- Kapitel 2 -

Umso besser gelaunt bin ich, als der Schultag endlich ein Ende nimmt. Das Wochenende steht an und ich kann nicht fröhlicher darüber sein. Meine Tasche ist schnell zusammengepackt und ich dränge Clayton dazu schneller einzupacken, als könne der Lehrer uns doch noch einmal in den Raum zurückholen und eine weitere Doppelstunde Geschichte dranhängen. Letztendlich ziehe ich den Größeren mit mir am Ärmel aus dem Raum, wofür ich ein Lachen von ihm ernte.
Mein Blick schweift durch die weiß gestrichenen Flure, rechts von uns sind hohe Fenster eingelassen mit Ausblick auf den Schulhof. Ein vertrauter Anblick den Clayton und ich in ungefähr drei Monaten nicht mehr zu Gesicht bekommen. Für uns geht es nach den Sommerferien aufs College, wobei ich innerlich jetzt schon Panik schiebe wenn ich an die Abschlussprüfungen denke.

„Möchtest du eigentlich weiterhin Fußball spielen, auch nach unserem Abschluss?", erkundige ich mich neugierig bei dem Größeren, um ein Gespräch zu beginnen. Ich mag keine Stille. Es muss immer irgendein Hintergrundgeräusch existieren oder eine Kommunikation stattfinden mit den Menschen in meiner Nähe.
„Klar, vielleicht komme ich ja einmal ganz groß raus. Clayton Rus, der neue Star am Fußballhimmel.", mit einem Grinsen sieht er voller Überzeugung zu mir und richtet seine Hände zur Decke des Korridors, als wäre dieser der 'Fußballhimmel'. Ich schüttle lachend meinen Kopf und boxe ihm mit meinem Ellenbogen leicht in die Seite.

„Träum nicht zu enorm."

Wir waren kurz bei Clayton zuhause, damit er seinen Rucksack gegen seine Sporttasche tauschen konnte. Sein Zimmer ist einfach gehalten, aber seine Lieblingsfarbe stach deutlich in der Ausstattung hervor. Limetten-grün.
Seine Bettwäsche, eine Wand des Zimmers hinter seiner Kommode, die Unterlage auf seinem Schreibtisch vor dem Fenster, der flauschige runde Teppich vor seinem Bett, ein Sitzsack in der Ecke gegenüber von seiner Zimmertür mit Blick auf einen Fernseher und der Controller seiner Playstation, alles hatte diese Farbe. Seine Möbel sind weiß, genauso wie der Rest seiner Zimmerwände. Der Laminatboden in einem dunkelbraun. Es wirkt modern, nicht zu verspielt und fast schon minimalistisch.
Viel Dekoration gab es nicht, außer einem Drachenbaum neben der Tür, ein Poster seines Lieblingsspielers von 'Inter Miami' einer Mannschaft aus Florida über seinem Bett, verschiedene Bücher als Stapel auf seinem Schreibtisch und ein Bilderrahmen auf der Kommode.
Es ist tatsächlich sogar ein Bild von uns beiden als wir noch jünger waren.

„Kommst du?", ertönt die Stimme des Blonden, welcher sich gerade seine Sporttasche über die rechte Schulter hängt. Mit einem schnellen Nicken erhebe ich mich von der Matratze seines Doppelbetts und folge ihm nach draußen. Ich bin froh, dass seine Eltern noch arbeiten sind, denn in ihrer Nähe fühle ich mich nicht besonders wohl. Anders als bei meinem besten Freund in dessen Nähe ich am liebsten ständig sein würde.

Ich darf mich nicht zu sehr verlieben.
Leichter gesagt, als getan.

Clayton bringt mich zum lachen, er ist der erste Freund den ich in Florida gefunden habe, er macht sich Sorgen um mich, er versteht mich, er zeigt Interesse an meinen Hobbys, er heitert mich auf, er hilft mir egal bei was, er ist vertraut. Das gute Aussehen ist nur die Kirsche auf der Sahne. Wie könnte ich mich nicht in ihn verlieben? Wie soll ich es schaffen ihn nicht zu nah an mich heranzulassen?

„Ich hatte die Idee nach dem Training was essen zu gehen, hast du Lust?", fragt Clayton mich, sieht dabei mit seinen grünen Augen auf mich herunter, die mich förmlich in ihren Bann ziehen. Stopp, ich darf mich nicht wieder in diesem Wald bestehend aus seiner Regenbogenhaut verlaufen.

„Klar, aber nur wenn wir am Strand essen.", fange ich mich schnell und der Größere legt eine Hand kurzzeitig auf meine Schulter. Drei Sekunden.
Drei Sekunden liegt sie dort, bevor er sie wieder wegnimmt und dennoch fühlt es sich so an, als hätte sich der Handabdruck in meine Schulter eingebrannt. Es fühlt sich an als würde sie immer noch genau dort sein, so präsent.
„Etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet.", da hat er nicht ganz unrecht. Wenn wir was außerhalb unserer Häuser essen gehen, dann nehmen wir es mit und setzen uns ans Meer.

Ich liebe diesen Ort.
Clayton hat ihn durch mich lieben gelernt.

Er mag das Gefühl von Sand in seinen Schuhen oder Klamotten nicht, weswegen er diesen Ort gemieden hat. Doch ich habe ihn damals dazu überreden können mit mir dorthin zugehen. Seitdem sind wir ziemlich oft dort.

Am Fußballplatz angekommen sehe ich schon seine Teamkameraden, an einem Fleck vor dem Gebäude mit den Umkleiden versammelt stehen. Der Blonde winkt ihnen erfreut zu, ruft eine Begrüßung hinterher und zieht mich mit ihm näher. „Na endlich bist du auch mal da, Rus.", entgegnet ein Junge mit rabenschwarzem Haar. Sein Team nennt Clayton häufig nur beim Nachnamen, da es schneller zu Rufen ist. „Sorry, wir waren wohl ein wenig langsam.", entschuldigt sich der Junge neben mir schnell.
Der Schwarzhaarige, sein Name ist Dylan, reicht mir die Hand. „Schön dich mal wieder zu sehen, Toby.", begrüßt er mich freundlich, was ich erwidere. Ein paarmal habe ich das Training schon verfolgt und kannte dadurch die einzelnen Spieler.

Kurz unterhielten wir uns mit dem Team, bis der Trainer kam und die Jungs sich umziehen gingen. Ich hingegen begab mich zur Tribüne.
Hier stehe ich nun, ganz vorne am Geländer mit Blick auf das saftgrüne Feld und warte auf die Spieler. Zwei Reihen hinter mir hat sich eine kleine Gruppe von Mädchen angesammelt. Ein paar kenne ich aus der Schule. Sie wollen bestimmt auch zugucken oder sind Freundinnen der Teammitglieder.
Endlich entdecke ich den dunkelblonden Schopf um die Ecke auf das Feld biegen. Gefolgt von den restlichen Jungs.

Die Trikots waren in schwarz-weiß gehalten, Clayton seines schmiegte sich perfekt an seinen Körper und trägt die Nummer sieben auf dem Rücken. Eine schwarze kurze Hose, die knapp über seinen Knien endet bedeckt seine Beine.

Er sieht gut darin aus, verboten gut.

Ich betrachte ihn ganz genau und sauge jedes Detail auf, um es in mein Gehirn einzubrennen. Die Art wie seine Haare leicht wippen beim laufen, die Art wie sich seine Beinmuskeln anspannen, die Art wie er aufmerksam dem Trainer zuhört und die Art wie selbstbewusst er wirkt in dem was er tut.

Ich verliere mich doch wieder in den Wäldern, taumele näher zum Abgrund der Klippe mit dem Wissen, dass dort kein Geländer ist dass mich oben hält. Ich erwische mich dabei wie ich mir vorstelle, dass es doch eine Chance gibt mehr zu sein als beste Freunde.

Träum nicht zu enorm, Toby.

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