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Olivia

"Sieh es ein du Genie, du hast dich verfahren!", vernichtend starre ich Jack an, doch der guckt nur sturr auf sein Handy, während wir am Straßenrand stehen. "Ja, man! Lass mich doch wenigstens mal nachgucken, wo wir lang müssen, ohne, dass du mir das die ganze Zeit unter die Nase reibst!", giftet er zurück und hebt endlich seinen Blick vom Handy. Augenverdrehend wende ich mich von ihm ab. Dieser Kerl macht mich manchmal so unglaublich agressiv, aber gleichzeitig würde ich ihn manchmal am Liebsten anspringen und ihn vernaschen. Und das er sich grade rastlos durch die verwuschelten Haare fährt, trägt auch nicht dazu bei, mich zu beruhigen. "Ok, ich weiß wo es lang geht.", gibt er schließlich von sich und startet sogleich den Wagen.

"Schinken oder Salami?", Jack hält zwei verschiedene Tiefkühlpizzen hoch und guckt mich fragend an. Hm, ich nehme dich ohne Shirt. Äh, was? Oh man, was ist heute bitte mit mir los? "Schinken.", antworte ich schließlich und nehm ihm die Schinkenpizza aus der Hand. Dann stelle ich einen Fuß auf den Einkaufswagen und will grade Anschwung nehmen, als Jack seine Hände neben meine an den Griff des Einkaufwagens ablegt und mich so eng umschließt. Eine Gänsehaut breitet sich aus, als er mir mit rauer Stimme ins rechte Ohr haucht: "Stell dich ganz drauf, ich schiebe dich." Bereitwillig hebe ich meinen zweiten Fuß auch noch auf den Einkaufswagen und umschließe den Griff ein bischen fester, um nicht runterzufallen, doch das ist gar nicht nötig, da Jack seine Brust dicht an meinen Rücken presst und ich so auf keinen Fall runterfallen kann. Während Jack mich so durch die Gänge schiebt, schnappe ich mir immer wieder Lebensmittel aus den Regalen und lege sie in den Einkaufswagen.

Eine gute Stunde später sind wir wieder im Ferienhaus und ich räume zusammen mit Melli die neugekauften Lebensmittel in die Schränke ein. "Hast du eigentlich Jack schon von der Verlobung erzählt?", frage ich sie, als wir fast fertig sind und spreche damit endlich eine brennende Frage aus. "Nein.", ist das Einzige was sie antwortet und dabei hat sie mich nicht einmal angeguckt. "Nein?", frage ich also ungläubig nach und ziehe eine Augenbraue hoch, etwas was ich ziemlich gut behersche. "Er ist dein Bruder!" "Ich weiß und ich weiß auch, dass er etwas gegen Matt hat. Kannst du dir vorstellen, wie er ausrasten würde, wenn er erfahren würde, dass ich Matthew heiraten werde?", verzweifelt dreht sie sich zu mir um. "Du wirst was?!", erschrocken fahren Melli und ich herum und sehen, wie Jack im Türrahmen steht. Seine Hände sind zu Fäusten geballt, sein Kiefer angespannt und der sonst so weiche Blick sprüht nur so vor Funken. Melli öffnet ihren Mund um etwas zu sagen, doch Jack dreht sich nur wutschnaubend um und stapft davon. Verzweifelt lässt Melli die Schultern hängen und sackt kraftlos auf einem Stuhl zusammen. "Ich geh mal nachsehen, dass er keine Scheiße baut.", teile ich ihr mit und mache mich auf den Weg ins Wohnzimmer. Es war mehr als nur schlecht, dass Jack es so erfahren musste und ich verstehe seine Reaktion vollkommen. Ich finde Jack nicht im Wohnzimmer, weswegen ich die Treppe hochstapfe und mich auf den Weg zu seinem Zimmer mache. Er liegt auf seinem Bett und starrt die Decke an. Sein Gesicht ist, soweit ich es von der Tür aus beurteilen kann, immer noch angespannt und sein ganzer Körper wirkt verkrampft. "Jack?", frage ich zögerlich und schließe die Zimmertür hinter mir. Langsam wendet Jack seinen Blick mir zu. "Ist alles ok?", eine dumme Frage ich weiß, doch mir ist nichts anderes eingefallen, was ich ihn in so einer Situation fragen könnte. Als Antwort breitet er seine Arme aus und guckt mich auffordernd an. Ich verstehe was er meint und hüpfe augenblicklich aufs Bett und lasse mich von ihm in eine enge Umarmung ziehen.

Und da liegen wir nun seit Minuten, oder vielleicht auch nur erst seit wenigen Sekunden. Wenn ich bei Jack bin, vergesse ich immer die Zeit, deswegen kann ich jetzt überhaupt nicht einschätzen, wie lange ich denn tatsächlich schon so eng an ihn gepresst da liege. Wir beide hängen schweigend unseren Gedanken nach. Sein Gesicht in meinen Haaren und mein Gesicht an seiner Brust vergraben, lausche ich einfach nur seinem schnellen Herzschlag, welcher unglaublich beruhigend auf mich wirkt. "Meinst du er ist gut genug für sie?", unterbricht Jack irgendwann die angenehme Stille. "Ich weiß es.", antworte ich ihm fest, denn ich bin mir sicher, dass Matt sie aufrichtig liebt und sie nie wieder absichtlich verletzten wird. "Ich vertraue dir.", mit diesen Worten drückt Jack mir einen Kuss auf den Haaransatz und kuschelt sich grummelnd noch ein wenig mehr an mich. Geborgen in seinen starken Armen und mit den Gedanken nur bei ihm schlafe ich schließlich friedlich ein.

"Liv, aufwachen. Es gibt Essen.", verschlafen öffne ich meine verklebten Augen und sehe sofort Jack's schönes Gesicht vor mir. "Gut, ich hab Hunger.", gähne ich und will mich aus seinen Armen lösen, doch Jack hält mich zurück. Fragend gucke ich ihn an, doch da legt er schon seine weichen Lippen auf meine. Sofort schließen sich meine Augen und es fühlt sich an, als würde mir gleich das Herz aus der Brust springen. Hätte ich vor Kurzem gewusst, wie sich Liebe wirklich anfühlt, hätte ich Jack nicht schon damals in Los Angeles sagen sollen, dass ich ihn liebe. Das damals war nur Schwärmerei und ein bischen Verliebtheit, doch jetzt bin ich mir absolut sicher, dass das hier wahre Liebe sein muss.

"Gießt du mir noch Cola ein, bitte?", ich halte Kathy mein Glas hin und bedanke mich, als sie es mir voll aufgefüllt wiedergibt. Die Pizza ist bereits verdrückt, der Fernseher an und die Laune einigermaßen ok. Außer das Jack Matthew ignoriert und sich soweit es geht auf dem Sofa von ihm weggesetzt hat, ist eigentlich alles gut. Kathy kuschelt mit Noah, Melli mit Matt und für mich war dann eben nur Jack übrig, was mir aber mehr als Recht ist. Zwar haben Melli und Kathy mich sehr verwirrt und komisch angeguckt, als Jack wie selbstverständlich seinen Arm um mich gelegt hat und ich mich wie selbstverständlich an seine starke Brust gekuschelt habe. Doch die Blicke der beiden haben wir einfach ignoriert, was dazu geführt hat, dass meine beiden Freundinnen sich wieder auf den Fernseher und ihre Jungs neben sich konzentriert haben.

"Das ist langweilig. Gehen wir hoch?", flüstert Jack mir plötzlich ins Ohr. Augenblicklich erheben wir uns, wünschen den anderen eine gute Nacht und huschen die Treppe hoch. Wie selbstverständlich packt Jack mich mit einer Hand an der Hüfte, öffnet mit der anderen die Zimmertür und zieht mich ins Zimmer. "Ich brauche Ablenkung.", nuschelt er in meine Halsbeuge, als er anfängt leichte Küsse auf meinem Hals und meinem Nacken zu verteilen. Nur zu gern bin ich bereit, ihm diese Ablenkung zu geben und bin froh, dass heute Nacht somit auch meine Sehnsucht nach Jack erfüllt wird.

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