Kapitel III - Aisa und dieses Gefühl

Viel hatte sich an ihrem Aussehen nicht verändert. Ihre Kraft war gestiegen, ihr Körperbau etwas asgardischer geworden und die Haare waren einen Ticken heller. Ich hatte Frigga mehrmals geholt und irgendwann hatte sie mich angewiesen, einfach schlafen zu gehen.

Als ich morgens wach wurde, machte ich mich fertig, zog mein übliches, grünes Hemd und eine schwarze Hose an und setzte mich wieder zu dem Mädchen ans Bett. Sie war eigentlich kein Mädchen, sie war, genau wie ich, 21, aber ich kannte ihren Namen nicht. Deswegen nannte ich sie einfach erstmal so. Aber wenn sie heute aufwachte, würde sie sowieso einen neuen Namen erhalten. Ich hoffte, dass es ein schöner Name sein würde. Während ich sie beobachtete, grübelte ich noch einmal über den vergangenen Tag nach. Ich verstand meine Gefühle nicht mehr ganz. Normalerweise wusste ich immer, was ich gerade fühlte und konnte so immer angemessen reagieren. Aber dieses Gefühl war mir vollkommenen neu. Es war da gewesen, als sie Odins Vorschlag angenommen hatte, es war da gewesen, als sie gesagt hatte, dass meine Anwesenheit ihr Sicherheit brachte, es war da gewesen, als sie das Zimmer neben meinem bekommen hatte und Frigga mich gebeten hatte, nach ihr zu schauen. Und es war wieder da. Ich konnte es nicht erklären. Ich würde wohl bei Gelegenheit mal mit Frigga sprechen, sie konnte mir bestimmt sagen, was das für ein Gefühl war. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als „das Mädchen" aufwachte und sich umschaute. Da musste ich schmunzeln. Sie war gestern Abend so müde gewesen, dass sie nichts mehr wirklich wahrgenommen hatte. Jetzt bestaunte sie den Schlafanzug, die Schränke, dass Bett und die Teppiche.

Schließlich viel ihr Blick auf mich. Einen Herzschlag war es still, dann murmelte sie ein zaghaftes „Guten Morgen", als wäre sie sich nicht ganz sicher, ob sie nicht vielleicht immer noch träumte. Und bei diesen Worten und dieser Aussprache hüpfte mein Herz erneut. Ich gab mir größte Mühe, mir nichts anmerken zu lassen, aber trotzdem entwich ein Lächeln meinen Lippen und ich gab ein sanftes „Guten Morgen" zurück. „Gut geschlafen?" „Ja. Ja, denke schon. Dann hab ich mir das alles wirklich nicht nur eingebildet?" „Nein, hast du nicht." Mir viel wieder ein, dass sie jetzt eine Ase war und fügte schelmisch hinzu: „Frischgeborene Ase." Einen Moment sagte niemand etwas, dann fragte sie, ob sie sie sich groß verändert hätte. Ich verneinte und meinte nur, sie könne sich im Spiegel betrachten, wenn sie wolle. Sie stand auf und ging ins Bad, aus dem sie mit leuchtenden Augen wieder heraustrat. „Ich bin beeindruckt." Ich musste schon wieder schmunzeln. Ich mochte es zwar irgendwie, dass alleine ihre Anwesenheit meine Laune so sehr hob, aber es war wirklich schwierig, sich dass nicht anmerken zu lassen. Und wieder musste ich an die vielen Stunden denken, die wir im Labyrinth der Erinnerungen verbracht hatten. Für die Asen waren während unseres Aufenthalts gerade mal ein paar Minuten vergangen, doch wir beide hatten in diesem Labyrinth eine enge Verbindung geknüpft. Und irgendetwas in mir schien diese Verbindung noch enger schließen zu wollen, aber ich verstand das alles nicht. Ich verstand nicht, was es war, dass mich so zu ihr hinzog.

Während meiner Gedankengänge hatte sich „das Mädchen" die Kleider angezogen, die ihr auf einen Stuhl gelegt worden waren und als sie wieder aus dem Bad trat, musste ich mich zusammenreißen. Sie war bildhübsch. Ihr seidenes Haar hing locker an ihr herab und ihre weißen Kleider, die aus dem gleichen Stoff waren wie meine, sahen so schön an ihr aus. Sie trug im Grunde genommen die gleichen Klamotten wie ich, nur waren sie noch farblos. „Und, wie sehe ich aus?" „Bildhübsch." „Wirklich? Danke." Sie zögerte einen Moment. „Sag mal, Loki, hat es einen bestimmten Grund, warum die gesamte Kleidung weiß ist?" „Nun, die Kleidung färbt sich erst, wenn du dich für eine Hauptfarbe entschieden hast. Ich zum Beispiel habe mich für grün, meine Lieblingsfarbe entschieden. Sag Frigga einfach nachher, welche Farbe du magst und sie sorgt dafür, dass deine Kleidung sich färbt." „Frigga scheint eine ganze Menge zu tun." „Ja, sie ist die einzige mit dieser Art von magischem Wissen. Odin trägt mehr das kriegerische und herrschende Wissen in sich, genau wie Thor. Ich trage zwar auch magisches Wissen in mir, wie ich dir ja teilweise bereits erzählt habe, aber es ist ein vollkommen anderes Wissen als ihres. Größtenteils zumindest." „Ich glaube,", meinte sie, „ich muss noch eine Menge lernen." Ich stimmte ihr zu und bot mich an, ihr zu helfen, wenn ich sowieso oft in ihrer Nähe sein würde. Sie nahm dieses Angebot freudig an und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zum Frühstück.

Im Essraum angekommen, sahen wir schon Frigga, die den Tisch deckte. „Das Mädchen" bot an, zu helfen, und ich half ebenfalls mit. Zwischendurch fragte ich Frigga, ob ich sie kurz alleine sprechen könnte, und sie bat „das Mädchen" kurz alleine weiterzumachen. Wir ließen sie also zurück und traten vor die Tür, wo ich ihr mein Anliegen erklärte. Diesmal war es an Frigga, schmunzeln zu müssen. „Nach dem, was du erzählst, habt ihr zwei im Labyrinth eine Menge Zeit miteinander verbracht und meine fähige Diagnose als Mutter lautet ganz klar, dass du dich in sie verliebt hast. Es würde mich nicht wundern, wenn ihr früher oder später ein Paar werdet." Ich hatte nie wirklich über Liebe nachgedacht, dass wurde mir jetzt klar. Also bat ich Frigga um Hilfe: „Ich... ich hab keine Ahnung von Liebe, Mutter. Wie soll ich mit diesem Gefühl umgehen?" „Lass es gewähren. Versuche nicht, es zu bändigen, denn das wird nicht klappen. Gebe jedoch dein Bestes, trotz allem du selbst zu bleiben. Verstelle dich nicht. Niemals, ok?" „Ok." Ich nickte, nahm mir diesen Tipp zu Herzen. Dann atmete ich einmal tief durch und betrat wieder den Essraum.

Frigga machte sich sofort wieder an die Arbeit und ich setzte mich zu „dem Mädchen", dass sich nervös auf den ihr zugewiesenen Platz gesetzt hatte, der, natürlich rein zufällig, neben meinem Platz lag, und mit ihren Fingern spielte. Ich setzte mich auf meinen Platz und drehte mich dabei zu ihr. „Alles okay?", fragte ich, während ich vorsichtig ihre Finger davon abhielt, sich weiterhin umeinander zu drehen. „Ja", antwortete sie zögernd. „Ich bin nur nervös, was für einen Namen ich bekommen werde." „Ich bin mir sicher, es wird ein schöner Name sein. Wollen wir dir vielleicht erst mal deine Kleider färben?" Sie nickte. Also stand ich auf und ging mit ihr zusammen zu Frigga, die gerade fertig geworden war. „Was gibt es denn, ihr beiden?", fragte sie. „Ich... also..." Ich lächelte ihr ermutigend zu. Sie fing meine Mimik auf und antwortete etwas weniger nervös: „Ich würde gerne meine Kleider färben lassen." Frigga lächelte und nickte. „Welche Farbe soll es denn sein?" „Darf... darf ich es Ihnen zuflüstern?" „Klar, komm her." „Also, würde es etwas ausmachen, wenn..." Mehr verstand ich nicht. Frigga musste schmunzeln und schüttelte den Kopf. Das ist überhaupt keine Problem. Es ist schließlich eine sehr schöne Farbe. Passt nur auf, dass ihr die Kleider nicht verwechselt." Und mit einem Mal färbte sich die eben noch weiße Kleidung grün. Ich war erstaunt und verstand Mutters Anspielung." „Es sieht wunderschön an dir aus." „Danke." Irrte ich mich, oder war „das Mädchen" gerade kurz rot geworden. Na ja, egal. Wir setzten uns wieder. „Geht es etwas besser?", fragte ich, auf ihre Nervosität anspielend. „Ja, danke." 

Schließlich kamen Odin und Thor in den Raum. Thor setzte sich an seinen Platz gegenüber von uns und Odin stellte sich auf eine kleines Podest, dass am einen Ende des Raumes stand. Ich legte ihr noch einmal beruhigend die Hand auf die Schulter, dann begann Odin seine Ansprache. „Ich freue mich, ein neues Mitglied des Könighauses begrüßen zu dürfen. Und auf Erlaubnis hin und um die Vergangenheit ruhen lassen zu können, geben wir diesem Mitglied nun einen Namen, der einer jungen Ase gerecht wird. Mein Kind, erzogen in einer anderen Welt. Erlaube mir, dir den Namen zu verleihen, der für Kraft und Hoffnung und einen Neustart steht. Lass mich dir den Namen Aisa geben." Aisa nickte schüchtern. Odin lächelte ihr aufmunternd zu und erhob erneut seine Stimme: „So möge Aisa dein Name sein. Willkommen im Haus." „D... danke." Aisa war sichtlich eingeschüchtert von dem Ganzen. „Gibt noch jemanden, der etwas zu sagen hat?" Alle schüttelten den Kopf. „Gut. Dann lasst uns das Frühstück beginnen." Odin setzte sich und alle begannen, sich von den  Speisen etwas zu nehmen."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top