O N E H U N D R E D A N D F I V E

Tief und lang zog ich an meiner Zigarette. Die Rauchschwaden in der Luft formten verschiedenste Zeichen, und wenn ich genau hinsah und mich ganz kurz vielleicht auch von meiner Einbildung lenken ließ, meinte ich ein paar Runen darin erkennen zu können. "Was ist aus uns geworden, Dani?" Der Rauch wurde vom Wind davon getragen, ich blinzelte. Als er mir diese Frage stellte, nahm ich mir noch einen Moment Zeit und zog ein weiteres Mal an meiner immer kleiner werdenden Zigarette. Langsam verschwammen die Sterne des Nachthimmels vor meinen Augen und ein Geschmack aus Salz und Nikotin sammelte sich in meinem Mund. Ich antwortete nicht. "Ich habe es schon immer gehasst, dass du rauchst." Ich konnte ein schwaches Lächeln aufbringen, bevor ich ein weiteres Mal zog. "Aber habe ich dich nie davon abgehalten, weil du wunderschön aussiehst, wenn du es tust. Beruhigt und entspannt." Seine Bemerkung entlockte mir dieses Mal ein kurzes Lachen. "Und ich hab dich nie davon abgehalten, weil ich dich liebe." Ich verstummte sofort. Schnell warf ich meine Zigarette weg, warscheinlich hörte ich auch auf zu atmen. Weiter starrte ich in die Sterne, die mir immer surrealer erschienen. "Wieso tust du mir das an, Dani", flüsterte er. Das Leid und die Zerbrechlichkeit in seiner Stimme ließen meine Hände erzittern.
"Ich weiß es nicht."
Mit aller letzter Kraft wendete ich ihm meinen Blick zu. Mit geröteten Augen saß er neben mir auf der Parkbank. Im Schneidersitz und mir zugewandt.
"Bekomme ich eine Zigarette?" Ohne mir weiter Gedanken über seine ungewöhnliche Frage zu machen, reichte ich ihm die Schachtel. Wenige Sekunden später pustete er weitere Runen in die Nacht. "Wieso kannst du mir nicht sagen, dass du mich nicht mehr liebst?"
"Weil es nicht die Wahrheit ist."
Erschöpft ließ er seinen Kopf sinken, als ich ihn zum wiederholten Mal verletzt hatte. "Was ist es dann? Gib mir bitte einen Grund zu gehen, Dani. Ich leide."
Die Liebe meines Lebens so zerstört vor mir zu sehen, raubte mir abermals dem Atem. Aber ich wusste, dass er einen Schmerz spürte, den ich nicht lindern konnte. "Es ist eine Wahrheit, die du nicht verstehen kannst."
Er ließ los - er fing an erbittert vor mir zu weinen.
"Bitte sag mir, was in dir vorgeht. Ich könnte niemals weiterleben, ohne zu wissen was in deinem verrückten, verdrehten Kopf vor sich geht, in den ich so verliebt bin."
"Ich bin nicht gut genug. Ich war es nie."
Er verstummte sofort. "Was sagst du da?"
"Ich bin nicht gut genug. Ich bin niemals genug. Für niemanden, nichteinmal für mich selbst. Auch nicht für diese Welt. Und dieser Gedanke hält mich seit Jahren wach, Nacht für Nacht. Ich kann kein Leben leben, in dem es meine größte Angst ist diese Welt unverändert zu verlassen. Ich muss davor mein Zeichen setzen, meinen Fußabdruck. Ich muss diese Erde so verlassen, damit sie sich an mich erinnert. Aber ich bin nicht gut genug. Und das raubt mir alle meine Kraft."
Er antwortete mir nicht. Vielmehr sah er durch mich hindurch, als hätte das, was ich ihm gerade zu Füßen gelegt hatte, den Verstand geraubt.
"Und ich werde dich nicht mit in dieses dunkle Loch ziehen. Denn das ich nicht gut genug bin, hat nichts damit zutun, dass du mehr als gut genug bist. Für jeden. Und es hat auch nichts damit zutun, dass ich dich liebe."
Er blieb stumm.
Ich zog meine Zigarettenschachtel hervor und das einzige Geräusch, das die Stille zwischen uns durchbrach, war das Klicken meines Feuerzeugs.
Damit erhob ich mich und lief wankend davon. In das ungewisse Dunkel der Nacht. Wenn ich aber meine Tränen wegblinzelte, nach oben in den Sternenhimmel blickte und mich ganz kurz vielleicht auch von meiner Einbildung leiten ließ, meinte ich ein paar Runen erkennen zu können.

- lliqhtred.

Kellolades dqrkblue Lost_in_moonlight

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