46- Trauriges Weihnachten
• Zeitsprung: kurz vor Weihnachten •
"Ich hab die Nase sowas von voll", genervt donnert May ihre Hefte auf den Tisch "Seh ich etwa so aus als würde ich die Zeit haben, soviel Hausaufgaben zu erledigen?"
Ich lache "Aber nein", ich schlage mein Alte Runen Heft auf.
Nach dem sich meine Schwester wieder beruhigt hat, sitzen wir beide stumm da und arbeiten unseren Hausaufgaben Berg ab.
Wir haben diese in den letzten Tagen schleifen lassen, weshalb wir nun alles auf einmal erledigen müssen um dem Nachsitzen zu entgehen.
"Siehst du das sind die Runen für Mir ist langweilig", May hält mir ihr Heft hin. Seufzend lege ich meine Feder ab "Ach komm dafür hast du fast eine Stunde gebraucht?"
Sie sieht mich mit einem Hunde Blick an, ich rolle mit den Augen und schiebe ihr mein Heft zu. "Du bist die beste", sagt sie nur. Seit dem May in Slytherin ist, ist sie völlig faul geworden. Allgemein ist sie nicht wieder zu erkennen.
Nach ewig lang geschrieben Texten, ausgefüllten Blättern und auswendig gelernten Zaubersprüchen, habe auch ich keine Lust mehr. "Ich bin am Ende", stöhne ich und lege meinen Kopf in den Nacken.
"Wem sagst du das?-", plötzlich fährt meine Schwester erschrocken hoch.
"Hast du das gehört?", ich schüttle verwirrt den Kopf.
"Ich könnte schwören... naja vielleicht habe ich auch einfach zu viel gelernt."
"Das meiste hast du abgeschrieben", verbessere ich sie grinsend.
"Hast du nochmal was gemerkt, wurdest du noch einmal angerempelt seit den letzten paar Malen?", fragt mich May mit großen Augen.
Ich schüttle mit dem Kopf und meine Laune sinkt nochmal eine Stufe tiefer.
Durch die ganzen Geschehnisse Anfang des Schuljahres, habe ich einige Sachen aus den Augen verloren. Die eigenartige Situation als ich angerempelt wurde ohne dass jemand zu sehen war.
Auch die ganze Sache mit Voldemort habe ich erfolgreich verdrängt.
Bis ein Brief meines Vaters kam in dem er schrieb, wir sollten über Weihnachten in Hogwarts bleiben, weil wir dort sicherer wären. Das hat alles wieder aufgewirbelt. Es vergeht kein Tag an dem ich nicht daran denken muss.
Außerdem will ich dieses Jahr noch viel mehr Weihnachten zu Hause sein, als die zwei Jahre davor.
"Wir sollten uns lieber weiterhin Sorgen um Draco machen", sage ich irgendwann.
May runzelt die Stirn, stützt seufzend ihren Kopf mit den Händen. "Er ist schon lange so eigenartig. Außerdem der Vorfall mit dieser Katie Bell, irgendwas verbirgt er vor uns. Er sah fertig aus, findest du nicht?"
Erneut seufzt meine Schwester "Morgen ist der letzte Schultag und in drei Tagen ist Heiligabend. Sollten wir nicht lieber bis nach Weihnachten warten?"
"Aber-"
"Weihnachten ist das Fest der Liebe oder der Familie, wie auch immer und nicht des Streits und wir wissen worauf es hinauslaufen wird wenn wir Draco damit konfrontieren."
Ich kann nicht anders als meiner Schwester Recht zu geben.
"Also lass uns lieber überlegen wie wir nach Hogsmeade kommen", May fängt an teuflisch zu grinsen.
"Was ist nur aus meiner lieben, braven und schüchternen Schwester geworden?"
"Na die hat gekündigt, außerdem war ich nie schüchtern", sie zieht ihre Augenbrauen hoch und sieht mich prüfend an. Ich sehe schnell weg und zucke mit den Schultern, ein Grinsen kann ich mir nicht verdrücken.
"Na warte du blöde Kuh", sagt May lachend als sie mich mit einem Papierknäuel abwirft. "Selbst", kichernd werfe ich es zurück.
• • •
Die letzten Tage bis Weihnachten vergingen schneller als ich dachte. Nun sitze hier und mache mich für das Festmahl fertig. In Hogwarts gibt es zum Festmahl keine spezielle Kleider Ordnung im Gegensatz zu Zuhause.
So kommt es das eine schwarze Jeans und einen flauschigen Weihnachts Pullover anziehe. Meine Haare zauber ich zu Locken wie jeden Tag.
May trägt dasselbe mit glatten Haaren.
"Lass uns gehen, Lena wartet sicher schon auf uns."
"Ja sofort, ich bin gleich soweit", antworte ich und sprühe mir noch Parfüm auf.
Im Gemeinschaftsraum wartet May mit einem riesen Päckchen auf mich.
"Ich weiß wie sehr du Heimweh hast, deswegen bekommst du das jetzt schon", sagt sie und drückt es mir in die Hand.
Ich fange an zu strahlen und öffne es.
Gleich strömt ein angenehm bekannter Duft in meine Nase.
"Mums Weihnachts Brownies nach ihrem Geheim Rezept", erklärt sie. Staunend ziehe ich zwei Pyjamas aus der Kiste.
Mum schenkt uns jede Weihnachten neue Pyjamas die May und ich den ganzen zweiten Feiertag tragen.
"Da wir nicht nach Hause können, dachte ich, ich bringe einen kleinen Teil davon zu uns."
Meine Augen füllen sich mit Tränen, ich laufe auf sie zu und drücke meine Stirn gegen ihre "Ich danke dir. Ich vermisse Mum so sehr."
"Für meine Schwester tu ich alles."
Immer noch gerührt laufe ich mit May und Lena zur großen Halle.
Wir wollen sie gerade betreten als ich sehe wie Cayden Macmillan einem Mädchen einen Kuss auf die Lippen drückt.
Sogleich tanzt jene Erinnerung wie eine lodernde Flamme vor mir.
Flashback
"Es hat sich einfach nicht mehr gut an gefühlt, ich wollte dir nichts vormachen."
Ich drehe mich um bevor Cayden meine Tränen sehen kann. Dann renne ich los, schneller als je zu vor. Mein Herz scheint zu zerbrechen und bei jedem Schritt bohren sich die Scherben tiefer in meine Brust.
Nein.
Nein.
Ich möchte das nicht.
Nein.
Es soll nicht so enden.
Nein.
Ich renne immer schneller. Das Schloss liegt längst hinter mir. Ich stoße laute Schluchzer aus, jetzt wo mich niemand mehr hören kann. "Nein", schreie ich doch der Oktoberwind weht meine Schreie weg. Nun bin ich einfach nur noch ein stummes, weinendes Mädchen welches in den Verbotenen Wald rennt.
Durch ein aufkommendes Seitenstechen, fällt mir das Atmen schwerer doch ich renne weiter.
Der kalte Wind durchströmt meinen Körper, meine Tränen scheint er einzufrieren. "Warum?", hauche ich, doch der Wind gibt mir keine Antwort.
Ich setze mich auf einen Baumstumpf, schlinge meine Arme zum Schutz um mich.
Der Wind umkreist mich, lässt meine Haare in alle Richtungen wehen.
Jeder Schluchzer, jede einzelne Träne tun weh. Alles tut weh. Ich verstehe die Welt nicht mehr, fühle mich wie vor den Kopf gestoßen.
So fühlt es sich also an?
So fühlt sich ein gebrochenes Herz an?
Warum, ich möchte das nicht. Ich will nicht das es vorbei ist. Warum?
Das kann nicht wahr sein, das passiert alles nicht. Energisch vergrabe ich meine Nägel in meiner Haut. Wach auf, wach auf verdammt, schreie ich innerlich. Doch stattdessen hämmern sich seine Worte gewaltsam in mein Gedächtnis.
"Ich habe viel nachgedacht."
"Es fehlt etwas zwischen uns."
"Ich denke nicht das es was langfristiges wird."
"Es hat sich einfach nicht mehr gut angefühlt."
Diese Sätze wiederholen sich wie eine Schallplatte. Immer und immer wieder.
Bei jedem Mal tun sie mehr weh.
"Nimm es mir nicht übel", das hat er gesagt.
"ICH SOLLS DIR NICHT ÜBEL NEHMEN?! DU ARSCHLOCH, DU VERDAMMTES ARSCHLOCH", brülle ich voller Leibeskraft. Leider ist es nicht Er der meinen Zorn zu spüren bekommt sondern ein alter Baumstamm.
Ich setze mich wieder auf den Stumpf und schluchze in meine Hand.
Ich sitze lange so da, bis sich jemand an mich schmiegt. In diesem Moment fange ich noch mehr an zu Schluchzen.
"Atme, atme einfach", höre ich die Stimme meines Zwillings.
Okay. Atmen.
Einfach Atmen.
Atmen.
Atmen und dann ist es vorbei?
Atmen.
"Das hilft nicht", weine ich in ihre Schulter. "Es ist in Ordnung...Merlin endlich habe ich dich gefunden."
Meine Schwester nimmt meine Hand.
"Willst du darüber reden?", fragt sie mit sanfter Stimme, doch ich schüttle den Kopf und verstecke meinen Kopf in ihrer Halsbeuge.
Nach kurzer Zeit versuche ich mich daran es ihr zu erzählen, die Worte liegen mir auf der Zunge doch kaum sage ich "Er sagte er hätte na-ach geda-acht...", verschlucken neue Schluchzer meine Worte. Diese Worte vor einer anderen Person auszusprechen, tut beinahe genauso sehr weh wie sie gesagt zu bekommen.
"Du musst es nicht sagen, lass dir Zeit."
Ich nicke, versinke mein Gesicht in meinen Händen und rede mir den Kummer von der Seele.
Wir sitzen lange da, reden und ich trauere.
"Wie hast du mich eigentlich gefunden?", frage ich nach einer Weile.
"Ich spürte einen unbeschreiblichen Schmerz in der Brust, bis ich merkte dass es nicht meiner war."
Flashback Ende
Ich presse meine Lippen aufeinander und kralle meine Fingernägel in die Handflächen. May scheint das zu bemerken "Kira was ist?", fragt Draco der zu uns gestoßen ist. Zu gerne würde ich es ihm sagen, zu gerne würde ich meinem Bruder von meinem Schmerz erzählen. Doch er wusste nichts von Cayden, schon gar nicht hätte er dies gut geheißen. Wenn er es jetzt erfahren würde, wäre keinem von uns beiden geholfen. "Zwillings Moment, verstehst du nicht. Wir kommen gleich wieder", sagt May keck und lässt unseren verwirrten Bruder stehen. Sie zieht mich an einen ruhigen Ort.
"Okay. Du bist über ihn hinweg, du bist stark und du hast erst recht keinen Rückfall", redet May auf mich ein. Ich schniefe und kneife meine Augen zusammen, diese Bilder flattern immer noch vor meinen Liedern.
Es macht mir nichts aus. Ich bin über ihn hinweg. Er ist mir egal. Ich bin stark, habe keinen Rückfall, versuche ich mir einzureden.
"Du lässt dir von diesem Blutsverräter nicht Weihnachten vermiesen! Scheiß auf Macmillan, diese Zeit ist vorbei", May sieht mich eindringlich an.
"Ich geb dir eine Minute", ich lächle sie dankbar an. Dann drehe ich mich um, lege meine Hände übers Gesicht und kreische in meine Handflächen.
Dann laufen wir eilig zurück zur großen Halle.
Die restliche Zeit trage ich ein unehrliches Lächeln. Natürlich ging das nicht so einfach an mir vorbei, sondern es klemmte sich an mir fest wie eine lästige Zecke. Dieses Weihnachten wurde ich in einen Sog voller Schmerz, Nachdenklichkeit und Trauer gezogen. Ich konnte es weder verhindern noch hatte ich das verdient. Es war nicht fair. Das war es absolut nicht.
So wurde dieses Weihnachten zu dem traurigsten Weihnachten meines Lebens.
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