlich, dass ich auch nur ein Teil von dir bin. Etwas weniger folgsam, aber immer noch ein Teil von dir. Ich kenne dich besser als du selbst, denn ich lebe seit Jahren in deinem Innersten, seid du mich hierhin verbannt hast. Aber du kannst mich nur durch Kontrolle zurückhalten. Und das weißt du so gut wie ich. Und ihr mag es zwar gelingen, dir zu helfen, ja, sie würde es vielleicht sogar schaffen, mich wirklich aus dir zu verbannen, aber glaubst du wirklich, dass nichts dazwischenkommen wird? Glaubst du wirklich, dass du die Kontrolle nicht verlieren wirst, wenn...

Den Rest hörte ich nicht mehr. Ich hatte mich wieder gefasst und meine Kontrolle vollkommen aufgebaut. Ich wusste nun wieder, warum ich meine Kontrolle brauchte und beschloss, Aisa aus dem Ganzen rauszuhalten. Es ging sie nichts an. Es war mein Problem. Und ein Geheimnis, dass ich so sehr fürchtete, dass ich es niemandem erzählen konnte. Der böse Teil in mir mochte vielleicht sogar recht damit haben, dass sie mir helfen konnte, aber ich wollte sie in meine Probleme nicht auch noch mit hineinziehen. Obwohl ich es eigentlich besser wissen müsste. Während ich mich auf mein Innerstes konzentriert hatte, war die Vorstellungsrunde beendet worden und alle quatschten miteinander und lachten ausgelassen. Ich versuchte, meinen kurzen Rückfall zu vergessen und tatsächlich gelang es mir, da ich so eine gute Gesellschaft hatte.

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