O N E H U N D R E D A N D N I N E

Aufgeregt packe ich das kleine Geschenkpäcken in meine Tasche. Ein letzter Blick in den Spiegel, dann eile ich aus der Tür. Mit flauem Gefühl im Magen und roten Backen beeile ich mich so schnell wie möglich bei ihm anzukommen. Es ist sein Geburtstag und schon gefühlt seit Monaten fiebere ich auf den Tag hin, an dem wir gemeinsam das Leben, aber vor allem auch die letzten 4 Monate zusammen feiern können. Mit dem Summen des Türöffner hebe ich das gewohnt kühle Metall aus seinen Angeln und bücke mich zuerst hinunter, um den kleinen, flauschigen Fellball der auf mich zukommt in den Arm zu nehmen. Mit dem Kater im Arm und seinem Schnurren im Ohr betrete ich den Fahrstuhl. Auf der kurzen Fahrt in den dritten Stock des Familienhauses lasse ich die letzten Monate und Tage vor meinem inneren Auge vorbeiziehen.

Niemals werde ich meine ungeduldigen Blicke auf die Uhr vergessen, dass erste Mal bevor er vor meiner Tür stand. Mit braun funkelnde Augen und der perfekt sitzenden Lederjacke trat er in mein Haus und zum ersten Mal erreichte mich sein unverkennbarer Geruch, der mir bis heute eine Gänsehaut verschafft.
Niemals werde ich die sanfte Berührung unseres ersten Kusses vergessen, unschuldig und leicht. Sein Blick und den unlässlichen Gedanken: "Das ist richtig."
Meine ständige Erinnerung, auch wenn wir uns stritten: "Das ist richtig."
Niemals werde ich meine schwitzenden Hände vergessen, bei all den Treffen mit seiner Mutter und meiner Familie.
So wie meine schwitzenden Hände und meinen schnellen Atem, wenn mich seine Liebe mich so leidenschaftlich trifft wie eine tosende Welle im Wind.
Bekräftigend schüttelte ich den Kopf. Ich könnte das alles niemals vergessen.
Niemals könnte ich diese Liebe vergessen. Von Zeit zu Zeit verletzt und angespannt, aber immer leicht wie eine Feder, beflügelnd wie kräftiger Wind in den Haaren an einem frischen Herbstsonntag und allumfassend wie eine warme Umarmung. Braune Augen, die mir eine Gänsehaut verschaffen und Küsse, die mein Herz schneller schlagen lassen.
Und ich habe keine Angst. Ich lasse mich fallen und gebe jede einzelne meiner Fasern. Mutig lasse ich mich mit aufgespannten Segeln in die unbekannten Weiten treiben, furchtlos vor diesem Abenteuer. Den ich weiß, mit ihm habe ich keine Angst.

Die Fahrstuhltüren offnen sich und er steht bereits im Türrahmen. Mit aufsteigenden Tränen werfe ich mich in seine Arme und spüre sofort ihre unendliche Kraft. Ich flüstere: "Ich liebe dich. Alles Gute zum Geburtstag."


11.08.2021

Das ist ein Text, den ich 2019 geschrieben habe. Er war für den Geburtstag meines ersten Freundes gedacht. Ich weiß nicht, wieso ich das jetzt veröffentlichte und wahrscheinlich wird es nie jemand lesen. Aber ich sitze gerade auf meinem Bett während einer Pandemie, die mich zusammen mit vielen weiteren Faktoren in die größte Depression meines Lebens gestürzt hat. Und er war einer davon. Erst 1 1/2 Jahre später ist mir aufgefallen, dass die Person, der dieser Text gewidmet war, auch die Person war, die mich 1 1/2 Jahre sowohl seelisch als auch körperlich missbraucht hat. Meine Seele trägt so tiefe Narben, dass ich heute noch den Schmerz fühlen kann und an ihm zehre. Mir kommen Tränen, wenn ich daran denke, dass ich für so jemanden wahre Gefühle empfunden habe. Das ich mich selbst aufgegeben habe. Was die rosarote Brille alles so anrichten kann. Sie beeinflusst mich immer noch und ich bin mit so vielen Selbstzweifeln konfrontiert, dass ich es zur Zeit nur noch schaffe in meinem Bett zu liegen.
Aber das ist mein Versuch diesem Chaos zu entfliehen. Ich erinnere mich an das 16 jährige Mädchen, dass so voller Leben und vor allem Emotionen war, dass es hätte innerlich zerspringen können. Ich weiß ganz genau, dass das mein wahres Ich ist. Ich glaube ganz fest daran. Und ich weiß auch, dass dieser Weg ganz viel Schmerz und Tränen kosten wird, aber ich kann so nicht weitermachen. Das ist keine Option mehr. Deswegen werde ich versuchen meine Gefühle und Gedanken hier festzuhalten - nicht in der Hoffnung, dass das jemand liest, sondern um mich selbst zu finden.

Wie sagte ich einst so schön:

This text is written spontaneously, feel free to correct any spelling mistakes.

- lliqhtred

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