10. Kapitel ~
freedom~
"Samstag, endlich mal eine Auszeit von der Schule, wenn auch nur kurz.", murmelte ich leise vor mich hin und strich mir eine der roten Haarsträhnen hinter mein Ohr, weil der Wind mir immer wieder die Haare ins Gesicht blies. Mit ruhigen Schritten ging ich den Weg entlang, welcher mich immer tiefer ins Zentrum der Stadt führte und somit auch zu meinem Ziel: dem Stadtpark. Die Sonne warf ihre warmen Strahlen auf mich und auch trotz der kurzen Sporthose und dem weiten, aber kurzärmlichen Shirt, stand mir der Schweiß auf der Stirn. Die Haare hatte ich mir noch Zuhause zu einem unordentlichen Zopf gebunden, aber ich hatte nicht alle Strähnen erwischt, weshalb diese mir andauernd in mein Gesicht fielen, egal wie oft ich sie mir auch hinters Ohr klemmte.
Endlich hatte ich den Park erreicht und zielstrebig lief ich weiter, bis ich eine weitläufige Wiese erreicht hatte, auf welcher eine große Eiche stand. Diese lag zentral auf der Wiese und das weite Blätterdach ermöglichte einen großen Schattenraum am Fuße des Baumes. Dort setzte ich mich hin, zog die Beine an den Oberkörper und schlang meine Arme um diese, ehe ich den Kopf auf den Knien ablegte und meinen Blick über das riesige Areal des Stadtparks wandern ließ. Ich mochte keine großen Städte, aber trotzdem hatten sie auch Vorteile und dieser Park hier war in meinen Augen der Größte. Bald schon wurde meine Aufmerksamkeit auf zwei dunkle Gestalten gelenkt, die sich mir schnell näherten. Ein leichtes Lächeln umspielte meine Mundwinkel und ich wappnete mich innerlich bereits auf den bevorstehenden Angriff, der mich jeden Moment erwarten würde.
Beinahe genau im gleichen Moment erfüllte aufgeregtes Bellen die Luft und beide Hunde warfen mich um, wobei sie vergnügt mit dem Schweif wedelten und ihre Zungen hechelnd heraushingen. "Hört auf damit ihr Beiden! Keto und Richie, aus!", versuchte ich ihnen zu befehlen, als sie mich mit ihren schnuppernden Nasen anstupsten, wodurch ich lachen musste. Ich drückte mit je einer Hand gegen die Köpfe der Schäferhunde, um sie auf Abstand zu bringen, doch vergebens. Erst als das helle Gebell eines anderen Hundes und das quietschen eines Balls zu hören war, wanden sie sich mit zuckenden Ohren ab, blieben aber bei mir. Schwer atmend setzte ich mich auf, zu beiden Seiten saß je einer der Beiden und sah mich mit großen, unschuldigen Augen an. "Ist schon okay, aber ihr wisst, dass ich das nicht mag.", sprach ich, als sie zu winseln anfingen und beruhigend streichelte ich über ihr Fell. So saßen wir drei einfach nur da und genossen die Luft, die Ruhe und das Gefühl der Freiheit und Unbeschwertheit. "Am Liebsten wöllte ich nie wieder hier weg.", hauchte ich kaum hörbar, nachdem ich mich wieder hingelegt und die Augen geschlossen hatte.
Anscheinend war ich eingeschlafen, denn meine Gelenke waren schwer und ich war viel erholter, als mich das Knurren von Keto und Richie aus dem Schlaf riss. Verwundert setzte ich mich auf und rieb mir die Augen, ohne zu wissen, was die Beiden so sehr aufregte, denn sie hatten sich schützend vor mir aufgebaut und drohend die Ohren angelegt. Erst danach bemerkte ich die Schritte, die auf dem Gras kaum zu hören waren und sah nach oben, direkt in das Gesicht der Person.
Es war Eika . . .
"Hallo, ich wollte dich nicht stören, aber ich hatte jemanden hier liegen sehen und mir Sorgen gemacht.", erklärte sie unbeholfen, wobei Unsicherheit in ihrer Stimme lag und sie aus Respekt oder Angst, ich weis es nicht, einen Schritt zurück ging, als die zwei Schäferhunde lauter knurrten. Es ertönte ein schriller Pfiff und sofort verstummte das Knurren und Keto und Richie setzten sich wieder neben mir hin, ich jedoch stand auf und musterte Eika für einen Moment, mindestens genauso abschätzend, wie die Hunde es gerade taten, denn sie ließen das Mädchen nicht aus den Augen.
"Okay, was willst du wirklich hier.", brach ich das Schweigen und handelte mir mit dieser Aussage einen verwirrten Blick von meinem Gegenüber ein. Dann jedoch seufzte sie kurz und fuhr sich durch die Haare, anscheinend wusste sie nicht, was sie sagen sollte. "Es ist wegen gestern, als wir auf der Schulewaren, oder?", fragte ich deshalb weiter, woraufhin Eika schwach nickte und mich scheu ansah. "Aber wir haben doch alles geklärt, was gibt es denn noch?", "Wir haben überhaupt nichts geklärt! Ich bin nur viel neugieriger als vorher, ich will wissen wieso!", ihre Stimme klang laut und aufgebracht und während des Sprechens hatten sich ihre Hände zu Fäusten ballt. Meine Augen weiteten sich, da ich mit allem gerechnet hatte, aber nicht damit. "Du willst wissen wieso? Was meinst du damit?", hob ich zu einer Frage an, aber weiter kam ich nicht, denn Eika war hatte sich mir innerhalb von wenigen Sekunden genähert und sah herausfordernd und verzweifelt zu mir auf, im Hintergrund erklang ein leises Grollen der Hunde. "Ich will wissen, wieso du so geworden bist! Warum dich alle meiden, ich verstehe ich nämlich nicht! Auch verstehe ich nicht, warum du immer so freudlos und pessimistisch wirkst! Erkläre es mir, bitte! Warst du nicht diejenige die sagte, dass ich die Einizige bin, die dich versteht? Dann erzähl mir doch einfach was dir passiert ist, erzähl mir was dich zu diesem Menschen gemacht hat, der du heute bist. Ich will dor helfen, Deidre.", ihre letzten Worte waren kaum zu verstehen, da sie erstickt klangen. Während ihres Vortrags hatten sich Tränen in ihren Augen gesammelt, aber sie hielt sie zurück, so gut sie konnte.
"Geh nachhause, Eika.", erwiderte ich nur knapp mit kalter Stimme. Ungläubig sah sie mir in die Augen und ich merkte, wie sehr ich sie verletzt hatte mit diesen Worten, doch ich wollte sie da nicht mit hineinziehen. Sie würde all meine Probleme sowieso nicht verstehen können und selbst wenn doch, wäre sie noch immer nicht in der Lage mir zu helfen. Grob schubste ich sie nach hinten, wodurch sie stolperte und auf den Hintern fiel. Ich sah auf sie hinunter und Keto und Richie hatten sich wieder an meine Seite gestellt.
"Deidre, wieso? Wieso tust du das, dass bist nicht du selbst.", brachte Eika schwach hervor, statt zu versuchen aufzustehen. "Du glaubst mich zu kennen? Da liegst du falsch und langsam denke ich, dass ich mich in dir getäuscht habe. Du verstehst mich überhaupt nicht.", fuhr ich nur kalt fort und mein Blick bohrte sich in ihren, ehe ich mich von ihr abwand und über die Wiese lief, um den Park zu verlassen.
Trotz dass ich nicht zurücksah, wusste ich, dass Eika noch immer am Boden saß und mir nachsah, denn ich konnte ihren Blick förmlich auf meinem Rücken spüren und auch glaubte ich zu wissen, dass sie nun weinte. Da überkam mich wieder dieses Gefühl, das Gleiche wie damals, als meine Mutter vor meinen Augen starb: Schuld. Ich fühlte mich schuldig dafür, wieder das Leben einer anderen Person zerstört zu haben . . .
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