22. Aller Abschied ist schwer

Mit jedem Meter, dem wir uns dem Bahnhof näherten, wuchs auch meine Aufregung und gleichzeitig auch meine Angst. Ich hatte keinen Grund Angst zu haben, aber aus einem unerklärlichen Grund ließ mich einfach dieses ... Gefühl nicht los, dass irgendetwas passieren würde.

Ich spürte ab und zu Niall's Blick auf mir, sah jedoch nicht zu ihm. Ich musste immer noch mit dem Gedanken fertig werden, dass ich ihn ein ganzes halbes Jahr - wenn nicht noch mehr - nicht sehen würde.

„Alles okay?"

Schwerfällig nickte ich.

Aber das war gelogen.

Und zwar sowas von.

Wieso hast du so eine Angst davor?! Du hast doch iiiiiiimmer schon davon geträumt, eines Tages an den Olympischen Spielen teilzunehmen und jetzt hast du Schiss, dass du deinen Freund deswegen nicht genug zu Gesicht bekommst?!, rief meine innere Stimme theatralisch und schlug ihre nicht existierenden Hände vor ihr nicht existierendes Gesicht, soll ich dir mal was sagen? Er wird auch beschäftigt sein. Olympische Spiele hin oder her, auch wenn du nicht daran teilnehmen würdest, würdet ihr euch beide nicht sehen. Das ist schon mal Fakt. Also hör auf dir solche Gedanken zu machen und leb endlich dein Leben, Mädchen!

Das ist einfach gesagt als getan.

Ich musste seufzen. Niall hatte dies natürlich bemerkt und sah mich fragend an, ich schüttelte jedoch den Kopf, um ihn zu signalisieren, dass alles in Ordnung war.

Aber mein kleines Stimmchen hatte Recht. Ich sollte wirklich mal anfangen, mein Leben wieder zu leben. Sonst ende ich noch als ein kleines Häufchen Elend in der Psychiatrie und verbringe dort den Rest meines Lebens.

Hoffen wir mal, dass es nicht dazu kommen wird.

Danke vielmals.

Nichts zu danken.

Wäre es jetzt hier unpassend, wenn ich ihr einmal wirklich eine Ohrfeige geben würde? Ich hoffe nicht, denn ich hatte wirklich den Drang dazu.

Der Wagen stoppte und Niall zog die Handbremse zurück. Erst jetzt bemerkte ich, dass wir da waren.

Am Bahnhof.

Auf dem Gleis stand bereits der Zug, mit dem wir nach Sotchi fahren würden.

Ich schluckte den Kloß in meinem Hals runter.

Niemand sagte etwas.

Kennt ihr den Spruch? Aller Abschied ist schwer? Der passte gerade wirklich sehr zu dieser Situation.

Ich hasste Abschiede. Es erinnerte mich seit Mom's Tod zu sehr an ihre Beerdigung, bei der wir auch Abschied von ihr nehmen mussten.

Abschied...

Schon bei diesem Wort könnte ich wieder anfangen zu weinen. Aber ich hatte keine Tränen mehr, die ich verweinen könnte. Die hatte ich schon lange nicht mehr...

Wortlos öffnete ich die Autotür und stieg aus. Die morgendliche Londoner Luft schlug mir wie ein Eimer mit kaltem Wasser ins Gesicht. Die Luft roch nach Regen und feuchtem Gras, letzte Nacht musste es geregnet haben.

Gut erkannt, Sherlock Homes.

Ach, halt doch deine Klappe...

Niall half mir noch, meine Koffer zum Zug zu tragen, die von einem Typen entgegengenommen wurden. Ich sah Haley mit einer Frau diskutieren, bis sich ihr Kopf automatisch zu mir und Niall drehte, die Frau wortlos stehen ließ und sich mir in die Arme warf.

„WIR FAHREN NACH SOTCHI!!!", kreischte sie mir fröhlich und überdreht in mein Ohr. Wenn ich später einmal taub sein sollte, wusste ich schon, wem ich das in die Schuhe schieben konnte.

„Ich weiß!", versuchte ich halbwegs genauso aufgeregt und überdreht zu klingen, was mir zwar nur halb gelang, aber Haley nicht weiter auffiel. Niall stand einfach nur da und sah uns zu, wie wir wie zwei kleine Kinder hoch und runter hüpften.

„Haley? Wo bist du?!!!"

Im nächsten Moment trat Sean aus dem Zug und suchte die Gegend nach Haley aus - bis er sie natürlich bei mir entdeckte. Er schüttelte lachend den Kopf und gesellte sich zu uns.

„Wie lange hüpfen die schon hier rum, also die beiden verrückten Hühner?", flüsterte er Niall zu und sah uns mit einem belustigten Blick an.

„Schon ne ganze Weile..."

„Ey, wir sind keine verrückten Hühner!!", warf Haley eingeschnappt ein und stemmte die Arme in die Hüfte, Sean strafte sie mit einem ihrer bösen Blicke. Ich kicherte einfach nur und wurde von Niall's Arm näher an ihn gezogen. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und sah Haley dabei zu, wie sie Sean lautstark erklärte, dass wir keine verrückten Hühner waren.

Zum Schreien lustig.

Haha, finde ich auch, gluckste meine Stimme. Allerdings...

Allerdings was?

Ähm... Öhhh... Hab's vergessen.

War ja mal wieder klar., gab ich zurück.

Hey! Ich hab fast noch nie was vergessen, im Gegensatz zu dir! Dir sollte man einen Ichvergessealles-Award verleihen, soviel, wie duuuu schon vergessen hast, meinte sie schnaubend.

Ich ignorierte sie einfach und verdrängte sie in die hinterste Ecke meines Hirns.

„Kommt ihr? Wir haben gleich sieben und der Zug fährt gleich ab!", ertönte Jessie's Stimme hinter uns. Ich drehte mich um, in ihrem Gesicht war ein riesiges Grinsen.

„Jaha, wir kommen jetzt!", erwiderte Sean und zog Haley in den Zug. Jessie schüttelte nur den Kopf, sah mich mit einem Blick an, der so viel wie „Du hast ruhig noch ein wenig Zeit, dich von ihm zu verabschieden." sagte und verschwand ebenfalls hinter den beiden in den Zug.

Wir standen jetzt also hier alleine am Bahnhof.

Das letzte Mal.

Und mussten uns jetzt für eine gefühlte Ewigkeit verabschieden.

Abschied...

Ich habe doch schon erwähnt, dass ich dieses Wort hasse, oder? (Wenn nein, dann wisst ihr es jetzt, wenn ja, dann habt ihr noch einmal eine Bestätigung für meine Abneigung gegen Abschiede.)

Ich wusste nicht, wie ich mich von Niall verabschieden sollte. Also umarmte ich ihn einfach wortlos und zog noch einmal noch seinen Geruch ein. Apfel, Limette, Wassermelone. Der Niall-Style halt.

„Ich werde dich vermissen", flüsterte ich leise und drückte mein Gesicht in seine Halsbeuge. Mir kam alles so unwirklich vor. Ich wollte mich nie wieder von ihm lösen, aber leider musste ich es tun.

„Ich dich doch auch", erwiderte Niall genauso leise wie ich und streichelte mit einer Hand meinen Rücken.

Ungewollt kamen mir die Tränen, eigentlich sollten keine kommen. Ich war schließlich ausgeweint, oder etwa doch nicht?

Sonst würdest du ja jetzt nicht weinen, Mädel.

Besserwisserin, gab ich zurück.

Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und löste mich ganz langsaaaam - zeitlupenmäßig halt - von meinem kleinen Iren.

Okay, so klein war er jetzt wirklich nicht, er überragte mich um geschlagene 3 Zentimeter.

Unentschlossen sah ich ihm in die Augen. Er jedoch lächelte mich leicht an, trat einen Schritt auf mich zu und im nächsten Moment spürte ich seine Lippen auf meinen. Ich schloss meine Augen und gab mich diesem wundervollen, weichen, sanften Kuss hin. Ich verflochtete unsere Hände miteinander.

Ich würde ihn so sehr vermissen. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche.

Ich würde einfach alles an ihm vermissen.

Sein Lachen.

Seine Stimme.

Seine blauen Augen.

Seine Berührungen.

Einfach alles.

„LAYLA!!!" Das war James. Und er klang ganz ungeduldig. Verständlich. Er war schließlich nicht die Person mit den stärksten Nerven.

Ich löste meine Lippen von seinen, lehnte jedoch meine Stirn an seine, sodass wir die Stille noch genießen können.

„LAYLA, JETZT BEWEG DICH ENDLICH IN DIESEN SCHEIß ZUG, SONST FAHREN WIR OHNE DICH NACH SOTCHI!!!!"

Ich hab's ja gesagt: James ist die Ungeduldigkeit in Person.

„Er hat Recht, sonst pack ich dich und fahr mit dir wieder nach Hause und die fahren ohne dich nach Sotchi", sagte Niall.

Unwillkürlich begann ich zu grinsen und öffnete meine Augen. Auch auf Niall's Gesicht war ein Lächeln, dann löste er unsere Hände und gab mir einen Schubser Richtung Zug.

„Und wehe du kommst mit keiner Medaille zurück", fügte er noch lachend hinzu.

„Ich kann's nicht versprechen!", erwiderte ich und bewegte mich in den Zug. Keine Sekunde später schloss sich die Türe und der Zug setzte sich in Bewegung.

Niall winkte mir noch einmal zu, dann fuhren wir in den Tunnel und er verschwand von meiner Bildfläche.

*

Möp, Hallöle :)

Ich hoffe, das Kapitel gefällt euch und ich würde tausend Luftsprünge machen, wenn ihr ganz fleißig auf das kleine Vote-Sternchen drücken und Kommentare schreiben würdet ;D

Und ich bedanke mir herzlich für fast 6,20k Reader!!!! Fühlt euch jetzt ganz dolle gedrückt von mir!!

Bis zum nächsten Kapitel!!! (Was, I Hope so, morgen kommt...)

Lg Lovestory3108

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top