Kapitel 4
Das Kratzen wurde immer lauter und deutlicher zu hören, als er eine Stufe nach der anderen hinunter schlich. James konnte die Umrisse des Treppengeländers und der oberen Stufen erkenne, die ihm das Licht des Dachfensters bot. Unruhig sah er sich auf der Treppe um, nach unten war nichts mehr zu erkennen, als er nach links schaute, entfuhr im ein spitzer Schrei. Ein Gesicht war in der Wand!
Erleichtert atmete er aus, als ihm bewusst wurde, dass es ein Portrait des Grafen war, das schon immer dort hang.
In dem schummrigen Licht, erschien der Mann mit dem dunklen Spitzbart und dem Zylinder wirklich gruselig. Sein Lächeln wirkte falsch und eher boshaft.
,,Reiß dich zusammen James", ermahnte er sich selbst und wandte fröstelnd den Blick vom Grafen ab, der ihn mit den Augen zu verfolgen schien. James fand das Bild schon immer scheußlich, er entsprach nicht gerade seinen Vorstellungen, was einen Adligen betraf. Ms Nex hatte ihnen etwas über Grafen Cambell erzählt, diese war wirklich begeistert von diesem Typen und was seine Geschichte betraf, James hingegen hatte schon nach den Ersten paar Minuten, als sie erzählt hatte abgeschalten.
James versuchte so gut es ging geräuschlos zu laufen, dies gestaltete sich als gar nicht so einfach, denn die alten Stufen der Holztreppe knarrten auf manchen Stufen, dass wusste er. Er tastete sich langsam voran, eine Diele folgte der Nächsten. Hinein in die Dunkelheit die Jungs wie ihn zu verschlingen drohte.
Schrrrp, Schrrp, machte es und dann kam wieder das Klopfen, nur war es so laut. Es musste sich direkt im Erdgeschoss befinden. Vor sich sah er nur Schwärze. Jetzt befand er sich auf der letzten Stufe. Die rhythmischen Laute waren wieder verstummt, James hielt inne und lauschte.
Die Zeiger der großen Standuhr, die sich auf der anderen Seite befand, tickten im Takt, während das goldene Pendel des Uhrwerks hin und her schwang.
Die schweren Vorhänge der Fenster im Foyer waren zu gezogen, sodass er im Stockdunklen stand. Er konnte kaum seine Finger vor der Hand erkennen. Es würde nichts nutzen, er musste die Vorhänge öffnen um wenigstens etwas sehen zu können.
Gerade als er seinen Fuß auf den Parkett des Foyers stellte, setzte das Kratzen wieder ein, diesmal so laut als wäre es nur ein paar Meter nach rechts von ihm entfernt. Ein Schauder lief James den Rücken hinab, nur das Adrenalin, das in seine Adern strömte ließ ihn sich bewegen und er tastete sich langsam an der linken Wand entlang.
Da kam die Ecke in der man nach links in einen weiteren Korridor kam der zum Speisesaal führte. Mit ausgestreckten Armen versuchte er die Wand gegenüber zu erreichen, die ihn zur Eingangstüre führen würde und neben der sich die mannsgroßen Fenster befanden. Fast wäre James gegen den Stummendiener gelaufen, der nur knapp vor der Tür befand.
Schrrp, Schrrp, machte es hinter ihm. Panisch wurde James schneller und stieß mit seiner rechten Hand gegen was Hartes. Wobei er sich einen Schmerzensschrei verkniff. Die würde sicher anschwellen! Der Rücken seiner Hand pulsierend, trotzdem tastete er und bemerkte, dass es sich um den Knauf der Haustür handeln musste. Schnell griff er mit der verletzten rechten Hand nach dem schweren Stoff der Gardine und tatsächlich da war er. Mit einem Ruck zog James sie auf und das Licht des Mondes erhellte den Raum.
Bumm, Bumm.
Das Klopfen, so nah.
Jetzt war sich James nicht mehr sicher ob es eine gute Idee gewesen war dem Ganzen nach zu gehen. Er drehte sich zu dem Geräusch um.
Der Raum war erfüllt von lang gezogenen Schatten der Einrichtung, die durch das fahle Licht des Mondes fast wie zum Leben erweckt schienen. Der Stummediener warf einen krallenden, bedrohlichen Schatten in Richtung der Treppe, was James erschaudern ließ. Sie sahen aus wie eine Klaue, die sich versuchten am Boden entlang ihren Weg zu den Schlafsälen zu krallen.
James und warf seinen Blick wieder in Richtung der massiven Standuhr.
Es war nicht zu sehen, wie war das möglich? Dann setzte wieder das Kratzen ein. Es war hinter der Uhr, aber da befand sich doch die Tür zum Keller.
James nahm allen Mut zusammen und lief mit einem gewissen Sicherheitsabstand, einen Bogen zur Treppe.
Zuerst war er sich nicht sicher, ob sein Gehirn im wieder einen Streich spielte oder ob wirklich jemand vor der Kellertür stand. Er konnte nur einen Rücken erkennen, die Person stand mit dem Kopf nach unten gebeugt zur schweren Kellertür, sodass dessen Stirn das Holz berührte, die Arme hingen schlaff am Körper herunter. Diese Haltung sah irgendwie unnatürlich aus.
Von der Körpergröße her war der Junge in seinem Alter. Er trug eine dunkle Hose und einen Pullover mit dünnen weißen Streifen darauf.
Vielleicht schlafwandelte er.
James räusperte sich um auf sich aufmerksam zu machen, doch der andere bewegte sich kein Stück. Emely war früher auch geschlafwandelt, weshalb er wusste, dass man Schlafwandler nicht wecken durfte, man musste sie einfach wieder zurück führen, sodass sie sich nicht verletzten.
James machte einen Schritt auf ihn zu, dann noch einen, von der Nähe konnte er braunes lockiges Haar erkennen. Dann plötzlich hob der Junge blitzschnell seine Hände und fing an mit seinen Fingernägeln an der Kellertür herunter zu fahren, das Kratzen war unerträglich.
James war vor Schreck zurück gezuckt. Es kostete ihn große Überwindung trotzdem weiter auf die Person zu gehen.
Da erkannte er es, das braune Haar, dieses braune lockige Haar.
Es war Marc der da an der Tür kratzte!
Er konnte von hier aus zwar nur seinen Hinterkopf sehen, aber diese Locken gehörten unverkennbar ihm. Ja, ganz sicher Marc, der Marc der doch eigentlich im Krankenhaus sein sollte. War er etwa entlassen worden und er hatte es einfach nicht mit bekommen?
James erkannte sogar den Pullover den dieser trug, den selben hatte er letzte Woche auch schon getragen. Ein Pullover mit Streifen, weiße Streifen, die den etwas pummeligen Jungen noch breiter erscheinen ließen, als er sowieso schon war.
,,Marc?", hörte James sich selbst fragen, dabei erkannte er seine Stimme fast selbst nicht, sie kam eher wie ein Krächzen heraus.
In diesem Moment hielt dieser in der Kratz-Bewegung inne. Es fröstelte James mit einem Mal, war es kälter geworden oder kam es ihm nur so vor?
Die Arme des Jungen verharrten in der kratzenden Position, zumindest konnte James das von hinten erkennen. Noch ein Schritt und er würde das Gesicht des Jungen sehen können, noch einen Meter und er würde neben ihm stehen...
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