S I X T Y - F O U R | | #AcademyOfModernArts
Mit meiner Tasche um den Schultern drücke ich gegen die schweren Holztüren und trete ein. Ehrfürchtig blicke ich mich in der großen, von Tageslicht überfluteten Eingangshalle um. Schon hier protzt das Gebäude nur so vor Stolz, und um ehrlich zu sein, schüchtert meine neue Schule mich bereits jetzt etwas ein. Ich lasse meinen Blick an den Wänden auf und ab gleiten, bevor er auf den gigantischen, cremefarbenen Schriftzug trifft.
Academy Of Modern Arts.
Tja, und hier bin ich also. Auf einer Akademie, die sich unter anderem mit Tanz beschäftigt. Noch immer scheint der Gedanke, dass ich solch eine Schule besuchen könnte total surreal. Wenn man doch die vielen Dinge bedenkt, die mich so sehr von den anderen Schülern unterscheiden.
Mein erster Tanzboden war die Straße, mein jetziges Können reine Tradition, und mein Halt, als alles den Bach runterging, die anderen Streetdancer. Mich unterscheidet so vieles von ihnen, das ich mir nicht vorstellen kann, wie ich mich an das Konzept einer Tanzakademie anpassen soll. Schon jetzt: Ich stehe in dieser riesigen Eingangshalle, komplett alleine und weiß nichts mit mir anzufangen.
Meine Unsicherheit macht mich Wahnsinnig und ich beschließe mich umzusehen. So klein ich mich auch fühle, ich muss vorran kommen. Ich muss das hier schaffen. Ich habe es ihr versprochen.
Langsam steige ich die feinen Marmorstufen hinauf in den zweiten Stock, lasse ganz langsam meine Hand über die weiche Holzbrüstung gleiten. Ich komme einfach nicht aus dem Staunen heraus, wie edel diese Akademie ist. Werden die Schüler genauso edel sein? Werde ich mich als Stipedium-Schülerin noch mehr von ihnen unterscheiden, als ich es bereits schon tue?
Fragen über Fragen, die mir immer weiter den Kopf zermartern, als ich im zweiten Stock auch schon die ganzen Türen erblicke, die zu den Tanzrräumen führen. Einfache Klapptüren aus Holz mit einem Fenster darin, und doch so schalldicht, dass ich erst Musik vernehmen kann, als ich auf die erste Türe zugehe.
Ich erkenne das Lied sofort. Dies muss die HipHop Abteilung der Schule sein. Zweifellos. Je näher ich der Türe komme, desto lauter drängen sich mir die Lyrics entgegen.
Killa - Cherish ft. Yung Joc
Ich liebe diesen Song so sehr, das es mir in den Fingern juckt meinen Körper zu bewegen, aber ich halte mich schmerzhaft zurück. Ich will nicht auffallen, als ich einen schüchteren Blick durch das Fenster in den Raum werfe.
Zu meiner Überraschung befindet sich nur ein Junge in dem Raum, aber mein Kopf ist auch schon wieder wie leergefegt, als ich ihn tanzen sehe. Ich kann einfach nicht wegschauen. Sein muskulöser, unverkennbarer Körper eines HipHop-Tänzers bewegt sich so sanft und gleichzeitig rhythmisch zur Musik, das mein Herz sich leicht verkrampft, weil jeder Schritt, den er setzt, ein einfaches Meisterwerk ist. Seine Bewegungen sind stolz, fordernd und so selbstbewusst, dass mir der Mund offen bleibt. Viele Menschen behaupten, das sie Eins mit der Musik sind - er ist es. Gott nein, noch viel mehr! Die Musik liegt ihm zu Füßen, geführt von seinem Tanz. Seit dem Moment, in dem ich ihn Tanzen sah, hat er mich gefangen.
Meine Trance wird zerissen von der Pausenklingel, die das Ende der ersten Sitzung ankündigt. Sofort strömen aus den verschiedesten Räumen die Schüler, und obwohl ich mich im Tanztrakt befinde, vermischt sich das Volk der Schüler in Sekundenschnelle mit den anderen Trakten der Modern Arts Academy. Mein Blick erfasst so vieles auf einmal: Mit Farbe verschmierte Malerkittel der Künstler, Feine Hemden der Computerfreaks und adrette Ballerinaufmachungen der Tänzer. Im nächsten Augenblick schaue ich beschämt an mir herunter. Meine ausgewaschene, kakifarbene Beggy-Jeans hängt locker auf meinen Hüften, mein rotes Top ist kurz über meinen Bauchnabel abgeschnitten, und irgendwie kommen mir meine Sneaker plötzlich total durchgelaufen vor.
Toll. Sogar äußerlich ein totaler Reinfall.
Irgendwie hege ich noch die Hoffnung, das sich die anderen HipHop Tänzer zeigen würden, aber als ich eine Gruppe an Jungs aus einem Tanzstudio kommen sehe, mit ihren engen Sporthosen und weißen Unterhemden, seufze ich auf. Das kann ja heiter werden.
Gerade will ich mich auf den Weg ins Sekretariat machen, als ich auch schon vornüber falle.
Ouch, das gibt einen blauen Fleck.
Ich vergaß: Ich stehe ja immernoch vor dem Tanzsaal! Die Tür hat mich volle Kanne im Rücken erwischt.
"Hey! Kannst du nicht aufpassen?!"
Die raue, tiefe Stimme verschafft mir eine Gänsehaut, aber ich wage es nicht aufzusehen, während ich alles, das aus meinem Rucksack gefallen ist, zusammen sammle.
Hey! Wer bin ich?! Ein Spielzeug?!
Ich entscheide mich doch, für mich selbst einzustehen und richte mich so selbstbewusst wie möglich auf. "Wie wäre es, wenn du mal deine Augen aufsperrst?!" Und ehe ich mich versehe, realisiere ich wer vor mir steht. Der Junge aus dem Studio.
Schlaumeier?
Kurz mustere ich ihn und stelle fest, das er genauso angezogen ist wie ich. Er schwimmt genau wie ich gegen die Strömung. Und fast hätte ich gelächelt, aber er muss ja weitersprechen. "Tz, Miststück", raunt er mir zu, lässt es sich nicht nehmen mich noch einmal anzurempeln, und stampft dann davon.
Der Start an dieser Schule ist ja mehr als gelungen. Schon jetzt sehne ich mich danach, wieder auf der Straße zu tanzen. Und guter Tänzer hin oder her - dieser Junge ist einfach ein Arsch.
- lliqhtred
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- 27.10.16 um 21:58 Uhr
#originaltext
Dedicated to dqrkblue ❤ Miss you :/❤
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