Kapitel 21
Nicolaj hatte sich nach dem Frühstück mit einem flüchtigen Kuss von mir verabschiedet. Ich musste mir selber eingestehen, dass ich es vermisste mit ihm den ganzen Tag im Bett zu verbringen. Er war ständig auf Achse und kam meistens so spät zurück, dass ich bereits schlief. Da ich keine Ahnung hatte was ich mit dem Tag anfangen sollte und es draußen schüttete wie aus Eimern, beschloss ich es mir mit einer Kuscheldecke und meiner Lieblingsserie auf dem Sofa bequem zu machen. Seufzend räumte ich das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine. Es war verdammt langweilig den ganzen Tag alleine in einem großen Haus zu sein ohne etwas machen zu können. Wenn ich wenigstens mit Julia oder meiner Familie hätte Kontakt halten können aber das hatte mir Nicolaj verboten. Oder besser er hatte mir davon abgeraten. Und da ich ja ein braves Mädchen war hielt ich mich auch daran. Schließlich wollte ich nicht noch mehr Personen, die mir wichtig waren mit reinziehen. Ich kuschelte mich auf die Couch, sah abwechselnd „Tow Broke Girls" oder las. Was blieb mir auch anders übrig. Gut ich hätte natürlich auch das Haus putzen, waschen und bügeln können. Aber ich hatte keine Lust die gelangweilte Hausfrau zu spielen, die drauf wartete, dass der holde Gatte nach Hause kam. Müde rekelte ich mich und schloss die Augen.
Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn als ich wach wurde war es bereits dunkel. Ich hörte den Schlüssel im Schloss klappern. Verschlafen setze ich mich auf. Nicolaj sah ziemlich fertig aus als er ins Wohnzimmer trat. „Hey" sagte ich leise und streckte meine Arme nach ihm aus. Er kam zu mir, ließ es zu, dass ich ihn umarmte. Nicolaj vergrub sein Gesicht an meiner Halsbeuge, strich mit seinen Händen über meinen Rücken, fast so als wollte er sich vergewissern, dass ich noch da war. „Was ist los?" fragte ich leise, als er sich von mir löste und einfach nur ins Leere starte. „Nichts, ich bin nur kaputt, das ist alles." Ich glaubte ihm nicht hatte aber inzwischen verstanden, dass nachbohren bei ihm nichts brachte. In dieser Sache waren wir uns ziemlich ähnlich. „Lässt du mich kurz los? Dann kann ich mich umziehen gehen und zu dir auf die Couch kommen." Wiederstrebende löste ich meine Arme von ihm.
Der Duft von frischem Kaffee weckte mich am nächsten Morgen. Die Bettseite neben mir war leer. Dafür stand Nicolaj mit einer Tasse Kaffee in der Hand im Türrahmen und beobachtete amüsiert wie ich mich reckte und den Schlaf aus den Augen rieb. „Guten Morgen, Liebste" Mein Herz machte einen kleinen Satz. Scheinbar hatte es sich, genauso wie ich, immer noch nicht an das neue Kosewort gewöhnt. „Morgen" murmelte ich und setzte mich auf. „Ich dachte mir es würde dir gefallen, wenn ich heute vielleicht mal bei dir bleiben würde. Wir könnten zusammen wegfahren und etwas unternehmen." Er betrat das Schlafzimmer, stellte die Tasse neben mir auf den Nachttisch und setzte sich zu mir auf die Bettkante. Ich reckte mich um ihm einen Kuss zu stehlen. „An was hast du gedacht?" fragte ich, nach dem mein Kuss ziemlich heftig von ihm erwidert wurde. „Ganz in der Nähe gibt es ein kleines Städtchen. Sehr hübsch und perfekt für einen entspannten Tag." Ich lächelte. Es war das erste Mal seit Berlin, dass er etwas mit mir unternehmen wollte. „Dafür müsstest du jetzt aber langsam aus dem Bett und ins Bad kommen. Es ist schon halb elf." Etwas verdutzt sah ich auf meinen Wecker. Ich hatte schon lange nicht mehr so lange geschlafen. Meistens wurde ich wach, wenn Nicolaj aufstand und konnte danach nicht mehr einschlafen. „Ok, wenn du mich aus dem Bett lässt, mach ich mich jetzt fertig. Dann können wir gleich los." Nicolaj stand auf und hielt mir die Hand hin. Ich ergriff sie, ließ mich von ihm aus dem Bett ziehen. Dann tapste ich ins Bad, stellte mich unter die Dusche. Nach dem ich fertig geduscht, meine Haare geföhnt und mich angezogen hatte, ging ich in die Küche. Zu meiner Überraschung hatte Nicolaj bereits ein Frühstück gemacht, das keine Wünsche offen ließ. „ Hab ich was vergessen? Meinen Geburtstag? Deinen?" Nicolaj lachte nur. „Nein Belle, du hast nichts vergessen. Ich dachte es würde dir gefallen wenn ich Frühstück für dich machen würde. Schließlich machst du es ja oft genug für mich." Der Mann würde es heute noch schaffe mich zum Schmelzen zu bringen wie Butte in der heißen Sonne. „Gewöhn dich besser nicht daran. Das hier ist ein einmalige Ausnahme." Schelmisch Grinste er mich an. Und ich hatte für einen kurzen Moment wirklich geglaubt, er würde den arroganten A....Macho heute mal nicht raushänge lassen. Trotzdem musste ich lachen. „Vielleicht hab ich dich irgendwann so weit, dass du das jeden Tag machst." Darauf sagte er nichts aber ich sah sehr wohl wie seine Mundwinkel sich leicht hoben.
Nach dem Frühstück scheuchte Nicolaj mich mit den Worten, er würde heute aufräumen, aus der Küche und ins Schlafzimmer. So langsam hatte ich doch den Verdacht, dass ich etwas verpasst hatte. Oder hatte er ein schlechtes Gewissen? Bevor ich mir weiter darüber Gedanken machen konnte, öffnete ich meinen Kleiderschrank. Draußen schien die Sonne aber da es immer noch nicht wirklich warm war entschied ich mich für eine Jeans, T-Shirt und einen Cardigan. Das würde reichen. Zum Schluss fuhr ich mit der Puderquaste über meine Gesicht, tuschte meine Wimpern. Ich zuckte zusammen als ich aus den Augenwinkel eine Bewegung bemerkte. „Erschreck mich nicht so. Wie lange stehst du denn schon da?" Fragte ich, während ich versuchte mein rasendes Herz zu beruhigen. „Noch nicht lange." Allem Anschein nach war Nicolaj bereits fertig. Jeans und T-Shirt, so wie ich. „Dann los. Hopp, hopp!" Spielerisch gab er mir einen Klaps auf den Po als ich an ihm vorbeilief. Quietschend machte ich einen kleinen Satz nach vorne und rannte dann die Treppe hinunter in den Flur.
Die Fahrt verlief schweigen. Trotzdem war es nicht unangenehm, im Gegenteil. Nicolaj parkte etwas außerhalb, sodass wir die letzten paar Meter zu Fuß zurücklegten. Fast schon automatisch schob ich meine Finger zwischen seine und automatisch umschloss er sie mit seinen. Die Schmetterlinge in meinen Bauch, die sich in letzter Zeit seht zurückgezogen hatten, vollführten bei dieser Geste einen freudigen Sturzflug. Es fühlte sich gut an. Wenig später schlenderten wir durch die kleinen Gasen, blieben hier und da stehen um uns die Auslagen in den Schaufenstern anzusehen und genossen einfach den Nachmittag. Gegen Nachmittag steuerte Nicolaj mit mir ein kleines Café an. Wir setzten uns raus, ließen uns die Sonne auf die Nase scheinen und tranken Kaffee. Ich genoss es, dass wir für eine kurze Weile einfach nur ein normales Paar waren. Ohne einer...exklusiven Gang auf den Fersen. Was mein Glück allerdingst trübte, war die Tatsache, dass sich Nicolaj gerade die vierte Zigarette ansteckte. Ich hatte nie bemerkt, dass er so viel rauchte, traute mich aber nicht etwas zu sagen. Ich wollte die Stimmung nicht kaputt machen. Schließlich bezahlte Nicolaj und zog mich weiter. Vor einem kleinen Schmuckladen blieb er stehen. „Oh nein, bloß nicht." Entschieden schüttelte ich den Kopf. Ich hatte mich immer standhaft gewehrt wenn mir meine früheren Partner Schmuck oder ähnliches schenken wollten. Ich konnte nicht einmal sagen woher diese Ablehnung kam. „Warum nicht?" „Weil...weil einfach" lautete meine unschlagbare Antwort. Schnell lief ich weiter. Irgendwie schien Nicolaj die Situation zu amüsieren. Ich konnte ihn hinter mir unterdrück Lachen hören, lies mich davon aber nicht beirren und lief stur weiter. „Hey, Belle. Warte." Schneller als ich reagieren konnte hatte er mich um die Taille gepackt und an die nächste Hauswand gepresst. Gierig presste er seine Lippen auf meine, plünderte regelrecht meinen Mund. Ich erwiderte den Kuss mit der gleichen Heftigkeit. „Vielleicht sollten wir heimfahren." Nicolajs Stimme war dunkel vor Verlangen. Ich atmete heftig aus und nickte. Wieder nahm er meine Hand und zog mich durch die Gassen. Wenige Meter vor einer Grundstückeinfahrt, packte Nicolaj mich am Arm und zog mich in die kleine Seitengase rechts von uns. Mein erschrockener Laut wurde von seiner Hand auf meinem Mund unterdrückt. Leise Furcht schlich sich in meinen Magen, vertrieb die Schmetterlinge, die zuvor dort lebhaft geflattert hatten. Ich konnte mir schon denken, was passiert war. Sie hatten unseren Fluchtort entdeckt.
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